***************************************************************** * * Titel: Kierkegaard und Wittgenstein - Über das Ethische Autor: Uta *Eichler*, Halle (Saale), Germany, (d) Dateiname: 20-2-97.TXT Dateilänge: 43 KB Erschienen in: Wittgenstein Studies 2/97, Datei: 20-2-97.TXT; hrsg. von K.-O. Apel, N. Garver, B. McGuinness, P. Hacker, R. Haller, W. Lütterfelds, G. Meggle, C. Nyíri, K. Puhl, R. Raatzsch, T. Rentsch, J.G.F. Rothhaupt, J. Schulte, U. Steinvorth, P. Stekeler-Weithofer, W. Vossenkuhl, (3 1/2'' Diskette) ISSN 0943-5727. * * ***************************************************************** * * * (c) 1997 Deutsche Ludwig Wittgenstein Gesellschaft e.V. * * Alle Rechte vorbehalten / All Rights Reserved * * * * Kein Bestandteil dieser Datei darf ganz oder teilweise * * vervielfältigt, in einem Abfragesystem gespeichert, * * gesendet oder in irgendeine Sprache übersetzt werden in * * irgendeiner Form, sei es auf elektronische, mechanische, * * magnetische, optische, handschriftliche oder andere Art * * und Weise, ohne vorhergehende schriftliche Zustimmung * * der DEUTSCHEN LUDWIG WITTGENSTEIN GESELLSCHAFT e.V. * * Dateien und Auszüge, die der Benutzer für * * seine privaten wissenschaftlichen Zwecke benutzt, sind * * von dieser Regelung ausgenommen. * * * * No part of this file may be reproduced, stored * * in a retrieval system, transmitted or translated into * * any other language in whole or in part, in any form or * * by any means, whether it be in electronical, mechanical, * * magnetic, optical, manual or otherwise, without prior * * written consent of the DEUTSCHE LUDWIG WITTGENSTEIN * * GESELLSCHAFT e.V. Those articles and excerpts from * * articles which the subscriber wishes to use for his own * * private academic purposes are excluded from this * * restrictions. * * * ***************************************************************** "d i e L e b e n s a n s c h a u u n g d e r U n m i t t e l b a r k e i t i s t d a s G l ü c k. Würde man sie fragen, woher sie diese Le- bensanschauung habe, dieses wesentliche Verhältnis zum Glück, dann müßte sie in jungfräulicher Weise antworten: ich verstehe es selbst nicht." *1* " es scheint, daß sich das glückliche Leben von selbst rechtfertigt, daß es das einzig richtige Leben i s t." *2* In den "Vermischten Bemerkungen" nennt Wittgenstein folgende Denker, die ihn beeinflußt haben: "Boltzmann, Hertz, Schopenhauer, Frege, Russell, Kraus, Loos, Weininger, Spengler, Sraffa." *3* Ein Indiz dafür, warum er Kierkegaard nicht einfach in diese Reihe aufgenommen hat, bieten die gerade veröffentlichten Tagebücher. Am 18.2.1937 notiert Wittgenstein: "Wenig fällt mir so schwer, wie Bescheidenheit. Dies merke ich jetzt wieder, da ich in Kierkegaard lese. Nichts ist mir so schwer als mich unterlegen zu fühlen; obwohl es sich nur darum handelt die Wirklichkeit zu sehen, wie sie ist." *4* Damit läßt sich nicht nur der überlieferte und viel zitierte Hinweis von M. O C. Dury aus einem Gepräch mit Wittgenstein - "Kierkegaard war bei weitem der tiefste Denker des vorigen Jahrhunderts."*5* - genauer belegen, sondern zugleich verdeutlichen, daß Wittgenstein einen Unterschied zwischen Kierkegaard und den Denkern macht, die ihn beeinflußt haben. Besonders auffällig wird das in seinem Vergleich von Kierkegaard und Spengler. "Es ist interessant, wie falsch Spengler, der sonst viel Urteil hat, Kierkegaard einschätzt. Hier ist einer, der z u g r o ß für ihn ist & zu nahe steht, er sieht nur die 'Stiefel des Riesen'." *6* Wittgenstein scheint in Kierkegaards Denken eine Klarheit entdeckt zu haben, die für ihn maßgebend war; aber einmal erreicht, konnte sie nicht vertieft werden und bedurfte freilich auch keiner Wiederholung. So ließe sich das auch durch Dury bekannte, späte Urteil Wittgensteins über Kierkegaard erklären: "Jetzt könnte ich ihn allerdings nicht wieder lesen. Er ist zu weitschweifig; er sagt immer wieder dasselbe." *7* In diesem Aufsatz sollen ausgehend von den Philosophieauffassungen Kierkegaards *8* und Wittgensteins Gemeinsamkeiten in den Ethikkonzeptionen beider thematisiert werden. In einem ersten Schwerpunkt (I) ist Kierkegaards und Wittgensteins Philosophieverständnis Gegenstand. Zum zentralen Problem für beide Denker wird die Distanz zu den Methoden traditioneller Philosophie. Ist es bei Kierkegaard die klare Abgrenzung von der Tradition des "objektiven Denkens", so versucht Wittgenstein im "Gefolge" von Frege das Geschäft der Philosophie dahingehend zu betreiben, daß Scheinprobleme gelöst werden. Beide vereint die Kritik an der spekulativen Metaphysik. Indem Kierkegaard und Wittgenstein die Hyposthasierung der Sprache durch die Metaphysik hervorheben, weisen sie im Gegenzug auf den Zusammenhang von Sprache, Handeln und Praxis hin. Dabei versteht Wittgenstein Philosophie vor allem als Sprachkritik. Er zeigt, daß die Philosophie die von ihr selbst hervorgebrachten metaphysischen Verwirrungen durch die Aufdeckung des Zusammenhangs von Sprechen und Handeln, Sprache und Tätigkeit beseitigen kann. Von diesem Ausgangspunkt her behandelt er neben anderen philosophischen Grundfragen auch anthropologische, ethische und religiöse. Kierkegaard formuliert seine Kritik an der traditionellen Philosophie vor dem Hintergrund der Thematisierung existentieller Fragen, der Betonung des Daseins des einzelnen Menschen und seines spezifischen anthropologischen (ästhetischen, ethischen, religiösen, christlichen) Lebensvollzugs sowie den besonderen Schwierigkeiten der damit verbundenen philosophischen Erfassung. Seine Kritik schließt eine Auseinandersetzung mit metaphysischen Sprachkonstruktionen, die diese Erfassung verfehlen, ein. Trotz dieser durchaus unterschiedlichen Interessen an philosophischen Problemstellungen vereint Kierkegaard und Wittgenstein die Kritik an der Verkürzung der Philosophie auf eine Form der Theorie. In einem zweiten Schwerpunkt (II) soll gezeigt werden, daß die skizzierte Problemlage in den Konzepten praktischer Philosophie und hierbei in der Ethik besonders deutlich wird; drängt doch die Not zu handeln geradezu nach theoretischen Lösungen wie einer Lehre oder begründeten Normen und Werten, auf deren Grundlage eine gezielte Veränderung des Seins möglich scheint. Im Gegensatz dazu, praktische Probleme durch Verlagerung auf die Ebene der Theorie schon für gelöst zu halten, sind die Texte Wittgensteins von einer Hinwendung zu den Tatsachen und zur Tätigkeit, die Kierkegaards zur Wirklichkeit und zum Handeln geprägt. Allerdings geraten beide weder in das Fahrwasser des Empirismus noch des Psychologismus, sondern halten konzeptionell am Zusammenhang von Handeln und Denken, Wirklichkeit und Möglichkeit, Sein und Sollen fest. Da Kierkegaard und Wittgenstein in der Auseinandersetzung mit deformierten Lebensformen durchaus auf eine Praxis verweisen, die zur Veränderung drängt, aber zugleich auf normative Vorgaben jeder Art verzichten, wird die Frage nach dem Status von Werten und Normen und ihrer Begründung durch die Philosophie und Ethik besonders relevant. Die Ethikkonzeptionen, bei Kierkegaard sowohl in der Kritik an einer Verkürzung der Ethik auf teleolgische als auch auf deontologische Ethik, bei Wittgenstein in der radikalen Trennung von relativen und absoluten Werten, enthalten für die moderne Diskussion durchaus Anregungen. *9* I Ein wichtiges Merkmal ihres methodischen Vorgehens ist die Distanz des Autors zum eigenen Werk. Deshalb sucht der Leser hier vergeblich eine Anleitung zum Verständnis des Textes, wie sie im Vorwort philosophischer Schriften häufig gegeben wird. So Wittgenstein am Ende des "Traktates": "Meine Sätze erläutern dadurch, daß sie der, welcher mich versteht, am Ende als unsinnig erkennt, wenn er durch sie - auf ihnen - über sie hinausgestiegen ist. (Er muß sozusagen die Leiter wegwerfen, nachdem er auf ihr hinaufgestiegen ist.) Er muß diese Sätze überwinden, dann sieht es die Welt richtig." *10* Kierkegaard fordert in ähnlicher Weise die eigene Anstrengung des Lesers gegenüber seinen Texten: "Also das Buch ist überflüssig, darum mache sich auch niemand die Beschwer, sich auf es zu berufen; denn wer sich darauf beruft, hat es eo ipso mißverstanden." *11* In den "Schriften über sich selbst" nimmt er seine Leistung noch stärker zurück: "Ich betrachte mich am liebsten als einen L e s e r meiner Bücher, nicht als den V e r f a s s e r." *12* Selbstverständlich geht es hier nicht um die persönliche Bescheidenheit der Autoren, sondern um die besonderen rhetorischen Anforderungen, die beide sowohl an ihr Werk als auch an ihre Leser stellen. Als ein Motto zu seiner Schrift "Die Stadien auf des Lebens Weg" wählt Kierkegaard ein Zitat Lichtenbergs. "Solche Werke sind Spiegel. Wenn ein Affe hineinguckt, kann kein Apostel heraussehen." *13* In einer frühen Fassung des gedruckten Vorwortes zu den "Philosophischen Bemerkungen" lesen wir: "Die Gefahr eines langen Vorworts ist die, daß der Geist eines Buchs sich in diesem zeigen muß, und nicht beschrieben werden kann. Denn ist ein Buch nur für wenige geschrieben, so wird sich das eben dadurch zeigen, daß nur wenige es verstehen. Das Buch muß automatisch die Scheidung derer bewirken, die es verstehen, und die es nicht verstehen." *14* Die Ähnlichkeit in den Darstellungsmethoden zeigt sich darin, daß diese für den Leser Anlaß und Anknüpfungspunkt für eigenes Denken sein, in ihm eine Veränderung bewirken können, jedoch keine Systematik, keine Technik bieten, noch weniger Muster sind. Das angebotene methodische Rüstzeug bedarf der selbständigen Anwendung, des "Weiterkletterns". Deutlich hat Kierkegaard die Schwierigkeiten einer Darstellungsform des menschlichen Daseins gesehen. In seiner späten Schrift "Die Krankheit zum Tode" und den entsprechenden Tagebuchaufzeichnungen läßt er uns an seinem Schwanken in bezug auf die Darstellung des menschlichen Daseins teilnehmen, eines Gegenstandes, der eigentlich zweier Methoden bedarf: wissenschaftliche (philosophische) Strenge, eine objektive Darstellung dessen, "Was" gesagt werden muß, damit es verstanden werden kann, die zugleich - und auch das erfordert der Gegenstand - im "Wie" der Darstellung eine Besorgnis um den Leser formuliert und dadurch ein je subjektives Verstehen ermöglichen soll. Kierkegaard bringt damit einen Schwerpunkt seines Denkens auf den Punkt. Wenn die Philosophie den Menschen zu ihrem Gegenstand erhebt, sollte sie die dafür angemessenen Methoden bereitstellen. Schon in der XV. These seiner Magisterarbeit "Über den Begriff der Ironie" von 1841 erhebt er kritisch seine Stimme: "Ebenso wie die Philosophie mit dem Zweifel, ebenso beginnt das Leben, das menschenwürdig genannt werden kann, mit der Ironie." *15* Ausgearbeitet wird Kierkegaards anthropologisches Konzept in der Differenzierung von direkter und indirekter Mitteilung, indem Climacus auf die Grenzen der Sprache und des Denkens in bezug auf das Erfassen menschlicher Existenz hinweist, die als gelebte einer Bestimmung immer voraus ist. Er fordert damit eine Selbstbegrenzung der Reflexion. Die Überschreitung philosophischer Kompetenz vollzieht nach Kierkegaard vor allem die Logik mit ihrem Anspruch, die Wirklichkeit begründen zu können. Wenn die Logik "die Wirklichkeit gedacht hat, dann hat sie etwas in sich aufgenommen, was sie nicht assimilieren kann, ... ." *16* In der Auseinandersetzung mit Hegel wendet er sich deshalb vor allem gegen die Bewegung in der Abfolge logischer Kategorien, "drei vermummte, verdächtige, geheime Agenten", "die Negation, der Übergang, die Mediation". *17* Die Kritik an Hegels Philosophie kulminiert in dem Satz, "ein logisches System kann es geben; ... aber ein System des Daseins kann es nicht geben." *18* Wittgenstein führt im "Traktat" eine neue Grenzziehung der Gedanken vor, die ihren Überstieg in die Welt der Metaphysik verhindern soll. Das Denken wird dadurch therapiert, daß dem Ausdruck des Gedankens Grenzen gezogen werden. Wittgenstein hoffte, daß die philosophischen Probleme dadurch zu lösen seien, daß gezeigt wird, wie die Fragestellung dieser Probleme auf dem Mißverständnis der Logik unserer Sprache beruht. Das Programm der Selbstbegrenzung der Reflexion verbannt einen Großteil der traditionellen Problembestände der Philosophie aus dem Bereich dessen, was nach dem Maßstab der Logik als ein Problem gilt. Als logische Abhandlung überläßt der Traktat die von allen metaphysischen Ansprüchen befreite Logik sich selbst, in dem er als philosophische Abhandlung dasjenige, was einmal Probleme der Philosophie waren, aus dieser ausschließt. Damit unternimmt er es, die Forderung zu erfüllen, die Haufniensis in der Schrift "Der Begriff Angst" lediglich stellt: "soll sich die Logik selbst behelfen." *19* Kierkegaards Interesse gilt nicht der Logik, sondern der Thematisierung bestimmter Lebensformen (des Ästhetischen, Ethischen und des Religiösen), um darin Deformationen menschlichen Daseins zum Ausdruck zu bringen. In diese Beschreibung entfremdeter Existenzweisen ist eine deutliche Zeitalterkritik eingeflochten: "es ist eine sehr bewegte Zeit ... oder wenigstens eine sehr verwirrte."*20* Man muß "vor der Gegenwart sagen, daß sie ü b e l f ä h r t" *21* Wenn Kierkegaard auch keineswegs nichtentfremdete Daseinsformen in Aussicht stellt; so deuten die dargestellten Existenzformen doch auf etwas hin, sie haben eine Erschließungsfunktion, die darin besteht, den Individuen gleichsam einen Spiegel vorzuhalten und damit Anstoß, Anlaß zur Selbstveränderung sein zu können. Das Beseitigen der Deformation begreift Kierkegaard als eine praktische Aufgabe, die nur durch verändertes Handeln beantwortet werden kann. Auch Wittgenstein lenkt das Interesse auf die emanzipatorische Dimension der Sprache: auf ihren Prozeßcharakter und die sich darin ausdrückenden menschlichen Lebensformen. Durch das Sprachspiel werden die Deformationen in den Lebensformen zum Ausdruck gebracht, Mißverständnisse, Mißdeutungen, Verfälschungen und Verstellungen ("Sprachbeulen") aller Art, aber klares Sprechen ist möglich. "Was sich überhaupt sagen läßt, läßt sich klar sagen; ... ." *22* In seiner Auseinandersetzung mit der spekulativen Terminologie vor allem hegelscher Prägung verweist Climacus auf die Gefahren unklarer Rede und damit auf einen möglichen Bankrott in der Welt des Geistes, "weil die Begriffe nach und nach aufgehoben werden und die Worte fähig werden, alles zu bedeuten." *23* Die Erschließungsfunktion der Sprache besteht für Kierkegaard wie für Wittgenstein vor allem darin, sprachliche Täuschungen zu entwirren und dadurch einen anderen Umgang mit den Wörtern, einen anderen Gebrauch der Wörter zu ermöglichen. Es ist nicht eine neue Theorie oder Wissenschaft, die die Sprache "von oben" korrigiert, sondern die vorhandene Sprache reicht aus, um in der Auseinandersetzung mit dem Sprachgebrauch die Verwirrungen zu Tage treten zu lassen. "... die Aufgabe der Philosophie ist nicht, eine neue, ideale Sprache zu schaffen, sondern den Sprachgebrauch unserer Sprache - der bestehenden - zu klären. Ihr Zweck ist es, besondere Mißverständnisse zu beseitigen; nicht, etwa, ein eigentliches Verständnis erst zu schaffen." *24* Konzeptionell verweisen Wittgenstein wie Kierkegaard darauf, daß es für die Entschlüsselung der Verwirrung und Täuschung keine Theorie, keine Anleitung, keine Gesetze, Regeln, keine Lehre gibt, die schon fertig, aber nur verborgen oder vergessen wären. Für Wittgenstein läßt sich die Verwirrung durch eine andere Sprachpraxis beseitigen, die sich im Gebrauch als eine Ordnung in der Form von Regeln zeigt. Wer diese Methode verstehen will, muß an der Ordnung teilnehmen, eben mitspielen, sie selbst und sich dadurch verändern. II Anhand der Ethikauffassungen Kierkegaards und Wittgensteins kann darauf aufmerksam gemacht werden, daß sich beide Denker von unterschiedlichen Positionen aus einem Problem nähern, das die Trennung von Wissen (und damit der Philosophie als Wissensform) und dem Ethischen (im traditionellen Verständnis: die Moral, als Form des gelebten Dasein) zur Voraussetzung hat: dem des gelingenden Lebens oder des authentischen Daseins. Gelingendes Leben läßt sich nicht darstellen, es kann nicht problematisiert werden. Hier ist die Trennung von Gut und Böse, Glück und Unglück, die jede philosophische Ethik zu ihrer Voraussetzung hat, und die sie theoretisch zu begründen versucht, nicht aufhebbar, sondern wird in ihrem gegenseitigen Bezug fixiert. Kierkegaards und Wittgensteins Kritik an der Reduzierung der Ethik auf eine Theorie wird bereits dadurch deutlich, daß sie den Begriff "Ethik" weitgehend durch das "Ethische" - Kierkegaard schreibt, "det etiske" - ersetzen *25* und damit auf das gelebte Dasein verweisen, dessen Defizite zwar theoretisch in Normen und Regeln ausgedrückt, aber nur in der Veränderung des Daseins durch das handelnde Individuum beseitigt werden können. Die Norm verschwindet mit der Beseitigung des Problems. Es läßt sich zeigen, daß Kierkegaard in seinen pseudonymen Schriften von "Entweder-Oder" über "Furcht und Zittern", "Die Stadien auf des Lebens Weg", die "Nachschrift" bis hin zu "Die Krankheit zum Tode" verschiedene Konzepte theoretischer Ethik, teleologische und deontologische *26* diskutiert und schließlich verwirft oder am Ethischen scheitern läßt. In "Entweder-Oder" scheint Assessor Wilhelm gegenüber dem Ästhetiker zunächst das authentische Leben zu verkörpern, denn seine Haltung hat die Unmittelbarkeit hinter sich gelassen, ist durch Selbstwahl bestimmt. Dabei bedient sich der Gerichtsrat auch normativer Maßstäbe, um die Überlegenheit der ethischen gegenüber der ästhetischen Daseinsweise zu dokumentieren. Allerdings werden die generellen Grenzen normativer Ethik durch Wilhelm an einem ethnographischen Beispiel aufgezeigt: "mittlerweile hat man, ... darauf aufmerksam gemacht, daß ... die Wilden den Brauch hatten, ihre Eltern totzuschlagen. ... die Frage ist, ob die Wilden meinen, damit etwas Böses zu tun." *27* Interessant ist, daß der Gerichtsrat damit an die Grenzen seines eigenen Konzepts gelangt und selbst wie nebenher ausspricht, was in "Entweder-Oder" immanent gezeigt wird, daß die vorgetragene ethische Lebenshaltung keine Alternative zur ästhetischen darstellt. *28* Schließlich hebt er am Ende seines zweiten Briefes an den Ästhetiker auch deutlich hervor : "Eine Pflichtenlehre vorzutragen ist nie meine Absicht gewesen." *29* Deshalb ist es aufschlußreich, die Thematisierung des Ethischen in den Passagen zu untersuchen, in denen der Gerichtsrat Wilhelm auf normative Implikationen verzichtet, nicht als "Richter", als "rechtlich Bevollmächtigter der Ethik", sondern nur als "Zeuge" seiner Lebenshaltung auftritt: "Ich liebe mein Weib, bin glücklich in meinem Zuhause; ... . Ich liebe mein Vaterland ... . Ich liebe meine Muttersprache ... . So liebe ich denn das Dasein, weil es schön ist und hoffe auf ein noch schöneres." *30* Dieses Bekenntnis kann weder den Ästhetiker, noch den Leser überzeugen, weil der Gerichtsrat den Beweis, den er zu erbringen versucht, zugleich schuldig bleibt; die Zeugenaussage ist tautologisch. Indem Wilhelm die Problematisierung seiner Existenz vermeidet, das Gute unter Ausschluß des Bösen denkt, untergräbt er seine Position dadurch, daß er sich rechtfertigt. Wittgenstein bemerkt in seinen Tagebüchern, "daß sich das glückliche Leben von selbst rechtfertigt." *31* Zu dem ist der Liebesbegriff Wilhelms unterschiedslos auf seine Frau, sein Vaterland und seine Muttersprache bezogen; er korrespondiert schlechthin mit dem Harmoniebegriff. Es sind inhaltsleere Worte, die das angestrebte Gleichgewicht zwischen dem Ethischen und dem Ästhetischen - die Aufnahme ästhetischer Verliebtheit in ethische Liebe - ad absurdum führen. Um so pathetischer ist die Sprache, in der die Zeugenaussage zum Bekenntnis wird. Durch die unfreiwillige Entlarvung tritt der Widerspruch in Wilhelms Aussagen deutlich hervor. Der Gerichtsrat im Zeugenstand gerät ins Lächerlich, denn er versucht das "Nicht-Sagbare" - das gelingende Leben - zu beschreiben. Dabei bleibt der Empfehlungscharakter des Ethischen und seiner Merkmale überdeutlich: "Hier ist, was du verlangst.": "Frieden, Sicherheit und Traulichkeit".*32* Der Ethiker zieht die "Überlegenheit" seines konkreten Daseins gerade aus der Objektivität, dem Allgemeinen, in dem diese Spezifik gerade nicht zum Ausdruck kommen kann. Wittgenstein gibt auf die Frage: "was ist das objektive Merkmal des glücklichen, harmonischen Lebens?" folgende Antwort: "Da ist es wieder klar, daß es kein solches Merkmal, das sich beschreiben ließe, geben kann."*33* Es ist die generelle Trennung von Sein und Sollen, die jeder Normenethik zugrundeliegt, und die es dem Gerichtsrat unmöglich macht, die Ebene der ihn prägenden Lebensverhältnisse einzubeziehen. Wo er sie erreicht, wehrt er ab: "Es ist in einem jeden Menschen etwas, das ihn bis zu einem gewissen Grad daran hindert, sich selber völlig durchsichtig zu werden; und dies kann der Fall sein in so hohem Maße, er kann in Lebensverhältnisse, die jenseits seiner liegen, so unerklärlich verflochten sein, daß er es beinahe nicht vermag, sich zu offenbaren ... ." *34* Deshalb werden die realen Lebensbezüge, die das ästhetische Existenzstadium (Körperlichkeit, Sinnlichkeit, Endlichkeit) prägen, trotz aller Beteuerungen nicht aufgenommen und Wilhelm erreicht den Ästhetiker trotz aller Versicherungen nicht. Einen Schlußstrich unter die Ethikdebatte der pseudonymen Schriften bis 1844 zieht Vigilius Haufniensis: Die Metaphysik und damit die erste Philosophie hat an der Ethik, die "die Idealität in die Wirklichkeit bringen"*35* will, ihre Grenzen. Diese Ethik "ist Zuchtmeister und richtet fordernd mit ihrer Forderung, ohne etwas zu gebären."*36* Auf dieser Stufe ethischer Theorienbildung wird das Gute auf die bloße Forderung verkürzt, es steht dem Einzelnen gegenüber. Es ist die Widersprüchlichkeit des menschlichen Daseins, die durch eine normative Ethik nicht behoben, sondern lediglich negativ, in der Form eines Sollens, zum Ausdruck gebracht werden kann; das Defizit oder das Problem aber bleibt. Eine Bemerkung Wittgensteins aus den Tagebüchern ließe sich hier anschließen."Der erste Gedanke bei der Aufstellung eines ethischen Gesetzes von der Form: "Du sollst..." ist: "Und was dann, wenn ich es nicht tue?" Es ist aber klar, daß die Ethik nichts mit Strafe und Lohn im Gewöhnlichen Sinne zu tun hat. Also muß diese Frage nach den Folgen einer Handlung belanglos sein."*37* So stellt Vigilius auf der Grundlage des Sündenproblems eine neue Ethik in Aussicht.*38* Damit korrespondiert, daß Anti-Climacus in der Verzweiflungsschrift die Versuche menschlicher Selbstbestimmung nochmals diskutiert: "Das Kind, das bislang nur den Maßstab der Eltern hatte, wird zum Selbst, wenn es zum Mann heranwächst und der Staat sein Maßstab wird; doch welch unendlicher Akzent fällt auf das Selbst, das Gott als Maßstab bekommt! *39* "Als Sünder ist der Mensch durch den tiefsten Abgrund der Qualität von Gott getrennt"*40*, ein Abgrund, der nach menschlichen Maßstäben, sprich relativen Werten, nicht zu überbrücken ist. Indem Anti-Climacus ausführt, daß der Gegensatz zur Sünde nicht Tugend ist, sondern Glaube, hat er die theoretische Ethik und ihr Postulat seit Sokrates: "Tugend ist Wissen", den "intellektuellen kategorischen Imperativ", und damit alle mitteilbaren und vermittelbaren Formen des Guten hinter sich gelassen. Damit ist das Gute nicht als Gegenstand zu thematisieren und nicht objektivierbar als Handlungsziel. Zweifellos bedeutet das keine generelle Absage an die Ethik*41*, aber an alle Ethikkonzepte, die auf einen Wissensbegriff zurückgreifen, der Wissen und Leben trennt: " dass all dieses Wissen und Verstehen nicht die geringste Macht über das Leben der Menschen ausübt, dass dieses nicht im Entferntesten ausdrückt, was sie verstanden haben."*42* Damit wird in Anlehnung an Sokrates die Bedeutung des Ethischen nochmal hervorgehoben, zugleich aber die Distanz gegenüber den modernen Formen ethischen Wissens thematisiert. Ethisches Wissen verliert erst dann seinen Sonderstatus, den es als vom Handeln getrenntes Wissen erlangen konnte, wenn es seinen Ausdruck in einer veränderten Haltung findet, jedoch von dieser nicht abzuspalten und damit zur eigenen Sache geworden ist. *43* Authentisches Menschsein ist für Kierkegaard nur individuell, in der persönlichen Entscheidung zu realisieren und damit das Unaussprechliche, das nicht gerechtfertigt werden muß. Damit läßt sich das Ethische nur noch von seinen Grenzen her bestimmen, ist jedoch nicht mehr thematisierbar. So ließe sich unter Rückgriff auf die berühmte Wittgensteinsche Formulierung zum Verständnis des "Traktats" über die "Die Krankheit zum Tode" sagen, daß ihr Sinn ein ethischer ist. Anti-Climacus stellt im Vorwort klar, daß das Thema nicht "gleichgültig" oder "wissenschaftlich" behandelt werden kann, sondern "erbaulich". Er versteht darunter die "ethische Seite des Christlichen"*44* und verbindet Ethisches und Christliches zu einem Thema. Damit wird das Ethische hier in einer Weise aufgenommen*45*, in der es Ausdruck der Unverfügbarkeit des Menschen ist und nur indirekt mitgeteilt werden kann, damit zwar die Grenze jeder Ethik ist, aber unhintergehbarer und unaufhebbarer Ausgangspunkt für eine Ethik sein kann. So Thomas Rentsch: "die personale Unverfügbarkeit ist konstitutiv für Verhältnisse nicht-instrumentaler, 'positiver' Interpersonalität, für personale Freiheit und Würde. Die Achtung vor dem unerklärlichen Sein des Anderen ist für moralisches Verhältnisse konstitutiv."*46* Als Wittgenstein auf dem Standpunkt des "Traktats" trotz der Trennung von Tatsachen und Werten, verdeutlicht hatte, daß der Sinn des Buches ein ethischer sei, betonte er zugleich, daß damit auf etwas verwiesen würde, das nicht in der Abhandlung stehe, aber offensichtlich unverzichtbar sei.*47* Später führt er aus, daß das Ethische keinen Wert hätte, wenn es durch eine Theorie erklärt werden könnte.*48* Wenn der Wert des Ethischen nicht in Sachverhalten besteht, nicht beschrieben werden kann, so hat das Ethische seinen Wert in sich selbst, es läßt sich nicht vergegenständlichen, in relative Zwecke übersetzen. Diesen Ansatz unterstützt Wittgenstein im "Vortrag über Ethik", in der Trennung von absoluten, d.h. ethischen und relativen, d.h. "hausbackenen", durch Zwecke und Maßstäbe festlegbaren Werten. Da absolute Werte nicht beschreibbar sind, verweisen sie auf eine andere Welt als auf die natürliche und Wittgenstein orientiert auf den Zusammenhang zwischen dem Ethischen und dem Religiösen. Die Realisierung des Absoluten wäre an die "Zwangsgewalt eines absoluten Richters"*49* gebunden oder das Inkrafttreten des Ethischen würde die Welt radikal verändern. Ein relatives Absolutes gibt es nach Wittgenstein nicht und auch keine theoretische Ethik. Mit der Trennung von relativen und absoluten Werten nimmt Wittgenstein den Begründungsdruck von der philosophischen Ethik, destruiert ihren Universalisierbarkeitsanspruch oder ihre Versuche, ein ethisches "Welt-Buch" zu schreiben. Die Verbindung von Ethischem und Religiösem trägt für Wittgenstein wie für Kierkegaard zu einer Klärung des Ethischen bei, nicht zu einer Verwässerung. Wenn er ausführt: "Der Mensch hat die Tendenz, gegen die Grenzen der Sprache anzurennen. Dieses Anrennen deutet auf die Ethik hin.",*50* bindet er das Ethische in einer Weise an das menschliche Handeln, daß es von diesem nicht abzulösen ist. Theoretische Ethik hat am Ethischen ihre Grenzen. Das Ethische, das durch Wissenschaft nicht begründbar, durch Lehre nicht mitteilbar ist, hat gerade für das Leben des einzelnen Menschen, für seine Orientierung in der Welt und für die Konstituierung seines Lebenssinnes eine entscheidende Bedeutung, aber es läßt sich davon nicht abspalten. "Das Ethische kann man nicht lehren. Wenn ich einem anderen erst durch eine Theorie das Wesen des Ethischen erklären könnte, so hätte das Ethische gar keinen Wert." *51* Sein Wert liegt im Handeln: "Die Gefahr ist ... eine Rechtfertigung unseres Vorgehens zu geben, wo es eine Rechtfertigung nicht gibt und wir einfach sagen sollten: s o m a c h e n w i r s."*52* Ethische Fragen sind nicht auf der Grundlage von Theorien zu lösen. Der Standpunkt des "Traktats" ist kategorisch: "Die Lösung des Problems des Lebens merkt man am Verschwinden dieses Problems."*53* In seiner Spätphilosophie interessiert Wittgenstein die Vielfalt von Lebensformen und Verhaltensweisen und die in diese eingeschlossene Benutzung des Ethischen, das sich in Ethosformen beschreiben läßt, sich aber jede Bewertung versagt. Während Wittgenstein um Klarheit in bezug auf die Verwendung unserer Sprache ringt und er in der Anwendung von Regeln auf eine gemeinsame Welt rekurriert, ist er sicher, daß jede Regel ihre Grenzen hat. Bezogen auf das Meßbare sind wir uns schnell einig: "und es gehört zum Messen, daß Alle das gleiche Maß haben."*54* Gerade symptomatisch dafür ist die Auseinandersetzung mit Frazer. In der Besprechung des "Goulden Brough" macht er nicht nur auf die Grenzen des Meßbaren aufmerksam, sondern unterstreicht angesichts ethnographischer Tatsachen auch die Eigenständigkeit von Ethosformen: "Nur beschreiben kann man hier und sagen: so ist das menschliche Leben."*55* Oder: "Man möchte sagen: Dieser und jener Vorgang hat stattgefunden; lach, wenn du kannst."*56* So läßt sich auch die Frage nach dem glücklichen Leben, eine Hauptfrage jeder ethischen Theorie, nach Wittgenstein nicht beantworten; schließen diese Antworten doch Normierungsversuche ein. Damit erreichen sie ihre Grenzen, die das glückliche vom unglücklichen Leben trennen. Wie sollen diese Grenzen aber begründet werden? Nichts anderes sagen die beiden folgenden Bemerkungen. "Allgemein wird angenommen, daß es böse ist, dem Anderen Unglück zu wünschen. Kann das richtig sein? Kann es schlechter sein, als dem Anderen Glück zu wünschen?" "Man scheint nicht mehr sagen zu können als: Lebe glücklich!" *57* Dennoch ist es philosophisch interessant, daß die Menschen die Frage nach dem Glück stellen. Kierkegaard setzt bei der Frage an, um sie nicht zu einer Antwort, sondern zu einer dialektischen Reflexion zu machen. So lesen wir in seinem Tagebuch: "Welcher Mensch kann begrifflich gedacht - am meisten geliebt werden? Der, welcher mich unglücklich gemacht hat, jedoch dergestalt, daß ich innerlich überzeugt bin, ... er glaubte in Wahrheit das beste zu tun." *58* *1* S. Kierkegaard, Abschließende unwissenschaftliche Nachschrift zu den philosophischen Brocken, in Ges. Werke (im folgenden GW), hrsg. v. E. Hirsch u.a., Abt. 16.2, Düsseldorf,Köln 1959, S. 141 *2* L. Wittgenstein, Tagebücher 1914-1916, in: Werkausgabe (im folgenden WA), Bd. 1, Frankfurt am Main 1989, S.173 *3* L. Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen, in: WA, Bd. 8, S. 476. *4* L. Wittgenstein. Denkbewegungen. Tagebücher 1930-1932/1936-1937, Hrsg. v. I. Somavilla, Teil 1: Normalisierte Fassung, Innsbruck 1997, S. 81 *5* L. Wittgenstein, Porträts und Gespräche, Hrsg. v. R. Rhees, Frankfurt am Main 1987, S. 130 *6* L. Wittgenstein, Denkbewegungen, a.a.O. S. 94 Zur Kritik Spenglers an Kierkegaard: "In ihrer Beherrschung (einer Sprache -U.E.) liegt aber die Gefahr, das Verhältnis zwischen Mittel und Bedeutung zu einem neuen Mittel zu machen. Es entsteht die geistige Kunst, mit dem Ausdruck zu s p i e l e n. Die Alexandriner und Romantiker gehören dahin, in der Lyrik Theokrit und Brentano, in der Musik Reger, in der Religion Kierkegaard." O. Spengler, Der Untergang des Abendlandes, Zweiter Band, München MCMXXIV, S. 163. *7* L. Wittgenstein, Porträts und Gespräche, a.a.O. S. 131. *8* Daß Kierkegaard sich nicht als Philosoph, sondern als religiöser Schriftsteller verstanden hat, betont er selbst.(Vgl. S. Kierkegaard, Die Schriften über sich selbst, in: GW, Abt. 33, 1964, S.11f.) Allerdings verzichtet er in seinem Werk durchaus nicht auf Philosophie; daß sie demnach nicht nur einen zu überwindenden Ausgangspunkt seines Schaffens (Vgl. ebenda S. 4) darstellt, wurde mehrfach diskutiert. Vgl. u.a. K. Schäfer: Hermeneutische Ontologie in den Climacus-Schriften Sören Kierkegaards, München 1968; H. Deuser, Die Philosophie des religiösen Schriftstellers, Darmstadt 1985; v. a. M. Theunissen (Der Begriff Verzweiflung, Frankfurt/M. S. 13) weist auf ein Defizit in der philosophischen Kierkegaard-Interpretation hin. *9* Es ist die grundsätzliche Kritik an einem vom Sein getrennten Sollen, an einem auf Rationalität verkürzten Normativen, an einer systematisch festgenagelten Subjektivität und der damit verbundenen Sprache, die Kierkegaard und Wittgenstein methodisch mit der neueren Debatte um das sogenannte "Begründungsproblem" in der Ethik verbindet, dazu vgl. T. Rentsch, Die Konstitution der Moralität. Transzendentale Anthropologie und praktische Philosophie, Frankfurt am Main 1990; M. Theunissen, Negative Theologie der Zeit, Frankfurt am Main 1991, v.a.S. 29ff.; E. Tugendhat, Vorlesungen über Ethik, Frankfurt am Main 1993, Vernunft und Lebenspraxis, Philosophische Studien zu den Bedingungen einer rationalen Kultur. Für Friedrich Kambartel, Hrsg. v. Ch. Demmerling, G. Gabriel u. T. Rentsch, Frankfurt am Main 1996. Vgl. auch die Einschätzung der Ethik Kierkegaards durch W. Greve, in: ders.: Kierkegaards maieutische Ethik, Frankfurt am Main 1990, S.267. *10* L. Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, WA, Bd. 1, 6.54 *11* S. Kierkegaard, Nachschrift, a.a.O., Abt. 16.1., S. 332 *12* S. Kierkegaard, Die Schriften über sich selbst, a.a.O. S. 10. *13* S. Kierkegaard, Die Stadien auf des Lebens Weg, a.a.O., Abt. 15, S. 8 *14* L. Wittgenstein, Vermischte Bemerkungen, a.a.O. S. 460 *15* S. Kierkegaard, Über den Begriff der Ironie mit ständiger Rücksicht auf Sokrates, a.a.O. Abt.31, S.4 *16* S. Kierkegaard, Der Begriff Angst, Stuttgart 1992, S. 14 *17* Ebenda, S. 97 *18* S. Kierkegaard, Nachschrift, a.a.O., Abt. 16.1., S. 101. Auf der Grundlage von Kierkegaards Tagebüchern verweist K. Schäfer darauf, daß dieser beabsichtigte, die "Nachschrift" "Logische Probleme" zu nennen. Vgl. K. Schäfer, Hermeneutische Ontologie in den Climacus-Schriften Sören Kierkegaards, a.a.O. S. 14. *19* S. Kierkegaard, Der Begriff Angst, a.a.O. S. 97. Vgl. auch C.- A. Scheier, Wittgensteins Kristall. Ein Satzkommentar zur "Logisch-philosophischen Abhandlung", Freiburg, München 1991, S.23 ff. und 184 ff.., der die parallele Formulierung Wittgensteins: "die Logik muß für sich selber sorgen" im "Traktat" und in den "Tagebüchern" und Kierkegaards in: "Der Begriff Angst" feststellt. Für diesen Hinweis danke ich Rainer Enskat. *20* S.Kierkegaard, Nachschrift, a.a.0., Abt. 16.2., S. 67 *21* S. Kierkegaard, Eine literarische Anzeige, in GW, Abt. 17, S. 72 *22* L. Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, a.a.O. S. 9 (Vorwort) *23* S. Kierkegaard, Nachschrift, a.a.O., Abt. 16.2., S. 67. Christa Kühnhold, Der Begriff des Sprunges und der Weg des Sprachdenkens. Eine Einführung in Kierkegaard, Berlin, New York 1975 hat gezeigt, wie Kierkegaard durch seine spezifische Terminolgie seinen Denkansatz gerade vom deutschen Idealismus abzugrenzen versuchte. Hierzu neben der Analyse des Begriffs "Sprung", v.a. das Kapitel über den Begriff "Subjektivität" (S. 141ff.), der für unser Thema ausschlaggebend ist. Die vorgenommenen ethymologischen Untersuchungen verdeutlichen den spezifischen Zusammenhang zwischen Kierkegaards Muttersprache als einer alltäglichen Sprache und seinem theoretischen Konzept. (Vgl. S.152ff.) Dazu L.Wittgenstein, Philosophische Untersuchungen, WA, Bd. 1, § 116 "W i r führen die Wörter von ihrer metaphysischen, wieder auf ihre alltägliche Verwendung zurück." *24* L. Wittgenstein, Philosophische Grammatik, WA, Bd. 4, VI, § 72 *25* Fahrenbach hebt diesen einheitlichen Wortgebrauch und die damit verbundenen theoretischen Konsequenzen hervor. (Vgl. H. Fahrenbach, Kierkegaards untergründige Wirkungsgeschichte. Zur Kierkegaardrezeption bei Wittgenstein, Bloch und Marcuse, in: Text & Kontext, Bd. 15, Kopenhagen u.a. 1983, S.41, vgl. auch den Aufsatz H. Fahrenbachs in diesem Band), Zum Begriff des "Ethischen" auch W. Greve, a.a.O., bes. S.18ff.. *26* Vgl. die ausführliche Untersuchung zu dieser Unterscheidung bei W. Greve, a.a.O.. *27* S. Kierkegaard, Entweder-Oder, a.a.O. Abtl. 2/3, S. 283 *28* Vgl. hierzu die Interpretation von K. Pulmer, Die dementierte Alternative. Gesellschaft und Geschichte in der ästhetischen Konstruktion von Kierkegaards "Entweder-Oder", Frankfurt am Main 1982. *29* S. Kierkegaard, Entweder-Oder, a.a.O. Abtl. 2/3 S. 346 *30* Ebenda *31* Siehe Anm.2 *32* S. Kierkegaard, Entweder-Oder, a.a.O. Abt. 2/3, S. 346 *33* L. Wittgenstein, Tagebücher 1914-1916, a.a.O. S. 173 *34* S. Kierkegaard, Entweder-Oder, a.a. O. Abt. 2/3, S. 17Off. *35* S. Kierkegaard, Der Begriff Angst, a.a.O. S. 21. Hier benutzt Kierkegaard den Begriff "Ethik", und versteht darunter die Verkürzung des Ethischen auf eine Theorie oder bloße Wissensform auf dem Boden der Metaphysik. Diese Kritik hatte auch Climacus an Hegels Ethik vorgetragen. Vgl. S. Kierkegaard, Nachschrift, a.a.O. Abtl. 16.1, S.112 und Abtl. 16.2, S. 10. *36* S. Kierkegaard, Der Begriff Angst, a.a.O. S. 21. *37* L. Wittgenstein, Tagebücher 1914-1916, a.a.O. S. 173. *38* S. Kierkegaard, Der Begriff Angst, a.a.O., S. 26. *39* S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode, Stuttgart 1997, S.90. *40* Ebenda, S. 139. *41* Damit stimme ich H. Fahrenbach, Kierkegaards existenzdialektische Ethik, Frankfurt am Main 1968, S. 58f. zu, der zwei Bedeutungsaspekte des Ethischen unterscheidet, einen "fundamentalen", der "durch alle Stadien des Existenzverständnisses hindurchgreifen muß, sofern diese im Selbstverhältnis auf Entscheidung bezogen sind. Darum bleibt auch der christliche Glaube ethisch bestimmt, denn er ist Wahl und Entscheidung und bleibt Aufgabe des Existierens" und einen "eingeschränkten", "in dem der Mensch sich aus seiner eigensten Möglichkeit des freien Selbstvollzuges als dem Absoluten seiner Existenz versteht, d.i. das Existenzstadium, in dem das Ethische der Gehalt des Selbstverständnisses ist." *42* Ebenda, S. 102 *43* Vgl. Ch. Kühnhold, a.a.O., S. 157. *44* S. Kierkegaard, Die Krankheit zum Tode, a.a.O. S. 7. *45* W. Greve, Wo ist das Ethische in der "Krankheit zum Tode", in: Dialektischer Negativismus, Michael Theunissen zum 60. Geburtstag, Hrsg. v. E. Angehrn u.a., Frankfurt am Main 1992, S. 323ff. *46* T. Rentsch, Heidegger und Wittgenstein. Existential- und Sprachanalysen zu den Grundlagen philosophischer Anthropologie, Stuttgart 1985, S. 325 *47* Vgl. L. Wittgenstein, Briefe. Briefwechsel mit B. Russell, G.E. Moore, J.M. Keynes, F.P. Ramsey, W. Eccles, P. Engelmann und L. v. Ficker, S. 96f. *48* Vgl. L. Wittgenstein, Ludwig Wittgenstein und der Wiener Kreis, WA, Bd. 3, S. 117 *49* L. Wittgenstein, Vortrag über Ethik, in: Vortrag über Ethik und andere kleine Schriften, Hrsg. v. J. Schulte, S. 14 *50* L. Wittgenstein, Ludwig Wittgenstein und der Wiener Kreis, a.a.O. S. 93 *51* Ebenda, S. 117 *52* L. Wittgenstein, Bemerkungen über die Grundlagen der Mathematik, WA, Bd. 6, III, § 74 *53* L. Wittgenstein, Tractatus logico-philosophicus, a.a.O. 6.521 "Wovon man nicht sprechen kann, darüber muß man schweigen." Ebenda, 7. *54* L. Wittgenstein, Bemerkungen über die Grundlagen der Mathematik, a.a.O. I, § 118. *55* L. Wittgenstein, Bemerkungen über Frazers Golden Brough, in: Vortrag über Ethik und andere kleine Schriften, a.a.O. S. 31 *56* Ebenda. *57* L. Wittgenstein, Tagebücher 1914-1916, a.a.O. S. 172 *58* S. Kierkegaard, Die Tagebücher, Zweiter Band, hrsg. v. H. Gerdes, Düsseldorf, Köln 1963, S. 244 Vgl. zu diesem Thema: H. Deuser, Die Frage nach dem Glück in Kierkegaards Stadienlehre (Ästhetik, Ethik, Religion), in: Glück und geglücktes Leben, hrsg. v. P. Engelhardt, Mainz 1985.