øøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøø ø ø ø File: 24-2-94 - 104 KB ø ø ø øøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøø ø ø ø Bearbeitung: Josef G.F. Rothhaupt ø ø ø øøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøø ø ø ø *Wilhelm Busch: Siebzig Briefe an Maria Anderson* ø ø 2. Auflage 1908 - C.J.E. Volckmann Nachfolger ø ø (E. Wette) - Rostock i.M.; Carl Boldt'sche Hof- ø ø Buchdruckerei, Rostock ø ø ø øøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøøø WILHELM BUSCH AN MARIA ANDERSON ************** Siebzig Briefe ************** Zum Geleit! Nun ist auch er gefällt, der Baum, der so viele schöne Früchte trug. Der Träger ist dahin, die Früchte aber bleiben. In den Jahren 1875-78 hatte ich mit Wilhelm Busch eine rege Korrespondenz, einen "Gedankenaustausch", wie er es nannte. Es wird seinen überaus zahlreichen Verehrern gewiß willkommen sein, einen Einblick in sein Leben zu tun, um so mehr, da er gewissermaßen als Einsiedler gelebt hat. Die Briefe, datiert 15. und 18. Juni 1875, kommen mir wie kleine Gemälde vor; so anschaulich wußte er in trefflich gefaßter Form die Natureindrücke zu schildern. Besonders schätzenswert erscheinen die Briefe über die Schildbürger, die Bienen, die "Todtenuhr". Kurz, alle haben einen Strich ins Geniale. Mainz, März 1908. Maria Anderson. -V- Vorwort. Wilhelm Busch hat sein Leben lang ein vornehmes Inkognito zu wahren gewußt. Darum wissen die Jubiläumsartikel (1902 und 1907) und die Nekrologe von seinen Werken viel, von seiner Persönlichkeit so gut wie gar nichts zu sagen. Höchstens, daß hie und da aus persönlichen Erinnerungen von Unterredungen mit dem Alten von Mechtshausen berichtet wird, die aber als Spiegelbilder in der Seele des Erzählers nur einen bedingten und relativen Wert haben. Besonders zurückhaltend war Busch im Briefschreiben an Fremde. In der kurzen Selbstbiographie ("Von mir über mich"), die er als Geleitwort zum "Pater Filucius" (l894) geschrieben hat, weist er ganz besonders auf "seine Nachlässigkeit oder Schüchternheit im schriftlichen Verkehr mit Fremden" hin. "Der gewandte Stilist", fährt er fort, "der seine Korrespondenten mit einem zierlichen Strohgeflechte beschenkt, macht sich umgehend beliebt, während der Unbeholfene, der seine Halme aneinander knotet, wie der Bauer, wenn er Seile bindet, mit Recht befürchten -VI- muß, daß er Anstoß erregt. Er zögert und vergißt." So sind der Öffentlichkeit zugängliche "Busch-Briefe" überaus selten und darum werden die siebzig Briefe Wilhelm Buschs an Maria Anderson, die zum erstenmal in einer fortlaufenden Reihe von Briefen einen authentischen Beitrag zur Erkenntnis der Persönlichkeit des großen Humoristen bringen, von Buschkennern und Buschverehrern freudig begrüßt werden. Maria Anderson, eine holländische Schriftstellerin, die übrigens eine mehr als 25jährige Freundschaft mit ihrem großen Landsmann Multatuli verband, hatte sich im Januar 1875 an Busch mit der Bitte gewandt, ihr eine Stelle in einem seiner Gedichte zu erklären, die sie nicht verstanden hatte. Zugleich hatte Frau Anderson sich herzlich und ehrlich begeistert über den Gedichtband ausgesprochen, der den "dunklen" Vers enthielt. Busch war damals sehr ärgerlich darüber, daß dieses Bändchen Gedichte - es handelt sich um die "Kritik des Herzens" - nicht den Anklang beim großen Publikum fand, wie seine illustrierten Versepen. Um so mehr mußte ihn das "schmeichelhafte Urteil" einer Ausländerin erfreuen. Das Wunderbare geschah: Busch trat aus der gewohnten Reserve hervor, antwortete in der liebenswürdigsten Weise, und die Folge war ein überaus reger, lebhafter "Gedanken-Austausch". Frau Anderson schrieb holländisch, Busch antwortete deutsch, das erklärt das öfter vorkommende Mißverstehen. Die Art und Weise, wie der Briefwechsel zustande kam, schließt von vornherein aus, -VII- daß das Persönliche und Alltägliche zu sehr in den Vordergrund tritt; all die Probleme, die den denkenden Menschen beschäftigen, werden von beiden Seiten diskutiert. Wir wußten, daß Busch zeitlebens über allerlei Systeme und Probleme gegrübelt hat, wir wußten auch wenigstens ungefähr die Art der Probleme, die ihn besonders reizte; wie gründlich er aber alle diese Probleme durchdachte, in wie eigenartiger Weise er zu ihnen Stellung nahm, das erweisen erst die vorliegenden Briefe. Die Briefe fallen gerade in die Jahre, wo Schopenhauer den größten Einfluß auf den Maler-Dichter hatte. Buddhistische Ideen stehen im Vordergrunde, und der Glaube wenigstens an eine Art Seelenwanderung scheint tief gewurzelt. Die Erörterungen über Parthenogenesis und Vivisektion zeigen den Tierfreund und Tierkenner; von den holländischen Malern spricht Busch mit warmer Begeisterung, von den Frauen oft mit feinem Sarkasmus. Über das Entstehen der einzelnen Werke geben die Briefe leider keinen Aufschluß, doch kann man wohl annehmen, daß in der Zeit dieses Briefwechsels die beiden letzten Teile der "Knopp-Trilogie" entstanden sind. Wilhelm Busch war im Januar 1875, wo der Briefwechsel beginnt, bereits ein bekannter - man kann ruhig sagen: ein berühmter - Mann. In rascher Folge waren seine originellen, bildergeschmückten Versepen erschienen und hatten ihm in kürzester Frist tausende von begeisterten Verehrern gewonnen. Schon 1874 war der "Heilige Antonius" in einer -VIII- französischen Ausgabe erschienen. Buschs Ruf als ganz eigenartiger Satiriker fing damals an, sich in der Kulturwelt zu verbreiten. Und den stets originellen Satiriker finden wir auch überall in diesen Briefen wieder. Originell ist Gedanke und Gedankenverbindung, witzig und prägnant die Form. Nie wird die Besprechung der tiefsten Lebens- und Daseinsfragen langweilig oder langatmig; geistreiche Vergleiche, treffende Witzworte beleben die Darstellung. In der ganzen Brieffolge verstreut finden sich eine Menge humorvoller Geschichtchen, die wie nie ausgeführte Skizzen zu Episoden in des Meisters Versepen anmuten und stets das dem "Busch-Leser" bekannte behagliche Lachen auslösen. Zum Überfluß lernen wir Busch auch noch als Übersetzer kennen; zwei holländische Gedichte hat er (Seite 51) ins Deutsche übertragen. Die Rechtschreibung der Briefe wurde beibehalten. Holländische Stellen wurden zur Bequemlichkeit des Lesers gleich im Text (in Klammern) übersetzt. Rostock, Mitte März 1908. Karl Herrmann. ((In der Veröffentlichung von 1908 ist hier ein Faksimile des Briefes vom 19. Mai 1875 (siehe Seite 38) beigegeben. - Anmerkung der WITTGENSTEIN STUDIES)) -1- Wiedensahl (Hannover), den 20. Jan. 1875. An Frau Marie Anderson, Wiesbaden. Ihr Urtheil, geehrte Frau, ist mir äußerst schmeichelhaft gewesen. Dem kleinen Buche,*1* welches vielfach mit einer gewissen sittlichen Entrüstung zurückgewiesen wurde, wird es hoffentlich wohl thun, daß eine Dame so freundlich ihre Hand darauf gelegt. Genehmigen Sie die Versicherung meiner außerordentlichen Hochachtung. Wilhelm Busch. -2- Wiedensahl (Hannover), den 26. Jan. 1875. An Frau Marie Anderson, Wiesbaden. In den kleinen Versen, welche Sie so freundlich aufgenommen, geehrte Frau, habe ich versucht, möglichst schlicht und bummlig die Wahrheit zu sagen - so wie man sich etwa nach Tisch oder bei einem Spatziergange dem guten Freunde gegenüber aussprechen würde. Daher hat sich denn auch die Redensart: "sich ärgern, wie ein Stint",*2* ins Gespräch gemischt. Ursprünglich ist's wohl ein Studentenausdruck. Über seine eigentliche Bedeutung kann ich nur conjekturieren. Wie das französische: "pleurer comme une vache"*3* auf eine gewisse laute Äußerung des Schmerzes hin zu deuten scheint, so, denk ich mir, soll die erwähnte Redensart den stummen, verbissenen Ärger ausdrücken. Daß man gerade den Stint als den Repräsentant der "lautlosen Bewohner der Tiefe" gewählt, ist, wer weiß welche, Laune und Willkühr. Er ist übrigens ein kleiner, harmloser Fisch, wird mit vielen seines Gleichen, durch einen Teig vereint, in der Pfanne gebacken und schmeckt NICHT gut. Näher zu klassifizieren weiß ich ihn nicht. -3- Die Kunst und Sprache Hollands hat mich immer lebhaft interessiert, und soll's mich freuen, wenn Sie mir Gelegenheit geben, etwas von Ihnen zu lesen, was Sie in der Sprache Ihrer Heimat geschrieben haben. Mit freundlichem Gruß Ihr ergebenster Wilhelm Busch. -4- Wiedensahl, den 27. Jan. 1875. An Frau Marie Anderson, Wiesbaden. Eben erhalte ich Ihre Nachschrift, geehrte Frau. - Sie betonen den Ernst Ihres Ausspruchs:*4* "Die Ehre sitze höher als der Gürtel." Ich bin durchaus Ihrer Meinung; nur möchte ich, um Mißverständnisse zu vermeiden, den Satz so fassen: Das Edle befindet sich oberhalb des Gürtels, das Gemeine überall. Wir würden uns dann mit der ältesten Tradition im Einklang befinden. - Sie erwähnen die heiligen Bücher der Chinesen. Hat einer Ihrer Landsleute, in neuster Zeit, unbefangen und aus eigner Anschauung, etwas Gründliches darüber geschrieben? Ihr ergebenster Wilhelm Busch. -5- Wiedensahl, 11. Febr. 1875. An Frau Marie Anderson, Wiesbaden. "De vrye gedachte" (Freie Meinung)*5* fand ich auf meinem Tisch, als ich gestern Abend von einer Reise zurückkehrte. Ich las vorerst mal Ihren Artikel über Vivisektion; und gewiß! ich habe dasselbe Gefühl wie Sie. Aber, aber; ich fürchte, das Übel steckt tief in der Wurzel. Ist nicht alles, was lebt, mit gleicher Schuld behaftet? Was lebt, das leidet; leidet, weil es lebt, und leben will es. Der Wille muß sich wohl erst gründlich die Hörner abstoßen, bis endlich mal der große Rückschlag kommt und Ruhe wird. Meinen besten Dank für die Zusendung der Hefte. Ich werde sie mit Aufmerksamkeit durchlesen und prompt zurücksenden. Ihr ganz ergebenster Wilhelm Busch. -6- Wiedensahl, 21. Febr. 75. Geehrte Frau Anderson! Ihre Mittheilungen aus dem Confucius habe ich mit großem Interesse gelesen. - Er dringt auf Tugend und Freiheit; er will, daß der Klügste und Beste auch zugleich der Mächtigste sei. Es hat allerdings etwas Drückendes, wenn man sieht, wie URALT dieser Gedanke und wie weit wir trotzdem noch entfernt sind von der guten und klugen Majorität, welche durchaus notwendig ist, um jenes Ideal zur Wirklichkeit zu machen. Anderseits ist es ein Trost, daß das Streben dahin ganz unverwüstlich scheint. Ein schönes Beispiel dafür ist auch Ihre Arbeit in dem »Vrye Gedachte" (Freie Meinung).*5* Indem ich Ihnen hier die Hefte zurück gebe, sage ich Ihnen meinen verbindlichsten Dank und bitte um die Fortsetzung. Mit freundlichem Gruß Ihr ergebenster Wilhelm Busch. -7- Wiedensahl, den 28. Febr. 75. Geehrte Frau Anderson! Ich sehe mit Vergnügen, wie hübsch und freundlich Sie mein kleines Buch Ihren Landsleuten vorgestellt haben. - Für das gezitterte "Bertha" hätte ich Ihnen gern ein Cliché zur Verfügung gestellt, wenn mir Ihre Absicht, das Verschen wieder zu geben, bekannt gewesen wäre.*6* Wie frisch und treffend kommt mir doch so manches holländische Wort vor, dessen Verwandte im Deutschen schon weit entfernt von der Quelle fließen. Leider kenn ich Ihre Literatur nur sehr wenig. Dagegen sind mir Ihre großen Maler durchaus vertraut. Noch im vorigen Herbst habe ich meinem auserwählten Liebling Franz Hals in Haarlem einen expressen Besuch abgestattet. Darf ich die Nummer vom courantje ("Kurier")*5* behalten, oder soll ich sie Ihnen zurückschicken? Ihr ergebenster Wilhelm Busch. -8- Wiedensahl, 12. März 75. Geehrteste Frau Anderson! Meinen Dank für Ihre Photographie, obschon ich sagen muß: Sie haben recht! In der linken Backe befindet sich was wie eine Pflaume oder ein Kluntje! Daß Ihr ausgezeichneter Landsmann*7* keine Verse liebt, ist nicht mehr als billig; vielleicht gerade deshalb hat er sich so freundlich über das Zeugnis meines bösen Herzens ausgesprochen. - Wen erfaßt nicht ein gelindes Entsetzen, wenn der Poet seine Locken zurückwirft und mit feucht-verklärtem Blick den bekannten Griff in die linke Busentasche thut; - welcher gewissenhafte Mensch muß sich nicht angesichts eines Hexameters besinnen, ob auch die Cäsur an der richtigen Stelle; - wer hat sich nicht schon den Schädel zermartert über eine jener göttlichen Oden, die wir alle so sehr bewundern?! - Oder geht mirs allein nur so? - Bin ich etwa mal wieder der Fuchs, der die Trauben verachtet, weil er nicht dran kann? - Wer weiß!? - Denn wer hat jemals den Boden seiner schwarzen, abscheulichen Seele erblickt! - Ich will nicht schelten. So ein Band Gedichte ist doch im Grund ein harmlos ruhig bescheiden Ding, -9- was Keinem Was zu leide thut, wer's nicht anrührt; und mein Nachbar Düster ist mir lieber, als mein Nachbar Flötenspieler.*8* - Aber, beim Zeus, was mir über alles geht, das sind Bilder, leibhaftige Bilder. Wie freu ich mich darauf, wenn ich wieder mal sitze im Hotel des Pays-bas zu Amsterdam und mache mir den guten Thee und gehe dann hinüber zu Rembrandt, Hals und Steen: das ist ein Stück von dem, was unser Herrgott macht. Mit herzlichem Gruß Ihr Wilhelm Busch. -10- Geehrte Frau Anderson! Soeben von einem Ausfluge nach Bremen zurückgekehrt, beeile ich mich, Ihnen "de vrye gedachte" (Freie Meinung)*5* freundlichst dankend zurück zu senden. - Ihre Idee mit dem Thee ist lieb und gut. - Ich will nur wünschen, daß ich den Duft dieser Blätter nicht bloß mit der "Nase der Phantasie" zu genießen bekomme. - Abscheulicher Pessimist! werden Sie sagen und haben recht. Stets Ihr ergebenster W. Busch. Wiedensahl, 22. März 75. -11- Wiedensahl, 24. März 75. Meine liebe Frau Anderson! Sie fragen, ob bei den Malern nicht wenig Ideen zu finden. - Was mich betrifft, sind mir Ideen jene Schattenbilder des Plato, die auf matt erleuchteter Wand in ewigem Wechsel an uns vorübergleiten: Berge, Wälder, Könige, Bauern, Pferde, Schafe, altes Porzellan und irdene Töpfe, und obendrein noch Sie, mit Ihrem prächtigen Jungen, und das hübsche Kind aus Potsdam, und Multatuli sein Hund,*9* und ich. Die Sache interessiert uns; denn wir stecken aus Herzensgrund dahinter und wissen nicht wie. - Darum, wer dies, lebendig, deutlich aufgefaßt, uns zeigen kann, der trete vor! Shakespeare, Rubens, Hals, Potter und Brouwer; aber hinaus mit den Photographen! Da haben wir's! Ein brauner Krug, mit einem Glanzlicht drauf, ist mir bereits Ideen. Geht dann so ein Ding durch ein originelles Menschenhaupt und eine geschickte Hand, so wird, der Teufel weiß, ein Bild daraus. Ich habe bei Teniers und Brouwer unglaublich "geestige" Töpfe gesehen. Auf die "bundels" (Ideen)*10* freu ich mich. - "De vrye gedachte" (Freie Meinung)*5* hab ich gestern -12- an Sie zurückgehen lassen. - Die beiden Photographien, da sie von Ihnen doch mal zurückgewünscht werden, will ich nur gleich heute mit einlegen und freundlichen Dank dazu. Ihr Wilh. Busch. -13- Wiedensahl, den 26. März 75. Meine liebe Frau Anderson! "De vrye gedachte" (Freie Meinung)*5* werden Sie wieder haben. - Ich las mit besonderem Vergnügen Ihre Anmerkungen über das Mitleid gegen die Tiere. Jawohl! Die Grausamkeit soll sich wenigstens SCHÄMEN, wie - die Liebe. - Hm! Die "bundels" (Ideen)*10* erhielt ich gestern. Danke! Ich blättre so drin und finde, daß ich doch am Ende noch Holländisch lernen muß. - Da sind sie, die uralten, ewigen Probleme! Da steht es, aufragend zu den Wolken, das verwunschene Schloß der Wahrheit! Im Thal die Bauern auf dem Feld, die Handelsleute auf der Heerstraße, die Ochsen auf der Weide - was kümmern sich die? Es klingen die Glocken, es wallen die Pilger. Dort, im Schatten der rauschenden Eichen, sitzen die Herren Maler und malen, was das Zeug halten will. Aber, das Schwert an der Seite, den Muth in der Brust, traben die Ritter heran und spornen ihre Mähren bergauf. Zack zack! Hier das Gestrüpp! Heraus mit dem Sabel! Zu dicht, zu dicht! Ritter Kurd, o weh! bleibt hängen in Rosen und Dornen; Ritter Hans macht kehrt und reitet zurück und reitet, bis daß er die Herberg findet, -14- genannt zum goldenen Bären. - Und die Zeit vergeht, und endlich, nach hundert Jahren, da kommt der Rechte, der Königssohn in der silbernen Rüstung. Wie saust der Schimmel durch dick und dünn! Das Thor springt auf; ein Kuß - juchheh! - der Zauber ist gelöst, der Hochzeitszug wird arrangiert, und mit Pauken- und Trompetenschall gehts zur Kapelle. - Gutes, altes, optimistisches Märchen! Ich müßte lachen, wenn grade die Welt unterginge - holterdipolter! - und der Ritter käm gar nicht ins Ehbett 'nein. Mit freundlichen Grüßen Ihr ganz ergebenster Wilh. Busch. -15- Wiedensahl, 30. März 75. "Vergeef my dit compliment! (Vergeben Sie mir dies Kompliment!) - Het is mal" (Es ist töricht) - sagen Sie. Was dies letztere anbelangt, so verbietet mir die gute Lebensart, einer Dame zu widersprechen. In Betreff des ersteren Satzes, der einen Wunsch enthält, stehe ich von Herzen gern zu Diensten und ertheile Ihnen meine volle Absolution. - Da sieht man an, wie seelengut ich bin! - Sie äußern eine Ansicht - ich pflichte bei; Sie haben eine Bitte an mich - eins, zwei, drei! - sie ist erfüllt. (Beiseit: Ziedaar, wat doet hy niet om thee!) (Na ja, was tut man nicht alles, um Thee zu bekommen.) - Ja, und dann die "christelyke kunst"! - Meine liebe Frau Anderson, sind Sie denn wirklich so ultramontan? - - Ich hab 'n hübschen Krug. Rundherum stehen die zwölf Apostel und der Herr Jesus in der Mitten. Ein CHRISTLICHER Krug! Ich hab 'n hübsches Kelchglas. Bachus und Venus sind hineingeschliffen. Ein HEIDNISCHES Glas! Aber richtig gefüllt, zur richtigen Stunde, schmeckts mir aus beiden. - Prosit! Was zwingt uns, eine Mutter mit dem Kind und einen Greis dabei als "heilige Familie" in unsern Katalog zu setzen, wenn wir nicht wollen? Ist nicht die -16- Kreuzabnahme in der Frauenkirche zu Antwerpen für 'nen Türken verständlich?*11* - Es gibt christliche Schrullen und andere Schrullen, und jeder hat Schrullen, und 's ist alles EIN Teufel, und Kunst ist Kunst. - Prosit, Madam! Es lebe die Freiheit! - Lieber, alter, herrlicher van Eick, ich denk an Dich! "Verzen zyn juist geschikt de poesie bannen." (Gerade Verse können die Poesie verjagen.) - Ach ja! - Goethe ist so'n Geisterbanner, Byron ist so'n Geisterbanner. Es muß nicht leicht sein, Geister zu bannen, denn wenige verstehn's. Aber unser Herrgott, oder Peter sein Herrgott, oder Nannchen sein Herrgott, der kanns auch. Wir wollen mal sagen: Ihre Freundin aus Potsdam ist klug, schön und gesund. Wäre sie nichts weiter als klug und gesund, so hätte der liebe Gott den Vers vergessen. Doch Allah ist groß und gelobt sei sein Name! - Über meinem Fenster nisten Staare. Geht die Sonne auf, dann glitzern ihre Federn höchst lustig im Morgenlicht. Es wäre mir ärgerlich, stünd ich eines schönen Morgens auf, und die armen kleinen Piepvögel säßen nackt und gerupft in der Linde drin. Hinkt weiter, o ihr Vergleiche! Im Übrigen Ihr ganz ergebenster Wilhelm Busch. -17- Wiedensahl, 2. April 1875. Die Schildbürger hatten mal 'n Rathhaus gebaut, aber die Fenster vergessen, und 's war recht dunkel drin. Man lief auf den Markt mit Schaufeln, Eimern, Säcken, ließ die Sonne hinein scheinen, und dann hurtig damit in's Rathhaus 'nein. Sehr brav! Aber am besten von allen hat mir doch der Herr Stadtschreiber gefallen. Der war der Listigste! Er fing richtig einen Sonnestrahl in der Mausfalle. - Wie heißt der Baumeister? Weiß ich nicht. Wo steht das Rathhaus? Auf dem obersten Halswirbel. Wie nennt man die Mausfalle? Vergleich. - Ach, meine liebe Frau Anderson! Werden wir jemals die Wahrheit in Worten fangen? - Nie! - Unsere Philosophie nach dem dreizigsten Jahre heißt GLAUBE. - - Ich glaube, daß schlechte Verse die beste Poesie verzwicken; (ich sehe, Sie glauben es auch.) Aber ich glaube ebenso fest und gewiß, daß die schönste Poesie einen rhytmischen Gang und eine melodische Stimme hat, - wie das schönste der Mädchen. Im Holländischen hoff' ich Fortschritte zu machen; ich hoff' es zu LERNEN, wie das Englische und Französische; aber FÜHLEN werd' ich es nie. - Um eine Sprache von Herzen sein eigen zu nennen, muß -18- man, glaub ich, etwas drin erlebt haben, etwas sehr Wichtiges - nämlich die Kindheit. In diesem Sinne hab' ich zwei Sprachen: Hochdeutsch und Plattdeutsch. Nur was in diesen Sprachen, in den Sprachen meines Paradieses, geschrieben ist, kann mich rühren, daß heißt in innerster Seele rühren; denn ich weiß wohl, daß es ein "Paradise lost"*12* gibt, welches hinter der ganzen Menschheit liegt. - Mathematiker, Physiker, Zoologen - die mögen in fremden Sprachen schreiben, - wer zum Herzen dringen will, der schreib in seiner MUTTERsprache. - Und nun Ihre »Typen?"*13* Sollt' ich die wohl beurtheilen können? Nein, ich glaub es nicht! Es scheint, ich habe Sie das letzte Mal zu schnell absolviert. - Sie wissen den Namen dessen, der geschrieben hat: Are not the mountains, waves and skies Of me and of my soul, as I of them a part?*14* Stellen Sie denn, auch im Scherz, mich nicht wieder in die Nähe eines Namens, den ich hier nicht nennen will; sonst müßt ich mir ja das Vergnügen versagen, Ihre Briefe aufzubewahren! Nicht, daß es mir gar so weh täte, so Was zu hören! O nein, im Gegenteil. Sehr angenehm! Nur darf es keiner sehen. Und so ein Brief - weiß der Teufel - wer ihn in die Klauen kriegt. - Stehlen, Lieben, Morden, Schweineschlachten - gut! - Aber - pst!!! Alles in tiefster Verborgenheit - auch Schmeichelei. - -19- Ich möchte wohl wissen, wie Sie "spreeuw" aussprechen. In meinem lieben Plattdeutsch heißt das Vöglein: Sprä. Freundlichen Gruß von meinem Flötenspieler und Ihrem ergebensten Wilh. Busch. P.S. Nächsten Sonntag reis' ich auf 4-6 Wochen nach Wolfenbüttel. Adresse: Wolfenbüttel (Forsthaus). -20- Wiedensahl, 3. April 75. Meine liebe Frau Anderson! Ihre "Typen" hab ich durchgelesen und sende sie Ihnen hiermit prompt zurück. Ich finde sie gut, denn sie sind nach der Natur; vielleicht etwas zu sehr; sie könnten mehr MODELLFREI sein. - Übrigens bin ich der Ansicht Ihrer Freundin Eugenie: Sie müssen durchaus die Namen verändern, die Namen der Personen und des Orts, wenn Sie nicht selbst eine Ortsveränderung wünschen infolge verschiedener Unannehmlichkeiten, die ich nicht weiter spezifizieren will. - In betreff der deutschen Wörter erlaube ich mir zu bemerken: Klotzauge muß heißen: Glotzauge, Klösse " " Klöße, Schlittschuhenläuferinnen muß heißen Schlittschuhläuferinnen. Daß meine Photographie Ihnen so gut gefallen, hat mich recht "erquickt". Zur Belohnung schicke ich Ihnen eine noch schönere mit. - Ihre "petites étoiles" werden in den nächsten 6 Wochen nur spärlich "blinken". Der "Borstpinsel" tritt an die Stelle der "Feder", das Terpentin und die Ölfarbe an -21- die Stelle der Dinte.*10* - Ich denke, ich habe Ihnen etwas in Vorrat geschrieben; also sein Sie gerecht - so weit das einer Frau möglich - und schreiben Sie mir fleißig. Herzliche Grüße - - W. B. -22- Wolfenbüttel, den 8. April 75. Meine liebe Frau Anderson! Das 4. bundel*17* erhielt ich noch in Wiedensahl, Ihr Brief vom 6. traf mich hier. - Lassen Sie die Druckerei nur brennen und ausdampfen, und setzen Sie Ihre "Typen" weiter; so wird, das hoff ich, was Rundes und Ganzes draus; das Charakterbild eines deutschen Badeortes. - Man darf seinen Regenschirm ja ja nicht auf der Post stehen lassen, wohl aber mal bei einem guten Freunde, von dem man weiß, daß er ihn gut aufhebt. - Gestern ist unter Donner und Blitz der wirkliche Frühling gekommen; ich freue mich auf die weißen und roten Blüten der Obstbäume, die mich rings umgeben. Mit vielen freundlichen Grüßen Ihr W. Busch. -23- Wolfenbüttel, den 11. April 75. Liebs guts Madamchen! Es freut mich von Herzen, daß die naßkalte Witterung so günstig auf Ihre Moralität einwirkt. Sie lieben Ihre Freunde und verzeihen Ihren Feinden. Ach, du lieber Himmel! Wenns mir doch auch so ginge! Aber mich, mich abscheulich verhärteten Sünder hat noch immer das alte Testament beim Frack; ob's regen oder schneit oder die Sonne aus allen Löchern scheint; es bleibt dabei: SO DICH JEMAND AUF DEN LINKEN BACKEN SCHLÄGT, SO REISSE IHM DAS RECHTE AUGE AUS UND WIRF ES VON DIR! Drum, Sie gute Heilige, schließen Sie mich gefälligst in Ihre Gebete ein! Und so haben Sie also den Frühling "in der Nase"? Nehmen Sie sich nur recht in Acht, sonst sprossen und blühen Ihnen am Ende noch Rosen und Vergißmeinnicht daraus hervor; ein ganzes Geburtstagsbouquet. Na, da gratulier ich! Mein genre ist genre! - Ein Pfau, drei Dutzend Hühner, zwei Kater, zwei Katzen, l0 Pferde, Lumpen, alte Weiber, Kinder - das steht alles zu meiner Verfügung. - Sobald das Nordlicht fertig, geht's dran! -24- Der Weise hält seine Meinung zurück. - Ich merke wohl, ich bin keiner. Hätt ich mich sonst so über die Gerechtigkeit der Frauen geäußert? Ich widerrufe! AUCH UNTER TOURNUREN WOHNT GERECHTIGKEIT!! Stets und ständig Ihr ergebenster Wilh. Busch. -25- Wolfenbüttel, 16. April 75. Meine liebe Frau Anderson! Ein recht schönes behagliches Wetter, eigentlich nur figürlich, mag ja wohl dazu dienen, unsere Feinde mal ein Bissel zu VERGESSEN, aber zum VERZEIHEN, meine ich, müßt es ein so niederträchtiges Wetter sein, daß man keinen Hund vor die Thür jagen mag. Sie fragen: Soll ich? Sie müßten fragen: Kann ich? Man sagt wohl so hin: Sei nur ein Mensch und Du bist gut! Oh, lügenhafter Dünkel! Bei den besten Menschen, die mir begegnet, habe ich noch immer die Reißzähne von den Schneidezähnen ganz deutlich unterscheiden können. Aber ich HOFFE! - Ich bin Pessimist für die Gegenwart, aber Optimist für die Zukunft. Die Zucht und Züchtung im Verlauf einiger Milliarden von Jahren wird hoffentlich die Organe der Erkenntniß auf Kosten der Organe des Begehrens zu immer höherer Entwicklung bringen, bis endlich und zuletzt, aus freier Wahl, das Gegentheil von Etwas kommt. - Doch weg mit dem Geklimper! Das schärfste Wort dringt solchen Dingen höchstens bis auf's Hemd. -26- Zu Ihrem Feld- und Sommernest wünsch' ich Ihren viel heiteres Wetter und Lust zum Schaffen, und das wünsch ich auch, daß Sie nicht vergessen, daß ich stets bin Ihr ergebenster Wilh. Busch. -27- Wolfenbüttel, 19. April 75. Meine liebe Frau Anderson! Das Krähen des Hahns, der der Hel geweiht, ist freilich bedeutungsvoll. Den Dieben und Kranken, den armen Sündern und Gespenstern tönt vor Allen sein mahnender Ruf. Petrus ging hinaus und weinte bitterlich. Ich selber hab ihn oft gehört, wenn ich in der Fremde vom nächtlichen Gelage kam; er rief mir dann ein wohlbekanntes ländliches Haus vor die Seele, das Haus meiner Eltern. Irgend ein Weiser hat irgendwo gesagt: Das Unrecht, welches wir Anderen gethan, verzeihn wir ihnen am schwersten. - Ich prognosticire: Haben Sie Unrecht GELITTEN, so werden Sie bald nach Frankreich gehn; haben Sie Unrecht GETHAN, so werden Sie noch länger in Wiesbaden bleiben. Auch hab ich mal gelesen, die Gleichgültigkeit sei hundert mal weiter von Liebe entfernt als Hass. Demnach läge Frankreich nicht gar so fern für Sie. - Sie sind 32 Jahr alt. Welcher Teufel versucht Sie denn? Ist's der Ernährungsteufel oder der Fortpflanzungsteufel? Das sind zwei recht hartnäckige Teufel. - Meine Gebete, fürcht ich, dringen nicht durch den Plafond; und wenn sie's thäten, der liebe Gott würde -28- lächeln und sagen: Sie ist ein Weib! Weiß der Teufel, was sie thut! - oder er würd's nicht sagen, denn er ist gerecht, und wir sind Alle so. - Ja, Mitleid! - Ein Bissel Surrogat ist Alles. Das wahre Mitleid hätte schon längst die Welt erlöst. Mit herzlichen Grüßen Ihr Wilh. Busch. -29- Wolfenbüttel, 23. Apr. 75. Ja, wohl, meine liebe Frau Anderson; wir leben in einer raren Welt. Bei den Göttern! Ich will und mag kein Beichtvater sein. Andere Leuten die Hühneraugen zu schneiden, die Köpfe zu waschen und trübe Seelen zu filtriren - wäre mir doch eine gar zu unerquickliche Beschäftigung. Ich absolvire so frisch weg und in's Blaue hinein, weil ich bemerke, daß ich selbst nicht viel tauge. Wozu auch die Beichterei?! Das gewisse kleine werthvolle Päckchen schmuggelt ja doch ein Jeder mit durch und in sein Grab hinein. Drum absolvir ich so hin und schelte so hin. Und die Weiber? Ja, fast hielt' ich sie für besser, als uns! Hab ich nicht eine Mutter gehabt und eine Schwester, die ich liebe?! Kenn' ich nicht ein paar herzensgute Weiberchen, die ich nur ungern entbehren möchte?! Sind Sie nicht auch dabei?! Aber räsonirt muß sein! Und das mit Recht! - Als Junge kriegt' ich mal Hiebe und NICHT mit Recht. "Kann nicht schaden! hieß es. Die sind für Das, was man nicht weiß!" - Ach, lieber Alter! Ich stimme Dir bei! - - Sie haben den guten Willen, die Welt zu erlösen? - Erst lösen Sie mir mal den Widerspruch, der in den zwei Worten GUTER WILLE -30- sich findet. - Keine hölzerne Gurke, kein bleierner Häring kann mich vom Katzenjammer erlösen! Ich bitte Sie um's Himmels willen, gutes Madamchen; nehmen Sie mich in Betreff dieses Mysteriums nur nicht beim Wort! Die größte Verlegenheit würde mein Loos sein. Mit herzlichem Gruß Ihr Wilh. Busch. -31- Wolfenbüttel, 26. April 75. Meine liebe Frau Anderson! Wolfenbüttel - ehemals Residenz, anitzo zweite Stadt des Herzogthums Braunschweig - berühmt durch seine Bibliothek, berühmter noch durch seinen einstmaligen Bibliothekar Lessing - Wolfenbüttel zieht mich wenig an. Ich wohne auf dem Forsthause, vor dem Thor der Stadt gelegen. Dieses Forsthaus, im grauen Alterthum ein wirkliches Forsthaus, ward später Wirthshaus und Posthalterei. Eine Tochter des letzten Posthalters hat einer meiner vier Brüder geheiratet. Er verkaufte die Wirthschaft, behielt den größten Theil des Grundstücks zurück und hat darauf eine Conservenfabrik angelegt. In seinem Keller liegt guter Rheinwein und guter Champagner; rings um's Haus liegen Obstgärten. Den Wein genieß' ich nach Belieben; auf die Blüthen muß ich, scheint's, noch warten; denn kalt ist die Luft und bitterkalt der Wind. Ich trinke kein Bier, ich spiele keine Karten, ich liebe keine philisterhafte Geselligkeit. Drum - was schert mich Wolfenbüttel die Stadt!? - Dies zur Ausbildung Ihrer geographischen Kenntnisse; für welche Wohlthat ich Ihrer herzlichen Dankbarkeit entgegen sehe. Da -32- Sie mich platonisch lieben, so will ich auch kein Brummbär sein. Liebe per distance gefällt dem Herrn wohl!*18* Sie kommt mir vor wie zwei geflügelte Engelsköpfe auf Goldgrund. Ihr Wilh. Busch. -33- Wolfenbüttel, 30. April 75. Liebe Frau Anderson! Platonische Liebe kommt mir vor, wie ein ewiges Zielen und Niemalslosdrücken. - Indem ich sagte: "sie gefällt dem Herrn wohl", nämlich dem "Herrn", der Ihnen aus Ihrem Katechismus noch erinnerlich sein wird, wollt ich die Verantwortlichkeit für dies Wohlgefallen einigermaßen von mir ablehnen. - Idealismus ist ja meine Philosophie; aber die Praxis ist ein Ding für sich. Den Katzenjammer, diesen alten Bekannten, hab ich seit zehn Jahren nicht wiedergesehn. Ich bin ein guter Deutscher; nur hab ich das Quantum Bier, welches mir von Rechts wegen zukommt, schon ehemals VORWEGgetrunken. Der Katzenjammer, den ich neulich erwähnt, war natürlich allegorisch gemeint. Seine Heilung ist das große Mysterium. Der »gute Wille" ist das Sujet der Geschichte. - Pst!! Meinen besten Gruß! W. Busch. -34- Wolfenbüttel, 1. Mai 75. Meine liebe Frau Anderson! Machen Sie keine Geschichten!! Das mit dem Glas hätte schlimm genug werden können!*19* Nun, da's Gottlob vorbei, ist wenigstens keine weitere "Verfolgung" nöthig. Glasscherben sind werthlos. Aber die selige Pastorin Prömmelmann, als die ihren schönen falschen Zahn sich ausgebissen und hintergeschluckt - ach lieber Gott! - was mußte die für schwere Prüfungen erleben, eh' sie ihn wieder an seiner ersten Stelle hatte! Es giebt leider verschiedene Teufel. Ich fragte ja nur, welcher Sie damals VERsucht oder BEsucht hätte, was bei einem Teufel doch immer dasselbe ist. Da hieß es denn gleich: Beichtvater, was geht Dich das an?! - Nun, nun! 's ist schon gut! - Und im Allgemeinen, gewiß! da weiß ich schon SO bescheid. Das schüchterne Sündenbekenntniß in Ihrem vor-vor-letzten Briefe genügt mir völlig. Auch ist mir derselbigte Brief noch dadurch sehr angenehm bemerkenswerth erschienen, daß keine einzige Klammer: () drin vorkommt. Nicht Knittel vorne, Knittel hinten, o nein! sondern EIN kleines Schnitterschnatterschnabelthierchen -35- hinter dem anderen, so treibt Chloë an diesem reizenden Frühlingsmorgen ihre Gänslein aus; und Damon, der Sauhirt, mit seiner Heerde von Kringelschwänzelquikethierchen folgt nach in freudiger Bewunderung. Denn das brave Eugenichen hat recht. Er ist grad so kreuzhimmelherzensgutmüthig, wie er aussieht, und ist und bleibt nun mal Ihr ganz ergebenster W. Busch -36- Wolfenbüttel, 4. Mai 75. Meine liebe Frau Anderson! Gewisse Dinge greift man so vergeblich mit Worten an, wie Geister mit Waffen. Der Sabel bricht, die Kugel sinkt kraftlos zu Boden. - Metaphysik und Worte! - Das ist grade so, als wenn man Einem die Lehre von der Erbsünde auf der Flöte vorspielt. - Wieder nicht deutlich? - Ach, wie wohl thut es doch, wenn man so erstaunlich tief und weise ist, daß man nicht mal verstanden wird von Leuten, die doch sonst nicht auf den Kopf gefallen sind. Ich werde ordentlich stolz. Aber dennoch, mein liebes gutes Madamchen, verbleibe ich Ihr ganz ergebenster Wilh. Busch. -37- Wolfenbüttel, 11. Mai 75. Liebe Frau Anderson! Dem Thee hatt' ich so allnachgrade eine zarte platonische Liebe gewidmet. Ich sagte mir: Fürwahr! ein guter Thee, ein ausgezeichneter Thee, der schönste Thee von der Welt. Nur schade, daß er bereits gekocht und getrunken wurde vor zwei drei tausend Jahren von der reizendsten Kaisertochter im himmlischen Reiche der Mitte. - Nun, so will ich denn mal sehn, ob er wirklich kommt. Meinen Dank für die kleinen holländischen Schriften! Ich verstehe sie wirklich recht gut, wie man zu sagen pflegt; selten fehlt mir ein Wort. Aber, es bleibt dabei: Was herzig, lieb und drollig ist in einer Sprache, das kann man nur empfinden und begreifen, wenn man's mit Nachbars Hänschen im Korn und mit Nachbars Gretchen über den Zaun gesprochen hat. Ich male so fleißig für mich hin. Es behagt mir von ganzem Herzen, und nur mit Widerwillen tunk' ich die Feder in die alte schwarze Dinte hinein, thät's auch wahrhaftig nicht, wenn's nicht wäre, um Ihnen zu sagen: Freundlichen Gruß! W. Busch. -38- Wolfenbüttel, 19. Mai 75. Das ist nur nicht so, daß Sie immer alles Gute für sich allein haben! Bei uns ist jetzt auch der volle und wahrhaftige Frühling gekommen. Da sitzen wir des Abends im Gärtchen unter dem alten Birnenbaum; der säuselt denn so leise vor sich hin und läßt seine Blüthen herunter sinken, und manchmal fällt mir eine in den Wein hinein. Ganz fern im Stadtgraben da quacksen die Frösche; von den Linden herüber, die auf dem Walle stehn, quinquiliren und seufzen die Nachtigallen. Nach alledem, wie duselt man so gut und gottergeben in sein Bett hinein. Ganz dicht dabei, in der Wand, pickt immer eine Todtenuhr. - Was thut's?! - Haben wir nicht, Gott sei's geklagt, noch siebenmillionendreimalhundert achtundneunzigtausendsechshundertundzweiundzwanzigdreiviertel Jahre ganz unverbraucht vor unsrer Nase liegen? Wird man aus einem Leben herausgeklopft, huscht man in's andere wieder 'nein. - Lieb's Madamchen! Kritteln Sie sich nur ja nicht um den Thee!*20* Ich werd' ihn schon kriegen; und krieg ich ihn auch nicht, so sollen Sie doch die Illerallerbeste sein. Ihr W. Busch. -39- Wolfenbüttel, 22. Mai 75. Der Thee ist da; und noch heute Abend soll, wie sich's gebührt, der Spenderin ein seelenvolles Rauch- und Trank- und Dankopfer in aller Ehrfurcht dargebracht und gewidmet werden. Ihr Wilh. Busch. -40- Wolfenbüttel, 23. Mai 75. Liebe Frau Anderson! Sie sagen: Der Mensch hat sich nicht selbst gemacht. - Könnt' ich's doch glauben! Ich glaube vielmehr, daß wir haftbar sind für unser Thun und Sein; besonders für das Letztere, welches das Erste ist. - SO SIND wir, SO ist unser Charakter: eine ganz bestimmt geartete Kraft. Er kommt in's Handgemenge mit anderen Kräften; man handelt; das Resultat erfolgt mit Nothwendigkeit; und wenn wir auch im Rechte sind, so thut uns dennoch zuweilen der "Rücken" weh. Man leidet eben, weil man da ist; das ist die Kern- und Wurzelsünde. - Ja, aber man hat sich doch nicht selbst gemacht! - Wie? - Ist nicht die Quelle unsers Daseins die Liebe? Und nun sagen Sie mir einmal: Warum schämt sich die Liebe?? Der Thee ist ausgezeichnet. Darum segnet Sie von ganzem Herzen Ihr Wilhelm Busch. -41- Wolfenbüttel, 25. Mai 75. Liebe Frau Anderson! GEWISSHEIT giebt allein die Mathematik. Aber leider streift sie nur den Oberrock der Dinge. Wer je ein gründliches Erstaunen über die Welt empfunden, will mehr. Er philosophirt - und was er auch sagen mag - er GLAUBT. - In meinem elften Jahr verblüffte mich der Widerspruch zwischen der Allwissenheit Gottes und dem freien Willen des Menschen; mit 15 Jahren zweifelte ich am ganzen Katechismus. Seit ich KANT in die Hände kriegte, scheint mir die Idealität von Zeit und Raum ein unwiderstehliches Axiom. Ich sehe die Glieder der Kette in Eins: Kinder, Eltern, Völker, Thiere, Pflanzen und Steine. Und Alle seh ich sie von einer Kraft erfüllt. Sind Berge, Wellen, Lüfte nicht ein Stück von mir? etc. Drum gefällt mir Byron so sehr. - Wie könnte uns auch das Zeug nur so bedeutungsvoll erscheinen, wenn alles nicht aus EINER Wurzel wüchse? Die ist, was Schopenhauer den WILLEN nennt: der allgegenwärtige Drang zum Leben; überall derselbe, der einzige; im Himmel und auf Erden; in Felsen, Wasser, -42- Sternen, Schweinen, wie in unserer Brust. Er schafft und füllt und drängt, WAS IST. Im Oberstübchen sitzt der INTELLEKT und schaut dem Treiben zu. Er sagt zum Willen: "Alter! laß das sein! Es giebt Verdruß!" Aber er hört nicht. Enttäuschung; kurze Lust und lange Sorge; Alter, Krankheit, Tod, sie machen ihn nicht mürbe; er macht so fort. Und treibt er ihn auch tausend Mal aus seiner Haut, er findet eine neue, die's büßen muß. - Und dieser Wille, das bin ICH. Ich bin mein Vater, meine Mutter, ich bin Sie und Alles. DARUM giebt es Mitleid, darum giebt's Gerechtigkeit. Natur und Lehre sind verschieden, Natur ist stärker als die Lehre - sagen Sie. Natürlich und gewiß! Der Wille ist der Starke, Böse, Wirkungsvolle, Erste; der Intellekt ist No.2. - NICHTwollen, Ruhe wär' das Beste. - Wie soll das kommen? - Da steckt's Mysterium. Bin ich nun deutlich? - Seien Sie gut und brav und liebenswürdig und sagen Sie: Jawohl! Ihr Wilh. Busch. -43- Wolfenbüttel, den 27. Mai 75 Sie mögen gern Tiere leiden; ich auch. - Des Morgens um halb sechs werden die Hühner gefüttert und der schlanke Pfau mit dem Krönchen auf und dem Gefieder von Gold und Edelstein. Das ist der Vornehmste. Er pickt nur wenige Körner; dann geht's trrrrr! und ein Fächer von tausend Liebesaugen flimmert in der Morgensonne. Das zittert und trippelt und macht mit den Flügeln! Aber die alten Hühnertanten kucken nicht hin, sondern hacken mit ihren harten, knöcheren Nasen im Sande weiter. Es muß wohl ein verwunschener Prinz oder ein metamorphosierter Olympier sein; denn wenn die Frau Brückner, das kleine Waschweibchen, auf den Hof kommt, so fliegt er auf ihren Rücken und faßt sie ganz ordentlich und regelrecht beim Zopfe an. Wenn sie nur nicht nächstens das Eierlegen anfängt. Wenigstens schnattern und gackern tut diese Madam Leda genug. Mein Bruder hat eine Küche gebaut; eine zeitlang waren keine Fenster drin. Ein Rotstärtchen*21* - es singt immer zick zackzackzack! - und bibbert dabei mit dem Schwanz - war heimlich aus- und eingeflogen und hatte sich auf einem Balken mit vieler Geduld ein weiches Nest gebaut von manchem Halm -44- und mancher Feder. Nun kommt der böse Glasermeister und macht alles fest zu. Das giebt ein trauriges Gezwitscher in den Bäumen da draußen. Neulich pusselt Nachbar Mumme mit dem Spaten in seinem Garten herum, dicht bei den Stachelbeerbüschen. Auf einmal springt ein fremder Hund heraus und knurrt und will nicht weg und zeigt die Zähne. "Der Hund ist toll", so heißt es gleich. Man holt die Flinte - bum! - Die Kugel geht dem Hunde durch den Kopf, er streckt sich aus und stirbt. - Wie man genauer zusieht, liegen drei ganz kleine neugeborne Hündchen im Gebüsch. Ach, meine liebe Frau Anderson! Es regnet und regnet und regnet und hat nur sieben Grad plus. Mit tausend Grüßen Ihr W. Busch. -45- Wolfenbüttel, 11. Jun. 75. Liebe Frau Anderson! Schopenhauer hat jedenfalls die ernstliche Absicht deutlich zu sein, sonst wäre seine Schreibweise nicht so bündig, wie sich's ein Mathematiker nur wünschen könnte. Zudem ist er, mein' ich, immer interessant, obgleich er stets dasselbe Thema variirt; denn dieses Thema ist ja unser Fleisch und Blut. Freilich Kant wird vorausgesetzt. - Den Intellekt darf man nicht als etwas Apartes, Losgetrenntes ansehn, sondern als ein Produkt des Willens, dem es in seiner Dunkelheit unheimlich geworden. Der Intellekt ist ein Organ. Er bringt die Motive in Wechselwirkung; er SCHLIESST; aber der Wille BEschließt. - Wie oft folgen wir, der reiflichsten Überlegung zum Trotz, im entscheidenden Momente dem dunklen Drange, dem plötzlichen Impuls! - Der Wille ist Kraft; der Intellekt ist Form. - Der Intellekt ist sterblich; der Wille lebt, so lang er will. - Der Gedanke an den Tod scheint mir deshalb meistens so verdrießlich, weil der Einem die Laterne auspustet und Einen in eine neue Haut steckt, von der man nicht weiß, ob sie besser ist als die, welche man ausgezogen. -46- - Der Glaube an Seelenwanderung kommt mir wirklich recht verständig vor und höchst erbaulig dazu. Die schwarze Dinte war schuld! Ich befinde mich wohl, reise nächsten Montag den 14ten nach Wiedensahl zurück und verbleibe, ferner wie früher, Ihr ergebenster Wilh. Busch. -47- Wiedensahl, 15. Juni 75. Liebe Frau Anderson! Nun sitz' ich wieder am Fenster unseres lieben Pfarrhauses und sehe in Garten und Feld hinaus. Wie ist hier doch, derweil ich fortgewesen, die Welt so eng und voll geworden! Aus Schollen und Zweigen, die ich kahl verließ, hat sich eine Fülle von schönem Laub hervorgedrängt; das wogt und neigt sich nun im frischen Morgenwinde. Hier die Rosenbeete, die Erbsenfelder, die Obstbäume; dort die Gruppe von schlanken Pappeln, Birken mit Hängelocken und einer blühenden Akazie; und weiterhin im Wellenschlagen das Ährenfeld und die graue Windmühle und über alles daher die wandernden Wolken. Das giebt ein hübsches Wechselspiel von Licht und Schatten. Guten Morgen! W. Busch. -48- Wiedensahl, 18. Juni 75. Liebe Frau Anderson! Schopenhauer hielt sich an die Erfahrung, daß berühmte Männer meist ausgezeichnete Mütter hatten. Das Wort "Herz" nimmt er jedenfalls nicht im landläufigen Sinne. Er würde, denk ich, ungefähr so sagen: Der Wille, die Energie, die geschlechtliche Kraft, vererbt vom Vater; beim Intellekt, dem Denkorgan, macht sich der Einfluß der Mutter geltend. Ein hoher Grad von Willen und Intellekt, vereinigt, giebt Genie. Sind die Frauen nicht Meister in List und Schlauheit? Zeugen List und Schlauheit nicht von scharfem Intellekt? Es fehlt nur der starke Kenner und das große Ziel. - Wenn der alte Brummbartel von den Weibern nichts Gutes erwartet und ihnen nichts Gutes gönnt, so ist das eine von seinen Schrullen. Übrigens können die Frauen der modern kultivirten Welt sich damit trösten, daß sie's besser haben, als früher und anderswo; und so geht's hoffentlich weiter. - Eine von Schopenhauer's Schrullen ist auch seine Ansicht über Heilige. Hätte es je einen wahrhaftigen Heiligen gegeben, hätte es jemals Einer zur totalen Verneinung des Willens gebracht, so wäre -49- die Welt bereits erlöst. Nun behalten die Juden Recht: Der Messias muß noch kommen. Gegen die "Unsterblichkeit mit Haut und Haar" muß ich mich, scheint's, wohl ausdrücklich verwahren. Was in uns leidet und genießt, das bleibt; der sogenannte Geist wird ausgeblasen; wir "trinken Lethe".*) Die Ungewißheit über das WO und WIE unserer Wiedergeburt ist ein Hauptbestandteil unseres Widerwillens gegen den Tod. Wir werden einen neuen Stall finden und eine neue Laterne. Woher kommt der Drang zum Nachruhm, woher die Lust, sich zu "verewigen", oft bis zur Lächerlichkeit? Warum interessiren wir uns für die Gesammtkultur? Darum!: Wie der gebildete Mensch das Gute erbt aus früheren Lebensläufen, so möchte er auch mit der Wahrscheinlichkeit sterben, daß er was Gutes vorfindet, wenn er wieder auflebt; und so fort durch alle Ewigkeit, d.h. bis zu jenem Moment, wo das Wort "Zeit" keine Bedeutung mehr hat. Antworten Sie doch der Dame im "Land der Blumen und Insekten". Ich wollte auch mal hin und zwar als Bienenzüchter; nach Brasilien, wo in einem Jahre eine Progression von 1 zu 80 möglich ist. Spaßhafte Thiere! Die kleinen Broschüren habe ich allerdings in Wolfenbüttel vergessen; die Bücher, welche Sie mir soeben geschickt, sollen aber pünktlich zurück kommen. *) Sie kennen gewiß das wunderschöne Märchen des Plato. -50- Ich sehe im Nordwesten einen Streifen Abendroth; die tieferen Baumzweige sind ganz hinein getunkt. Von Südosten kommt ein sanfteres Licht und legt sich an die Wipfel. Ich weiß, wenn ich jetzt in mein Schlafzimmer gehe, um das Fenster zu schließen, so schaut der Vollmond über die alte Kirche. Gute Nacht! Wilh. Busch. -51- Liebe Frau Anderson! Die holländischen Gedichte gefallen mir. Ich habe auch gleich versucht, ein paar davon in's deutsche herüber zu setzen. Wem nichts an mir gelegen, Wer mich so recht meschant Und kurz und grob behandelt, Dem reich ich die Bruderhand. Doch wer mein Freund sich nennt, Wer Gutes von mir spricht Und mich zu Dank verpflichtet, Dem spuck ich in's Gesicht.*22* *********** Zur Magd sprach Morgens der Milchmann: "Die Schwelle ist wieder so naß!" - Daß Nachts darauf geweinet, Ach Gott, wer wußte das?! - Daß er und die Magd es nicht wußten, Nu ja! Das ertrüge sich. - Doch sie - daß sie nichts vermuthet, Ist wirklich recht hart für mich. -52- Wie kommt mir doch das Holländische so würdevoll vor und spaßhaft zugleich. Bei den langen aa's und oo's muß ich immer an die salbungsvoll geöffneten Mundlöcher der Dominés denken. Dann die ij's, wo Kurz-i und Lang-j immer so hübsch einträchtig zusammenhalten, wie die Juden Isaak und Jacob, als sie den Bauer prellten. Und dann die drolligen End-je's welche den Wörtern immer so hinten herausbummeln, wie dem Buben der Hemdzippel. - Beim Zeus! Ich fürchte fast, eine holländische Tragödie könnte meine Seele nicht mürbe machen. - Da haben wir's! Haben Sie Nachsicht mit Ihrem ergebensten W. Busch. Wiedensahl, 21. Jun. 1875. -53- Wiedensahl, 23. Juni 75. Liebe Frau Anderson! Das sind mal viele Fragen! - Also: Der Pfarrer in Wiedensahl ist mein Schwager, die Pfarrerin meine Schwester. Da ich sie gern habe, da sie WIRKLICH fromm sind, so vertragen wir uns vorzüglich gut. Der Kopf auf dem einen Siegel stellt Georg II. von England vor; er kommt von einem Verwandten, der als Arzt vordem in englischem Dienst stand. - Den Hahn habe ich früher mal geäzt*23* für eine mysteriöse Genossenschaft in München, deren Bundeslied lautete: Wenn der Wind weht, Wenn der Hahn kräht, Wenn die Wetterfahne sich auf dem Thurm dreht, Beim Schrei der Eulen, Bei der Wölfe Heulen; Wenn das Geisterheer zieht über's Moor; Dann brich hervor Mit Wundermacht Du Licht der Nacht! Die Antwort auf die Heiligenfrage darf ich wohl auf später verschieben. -54- Nach Brasilien wollte ich vor Jahren mal, als die Naturwissenschaften und speziell die Bienen meine Leidenschaft waren. Jetzt nicht mehr. Das Märchen von der Unterwelt finden Sie in der "Republik" des Plato. Herzlichen Gruß! W. Busch. -55- Wiedensahl, 24. Jun. 75. Meine liebe Frau Anderson! Der kleinste Stein, der vom Dache fällt, erschüttert die Welt; aber sein Fall war selber veranlaßt, war ein Theil der drängenden Bewegung, welcher das All durchwühlt. Wir wühlen mit, und ALLES MUSS. Dieser Gedanke zieht sich durch alle Zeiten. Fatum, Prädestination, sind ein paar seiner allegorischen Gewänder. - Könnte die Kraft, deren Erscheinung das fallende Steinchen ist, in Nichts verschwinden - könnte EINER ein Loch in die Welt fressen - könnte ein Glied des Kettensystems sich selbst zerreißen - rums!! - mit einem Ruck müßten Sonnen und Planeten und wir selbst und der ganze Krempel zusammenrumpeln und hinunter sausen in den bodenlosen, seligen Abgrund. - Wird's jemals EINER KÖNNEN? Sind ALLE dazu nöthig? Wird der unruhvolle Schöpfer ermüden und allmählig entschlummern? - So viel scheint fest zu stehn: Man ist noch allerseits recht munter; und 'n richtigen Heiligen hat's bis jetzt noch nicht gegeben, sonst hätten wir's gespürt und verhielten uns still. -56- Mit der Versicherung, daß ich in solchen Sachen niemals etwas zu wissen behaupte, zeichne ich mich als Ihren gläubigen, leider nicht frommen, aber ganz ergebensten Wilh. Busch. -57- Ja, zwischen so ausgestopften Geschöpfen, wenn man nicht dran gewöhnt, ist's unheimlich; es riecht so mottenmulsterig, und dann ist's, als zöge Einem immer ein leichter eisiger Hauch hinter die Ohren, wie wenn der Tod da stände. Das hat man nicht gern. Die volleren, wärmeren Lebenserscheinungen passen besser in unsern Kram. - Darwin's Theorie, oder vielmehr seine Anhäufung von Material, ist höchst interessant. Die Entwicklung des Höheren aus dem Niederen bis vom Einfachsten herauf hat etwas bedeutungsvolles. Ob das nun so ist, oder nicht - die Ähnlichkeit ist da, und der Nachweis dieser durchgehenden Ähnlichkeit stimmt gut mit dem Gesichtspunkt überein, den mein Schädel nun mal unwiderruflich eingenommen hat. Wenn Sie keine "Nationalseele" haben, so liegt der Glaube an Seelenwandrung am Ende schon heimlich in Ihnen verborgen. Ihre Notiz über die Bücher, welche Sie mir geschickt und schicken werden, gedenk ich mit kluger Bescheidenheit zu benützen. 25. Jun. 75. W. B. -58- Wiedensahl, 28. Juni 75. Hier die Photographie zurück. - Die Bücher behalt ich!*24* - So wäre denn mit der klugen Bescheidenheit ein schöner, vielversprechender Anfang gemacht. Ihr W. Busch. -59- Wiedensahl, 30. Jun. 75 Liebe Frau Anderson! Wenn ich je die Seele, oder den Geist ein ORGAN genannt habe, SO WIDERRUF ICH'S. Der Geruch ist NICHT die Nase, das Flöten ist NICHT der Schnabel - aber wohl ist der Intellekt, der Vorstellungsapparat ein ORGAN DES WILLENS. Jede Geburt ist WIEDERgeburt. - Warum wissen wir nichts mehr von unserm Vorleben? Weil wir »Lethe" tranken, als wir STARBEN, so gut, wie wir Lethe trinken müssen, wenn wir STERBEN WERDEN. - Der Säugling hat seine Leib- und sonstigen Schmerzen. Warum? Weil er ein Taugenichts war vor seiner Geburt. - Meist sind die Kinder den Eltern, oft sind die Enkel den Grosseltern ähnlich. Warum? Die "Seele" wandert, aus dem Einen heraus, in den Anderen hinein. Und nun, mein gutes Madamchen, daß Sie mir nicht kommen und sagen, ich hätte gesagt: DIESES sind die nämlichen Seelen, die im Himmel singen, im Fegefeuer purgiren oder in der Hölle schmurgeln. - Und dann - natürlich! - die Seelen der Thiere - -60- die "wandern" auch, so gut wie die Seelen der Menschen, der Pflanzen und der Steine. Bin ich ein Konglomerat von Atomen? Ja! - Aber unter anderem und außerdem auch Ihr ergebenster Wilh. Busch. -61- Wiedensahl, 6. Juli 75. Liebe Frau Anderson! Also zurückgeblättert im Kathechismus bei Seite I. Unser Dasein besteht aus Wollen. Wollen ist Wünschen. Wünschen setzt Mangel voraus. Mangel ist Schmerz. Wir leiden Schmerzen, weil wir SO SIND. Wir sind so, weil unsere Erzeuger so waren und deren Erzeuger und so zurück und immer zurück. Kinder, Eltern, Geschlechter; Familie, Volk, Menschheit; sind intellectuelle Theilungen eines Ganzen; d.h. unser Intellekt sieht Alles durch das Medium von Raum und Zeit. In Wahrheit ist EIN Wille, EINE Schuld, EIN Leiden. Ein Stück davon sitzt auch in meiner Brust. So nahe wie möglich. - Glaub ich an die alte, gute, ehrliche, biedermännische Lehre von der Seelenwanderung? So ganz doch nicht! Aber ich fühle, daß Wahrheit DAHINTER steckt, wie hinter andern Religionen und Mythologieen. Ich sehe die "Wahrheit im Gewand der Dichtung". - Wenn mir nun aber Einer käme mit Daumschrauben und siedendem Öl und wollte mich klemmen und braten, bis ich DICHTUNG für WAHRHEIT nähme, so würd ich ihm womöglich einen Boxerhieb unter die Nase -62- geben, daß ihm sein Schraub- und Kochgeschirr aus der Hand fiele. - Diese spanischen Pfaffen, die Sie geschickt, sind mir recht ergötzlich.*25* Mit Dank Ihr Wilh. Busch. -63- Wiedensahl, 7. Juli 75. Die "Urzeugung" paßt recht gemüthlich zu meinem Glauben. Aber wo sind denn die Beweise, meine liebe Frau Anderson? Diese sogenannten Wahrheiten habe ich doch ein wenig im Verdacht der Unbeständigkeit. Bis in die fünfziger Jahre galt als bombenfest der Satz: Nur das BEFRUCHTETE Ei ist entwicklungsfähig. Hören Sie nun mal etwas über Bienen! Im Bienenstaate ist die Königin das einzige Weibchen; sie begattet sich ihr lebelang nur ein einziges Mal. Sie empfängt das Sperma in einem kleinen Samenbläschen, welches in den Legekanal mündet, um, wenn ein Ei vorbei passirt, an dieses die nöthigen Samenthierchen abzugeben, die dann bekanntlich durch eine kleine Öffnung in dasselbe eindringen. Die Königin legt nun ihre Eier in Drohnenzellen und Bienenzellen. In den ersteren entwickeln sich Drohnen, d.h. Männchen, in den andern Arbeitsbienen, d.h. unvollkommene Weibchen. Nun hat man folgendes beobachtet: 1) Zuweilen legt eine Königin NUR Drohneneier. Untersucht man dann ihr Samenbläschen, so ist es LEER. 2) Eine italienische Jungfrau-Königin, mit deutschen Drohnen gepaart, vererbt ihre Abzeichen ganz rein nur -64- auf die männlichen Nachkommen. Die Drohnen sind ECHT, die Weibchen sind Mischlinge. 3) Man drückte befruchtete Königinnen mit einer kleinen Zange an der Stelle ihres Leibes, wo das Samenbläschen liegt. Von der Zeit an legten sie NUR Drohneneier. 4) Man untersuchte Bieneneier und Drohneneier mit dem Mikroskop. In keinem einzigen Drohnenei fanden sich Samentierchen. Was folgt hieraus? Antwort: Hier findet PARTHENOGENESIS statt. Ich hoffe, Sie werden daraus auch ohne mich eine hübsche Nutzanwendung machen in Bezug auf die Würde der Frauen im allgemeinen und die unbefleckte Empfängniß in's besondere. Aber Scherz beiseit! Was ich meine, ist dies: Alle solche Thesen sind Hypothesen. - Wir dürfen bescheiden sein. - Wer die NACKTE Wahrheit will, der mahle a2 + 2.a.b + b2 ((Hier sind a2 und b2 als Potenzen zu lesen. - Anm. der WITTGENSTEIN STUDIES)) auf der Wind- und Klappermühle, deren Wichtigkeit ich sonst nicht verkenne. - Wir aber, wir reden den hübschen "blühenden" Unsinn. Wir sagen: Die Sonne geht unter; der Mond geht auf. - Hier ist der See. Der entschlummerte Tag haucht leise darüber hin. Die Wellen zittern und blinken. Sanft schaukelt der Kahn. Die Laute klingt. Aber tief unten im Grund liegt der Hort und Schatz der Wahrheit. Ihr Wilh. Busch. -65- Wiedensahl, 13. Juli 75. Die Photographien,*25* m. l. Fr. Anderson, habe ich mit Vergnügen durchblättert. Die Karrikaturen*26* machten mir dagegen einen wehmütig niederträchtigen Eindruck. Der Erwählte des souveränen Volkes ist zu lange auf dem Boden Frankreichs gewandelt, als daß die zurückgelassenen tiefen Spuren seiner langen Stulpstiefel sich dadurch verwischen ließen, daß man Koth aufrafft und hinter ihm herwirft, es sei denn, man würfe die Pfaffen hinter ihm her. Aber prosit! Pilgerei, Herzjesuschwindel, Knebelei des Unterrichts sind Dünger und Frucht der Republik wie des Kaiserreichs - in Frankreich. Ein gesegnetes Land! Gesegnet von Gott, gesegnet vom Heiligen Vater. Aber ich meine, die Franzosen müßten doch bald daran denken, was die Erfahrung lehrt: Der Segen der Natur wird vernichtet durch den Segen Roms. Ihr W. B. -66- Alter: 42 Jahre. Größe: in Gestalt eines schwarzen Fadens um dieses Blatt gewickelt.*27* Freundl. Gr.! W. B. (Poststempel des Briefchens: 18. VII. 1875.) -67- Wiedensahl, 25. Juli 75. Liebe Mary! Die Thätigkeit des Blumenkohl-ähnlichen Gehirns pflegt man Geist zu nennen. Sie haben gesagt, daß Sie meinen Geist liebten. - Gut! - Was kümmert Sie denn meine physikalische Beschaffenheit? Sollten Sie etwa Geist und Seele mit einander verwechseln? - Das Bild der Seele, welches durch Vermittlung der Sinne im Gehirn sich zeigt, heißt Körper. - Wehe, wehe!! - Kommt Ihnen mein Geist, der vielgepriesene, gar so ungenügend vor?? - Ahem! Ihr W. B. -68- Wiedensahl, 3. Aug. 75. L. M. Es freut mich, daß Sie sagen: ich hätte Recht, und Sie wollten künftig bräver sein. Von ihrer liebenswürdigen "Gerechtigkeit", die sonst nicht Sache der Weiber sein soll, wie manche Gelehrte behaupten wollen, war das auch nicht anders zu erwarten. Denn wer hat ZUERST so hübsch und freundlich auf platonische Liebe gedrungen? Nicht ich, sondern Sie, Madamchen! Bin ich nicht mit himmlischer Seelengüte auf Ihren Wunsch und Standpunkt eingegangen? Und nun kommen Sie daher und machen mich zu einem alten weisen Murkepott!! - "Jugend ist relativ". - Ja! - Auch zwischen Weibern und Männern. - Mit 17 Jahren ist so ein Mädchen fix und fertig für Bett und Ball und wohlgeübt in allen Künsten des Krieges und des Friedens, während der gute Jüngling dieses Alters mit der Mappe unterm Arm noch ganz bescheidentlich zur Schule wandelt. Kaum daß er mit 25 Jahren ein wenig für voll genommen wird. - Aber das Auge der ewigen Gerechtigkeit da droben blinzelt scharf. - Die eben erwähnte Jungfrau ist nun schon längst, wie man zu sagen pflegt, "aus -69- dem Schneider heraus"; sie ist ausgemerzt und abgemeiert, und wehe ihr, wenn sie dem Schicksal zu trotzen wagt. Es kommt der frische blühende Nachschub auf den Ball und dann heißt's: So alte Knochen sollten sich doch lieber ausruhen und zu Hause bleiben! - Ein Glück, wenn sie noch einen erwischt und in den Stand der heiligen Ehe zu sich hernieder zieht. Mit 50 Jahren kann sie nur noch ausnahmsweise ein Kind kriegen, während der Mann von 50 Jahren nur ausnahmsweise keine Kinder mehr machen kann. - So gleicht sich die Sache recht nüdlich aus. - Wären Sie so alt wie ich, so würde ich zum mindesten zehn Jahre jünger sein als Sie. - Sie fühlen sich noch jung; ich auch. Das ist recht schön und brav von uns. Aber damit alles seine Richtigkeit hätte, müßten wir auch von andern für jung gehalten werden. Ach du grundgütiger Himmel! Wenn ich dran denke, was ich dachte, als ich zwanzig Lenze zählte! Da kamen mir die Leute unsers Schlages so schrecklich alt und eigentlich so vor, als dürften sie getrost von hinnen scheiden und Platz der Jugend machen. - Unliebsam, aber wahr! - Ich kehrte gestern Abend von einem Kreuz- und Querzuge heim. Ich traf mit einem Freunde in Hannover zusammen. Wir fuhren nach Kassel. Ich sah die Gallerie mal wieder mit den wundervollen Niederländern. Ich sah auch sonst noch allerlei. Zwei Nächte kam ich nicht zur Ruhe. Wie thöricht kam ich mir doch vor. Und bei meiner Rückkehr find -70- ich Ihren freundlichen Brief auf dem Tisch, und Sie sagen mir: daß ich weise bin. - Das thut wohl; das erquickt!! - Sofort setz ich mich hin, nehme die Feder, tränke sie mit Weisheit, lasse dieselbe aufs Papier strömen und schließe mit der Bemerkung, daß ich stets bin Ihr ergebenster W. B. -71- Wiedensahl, 29. Aug. 75. Meine liebe Frau Anderson! Sie haben meine Briefe "Sterne" genannt. Denken Sie mal, es wären Sternschnuppen gewesen, Kometensplitter. Kometen haben eine lange Umlaufszeit; wir wollen mal sagen hundert Jahre. - Ich gehe übermorgen auf einige Wochen nach Wolfenbüttel, dann nach Frankfurt, dann nach Heidelberg, München, Wien. Obgleich ich Vivisectionen nicht liebe, so werd ich doch stets freundlich an Sie gedenken.*28* Ihr Wilhelm Busch. -72- Wolfenbüttel, 30. Sept. 1875. ((sic! - Anmerkung der WITTGENSTEIN STUDIES)) Meine liebe Frau Anderson! Ich hatte unsern Briefwechsel immer als einen Gedankenaustausch angesehn. - Ein Experiment? Eine Mücke!*29* - Freilich! - Aber ich ziehe meine Havannah doch etwas stärker an und hülle mich in eine schützende Dampfwolke. - Das ist alles. - Also keine Mücken mehr, und Sie werden finden, daß ich ferner wie früher bin Ihr ergebenster W. Busch. -73- Wolfenbüttel, 8. Sept. 75. Meine liebe Frau Anderson! Da haben wir's wieder! - Um das was drollig, schelmisch, heimtückisch in einer Sprache ist, um das Mienenspiel einer Sprache zu verstehn, muß man in dieser Sprache geboren und erzogen sein. Sie sind keine geborene Deutsche, ich bin kein geborener Holländer; und eine entsprechende Umzeugung oder Wiedergeburt möchte auch wohl Keinem von uns beiden so bald erwünscht sein. - Nun gut, es ist mal so! - Sonst würde Ihnen das "Wehe!" damals wohl etwas anders geklungen haben. Sie hätten sich denn vielleicht nicht auf einen Vers von mir berufen. - Das war die Mücke! - Wollen Sie es mir, der mit voller Überzeugung eine "idyllische" Zurückgezogenheit erwählt, verdenken, daß ich keine Mücken leiden mag? - Ist's Empfindlichkeit? Ja! - Ist's Eitelkeit? Ja! - Ach du lieber Gott! Sind wir nicht vollgesogen mit Eitelkeit wie ein Schwamm? - Ja, noch mehr: Unser Dasein ist die Eitelkeit in Person. - Das GLAUB ich; und Wer anders glaubt, glaubt, glaub ich, falsch. -74- Aber es war ja keine Mücke; sie flog und sang nur so. - Oder es war eine Mücke. - Husch! Da kommen gleich so hübsche Vöglein geflogen, und - schnapp! - ist sie weg. Ihr Wilh. Busch. -75- Wolfenbüttel, 12. Sept. 75. Meine liebe Frau Anderson! Wenn in holländischen Blätter solche Geschichten verhackstückt werden, selbst wenn mir dergleichen in die Hände käme, ich würd es schwerlich lesen; es sei denn, es wäre rund, klar und psychologisch bedeutungsvoll, also anziehend auch ohne Bezug auf eine Person, d.h. kein litterarischer Klatsch.- Meine Überzeugung ist ein für alle Mal: Wir taugen alle zusammen in der Wurzel nicht, und schüttelten wir die guten Werke auch nur immer so aus dem großen Sack heraus. Sie kennen meine Abneigung gegen Fragen. Dennoch beantworte ich Ihre Fragen stets. Ein Beweis für meine abscheuliche Liebenswürdigkeit. Was nun zuerst das Verändern der Nationalität betrifft, so müßten wir jedenfalls vorläufig sterben, was ich beiderseits für unbehaglich halte und darum so bald noch nicht erwünscht. Die Nationalität ist eben ein Ding, was Keiner bei lebendigem Leibe los wird, er mag kratzen, so viel er will. Ferner! Das bewußte "Wehe" möchte etwa SO geklungen haben: "Liebe Frau Anderson! Sie haben selbst und zuerst unsern Verkehr so begrenzt, daß -76- er gewissermassen ein Zwiegespräch über den "platonischen Zaun" sein sollte. Fragen Sie nun aber zu genau nach meiner Person, so möchte mir das leicht eine Veranlassung geben, über den Zaun hinüber zu steigen. Eine verhängnißvolle, unberechenbare Veränderung der Situation. Wehe!" Drittens! - "Zurückgezogenheit" und "Mücken". - Wenn ich mit meinem Schakespear ((sic! - Anm. der WITTGENSTEIN STUDIES)) in den Wald spatziere, wenn ich mein Skizzenbuch aufschlage und zeichne eine Pflanze oder eine alte Brücke - zih! - da singt eine kleine Stechmücke ... - Ohne Bildersprache? Jede Sprache ist Bildersprache. - Ich führe keine Correspondenz, außer hie und da mit Verwandten und mit Ihnen. Ich will meiner "idyllischen" Neigung folgen - zih! - da singt die Stechmücke - Sie nennen es Schertz. Gut, gut! Sie hat ja nicht stechen WOLLEN. Und wenn auch - Beim Zeus! - Ich halte mich nicht für besser als andere Leute und bleibe immer Ihr ergebenster W. Busch. -77- Wolfenbüttel, 15. Sept. 75. Liebe Frau Anderson! Frei ist der Anfang und frei ist das Ende; was dazwischen liegt ist notwendig. Bei dieser Notwendigkeit, welche Alles, auch unser Thun und Lassen beherrscht, könnten wir unmöglich ein Gefühl der Verantwortlichkeit, ein Gewissen haben, wenn wir nicht an jenem Anfang, nämlich der Erschaffung der Welt, ganz gründermäßig betheiligt wären. Diese Welt, unser Werk, ist ohne Frage mangelhaft; sie besteht durch und durch aus einem unersättlichen Begehren, aus lauter Wünschen, welche niemals vollkommen befriedigt werden können. Der Zustand vor jedem Dasein war besser, war unsere Heimath. Je nachdem die Ahnung davon einen Menschen mehr oder weniger durchdämmert, wird er seinem Wollen, welches ihn in die Fremde treibt, die Entsagung, die Umkehr entgegen setzen. Hoffentlich wird dieser leise Zug nach Billionen von Jahren Alles heimführen; vielleicht wird es mit einem Ruck geschehn. Dem Singen und Sagen vom goldenen Zeitalter, dem Glauben des Chiliasten, dem Streben der Internationalen - - all diesen Träumen liegt jenes dunkle Heimweh zum Grunde. - Träume. Ja! - Denn Der wird -78- sich eklig täuschen, welcher Frieden und Ruhe in dieser Welt erhofft. - Worte! Bildersprache! Freilich! - Aber ich möchte über Ihr Mitleid mit Thieren doch gern'n Bissel phantasiren. Wäre dies Thema nicht von Ihnen zu mir herüber geklungen - nie hätte ich Ihnen Was vorgeklimpert. - So hören Sie mir denn auch ferner hübsch freundlich zu, und sein Sie überzeugt: Trotz aller "Undwennauchs" bin ich Ihr ganz ergebenster W. Busch. -79- Wolfenbüttel, 18. Sept. 75. Hier das Mädel zurück! - Liebevoll und wöhnlich im Ausdruck. - Wie die zierliche Ohrmuschel hervor- und zurückgebogen, hat etwas Reizend-Verdächtiges. Ich möchte wetten, oben am Rande sitzt der bekannte eingedrückte Zipfel. Ihr W. Busch. -80- Wolfenbüttel 24. Sept. 75. Meine liebe Frau Anderson! Es mag ja nicht übel sein, sich in den grünen Wald zu setzen, ein Buch aufzuschlagen und nun, was da drin steht, nebst dem Duft und Rauschen der Tannen auf sich wirken zu lassen. Mir will's aber doch nicht passen. - Wenn ich in der Wiese auf dem Rücken liege, das eine Bein zurückgezogen, das andere darüber geschlagen, und nichts sehe, als ein Stück Himmel, die zierlichen Fahnen der Gräser und den erhobenen Fuß, hinter dem die Wolken vorüber ziehn, so wäre mir die Einmischung eines fremden Intellekts, auch des besten, höchst unbehaglich.*30* Zudem sind mir die Brücken und Wege, erratische Blöcke, Heide und Moor meiner Heimat schon so belebt genug durch die drolligen und ernsten Spukgeschichten, welche mich in der Jugendzeit, an Winterabenden in der Spinnstube erzählt, gar oft ergötzt und entsetzt und noch heut ihren Zauber nicht verloren haben. - Ich denke sie am liebsten in der Sprache, in welcher sie mir erzählt wurden, in meiner Dorfsprache. - Nun fiel es mir neulich mal wieder recht auf, wie wahrhaftig und ähnlich dem die Hexenscenen in Macbeth sind. Ich mußt es versuchen, -81- sie mir in mein liebes Plattdeutsch herüber zu holen. Drum spatzierte der Shakespear ((sic! - Anm. der WITTENSTEIN STUDIES)) mit. - Sonst ist mir dazu der Winter gut, wenn's friert und schneit, und wenn man sich dann so sein klimperkleines Plätzchen vom großen Weltall abgesondert, gemüthlich erwärmt und heimlich beleuchtet hat. Im Sommer und Winter Ihr ergebenster Wilh. Busch. -82- Wolfenbüttel, Dienstag d. 28. Sept. 75. Liebe Frau Anderson! Mein Geburtsort ist Wiedensahl im Hannöverschen. - Also die Frage wäre erledigt. Am Mittwoch nächster Woche werde ich von Frankfurt nach Heidelberg fahren. Es soll mir auf einen kleinen Bogen nicht ankommen. Wie wär's, wenn wir an besagtem Mittwoch Abend ein paar Stunden auf dem Bahnhofe in Mainz zusammen verplaudern könnten? - Nennen Sie mir den Zug, mit dem ich Sie erwarten soll. Ihr W. Busch. -83- Wolfenbüttel, 1. Oct. 75. Also Mittwoch d. 6. Oct. zwischen 6 u. 7 Uhr Nachmittags auf dem Bahnhofe in Mainz.*31* Ihr W. Busch. -84- Wiedensahl, 31. Oct. 75. Seit gestern Abend bin ich wieder hier. Ich verbrachte die letzten Tage in einer alten Mühle, die mich seit Kinderzeiten immer freundlich aufgenommen. Da schlief sich's gut. Das Bett wackelte noch wie früher beim Getriebe der Räder, und das herabstürzende Wasser rauschte durch meine Träume. Bücher und Briefe erhalten. - Der Ausspruch über Indien, den Sie citirt, genügt mir nicht. Es muß jedenfalls noch Tradition vorhanden sein. Nur frisch an die Arbeit! Von innen gefühlt, von außen besehen; dann wird der liebe Gott schon weiter helfen. Das Wetter scheint mir auf Schnee zu grübeln. Ihr W. Busch. -85- Wiedensahl, 6. Nov. 1875. Hierbei mit freundlichem Dank die Bücher zurück! - So eigentlich angeregt hat mich nur die kleine Schrift über het jagen (das Jagen) und einer der vorangestellten Wahlsprüche. Die Folgerung, zu der das Schriftchen kommt, hat meinen vollen Beifall; die Voraussetzung aber ist falsch. Die Voraussetzung: "der unverdorbene Mensch hat von Natur bei allen Leiden seiner Mitgeschöpfe ein unangenehmes Gefühl" - ist falsch, weil einseitig. Das Leiden, die Marter hat vielmehr etwas schauderhaft Anziehendes, es bewirkt Grauen und Ergötzen zugleich. - Haben Sie jemals den Ausdruck von Kindern bemerkt, wenn sie dem Schlachten eines Schweines zusehen? - Nein? - Nun, so rufen Sie sich das Medusenhaupt vor die Seele. Tod, Grausamkeit, Wollust - hier sind sie beisammen. - Muß ich Ihnen sagen, nach dem, was ich so oft gesagt, wie das kommt? - Der gute und der böse Dämon empfangen uns bei der Geburt, um uns zu begleiten. Der böse Dämon ist meist der stärkere und gesundere; er ist der heftige Lebensdrang. Der gute Dämon aber winkt zurück, und gute Kinder sterben früh; ihnen sind die Engelsflügel nicht abgeschnitten. - Kurzum, der natürliche, unverdorbene (?) Mensch, -86- also besonders das Kind, muß überwiegend böse sein, sonst ist seines Bleibens nicht in dieser Welt. - Und die Jagdlust? - Die Jagdlust ist ein Stück Lebenslust. Sie ist eine Übung der Daseinsbedingungen: List, Scharfblick, Kraft, Gewandtheit, verbunden mit dem Reiz der Grausamkeit. Sie ist folglich natürlich, folglich bös. - Und die Strafe bleibt nicht aus. - Jeder Jäger wird mal ein Hase, früher oder später, denn die Ewigkeit ist lang. - Was mich betrifft, so werd ich jedenfalls, nachdem ich ein- oder zwei- oder drei- oder hundertmal gestorben, ein Spatz. Mein Weibchen wird ein Nest zusammen zotteln unter dem Dach; es wird Eier legen; und wenn dann die wackelköpfigen Jungen ausgekrochen, so kommt ein flachshaariger Bub daher, holt eine lange Stange, spaltet sie an der Spitze und - heraus mit dem Nest! - Da wird der alte Spatz ein schönes Geschrei erheben! Und der erwähnte Wahlspruch? "Ik zon liever een ongelukkig mensch dooden dan een vogel in gelukkige vlucht." (Ich würde eher einen unglücklichen Menschen töten können als einen Vogel in glücklichem Flug.) - Ein schlimmer Gedanke in treffender Form! - Soll ich darauf zurück kommen? Ihr W. Busch. -87- W., 7. Nov. Ihre hübsche Hunde- und Katzengeschichte, die mir überaus gut gefällt, schicke ich Ihnen hiermit zurück.*32* Wenn ein Holländer kein Deutsch versteht, oder wenn ein Deutscher kein Holländisch versteht, so ist das an sich keine Sünde. Wenn sie aber ihre Unwissenheit drucken lassen,*33* dann ist's was Anderes; und in diesem Falle sollte sich der Eine über den Andern nicht beklagen. - So mein' ich halt! - Die Narrenhistorie habe ich sofort aufgebrannt. Diese persönlichen Stänkereien vor den Augen des versammelten Publikums sind mir unglaublich widerwärtig. Hol's der Teufel! Freundlichen Gruß! Ihr W. B. -88- Wiedensahl, 14. Nov. 75. "Ich möchte lieber einen unglücklichen Menschen tödten, als einen Vogel in glücklichem Flug" - so würde denn zu deutsch Ihr Motto lauten. - Man könnte auch sagen: ein Schwein in fröhlichem Grunzen. - Doch nein! - Wir müßten uns das Schinkenessen abgewöhnen; denn Schinkenessen ist indirectes Schweineschlachten. - Also ein Vogel! - Nun fliegt so ein Vogel, um Futter zu holen, oder zum Liebchen zu eilen, oder den Feind zu vermeiden, oder er fliegt auf die Wanderschaft. Entweder lockt ihn ein Wunsch, oder es jagt ihn die Furcht. Wen aber Angst und Mangel treibt, der kann nicht glücklich sein. Folglich: es giebt keinen Vogel in glücklichem Flug. - Doch der "Flug" ist ja nur ein poetisches Bild. - Vielleicht ist er glücklich im Schlaf. Aber auch Thiere haben Träume! - Vielleicht ist er glücklich im Augenblick der Begattung. Zu kurzes Glück, um Glück zu heißen! - Und dann: Dem Vogel dem geschieht ganz recht! - Hol der Teufel die Schwalben! - So eine Mücke hat's auch nicht gern, daß man sie hinwegreißt aus dem fröhlichen Hochzeitsreigen, um ihr die Knochen im Leibe zu zerbrechen. - Doch Spass bei seit! - Ich denke an -89- den "unglücklichen Menschen". - Käme wirklich und im Ernst der Augenblick der Wahl für Sie, ich weiß, Sie würden Dolch, Keule, Gift und Karabiner sinken lassen und brächten lieber doch den Vogel um. - Ist's mit dem Tod ja doch nicht aus! Ein altbekanntes tiefes Wort das lautet so: "Das schnellste Thier, was uns zum Heile trägt, ist Leid." - Also - folglich-: Wer's meiste Unglück macht, der ist der Beste? - Na ja! - Wer's kann, der muß; wer muß, der thut's; wer's thut, kriegt Hiebe; und Hiebe kriegt ein Jeder; und das mit Recht. Ihr ganz ergebenster W. Busch. -90- Wiedensahl, 20. Nov. 75. Ja, meine liebe Frau Anderson, wir radebrechen um was Ehrlichs herum. - Warum, und immer Warum! - Na, gut! - Ich konnte mir ja wohl denken, daß Sie's gut meinten. Sie wollen lieber einen Menschen von seiner Qual befrein, als einen Vogel seines Glückes berauben, oder im Allgemeinen: Sie möchten Leid aufheben und Glück erhalten. - Aber durch Tödten? Wie? - Erstens "ist's mit dem Tode ja doch nicht aus". Und dann - - Nun muß ich schon wieder ein mystisches Wort citiren: "Der Mensch bringt alle Dinge zu Gott." Es liegt eine ethische Wahrheit dahinter, glaub ich. Drum hab ich gesagt: ein schlimmer Gedanke - und ich bin gewiß, Sie würden den Vogel wählen, auch ohne Furcht vor der Polizei - und ich bin ebenso gewiß, Sie würden am liebsten weder den Vogel noch den Menschen tödten - und doch ist jene Form, der poetische Wurf, treffend, anregend und - herausfordernd. Weiter! - Ich habe nicht gesagt, das Schlachten sei anziehend, sondern ich denke: schauderhaft anziehend hab ich gesagt - Reiz und Abscheu; Vor und Zurück; den beiden Polen unseres innersten -91- Wesens entsprechend. - Beispiele gäb's auch außerdem genug. Auch habe ich gefunden, daß die meisten Kinder Fleischbrühe und Fleisch nicht gern wollen. Was hilft's? So lange beim Menschen die Eckzähne noch so verdächtig markirt sind, so lange wird es Leute geben, die sich auf die Natur berufen und fröhlich weiter schlachten. Die "Ideen"*34* - Gott sei's geklagt! - kann ich unmöglich noch mal durchlesen. Ich blättre hier im III. Theil herum. Da muß es z.B. heißen: pag. 153 - Waldabhange (nicht ä), " 142 - patriotische Zwecke, " 184 - Holzschuhe (Holzblocken ist kein deutsches Wort; freilich Holzblöcke = Klötze; im Dialekt ist Holzschuhe = Holschen). Und die Citate: pag. 139 - der wollte keine Knechte, " 216 - du gleichst dem Geist - - Könnten Sie denn nicht die Auslassung oder Veränderung der Stelle (Bd. II, p. 138) über die Bienen bewirken? Ich meine, Buffon hat so Was zuerst gesagt. Wer beobachtet hat, weiß, daß es falsch. Ihr ergebenster W. Busch. -92- Wiedensahl, 20. Dec. 75. Wer mal so ist, der bleibt auch so. Kommt man auch mal aus dem Geleise, so nimmt doch bald die Gewohnheit wieder die Zügel; man drückt sich gemütlich in die Wagenecke, und bummeldibammel! schlürt das Ding so hin. Meine Schreibfaulheit muß wohl auch in den Sternen geschrieben stehn; ich bin immer wieder drin. Ihre Verluste haben durchaus meine Theilnahme, Ihre Seelenruhe meine Achtung. Von Ihrem Vorsatze, zu schaffen, erwarte ich Gutes und Schönes. Was man gesehn, was man erlebt, was man vergessen und beiseit gelegt, Scherz und Ernst, Gutes und Schlimmes - das tritt dann leise dringend wieder vor; und wie man's aufnimmt und gestaltet, so wird's vertraulich, tröstet, hilft. - Es gab eine Zeit, wo ich das auch erfahren habe. Mit freundlichem Gruß Ihr ergebenster Wilh. Busch. -93- Wiedensahl, 29. Dec. 75. Hier die Briefe zurück. Ihr Arbeiten, denk ich, werden guten Erfolg haben. ((sic! - Anm. der WITTEGENSTEIN STUDIES)) Ich stehe eben auf dem Sprung zu einem kleinen Sylvesterausfluge. Hoffentlich werd ich auf die gemischten Bowlen ohne erheblichen Brummschädel und ohne Groll zurückblicken können. Prost Neujahr! W. Busch. -94- Wiedensahl, 28. Jan. 76. Ich war mehrere Wochen lang bei Freunden und Bekannten. Insonderheit: Sitzend auf dem Bock neben dem Postillon, fuhr ich bei scharfem Winterwind von Göttingen aus über die Berge nach meinem lieben alten Ebergötzen, wo ich den letzten und schönsten Theil meiner Kinderjahre verlebte. Noch immer erschüttert es mich, wenn das enge, felsige Thal mich umfängt, in dem die Quellen sich zu dem Bach vereinen, worin ich vor 30 Jahren Forellen mit der Hand gefangen. Kein Ort ist mir so vertraut wie Ebergötzen. Ich lese es wie ein Buch, wie 'ne Chronik; bei jedem neuen Besuch fang ich ein neu Kapitel an. Der Müller in der alten Mühle mitten im Dorf ist seit meinem zehnten Jahr mein Freund, der liebste und beste, den ich habe. Also die Fr. Hals bei den Tanten in Haarlem sollen verkauft werden? Stehen gut im Preis jetzund! Günstige Spekulation für die alten Beginneken! Aber ich will doch hoffen, daß diese wundervollen Dinge sich nicht etwa in ein englisches Landschloß verstecken, sondern daß sie sichtbar bleiben für uns ehrliche Christenmenschen, die ihre Freude dran haben. Freundlichen Gruß! W. Busch. -95- Wiedensahl, 7. Febr. 76. Obgleich der Floh,*35* wie Mann und Weib bekannt, gar pfiffig ist, besonders wenn es sich darum handelt, den ihm dräuenden Gefahren zu entschlüpfen, so scheint mir seine Intelligenz doch etwas einseitig zu sein. Winzig, unbändig, freiheitsdurstig, egoistisch, schnell vergänglich wie er ist, dürfte es der plumpen Menschenhand wohl schwerlich gelingen, einen bildenden Einfluß auf ihn auszuüben. Ich glaube nicht einmal, daß der erwähnte Schauspiel- und Circusdirector sein Personal auf längere Zeit engagirt und allnächtlich an seinen Pulsen beköstigt. - Ich denke mir, der Mann denkt so: Der Floh hupft. Hupfen paßt mir nicht. Womit hupft der Floh? Mit den Hinterbeinen. Also weg damit! - Ehe nun die Vorstellung beginnt, lockt er seinen Hund, langt aus dem haarigen Urwalde einige stattliche Wildfänge hervor, "dressirt" ihnen mit einer kleinen Scheere die Achterbeene, tupft ihnen etwas Gummi auf den Rücken - das Stück beginnt - und was sonst gehupft, das krabbelt nun. - Nach Schluß des Theaters können die Künstler gehen wohin sie wollen. Ihr W. B. -96- Wiedensahl, Mittwoch. Einliegend das Zettelchen. Gegen Ende des Monats werd ich wohl mit einem Neffen auf irgend eine Insel der Nordsee gehn. - Mit herzl. Gruß Ihr W. Busch. -97- Insel Borkum, l4. Juli 76. Obschon ich nun bereits seit längerer Zeit und vielfach von Andren vernehme, ich sei todt, so kann ich doch selbst noch immer nicht so recht dran glauben. Von dem blaßgrünen Helm der Dünen aus seh ich deutlich die holländische Küste, und deutlich hör ich das Brausen der sich überstürzenden Wellen. Ich lese auch zuweilen im Holländischen Gesangbuch. "Dan moogt g' in zegepraal uw' voet, Ja uwer honden tong' in't bloed Van elken vyand steken." Eine brave, sangbare Haifischmoral! - Vor ein paar Tagen lag ein Seehundsknabe, den die Fluth verschlagen hatte, ganz hülflos auf dem Sande. Da ihm vorn nicht recht zu trauen, so wurd er bei den Hinterbeinen an's Wasser gezogen; worauf er mit großer Geschicklichkeit an zu rudern fing, sich noch mal umsah und dann hinunter tauchte. Hoffentlich wird er seiner Familie erzählen, daß manche Leute am Lande auch ihre guten Seiten haben. Freundl. Gruß! W. Busch. -98- Wiedensahl, 29. Juli 76. Dies Borkum guckt wie ein trockener Brocken aus dem Rachen des Meers hervor, welches grunzend dran leckt und würgt. Aber ich hoffe, an den neuen Bauten und Schutzmauern wird's noch lange Was zu beißen haben, eh' es den Leuchtturm, die Quais und das Dorf mit den Walfischrippenzäunen hinunterschluckt " - in des Bauchs unersättlichen Abgrund." - Die jungen Möwen machten mir viel Spaß. Ich mußte doch mal eine in die Hand nehmen, obgleich da oben in der Luft viel tausend Alte ganz jämmerlich quäkten und gackerten und recht häufig mit Kalk und Mörtel schmissen. Vorgestern kam ich zurück. Freundlichen Gruß! Wilh. Busch. -99- Wiedensahl, 20. Oct. 76. Ich war in München zur Ausstellung. Die vielen Leute, das Fest, der Lärm, das Bier, der Rauch - mir ward ganz unklug davon. Und dann nie vor Nachts zwei Uhr in's Bett. Und dazu die vielen erstaunlich wundervollen alten Geschichten: Pokale, Pötte, Gläser, Vasen, Bücher, altes Eisen - und der Herr weiß: was. - Ja, da staunt der Dachs, wenn er aus dem Loch raus geht. Das waren doch sonnige Herbsttage. - Nun weht aber ein erbärmlich kalter Ostwind. Heut Morgen zog ein Zickzack von krakelnden Kranichen über den Garten hin. Das Feuer bullert im Ofen, und für die nächsten 6 Wochen will ich nicht wieder über die Grenze. Schreiben Sie doch mal, wie's Ihnen alleweil geht. Mit freundlichem Gruß Ihr Wilh. Busch. -100- Wiedensahl, 8. Nov. 76. Sie verlangen mein Urtheil über eine Kunstsache?*36* - Auweh! - Ich mag ja nur leiden und nicht leiden. - Sie kennen meine Schwärmerei für die unvergleichlichen Niederländer des 17ten Jahrhunderts. Damit ist der Platz, den mir die Natur für diese Art Neigungen auf Kündigung vermiethet hat, so ziemlich ausgefüllt. - Von Mintrop kenn ich nur wenig. Was ich aber von ihm kenne, ist mir liebenswürdig erschienen. - Man sagt, er habe die Märchen seiner Kindheit für Thatsachen gehalten. - Ich vermuthe, daß durch sein wundersames Erscheinen und seine Bescheidenheit die günstigen Ansichten über seine Arbeit und Begabung bei den Zeitgenossen sehr bedeutend gesteigert sind. Freundliche Grüße! Wilh. Busch. -101- München, 21. Febr. 77. Ihr freundlicher Brief traf mich hier, während der Freuden des Carnevals. Die sind nun vorüber. Mir brummt der Schädel, und mit schmerzlichem Lächeln sende ich Ihnen meinen ergebensten Gruß. - In den nächsten Tagen kehr ich nach Wiedensahl zurück. W. B. -102- Wiedensahl, 13. Mai 77. Nun mal endlich der Wind nicht mehr so ewig langweilig und trocken aus Osten weht, ist's lustig zu sehn, wie rührig und betriebsam der Frühling wird. Ich fühle mich recht behaglich dabei, zeichne fleißig und preise die Götter, daß ich einsam sein kann, wann mir's gefällt.*37* Zu Pfingsten, wenn's Wetter gut, will ich mal nach Hamburg und dann auch ein paar Wochen nach Wolfenbüttel. Den Juli durch sitz ich wieder hier. Zum Herbst denke ich in München zu sein. Den Winter schlupf ich wieder in's Versteck. Das paßt mir denn mal schön! Soll nicht demnächst eine große Kunstausstellung in Holland sein? Wann? Freundlichen Gruß? W. B. -103- Das ist recht! - Glauben Sie nur ja nicht, ich wäre todt, so lange ich noch rauche; und das thue ich! Mit eigenhändigem Gruß W. Busch. Wiedensahl, 3. Juli 1877.*) *) Steht auf der Rückseite einer Photographie geschrieben, - bereits die dritte, die er Frau Anderson sandte. -104- München, 1. Mai 78. Meinen Dank für Brief und Artikel. Ich sehe, Sie meinen es gut mit mir. - Ich spatzierte einige Wochen in Südtirol und einige Tage auf dem Markusplatze. Besonders unterhielt mich die Rialtobrücke mit ihren sonderlichen Leuten, Fischen, Gemüse und Lausbuben. - Demnächst bin ich wieder in Wiedensahl. Herzlichen Gruß! Wilh. Busch. -105- Wiedensal, 9. Aug. 78. Vor einer Stunde von der Insel im Meer zurückgekehrt, schicke ich Ihnen meinen freundlichen Gruß.*38* Wilh. Busch. -106- ANMERKUNGEN. Die Anmerkungen machen keineswegs den Anspruch, erschöpfend zu sein; sie wollen nur das Allernotwendigste erklären. Der Herausgeber stützt sich bei den Erklärungen zum größten Teil auf Angaben von Frau Maria Anderson, die einen ausführlichen Kommentar zu den Briefen geschrieben hat. Für die in <> Klammern gesetzten Bemerkungen ist der Herausgeber allein verantwortlich. *1* Gemeint ist der 1874 in 2. Auflage erschienene Gedichtband "Kritik des Herzens" (nicht illustriert). *2* Kritik des Herzens. 10. Auflage S. 19: "Und ärgert sich als wie ein Stind", "Daß andre Leute eitel sind." *3* <"weinen wie eine Kuh">. *4* Es handelt sich hier um einen Ausspruch von Multatuli: "De eer zit boven den navel". (Die Ehre sitzt über dem Nabel.) -107- *5* <"De vrye gedachte" (Freie Meinung) und "courantje" (Kurier) sind holländische Zeitschriften, an denen Frau Anderson Mitarbeiterin war.> *6* *7* *8* <"Musik wird oft nicht schön empfunden, Weil sie meist mit Geräusch verbunden." Maler Klecksel.> *9* Frau Anderson hatte an Busch zwei Photographien geschickt: das Bild einer Wiesbadener Freundin, die aus Potsdam stammte, und ein Bild ihres Sohnes mit Multatulis Windspiel. *10* *11* -109- *12* <"Paradise lost" (Verlorenes Paradies) ist der Titel von Miltons weltberühmtem Epos.> *13* <"Typen" betitelt sich eine schriftstellerische Arbeit von Frau Anderson, die in einer holländischen Monatsschrift erschienen ist. Der Name der Zeitschrift ist Frau Anderson entfallen.> *14* *15* ((In den WITTGENSTEIN STUDIES wird diese Photographie von Wilhelm Busch hier in digitalisierter Form nach den Anmerkungen am Ende dieses Reprints wiedergegeben.)) *16* *17* Der 4. Band von Multatulis "Ideen". Wörttich übersetzt ist "bundel" = Bündel, Band. *18* <"Die Liebe per distance, Kurz gesagt, mißfällt mir ganz."> *19* Busch hatte Frau Anderson aus der Fabrik seines Bruders (Busch & Barnewitz) ein Kistchen mit allerlei Konserven gesandt. Eins der Gläser war zerbrochen, und Frau Anderson hatte ein Stückchen Glas verschluckt. *20* Frau Anderson hatte (wie schon aus früheren Briefen hervorgeht) dem Dichter versprochen, ihm Thee bester Sorte, wie er ihn in Amsterdam so gern getrunken, zu besorgen; sie hatte sich zu diesem Zwecke an Multatulis Gefährtin (später seine Gattin) gewandt, die aber die Besorgung scheinbar vergessen hatte. -111- *21* Rotschwänzchen. *22* Leider vermag sich Frau Anderson nicht zu erinnern, von wem die holländischen Gedichte sind, die Busch hier übersetzt hat. *23* Krähender Hahn mit Fackel im vorgestreckten linken Fuß. *24* Es handelt sich um Gedichte von P. A. de Génestet (1829-61) und von Piet Paaltjens (Fr. Haver Ichirteds). *25* Photographien aus den Pyrenäen. Das Bild eines spanischen Geistlichen fand Busch so köstlich, daß er es behielt. *26* Französische Karrikaturen auf Bismarck und Napoleon aus der Zeit des Krieges von 1870/71. *27* Die Länge des Fadens ist 1,81 1/2 Meter. *28* Busch hatte ein harmloses Scherzwort von Frau Anderson falsch aufgefaßt und sich darüber geärgert. -112- *29* *30* *31* Frau Anderson war von Wiesbaden nach Kassel gefahren und hatte sich von da auf dem Trajekt nach Mainz übersetzen lassen. An der Landungsstelle fand sie Busch bereits vor, der ihr erklärte, der Bahnhof sei weiter nichts als eine hölzerne Scheune und so zum Rendezvousplatz wenig geeignet. Busch war im "Holländischen Hof" abgestiegen, da man ihm gesagt hatte: das sei in Mainz das einzige Hotel ohne Wanzen. Nach Wiesbaden, wo damals Frau Anderson wohnte, hätte er nicht kommen wollen, weil er gefürchtet hätte, dort "vorgestellt zu werden". Gemeinsam wandelten die beiden zum "Holländischen Hof" und setzten sich dort bald zum Souper. Eine magere Engländerin, die steif und würdevoll vor ihrem leeren Teller saß, gab Busch gleich Anlaß zu einer launigen satirischen Bemerkung. -113- Bis 2 Uhr nachts zog sich die angeregte lebhafte Unterhaltung hin, in der die mannigfaltigsten Themata berührt und behandelt wurden. Vor allem machte Busch seinem lebhaften Unwillen darüber Luft, daß sein Gedichtband "Kritik des Herzens" - scheinbar weil die Karrikaturen fehlten - bei weitem nicht den Anklang im großen Publikum fand, wie seine anderen Schriften. Busch äußerte sich auch über die Lust an seinen Werken. Im Anfang mache ihm alles selbst sehr viel Spaß, der mindere sich aber gewaltig, sobald die Drucklegung beginne. Die Korrektur, besonders die der Clichés, scheint ihm manchmal viel Arbeit gemacht zu haben. Busch soll auch damals geäußert haben, daß er sich weit mehr "ausbeuten" könne. Auch die Frage, warum er Junggeselle geblieben sei, hat er beantwortet: "Ich denke nie daran zu heiraten", hat er zu Frau Anderson geäußert. "Als ich gerne geheiratet hätte, da mußte ich von 400 Gulden im Jahre leben und studieren, und das habe ich auch, ohne Schulden zu machen, fertig gebracht. Später, als ich pekuniär in der Lage gewesen wäre, zu heiraten, da war das Mädchen, das ich liebte, gestorben." An diesem Abend hat er übrigens wieder, was eigentlich zu erwarten war, viel über das Problem der Seelenwanderung gesprochen. Als die Rede auf das Theater kam, waren sich beide Gesprächsteilnehmer darüber einig, daß nicht -114- viel daran sei, daß es ihnen beiden wenigstens nicht viel bieten könne. Soziale Fragen wurden ebenfalls gestreift. Busch sprach sehr hart über die Dummheit der kleinen Leute, die nichts zu beißen hätten und doch jedes Jahr ein Kind in die Welt setzten. Klage ihm einer, daß er so wenig Geld habe und so viele Kinder, so antworte er stets: "Hab' ich die gemacht?!" Am Abend war man lange aufgeblieben und darum erschien Frau Anderson am nächsten Morgen erst spät am Frühstückstisch. Busch hatte schon längst gefrühstückt und las Zeitungen. Munter rief er der Eintretenden entgegen: "Ich bin ein Bauer; ich stehe früh auf!" Er war ziemlich stark heiser, weil er am Abend vergessen hatte, das Fenster zu schließen. Da das Wetter schön war, machte Busch den Vorschlag, nach Hochheim zu fahren. Sie fuhren in einem offenen Wagen auf der alten Schiffbrücke über den Rhein, dessen landschaftliche Schönheit Busch in begeisterten Worten pries. In Hochheim trank man einen guten Tropfen. Dem Kutscher hatte Busch ein Silberstück in die Hand gedrückt, mit der liebenswürdigen Aufforderung sich auch ein wenig zu stärken. Der Kutscher aber hatte wohl bei der Realisierung des Geldstückes mehr auf die Quantität als auf die Qualität des Trankes gesehen; jedenfalls schien er so ziemlich "süßen Weines voll" als man zur Rückfahrt rüstete. Infolge der Unsicherheit des -115- Lenkers schwankte der Wagen auf der Fahrt bedenklich hin und her, auch fuhr die Peitschenschnur des öfteren recht nahe an den Gesichtern der Wageninsassen vorüber. Das 5jährige Söhnchen von Frau Anderson saß neben dem betrunkenen Rosselenker auf dem Bock. Die ängstlichen Sorgen der Mutter, die befürchtete, ihr Sohn könne vom Bock herunterfallen, beschwichtigte Busch mit den Worten: "Wenn er nicht fallen soll, wird er nicht fallen." Wohlbehalten und ob des kleinen Abenteuers vergnügt langten sie wieder in Kastel an. Unter den Kastanienbäumen des Bahnhofgartens in Kastel verabschiedeten sie sich; Busch fuhr weiter nach Heidelberg, Frau Anderson kehrte nach Wiesbaden zurück. *32* Frau Anderson besaß eine junge Pinscherhündin, die noch nicht geboren hatte. Eines Tages bekam nun Frau Anderson zwei neugeborene noch blinde Kätzchen geschenkt, ohne recht zu wissen, was sie mit den hilflosen, dem Hungertode preisgegebenen Tierchen beginnen sollte. Die Hündin aber wußte Rat; sie trug die Sprößlinge des Erbfeindes unters Kanapee, legte sich zu ihnen, und nach mehreren Stunden des Säugens hatten sich die Zitzen der Pflegemutter mit Milch gefüllt. *33* Gemeint ist Multatuli. (Vergl. Anm. 7). -116- *34* (Vergl. Anm. 7 u. 10). *35* Diese Auseinandersetzung ist angeregt durch die Schilderung eines Besuches im "Flohtheater", die Frau Anderson dem Dichter gegeben. *36* Frau Anderson hatte Busch im Namen ihrer Schwester, die Malerin war, um sein Urteil über den Maler Mintrop gebeten. *37* "Wer einsam ist, der hat es gut, Weil keiner da, der ihm was tut". *38* Mit diesem kurzen Briefe endet der Biefwechsel. ************** Busch-Portrait ************** IIi=IIiIIiiiI=iIIIXXI+III=IIiiIiIXI=IIiiII=IIII==ii=IIIIIiiiII=IiIIIIX i=IIiiIiiIiIIIIXiI=I=XXiiIX+Ii=iX=III=XIi=IiiI=III=IiI==iiIIIIi;IiiIii I+IiIIIiiI=IXIIIIX=iiiXiXXXiI==iI++Iii=IIIIIiIi+=IiIiIII=iIi+IIiiIiiiI =II+IIiiXiiII=I=IiiiXiIIXIXXiIIXIX8I8Ii=+Ii=iIIiii++ii==IiiIXI=IIXiIiI iiX=iiIiIIIIIiI=I=i+XX8X88888XiXIIXX+XIX+XIiiXIIIi+==+i=8I=iII=IiiiIiI I==iXIIiI=iIXIIII=IX8888X+I+....,.^^++=iXXiXIII=+II=IIIii+i==iiI=IiiiI Iii=IIiIIIX+=IIXXXXXXi+^. , . ^. , .^, ,::=Xi=i=i=IiiI+=ii=IiiIiiX iIii===IiIXXi;iiI+XXXX^^.^ . . . . . ^... ..^^.,,iIii;iiii=iIiIii=IiIi I=iiiIIiiIX8IXXIXX+iI=: ^.. ^ . . . , ....^.. ^;IiIiI;iI==iIiiIi=II iI+iIIiXIII=+IIII8Xi+: ^ .^ . , .. ^ ^,...^.;:IIIIi==ii=IIiiIiiI i=II+=III88XXXXIII;++;, ^ ... .. , ., ...,.;,,,;:iXI=Iii=Ii=iIiiIi ii=XiiIi=I=IIXIXIX8X+=,^ ,^. . . ^. ^^ ^,.. ^^,:;:IXI==IIiiI=IiiiI= iiii+i=iXX8XXX88XIXXI=,+::., ... ^ . . ..,^^,,^;;+;XIXX=iI=iiiiIiII +IiI+iiXII8X8XXXX8XIXI:;,,.. . .:;,;;++i,^;+iXXIiiII=iiIiiIIi =iIiiiX888888XXXIi8XIX+^:^. ,. ^,,iXIXXX=II=;IIX8HXIIXiIXXIIII=IIi=IIi II+IIiX888XIXXXXIiXXXI,;..,^.,=+:;:,iX8=XI+^:iX=iX8X8IX88=Iii+IIiiIiiI =II+IIiI8i888X888I88X+,^:..,;==iI;+.XI=i==^^ ;X=+Iii8IXIIi==iI=IiiiIiI +iiIIiIIXXX88i88X8IX=i=^.^, . .;^=iX+==^.^ :==IiIiI=+i=IIiIiIIIiIii I+iiIIIiiIIHIX,+i8XXXIX..^^^ .. , .. ^ ^ ,,+;+==Ii+=ii+IIIiX=iiI =II+ii=iIiIIX^;+88I^:i+:;.^.^ . . +;,..^ ;i:,;;++Ii=iII=IiIiIiI i=I==iI=iIiX88+;Xi+,:=i,;;^.,. . ^ ^+: ;ii+;=IiiI=iiI=iiI=iIi i+II+iiiiIiIi88,^:..;=i+=i+,,^.... :.^:= iI=i=88XII=iiI=XIi=II=IIi=I= iii+iiiiIiX=IiX8H8I8==;=I+:+,,^,.:^. =^;+i=IIXXXXIIii=XI8X==Ii=IiiiIiI +iIi==IXiIXIiIX=I88iIX+i=i+=+:;;^:==+iX+IiIiIIX88X8XXiXXIIXII=iii=IiIi I==iIIiIiiI==IiIXXH8iiII=iII+I=iiI=iII;IiIXXXX=iX8888X88iIIiIXIiiiIiii II+III=IiiI==iIii=X8IX=X=I=i=iiiiXiiXIiiXX8XXIII=i8X8888X8XXI=XIi=I=ii i=II==Ii=XIIIXIiiIiXX8XIIX=IiIiIXI=XII8XIIXXIIiIIIXXXIX8888IiXIiIiiiI= =i=IiiiIiiiIiXIXIII8i88XIXXiIXIiXIIXXI888X8XIXiXXXiXX8IXXXXXXXI=I=iii= Ii+IIIIIIi=IIIiIIIIXII8X8X8XXIXIIXXX8XXX8X88XXXIiIXIIXXXXX8X8IXXIIii=i ;IIi=+iiIIIXX=Iii=IX8iIXXXXXXIXXI8XIX88iX88XXXXIXX=IXXiXXXXXXIIIi==i=i =+IIiII=iI=XXIIIiXXHi,I=X8XI8XXXX8X8XIX8XI8X8XXXXXIXXXXI88IX8XiXi==Iii ii==IiiiI=iiI=XXXXXH ..,:+IXIX8iXXXIXXXX88X8XXXXX88XXXX8XXXXXXIIiIii=I =II+IXXIXXXi8IIi888H, .., .,,XXXXXXIIXIXX8I8888XX8XX8XXXX8XI88II=iii=I i+iIIXXIXXi88XXXI888i., .+;^.XXIX=8XII8XI8888888888888XXXXXX888XXXXXIi IIIXXXIXXIiXXXXi888X..,^88HH88XXXXXX8XI8XXX8X8888888XXX8X8X8X888X8XiXI XXIXXXXXIXXiXXXiX8H8^..X=8H888XXX8X88XX88X88888HX8888XX88XX88X8X8X8IXi i=XXIXIiIXXXXXXXXXHX^.^;XXiX88I8XXX8X88XX88888888X88XI88888IXXX8XXXI8X IXXXII=IXXXiXXXXXXH= =.8XXXXX8X8XX8888X88X8888I888XX888X888XX88IXXXX8i IXI;XXiIXXXIi8X+XIHX8IX8XI=XXX888H88X8I8X8888XXXIIXX8X8888X88888XXXXIX iIII:IXX88XXIXXX88H88XI88XiXIXX8X:+XX88I88X88X8XXIXXXXXX88H88X888X8XXX