***************************************************************** * * Titel: Unzusammenhängende Zusammenhänge zusammenhängen? - Einige Bemerkungen zu drei Versuchen, Adorno und Wittgenstein ins Gespräch zu bringen Autor: Michael *Quante*, WWU Münster Dateiname: 10-1-96.TXT Dateilänge: 21 KB Erschienen in: Wittgenstein Studies 1/96, Datei: 10-1-96.TXT; hrsg. von K.-O. Apel, N. Garver, B. McGuinness, P. Hacker, R. Haller, W. Lütterfelds, G. Meggle, C. Nyíri, K. Puhl, R. Raatzsch, T. Rentsch, J.G.F. Rothhaupt, J. Schulte, U. Steinvorth, P. Stekeler-Weithofer, W. Vossenkuhl, (3 1/2'' Diskette) ISSN 0943-5727. * * ***************************************************************** * * * (c) 1996 Deutsche Ludwig Wittgenstein Gesellschaft e.V. * * Alle Rechte vorbehalten / All Rights Reserved * * * * Kein Bestandteil dieser Datei darf ganz oder teilweise * * vervielfältigt, in einem Abfragesystem gespeichert, * * gesendet oder in irgendeine Sprache übersetzt werden in * * irgendeiner Form, sei es auf elektronische, mechanische, * * magnetische, optische, handschriftliche oder andere Art * * und Weise, ohne vorhergehende schriftliche Zustimmung * * der DEUTSCHEN LUDWIG WITTGENSTEIN GESELLSCHAFT e.V. * * Dateien und Auszüge, die der Benutzer für * * seine privaten wissenschaftlichen Zwecke benutzt, sind * * von dieser Regelung ausgenommen. * * * * No part of this file may be reproduced, stored * * in a retrieval system, transmitted or translated into * * any other language in whole or in part, in any form or * * by any means, whether it be in electronical, mechanical, * * magnetic, optical, manual or otherwise, without prior * * written consent of the DEUTSCHE LUDWIG WITTGENSTEIN * * GESELLSCHAFT e.V. Those articles and excerpts from * * articles which the subscriber wishes to use for his own * * private academic purposes are excluded from this * * restrictions. * * * ***************************************************************** ABSTRACT: Some comments on the the papers of Wilhelm Beermann, Geert-Lueke Lueken and Thomas Rentsch are given. The central question is whether Adorno and Wittgenstein do really share a common philosophical project. Die drei Beiträge von Beermann, Lueken und Rentsch haben es sich zum Ziel gesetzt, die Philosophien von Adorno und Wittgenstein "in ein Verhältnis zueinander zu setzen" (Beermann) und die "general dimensions of a fruitful comparison" (Rentsch) herauszuarbeiten. Dabei werde der Intuition gefolgt, die "einige Leser Adornos und Wittgensteins teilen, der Intuition nämlich, daß hinter den offenkundigen, drastischen Verschiedenheiten dieser Philosophen doch einige grundlegende Verwandtschaften bestehen, durch die sie sich von vielen anderen Philosophen unterscheiden" (Lueken). I. Wilhelm BEERMANN versucht in seinem Beitrag, zwei grundlegende Differenzen zwischen Adorno und Wittgenstein aufzuzeigen. Die von Beermann gewählte Strategie unterscheidet sich hinsichtlich der beiden Kritikrichtungen. Adornos Kritik an Wittgenstein wird im zweiten Teil seines Beitrags direkt formuliert: Sie betrifft die AHISTORIZITÄT von Wittgensteins (sprachphilosophischem) Denken und den damit verbundenen (sprachphilosophischen) POSITIVISMUS. Die durch die Wittgensteinsche Sprachkritik aufgewiesene Tiefengrammatik wird weder sozial- noch geschichtsphilosophisch weiter hinterfragt. Wittgenstein begnügt sich damit, die Genese philosophischer Probleme durch diese Analyse aufzudecken und damit die Probleme selbst zu therapieren. Diese Seite des Verhältnisses der beiden Philosophen zueinander liegt offen zutage, es kommt hier nur darauf an, eine allgemeine Adornosche Denkfigur auch auf Wittgenstein anzuwenden. Die Kritik Wittgensteins an Adorno dagegen wird von Beermann aufwendiger (re-)konstruiert. Sein Argumentationsgang sieht dabei folgendermaßen aus: (SCHRITT 1) In Adornos Konzeption negativer Dialektik ist - vermittelt über den Begriff des "dialektischen Widerspruchs" - mit der idealistischen Dialektik ein zentrales Element aus der Philosophie Hegels eingegangen. Diese werde dann von Adorno in einer Art Marxscher Umstülpungsbewegung im Sinne der negativen Dialektik interpretiert und transformiert. Dabei bleibe der "Kern wahrer Dialektik" des Hegelschen Idealismus erhalten, mit dem - so Beermann - für Adorno das Projekt negativer Dialektik "steht und fällt". (SCHRITT 2) Im zweiten Schritt wird Wittgensteins Behandlung philosophischer Paradoxe als Kritik an der idealistischen Dialektik verstanden. Das, was Beermanns Hegelrekonstruktion zufolge ein dialektischer Widerspruch sein soll, erweist sich bei genauer Analyse als philosophisches Paradox im Sinne Wittgensteins. Auf diese Weise werde die idealistische Dialektik ihres materialen Gehalts beraubt. Sie wird von Wittgenstein als eine "quasi-tautologischen Bewegung" entlarvt. (SCHRITT 3) Damit ergibt sich die Wittgensteinsche Kritik an Adorno zwangsläufig als der Vorwurf, sich an der idealistischen Dialektik orientiert zu haben und Hegel dahingehend auf den Leim gegangen zu sein, bloße Scheinwidersprüche als solche mit materialem Gehalt ausgegeben zu haben. Angesichts der zentralen Stellung, die Beermann zufolge dieses Erbe der idealistischen Dialektik für Adornos negative Dialektik hat, muß dies als fundamentaler Einwand gelten. Dieses Argument ist nicht überzeugend. So beruht seine Gültigkeit auf der Prämisse, daß der von Beermann im ersten Schritt rekonstruierte Zusammenhang, den Adorno sicherlich so gesehen hat, faktisch auch in dieser Weise besteht. Wäre dem nämlich nicht so, dann liefe der zweite Schritt der Beermannschen Kritik, ungeachtet seiner eigenen fraglichen sachlichen Angemessenheit, leer, da sich dieser Teil des Arguments nicht auf Adornos Hegelverständnis, sondern eben auf Hegel selbst bezieht. Beermann nimmt hier unkritisch Adornos Anspruch auf, die Hegelsche Dialektik adäquat aufgenommen zu haben. Wie aber jeder weiß, der sich mit der Hegelschen Philosophie beschäftigt, ist die Adornosche Interpretation der Hegelschen Dialektik von Anbeginn an durch die Marxsche Kritik geprägt und gegenüber dem Hegelschen Denken inadäquat. Dies zeigt sich z.B. schon an solch einer Kleinigkeit wie der Tatsache, daß Hegel zwar eine dialektische Behandlung des Widerspruchs, keineswegs aber einen dialektischen Widerspruch kennt.*1* Im besten Falle für Beermanns Argument läuft also der zweite Schritt leer, weil die Wittgensteinkritik direkt an dem von Adorno unterstellten Bild idealistischer Dialektik greift. Mit diesem zweiten Schritt wird in Beermanns Gedankengang darüber hinaus ein Nebenschauplatz eröffnet, der die gesamte Strategie seines Aufsatzes fraglich macht. Um eine Kritik Wittgensteins an Adorno herauszuarbeiten, muß Wittgenstein so ganz nebenbei erst einmal die komplette Hegelsche Philosophie widerlegen. Rhetorisch gesehen ist Beermann hier zwar vorsichtig, da er zu Beginn seiner Darstellung der Hegelschen Argumente nur davon spricht, daß Wittgensteins Analyse des philosophischen Paradoxons zeige, daß man die Hegelsche Interpretation "nicht unbedingt" akzeptieren müsse. Sachlich aber funktioniert sein Argument nur, wenn es - wie gegen Ende seiner Analyse auch behauptet - die Bewegung der idealistischen Dialektik als "quasi-tautologische Bewegung" erweist.*2* Es ist hier weder die Zeit noch der Ort, um auf Beermanns Analyse von Hegels Argumentationsgang im Kapitel "Sinnliche Gewißheit" seiner PHÄNOMENOLOGIE DES GEISTES näher einzugehen. Die von ihm herausgearbeitete Unterscheidung zweier Bedeutungen von "dieses Hier" ist unbestreitbar ein wichtiger und diskussionswürdiger Punkt. Vollkommen aus dem Blick läßt Beermann hier aber die Funktion und den Aufbau der PHÄNOMENOLOGIE, in der die interne Widersprüchlichkeit von Begründungsfiguren und Wissensansprüchen bestimmter epistemologischer Konzeptionen aufgezeigt werden soll. Dadurch wird Beermann in seiner Analyse nur einer Ebene des Hegelschen Textes gerecht.*3* Außerdem ist alles andere als klar, wie sich die Methode der PHÄNONENOLOGIE zu der Dialektik der WISSENSCHAFT DER LOGIK und dem späteren System Hegels verhält. Die von Beermann treffend herausgearbeitete Struktur des Widerspruchs der Nichtübereinstimmung zwischen vorgeblicher Bedeutung eines Prädikats und faktischer Bedeutung im Gebrauch gibt die Kritikmethode der PHÄNOMENOLOGIE partiell wieder. Ob sie in dieser Form auch die Dialektik von Hegels späterem System und seiner WISSENSCHAFT DER LOGIK überhaupt trifft, ist allerdings mehr als fraglich. Im schlimmsten Falle, so kann man sagen, braucht Beermann den zweiten Schritt in seinem Argument wirklich. Zum dritten Schritt seines Arguments bleibt nur noch zu sagen, daß er sich aus den ersten beiden Schritten in der Tat so ergibt. Fraglich ist dann aber dreierlei: Zum einen ist nicht sicher, ob in Adornos Philosophie wirklich eine Absicherung auf einer "aprioristischen Basis" vorliegt, die durch eine enge Anbindung an "Erfahrungen und Phänomene" zu ersetzen wäre. Zum zweiten ist fraglich, welcher Art diese Erfahrungen und Phänomene sein sollen. Sollte es sich hierbei im Sinne Wittgensteins nur um die Tatsachen des Sprachgebrauchs handeln, wird drittens unklar, in welcher Weise Wittgenstein dann noch von "negativer Dialektik zu lernen hätte".*4* II. Geert-Lueke LUEKEN geht in seinem Beitrag dem Verhältnis von Sprache und Darstellung bei Adorno und Wittgenstein nach, das in beiden Philosophien aufgrund eines gemeinsamen Motivs eine zentrale Rolle spielt. Dieses Motiv ist die sprachkritische Einsicht in die Grenzen der Sprache. Lueken selbst gesteht sofort zu, daß zwischen Adorno und Wittgenstein "offenkundige, drastische Verschiedenheiten" bestehen. Ziel seines Aufsatzes ist es aber, die Intuition "ein Stück weit zu artikulieren", daß beide auch "einige grundlegende Verwandtschaften" aufweisen, die allerdings "auf einer sehr allgemeinen und groben Ebene angesiedelt" sind. Die Gemeinsamkeit beider Denker ist, daß sie eine Form des Schreibens und Argumentierens durch verschiedene Darstellungstechniken zu unterlaufen versuchen, die fälschlich suggerieren könnte, Philosophie verfahre ähnlich wie die Naturwissenschaften. Ob man diese Ähnlichkeiten von Wittgensteins Arrangements von "Fragmenten" und Adornos essayistischen Stil eher ästhetisierend oder eher holistisch deutet, Lueken hat jedenfalls Recht mit seiner These, daß hier etwas Gemeinsames vorliegt. Fraglich ist allerdings, welche Relevanz dieser Gemeinsamkeit zukommt, wenn sie sich aus disparaten Quellen speist. Lueken selbst gesteht zu, daß Adorno und Wittgenstein "mit dem Unausdrückbaren", was sich ihren philosophischen Arrangements zeigen soll, kaum dasselbe meinen". Und schaut man auf die systematischen Gründe, aufgrund derer Wittgenstein und Adorno zu ihrer Sprachskepsis kommen, so wird die Differenz deutlich. Während Adorno der Sprache nicht traut, weil sie in ihrem identifizierenden Charakter das entfremdende Tauschwertprinzip des Kapitalismus aufnimmt, geht es Wittgenstein einzig darum, die Genese philosophischer Probleme zu klären. Will der eine ein Bewußtsein für das Bedürfnis nach einer nichtentfremdeten Gesellschaftsformation wachhalten durch seine Texte, geht es dem anderen darum, scheinbar unausweichliche philosophische Fragen therapeutisch zu behandeln. Dies zeigt sich in der allgegenwärtigen Normativität der Adornoschen Argumentation genauso wie in dem Anspruch Wittgensteins, rein deskriptiv, wenn auch nicht empiristisch, vorzugehen. Wenn Lueken gegen Adorno den Vorwurf erhebt, "vom therapeutischen Zeigen in einen Entlarvungsgestus hinüberzugleiten", dann stellt er sich nicht nur auf die Seite Wittgensteins. Es zeigt sich darin vielmehr, daß er die ideologiekritische Grundtendenz des Adornoschen Denkens aufgrund einer unzureichenden Bestimmung des sprachkritischen Motivs eliminiert hat. Nach Adorno läßt sich mehr und anderes "Sagen" als nach Wittgenstein möglich ist. Nur kann dies in den Augen Adornos nicht mit den gegenwärtig zur Verfügung stehenden sprachlichen Formen der Wissenschaft und der Philosophie geschehen, da diese vom Tauschwertprinzip dominiert werden.*5* Luekens Verfahren, einen Vergleich "aus einer gewissen Distanz" anzustellen, bei dem "die Einzelheiten verschwimmen und grobe Konturen übrigbleiben", impliziert - neben den erhellenden Wirkungen - durchaus auch die Gefahr, daß zentrale Unterschiede verloren gehen. Und wenn dies dazu führt, daß die Plausibilität des Theorems des einen Philosophen sich damit plötzlich auch auf die - möglicherweise viel weniger plausiblen - Theoreme des anderen Philosophen ausdehnt, dann hat man m.E. einen philosophischen Fehler gemacht. III. Thomas RENTSCH entwickelt in seinem Aufsatz eine Art Skizze für ein Forschungsprogramm, das dem genauen Verhältnis von Adorno und Wittgenstein gerecht werden soll. Ähnlich wie Lueken setzt auch er bei dem beiden gemeinsamen Motiv der Sprachkritik an, wobei er in Rechnung stellt, daß das bei beiden vorhandene "grundsätzliche Befreiungs- und Emanzipationsinteresse" von unterschiedlicher Art sein kann.*6* Damit trifft ihn in diesem Punkt die gleiche Kritik, die man gegen das Vorgehen von Lueken einwenden kann. Aber auch die zweite Gemeinsamkeit, die "tiefgreifende Kritik an der traditionellen Bewußtseinsphilosophie und Erkenntnistheorie" scheint m.E. eher ein Hinweis in die Irre zu sein. Zum einen bleibt Adorno bis zuletzt mit der Subjekt-Objekt-Terminologie der Bewußtseinsphilosophie verhaftet und auch seine Erkenntnistheorie läßt sich von den aus der Tradition gebildeten Modellen und Begriffen leiten. Zum anderen unterbietet diese Parallelisierung die Radikalität des Wittgensteinschen Destruktions- und Alternativprogramms beachtlich. Auch die Philosophiekritik ist nur auf den ersten Blick ein wirklicher Berührungspunkt, kommt doch gerade in Adornos Philosophie der PHILOSOPHISCH geleiteten Interpretation von Kunst immer noch der ausgezeichnete Stellenwert zu, letzter Platzhalter für ein kritisches Bewußtsein zu sein. Für Wittgenstein dagegen kann die Philosophie gerade einmal noch die von ihr selbst durch Mißverständnisse hervorgebrachten Scheinfragen und Irrtümer aufdecken und einer Therapie zuführen. Und auch gegen die von Rentsch genannte Parallele einer fundamentalen Kulturkritik läßt sich sagen, daß hier um des Wunsches einer fundamentalen Gemeinsamkeit willen Schiefes geradegerückt werden soll. Es mutet schon erstaunlich an, Wittgensteins neuartige Form der Darstellung in der Philosophie als "revolutionäre Innovation" zu bezeichnen und sie mit der marxistischen Kultur- und Gesellschaftskritik Adornos zu verbinden.*7* Auch Rentsch selbst gesteht dies letztlich zu, wenn er mit Bezug auf Wittgenstein sagt, daß bei diesem die Sprachphilosophie "den alleinigen Inhalt" der Philosophie bildet, während sie bei Adorno neben anderem steht, dennoch aber "das systematische Zentrum" seiner Philosophie ausmache.*8* Die "Kompatibilität" der Wittgensteinschen und Adornoschen Sprachkritik läßt sich nach Rentsch nur über den Rückgriff auf die Hegelsche WISSENSCHAFT DER LOGIK zeigen.*9* An dieser hebt er den Zug der Historisierung der Vernunft und die Relativierung der philosophischen Kategorien auf eine jeweils gegebene soziale Praxis hervor. Damit aber begiebt er sich auf das gleiche gefährliche Gleis wie Beermann, nur daß nun die vorausgesetzte Richtigkeit seiner Analyse der Hegelschen LOGIK und die unterstellte Prämisse, Adorno habe Hegel in genau diesem Sinne verstanden, zur Brücke zwischen Adorno und Wittgenstein wird. Der Stützpfeiler dieser Brücke aber ist ein Hegel, der durch die Interpretation zum Großvater Wittgensteins geworden ist; ein Hegel, den zumindest Adorno so nicht gekannt hat.*10* Insgesamt möchte ich mit Blick auf die perspektivenreiche und zu weiteren Fragen anregende Darstellung von Rentsch entgegnen, daß es eben nicht "das Entscheidende" ist, daß bei Wittgenstein und Adorno "gegenüber gleichsetzendem, identifizierendem Denken ein Denken in Ähnlichkeiten, Verwandtschaften, ein analogisches Denken angestrebt" wird. Entscheidend ist vielmehr das zentrale Motiv, aus dem heraus dies geschieht. Meine Kritik läßt sich daher, das Bonmot von Rentsch, Adorno sei der Wittgenstein des Marxismus, aufnehmend, so formulieren: Ja, aber Wittgenstein war kein Marxist!*11* *1* Auch im Werk von Marx kommt der Begriff "dialektischer Widerspruch" nicht vor. Marx war in diesem Punkt terminologisch noch wesentlich exakter als die hegelisch-marxistischen Denker Adorno, Benjamin oder Bloch, bei denen solche Begriffe wie "Subjekt", "Objekt", "Identität" oder "Widerspruch" immer weniger terminologisch gebraucht wurden. Ganz zu schweigen von dem inflationären Gebrauch des Zauberworts "dialektisch". *2* Vielleicht ist an dieser Stelle auch die Nachfrage erlaubt, was "quasi-tautologisch" eigentlich bedeuten soll? *3* Gerade weil Hegel in der PHÄNOMENOLOGIE DES GEISTES Konzeptionen von Wissen und Modelle von Erkenntnis diskutiert, die faktisch mit bestimmten sozialen Konstellationen (Lebensformen) einhergegangen sind, ist die Rede von Widersprüchen hier in der Doppeldeutigkeit von logischen einerseits und (sozial-) realen andererseits möglicherweise verständlich zu machen. *4* Grundlage dieser Replik ist die vorletzte Fassung von Beermanns Aufsatz "Negative Dialektik und Sprachspiel". Die endgültige Version lag mir nicht vor. *5* Mit diesen Bemerkungen soll nicht diese grundlegende These Adornos gerechtfertigt werden, durch die er in der Denklinie von Marx, Simmel und Lukacs steht. Inwieweit die "Logik das Geld des Geistes" ist (Karl Marx), sei hier genauso dahingestellt, wie Plausibilität des von Georg Simmel (in seiner PHILOSOPHIE DES GELDES) und Alfred Sohn Rethel (WARENFORM UND DENKFORM) hergestellten Zusammenhangs von ökonomischen Verkehrs- und Erkenntnisformen. *6* So verstehe ich seine das grundsätzliche Emanzipationsinteresse qualifizierende Formulierung "wie immer einzeln geartet und konturiert". *7* Überspitzt könnte man dazu sagen, daß dann auch Kants "Kopernikanische Revolution" zur Bewegung der Frühsozialisten zu zählen wäre. Bekanntlich hat aber erst Fichte (in DER GESCHLOSSENE HANDELSSTAAT) derartige Verbindungen hergestellt. *8* Auch dieser Punkt scheint mir eher durch den Wunsch nach Ähnlichkeiten motiviert als durch Adornos Philosophie gerechtfertigt zu sein. Die Sprachkritik hat bei Adorno rein negative (ideologiekritische) Funktion. Die positiven Bestandteile seiner Philosophie verbleiben ganz in der Bewußtseinsphilosophie marxscher Umprägung. Aber auch bezüglich der Wittgensteinschen Philosophie hat Rentsch die Tendenz, die Differenz zwischen Sprach- und Bewußtseinsphilosophie zu nivellieren, deutet er doch dessen Sprachkritik zugleich als Entwicklung eines "veränderten Vernunftbegriffs". *9* Dies ist genau gegensätzlich zur Vorgehensweise Beermanns. *10* Mit der von Pirmin Stekeler-Weithofer vorgeschlagenen Rekonstruktion der Hegelschen Logik habe ich mich an anderer Stelle ausführlicher beschäftigt ("Absolutes Denken". Zeitschrift für Philosophische Forschung - erscheint in 4/1996). *11* Damit soll nichts über die Plausibilität oder Unplausibilität des Marxismus gesagt sein. Wichtig ist mir vielmehr, daß die Ähnlichkeit zwischen Adorno und Wittgenstein nur eine formale, inhaltlich ganz unterschiedlich motivierte und ausgefüllte ist.