Bewußtsein

Metzinger, Thomas (1999) Bewußtsein. In: UNSPECIFIED Meiner.

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Abstract

Die Begriffe "bewußt" und "Bewußtsein" bezeichnen in der Alltagspsychologie eine Reihe verschiedener Phänomene. Hauptsächlich lassen sich die folgenden fünf Verwendungsweisen unterscheiden. Erstens wird der Begriff des Bewußtseins als einstelliges Prädikat Personen zugeschrieben, um damit zu kennzeichnen, daß diese sich im Zustand des Wachseins befinden und dazu in der Lage sind, Reize aufzunehmen und auf diese zu reagieren. Zweitens wird "bewußt" als zweistelliges Prädikat verwendet, um den Bezug von Personen auf Objekte der Wahrnehmung, des Denkens, etc. zu beschreiben. Bewußtsein dieses Typs, zu dem neben dem begrifflich strukturierten Bewußtsein von Objekten unter einer Beschreibung auch die vorbegriffliche Aufmerksamkeit auf äußere Objekte zählt, ist intentional, da es stets "Bewußtsein von etwas" ist. Drittens wird Bewußtsein" als Eigenschaft mentaler Zustände verstanden. Dabei muß zwischen zwei Bedeutungen unterschieden werden, in denen "bewußt" als einstelliges Prädikat auf mentale Zustände angewendet wird. Zum einen werden mentale Zustände als bewußt bezeichnet, wenn ihre Inhalte für Überlegungen und zur Verhaltenskontrolle verfügbar sind.1 In diesem Sinne können nicht nur intentionale Zustände wie zum Beispiel Überzeugungen, sondern auch sensorische Zustände wie Empfindungen "zugriffsbewußt" sein. Zum anderen sind mentale Zustände bewußt, wenn wir Kenntnis von ihren Erlebnisqualitäten nehmen und erfahren, wie es ist, sich in dem betreffenden Zustand zu befinden.2 Dieses Bewußtsein von den phänomenalen Qualitäten bzw. Qualia mentaler Zustände wird im allgemeinen auf sensorische Zustände eingeschränkt. Der Gehalt des phänomenalen Bewußtseins ist nicht öffentlich, sondern nur für die Person zugänglich, die sich in dem betreffenden sensorischen Zustand befindet. Viertens wird mit dem Begriff des Bewußtseins die Aufmerksamkeit auf die eigenen mentalen Zustände beschrieben. Der Begriff "bewußt" wird dabei als zweistelliges Prädikat gebraucht, das auf Personen und deren mentale Zustände bezogen wird. Dieses Bewußtsein kann sowohl vorbegrifflich als auch begrifflich strukturiert sein. Im letzten Fall hat es zum Inhalt, daß sich eine Person in einem bestimmten Zustand befindet. Es ist zudem reflexiv, weil die Selbstzuschreibung mentaler Zustände voraussetzt, daß das betreffende Subjekt über einen geeigneten Begriff von sich selbst als potentiellem Träger solcher Zustände verfügt. Diese Art des Bewußtseins wird überwiegend entweder als innere Wahrnehmung (Introspektion) oder als höherstufiges Wissen der eigenen inneren Zustände beschrieben. Fünftens wird unter
"Bewußtsein" das begrifflich strukturierte und reflexiv verfaßte Selbstbewußtsein von sich als identischer Person mit bestimmten Überzeugungen, Absichten, etc. verstanden. Dieses ist von dem zuvor genannten Selbstbewußtsein insofern verschieden, als es über die inhaltliche Bestimmung des Subjekts als eines bloßen Trägers mentaler Zustände hinausgeht.

Item Type: Book Section
Subjects: Philosophie > Philosophische Disziplinen > Bewußtseinsphilosophie, Philosophie des Geistes und der Psychologie
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Date Deposited: 06 Dec 2020 12:28
Last Modified: 06 Dec 2020 12:28
URI: http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/2109

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