Ein Hauptproblem bei der Diskussion um die Möglichkeit der Schaffung künstlichen Bewußtseins (das dem des Menschen in allen Belangen wenigstens ebenbürtig sein soll) liegt darin, daß wir es dabei vielfach mit Begriffen zu tun bekommen, deren Referenzobjekt nicht unumstritten oder aber unklar (nicht abgrenzbar) ist. Das hat mitunter zur Folge, daß sprachliche Konventionen mit multifunktionalem Charakter als Tatsachenbeschreibungen (mit Bezug auf ein physisches Korrelat) aufgefaßt werden. Und dies widerspiegelt sich auch in den in der Einleitung aufgestellten Thesen. Ich bin daher in meiner Arbeit davon ausgegangen, daß die Erörterung der Natur des Denkens ohne die Erörterung der Natur der Sprache ausgeschlossen ist. Gerade der Diskurs um die „künstliche Intelligenz“, „Geist“, „mentale Fähigkeiten“ etc. scheint sich sehr gut dazu zu eignen, zu verdeutlichen, daß Sprache nicht einfach ein Mittel zum Beschreiben (oder gar zur Etikettierung) einer vor jeder Sprachlichkeit erkennbaren oder erkannten Welt konkreter oder abstrakter Gegenständlichkeit bzw. selbstevidenter Empfindungen darstellt. Dabei kommt man nicht darum herum, sich an sprachphilosophischen Überlegungen zu orientieren; insbesondere da bis heute nicht klar ist, wie man sich einen vorsprachlichen Bezug auf einen Gegenstand als Gegenstand mit nicht intrinsischer Charakteristik oder als Bestandteil eines Sachverhaltes vorzustellen hat und ob sich ein Ausdruck auf etwas bezieht, von dem man nicht eindeutig weiß oder einhelliger Meinung ist, worauf er sich bezieht. Begriffsklärung ist daher notwen-digerweise ein entscheidender Bestandteil einer jeden Diskussion um „künstliche Intelligenz“, „Bewußtsein“, „Geist“ etc.. Und dabei stellt sich immer wieder heraus, daß die Klärung der Frage, worüber man redet, ein Spiel mit Schatten darstellt, und es ergiebiger ist zu fragen, warum man so redet. Doch die Grenzen zwischen sozialer und referentieller Funktion verschwimmen häufig.
In einem solchen Kontext müssen sich manche Physikalisten, in der Regel Natur- und Computerwissenschaftler, aber auch Psychologen und Soziologen den Vorwurf gefallen lassen, metaphysische Realisten zu sein, die nicht bereit sind, ihr Vokabular, ihren Sprachgebrauch bzw. die Voraussetzungen für das Verständnis ihrer formalen Konstrukte zu hinterfragen oder zu beleuchten, die glauben, die Welt sei sprach- und theorien-unabhängig und es gäbe so etwas wie „empirische Objekte“, die wenigstens die Basis unserer Begriffe eindeutig festlegten.
Eine Begriffsklärung ist etwas anderes als eine Definition, die – soll sie nicht willkürlich sein – bestenfalls daraus folgen kann. Bei einer Begriffsklärung geht es um verbale Kontexte, Sprachgebrauchs-, Handlungs- und Verhaltenskontexte, die alle dynamisch sind (nicht beschreibungsunabhängig), um Funktionen innerhalb unserer Lebenswelt, deren besondere soziale Struktur essentiell ist. Dabei muß auch der reflektierende Sprachgebrauch immer wieder hinterfragt werden.
Der erste Begriff, den ich diskutierte, war das Attribut „künstlich“. Der adverbiale Sprachgebrauch von „künstlich“ scheint dabei weniger interessante Fragen aufzuwerfen als der adjektivische. Wollen wir nur abiotische Gehirne als künstliche gelten lassen, wenn doch bereits Computer aus Biomolekülen diskutiert werden? Wahrscheinlich nicht. Der pragmatische Umgang mit diesem Begriff hängt ja von vielen anderen Faktoren ab, z.B. davon, ob das enorme Hintergrundwissen, das notwendig ist, um auf in soziale Strukturen eingebettete Situationen (Sprechakte und Handlungen anderer, Ereignisse etc.) zu reagieren von Experten erarbeitet und einprogrammiert oder anhand unzähliger Interaktionen mit der Umwelt vom künstlichen System „selbst“ erworben wird und innerhalb eines plastischen Trägermediums dynamisch bleibt.
Für manche Kognitivisten wie Minsky bedeutet „etwas verstehen“, in der Lage zu sein, ein Computerprogramm zu schreiben, das die fragliche Entität abbildet, also einen Algorithmus zu entwickeln und zu implementieren. Das impliziert, daß alles Beschreibbare und der Mensch selbst als implementierter Algorithmus begriffen wird (und die Welt zu uns spricht). Wie aber will man auf dieser Grundlage den Wittgenstein’schen Einwand entkräften, daß „Regel“ und „Regelverständnis“ („Regelbefolgung“) nicht das Gleiche und nur innerhalb bestimmter Konventionen und Gewohnheiten nicht voneinander unabhängig sind? Sowenig wie es die eine und einzige Leseform einer Regel gibt, gibt es die eine Leseform einer Handlung, einer Äußerung, eines Ereignisses etc. Wer will den Menschen daran hindern, eine z.B. durch einen Algorithmus „erzeugte“ Handlung eines Wesens beliebig zu interpretieren. Nach Wittgenstein sind – wie Saul A. Kripke argumentiert - mit einem Algorithmus aus der intellektuellen Pespektive eines Menschen unzählige Handlungen vereinbar. Wie soll dann das zu verstehen sein, daß einer Handlung ein ganz bestimmter Algorithmus zugrundeliegt? Unsere Wirklichkeit fällt mit der Ontologie unserer Beschreibung zusammen. In der Sprache ersteht überhaupt erst ein Sachverhalt. Unsere veränderliche Beschreibungspraxis liegt nicht nur jedem Algorithmus, jedem Kalkül zugrunde, sondern ist erst recht mitbestimmend bei der Auffassung bespielsweise dessen, was zulässige oder unzulässige Zusammenhänge sind.. Diese Auffassung kann man als nominalistische Psychologie, als Relativismus oder auch als Pragmatismus bezeichnen, je nach Ausgangslage der Perspektive. Aber wer wollte bestreiten, daß der Sprachgebrauch ebenso pragmatischen Charakter hat wie die Rechtfertigung unserer Handlungen generell.?
Wenn aber die Menschen kein implementierter Algorithmus sind (oder genauer: wenn wir für bestimmte menschliche Fähigkeiten keine Beschreibung finden, die wir als Regel interpretieren können, welche uns u.a. genau diese Beschreibung liefert), dann werden wir bei der Schaffung künstlicher Intelligenz auf etwas angewiesen sein, von dem wir noch nicht sagen können, ob es einmal unter den Begriff eines künstlichen Vorganges fallen wird oder ob sich der Begriff „künstlich“ relativiert, reduziert oder gar verflüchtigt. Als wahrscheinlich erscheint zur Zeit, daß bei der Schaffung künstlicher Intelligenz bzw. dessen, was wir (künstliches) Bewußtsein nennen werden, etwas beteiligt sein wird, das unter den Begriff „natürlich“ subsumiert wird.
Bei der Diskussion des Begriffs „Intelligenz“ geraten zwangsläufig solche Begriffe wie „Erfahrung“, „Lernen“, „Sachverhalt“ („Gegebenes und Mögliches“) ins Spiel. Das sind mentale Begriffe, und es hat sich die Frage gestellt, ob sie sich im Rahmen einer physikalischen Theorie wiedergeben lassen. Sachverhalte sind aber keine konkreten Gegenstände in Raum und Zeit, sondern etwas „Gedachtes“ (als etwas Gedachtes Beschriebenes), von einer Beschreibung Abhängiges. Und Erfahrungen machen wiederum heißt, Sachverhalte zu konstatieren. So gesehen, gibt es ohne Sprache z.B. kein Erfahrungs-wissen, wenn wir auch im Zusammenhang mit Tieren von „Erfahrungen, die sie machen“, sprechen. Doch es scheint sich dabei im Vergleich zu den menschlichen Erfahrungen um einen analogen Sprachgebrauch zu handeln (um den Verzicht auf eine umständliche, aber mögliche physikalistische Beschreibung). Wenn wir aber klären wollen, wie künstliche menschliche Intelligenz aussehen könnte, können solche Begriffe nicht mehr unabhängig von der Tatsache, daß wir Menschen über unsere Erfahrungen berichten, reflektiert werden. Vielleicht gibt es so etwas wie „vorsprachliche Begriffe“. Doch die sprachliche Unabhängigkeit der in diesem Kontext verwendeten Begrifflichkeit läßt sich für den Menschen nicht erörtern, ohne daß sie in eine Beschreibung von Verhaltensweisen mündet, die beispielsweise die Fähigkeit zur Differenzierung von Sorten und Tatsachen wie vieles andere nicht zu erfassen vermag.
Auf der anderen Seite scheint es Ausdrücke zu geben, die nur vor dem Hintergrund unserer Körperlichkeit Sinn machen (vor dem Hintergrund eines impliziten Verständnisses unserer Körperlichkeit, im Sinne von damit verknüpften Verhaltensoptionen, Dispositionen und konditionierten Verhaltensweisen). Darunter sind Ausdrücke, für die wir kein explizites propositionales Hintergrundwissen bereitzustellen vermögen. Dies könnte der Zuschreibung von künstlicher Intelligenz (gegenüber einem beliebigen Wesen) Grenzen setzen, wenn dazu Interaktionen in einem von Phylo- und Ontogenese bestimmten Kontext notwendig sind. Darin findet sich ein Widerspruch zur Vorstellung vom Menschen als einem rationalistischen informationsverarbeitenden System. Möglicherweise ist der Mensch mehr als mit Computer simuliert oder gar imitiert werden kann. Vor allem, wenn wir menschliche Intelligenz oder enstprechendes Verhalten als Netz betrachten, in das auch Leidenschaften und somatische Erscheinungen verstrickt sind, oder als etwas, bei dem die Unterscheidung zwischen Rationalität und Irrationalität keinen Nutzen bringt, wie es Rorty ausdrückt (vergl. R. Rorty, dtsch., 1993, S. 91).
Manchmal, so Donald Davidson, hat der Mensch Gründe, seine Gewohnheiten und seinen Charakter zu ändern, doch kommen diese Gründe aus einem Wertebereich, der den Meinungen und Werten, die den Veränderungen unterliegen, notwendigerweise fremd bleibt. Wenn wir nicht gezwungen werden wollen, Selbstkritik oder bewußte Umkehr bzw. Wendungen in inserem Leben als irrational zu beschreiben, dann müssen sich auch Kognitivisten damit abfinden, daß Überzeugungen einen relativen und menschliche Verhaltensweisen einen kontingenten Zug haben.
Die Sprache spielt im Diskurs um künstliche Intelligenz eine doppelte Rolle: Sie ist einerseits das Medium der Reflexion, andererseits so etwas wie ein Trägermedium des Reflektierten. Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß wir einem System oder Organismus das gleiche Verständnis der Dinge wie uns selbst zuschreiben, der oder das nicht in eine entsprechende Kommunikation mit uns einzutreten vermag, und d.h., nicht Sachverhalte sprachlich explizit zu machen imstande ist. Doch das Urteil darüber ist nicht unabhängig von unserer übereinstimmenden Beschreibung bzw. Interpretation (Entschlüsselung) entsprechender Akte. Und da es eine fixe Bedeutung von Ausdrücken offenbar nicht gibt (wenn man dem zustimmt, daß der Sprachgebrauch und damit Kontexte, auch Zeiträume, dafür wenigstens mitbestimmend sind), dann muß man davon ausgehen, daß unsere Begriffe, und damit auch unser Begriff der Intelligenz, sich wandeln, sich wandeln können. Dies schließt mit ein, daß nicht ein für allemal feststeht, welche Ausdrücke wir zum mentalen und welche zum physikalistischen Vokabular rechnen. Tatsache ist, daß es bis heute noch nicht ansatzweise gelungen ist, das Sprachverständnis der Menschen behavioristisch, also physikalistisch zu begreifen (auch nicht die übrigen sozialen Verhaltensweisen). Der Traum von der Algorithmisierung menschlicher Verhaltensweisen und menschlichen Sprachgebrauchs aber lebt, obwohl nach Wittgensteins Überlegungen das in eine bestimmte Lebensform eingebettete Verständnis dafür als Ausdruck des Sprachverhaltens ja zugrunde liegt (und nicht etwa umgekehrt; in der Terminologie Searles: Algorithmen sind nichts Intrinsisches).
Wesentliche Teile menschlicher Intelligenz bleiben dem Physikalismus wahrscheinlich schon deswegen verschlossen, weil der Gebrauch eines mentalen Vokabulars (und dessen soziale Funktionen) gerade ein Bestandteil des zu Beschreibenden sind. Wir werden für künftige Generationen ebenso wenig „entscheiden“, was „Intelligenz“ ist, wie was „gut oder böse“ ist. Gegenstände (ob abstrakte oder konkrete) als Bestandteil eines Sachverhaltes sind nichts vom Sprachgebrauch Unabhängiges, und der Sprachgebrauch ist nichts Verhaltensunabhängiges; unser Verhalten wiederum gewinnt Strukturen an der Sozietät und Lebenswelt. Eine Metapher dafür wäre vielleicht ein Bild von M. C. Escher (z.B. „Würfel mit magischen Schleifen“). Wie ich mit Tugendhat zu verdeutlichen versuchte, erweist sich die Idee einer sprachfreien Subjekt – Objekt-Beziehung bei genauer Analyse als sinnleer. Denn um einen Begriff von etwas, von einem Gegenstand zu erhalten, genügt die Wahrnehmung nicht (auch Fotozellen können differenzieren). Selbst für einen vorsprachlichen Begriff von „etwas“ (sofern das jemand reklamiert) muß wenigstens eine wiederkehrende Interaktion stattfinden (Begegnungen, die wiederholte „gleiche“ Reizungen, Reaktionen auslösen, die sich in Verhaltensmustern manifestieren können. (Ein Problem dabei ist, es gibt keinen analytischen Zusammenhang zwischen Verhalten bzw. Reaktionen und der Beschreibung (dem Vokabular) von Verhalten oder Reaktionen.). Wichtig ist: Wer möchte Reiz – Reaktions-Mechanismen mit „Begreifen“ gleichsetzen (und wären sie noch so komplex)? Nach Ansicht vieler Autoren müssen solche Versuche auch scheitern; denn die Fähigkeit, etwas zu begreifen, wurzelt in unserem intersubjektiven Sprachgebrauch; er stiftet unsere spezifischen (menschlichen) Erfahrungen.
Wenn aber die Ontologie unserer Welt nichts Sprachunabhängiges ist, wie ja auch unser Wissen sich aus Sachverhalten zusammensetzt, dann ist die wichtigste Bedingung der Möglichkeit menschlicher Erfahrungen der Gebrauch eines Vokabulars. In einem Wesen oder System, das sich nicht in unserem pragmatischen Raum der Rechtfertigungen zu bewegen vermag, in dem werden wir kaum jene Form des Bewußtseins und des Selbstbewußtseins „vermuten“, die wir uns attestieren. In gewisser Hinsicht sind wir Menschen nicht Menschen, die Dinge (wie Sprachverhalten, Sachverhalte, Moral etc.) lernen, ohne die wir auch Menschen wären: Mit ihrem Erwerb werden wir zu Menschen im Sinne vollwertiger Mitglieder bestimmter Gesellschaften (aber das reicht nicht immer, wie wir wissen). Für Sartre lag die Besonderheit des Menschen darin, daß bei ihm die Existenz dem Wesen vorausgeht. Dies läßt sich auch ganz Unmetaphysisch deuten, indem man sich damit beispielsweise auf das sich entwickelnde Sprachverständnis, auf mentale und emotionale Leistungen, im physikalistischen Sinne integrativer beschreibbarer Phänomene (Kriterien), bezieht. Aus physikalistischer Sicht stellt sich nicht nur die Fragen, ob die nach jüngeren Erkenntnissen damit sich bildenden Verschaltungen und Verknüpfungen algorithmisch erfaßt und Verhaltensweisen zugeordnet werden können, sondern auch, wie sich die offensichtlich kausalen „mentalen“ Kräfte „simulieren“ lassen, wie sich jedes nur denkbare menschenmöglicheVerhalten implementieren läßt. Ohne Anteil an natürlichen Interaktionen und ohne plastisches Trägermedium (bzw. ohne permanent adaptierbare Strukturen) ist das schwer vorstellbar. (Mit der Einschränkung, daß wir vom gegenwärtig herrschenden Sprachgebrauch ausgehen.) Es würde bedeuten, daß alle Prinzipien der Organisation, die Kognition ermöglichen, auch im abstrakten Bereich reiner Simulation ertdeckt werden können. Eine Idee, die z.B. Marvin Minsky vertritt. Wenn er – was anzunehmen ist – davon ausgeht, daß der Begriff der Organisation feststeht und damit zusammenhängend so etwas wie ein abgeschlossenes Vokabular existiert (© Rorty), dann impliziert das die These von der „Welt“ als implementiertem Algorithmus (wobei es noch nicht einmal in Ansätzen gelungen ist, beispielsweise soziale Zusammenhänge oder etwa gar Sprachgebrauch zu „kalkulieren“ (man denke nur daran, daß sich Sprachgebrauch und Sprachverständnis keineswegs decken müssen; d.h., viele Menschen haben denselben Sprachgebrauch, aber nicht eindeutig dasselbe Verständnis (Begleiterscheinungen) einzelner Vokabeln (Begriffe). Dazu kommen – wie Searle explizierte – ganze Klassen von Metaphern, die ohne zugrundeliegende Ähnlichkeitsbeziehungen, einfach aufgrund unserer Fähigkeiten zu assoziieren (ungeregelt zu assoziieren),funktionieren. (Was sind im übrigen „ähnliche Dinge“? – Jedenfalls nichts von unserem Sprachgebrauch Unabhängiges. Und wohin führt eine Kategorisierung, die auf etwas baut, was man damit erst recht bauen will?).
Mit der Fähigkeit, auf Gleiches gleichartig reagieren zu können, mit der Fähigkeit zur Differenzierung, kausale Bedingungen des Erlernens einer Sprache, kann man – wie ich mit Bezug auf Sellars darlegte – den menschlichen Sprachgebrauch weder erklären noch rechtfertigen.Eine konzeptgesteuerte Verallgemeinerung ist nicht das Gleiche wie eine Reizgeneralisierung. Die Voraussetzung für Letzteres ist eine Reaktionsdisposition; zur Beschreibung (zum Erfassen) einer Reizgeneralisierung genügt aber sicherlich keine Reaktionsdisposition. Was eine Reizgeneralisierung ist, wird in einem Sprachge-brauchskontext „entschieden“. Ein künstliches System oder etwas Ähnliches wird von da her gesehen in vielen Bereichen kaum (für uns) angemessene Verallgemeinerungen liefern, bevor es den Sprachgebrauch in allen Handlungskontexten so beherrscht wie wir. Daß es dazu unsere Erfahrungen im engsten Sinne des Wortes teilen muß, scheint unabdingbar. Und dies bedingt wahrscheinlich auch eine Disposition zu bestimmten Wahrnehmungsformen – eben individuelle Dispositionen zur spezifischen Verarbeitung koinzidenter Reize oder genauer von Reizen als koinzidente Reize (eine phylogenetische Gemeinsamkeit).
Es sind die angesprochenen Handlungskontexte bzw. die diesbezüglichen Erfahrungen (Sachverhaltsdarstellungen, von denen nicht klar ist, wie sie ohne Beschreibungen abgerufen, erinnert werden können sollen), die uns die alltäglichen performativen Mehrdeutigkeiten, nämlich warum manches gesagt wird (nicht was gesagt wird), klären helfen. Das, was Austin illokutionäre Akte nennt (mit Gesagtem Ungesagtes vermitteln), kann man nur vollziehen, wenn Sprecher und Hörer Mitglieder einer Sprach- und Handlungsgemeinschaft mit geeigneten Konventionen sind. Auch das ist ein Teil der Rahmenbedingungen, der das Erlernen einer menschlichen Sprache und damit das begriffliche Verständnis der Sachverhalte unserer Lebenswelt mitbestimmt. Außerhalb der Partizipation an solchen existentiellen Voraussetzungen, die als Bedingungen der Möglichkeit des Spracherlernens ebenfalls „erlernt“ werden, scheint nich klar, was mit dem Erlernen einer Sprache gemeint ist.
Aus physikalistischer Sicht stellt sich die Frage, wie ein noch so komplexes neuronales Netz in der Interaktion mit einem menschlichen Umfeld über im Vergleich zum hochkomplexen peripheren Bereich der Menschen doch relativ einfache rezeptive Mechanismen (wie beim COG von Dennett) Sprache im Zusammenhang mit geeigneten Verhaltensweisen erlernen soll. (Sollte dies gelingen, ist es nicht ausgeschlossen, daß spätere Generationen einmal von „natürlichen“ Vorgängen reden – oder daß die Unterscheidung zwischen „natürlich“ und „künstlich“ langsam aus dem Vokabular verschwindet). Wenn Spracherwerb Wissenserwerb ist, wie Quine, Putnam und andere meinen, dann auch in dem metaphorischen Sinn, daß mit dem Erwerb eines Sprachgebrauchs auch Verhaltensdispositionen gewonnen werden, die sich in der endgültigen Ausbildung unserer neuronalen Verschaltungen manifestieren (ich nenne dies eine Metapher, weil ich in diesem Fall das mentale Vokabular als Basis benützen möchte und den Begriff der „Verhaltensdisposition“ bzw. der „Manifestation“oder entsprechende Synonyme als Metapher).
Wie beim Begriff der „Intelligenz“, so auch bei dem des „Bewußtseins“ ist das Phänomen, das geklärt werden soll, unklar. Tatsächlich bezeichnen wir eine Vielzahl verschiedener Erscheinungen oder Funktionen als psychologische Phänomene. Wenn Wittgenstein recht hat, dann sind das äußere Verhalten und die Umgebungsbedingungen hinreichend dafür, von jemandem behaupten zu können, er meine etwas, habe etwas verstanden, wahrgenommen, über etwas nachgedacht. Das bedeutet nicht, daß Wittgenstein meinte, man könne Bewußtseinsvorgänge behavioristisch, also über die Beschreibung von Verhalten oder über die Beschreibung neurophysiologischer Vorgänge, beides mit Hilfe eines physikalistischen Vokabulars, „erfassen“. Vielmehr meinte er möglicherweise, daß der Gebrauch eines physikalistischen Vokabulars in diesem Zusammenhang nicht weniger metaphorisch ist als der eines mentalistischen (ich glaube auch nicht, daß er einen großen Unterschied zwischen physikalistischem und mentalistischem Vokabular gemacht hätte; auf der Basis welchen Vokabulars könnte denn dies auch möglich sein, wenn es um Beschrei-bungen geht?)
Putnam hat kluge Argumente gegen die Identität von Leib und Seele, von Geist und Gehirn entwickelt, die in funktionalistische Überlegungen münden. Ob der Funktionalismus eine Form des Materialismus darstellt, hängt davon ab, ob man eine Funktion als etwas bestimmten physikalischen Zuständen Intrinsisches betrachten kann. (Sind die Welt, ihre Gegenstände und Ereignisse ein implementierter Algorithmus; spricht die Welt zu uns?) Putnam hat mit seinem Beispiel von der Farbempfindung gezeigt, daß der Funktionalismus ins Leere zielen kann, also keine hinreichende Erklärung des Mentalen darstellt, so wenig wie die Syntax laut Searle hinreichend für die Semantik ist (nichtsdestotrotz ist Putnam der Ansicht, daß der Funktionalismus die richtige Form einer naturalistischen Beschreibung der Geist – Körper-Beziehung liefert). Die Vorstellung, dem Funktionalismus könne es gelingen, das, was wir Geisteszustände oder mentales Verhalten nennen in einer formalen Fassung neutraler Kausalbeziehungen einzufangen, ist verlockend für die KI: Demnach sind psychologische Eigenschaften mit funktionalen Eigenschaften identisch; ein psychischer Zustand ist ein funktionaler Zustand des Hirns. Ob und welche Funktion etwas hat, ist aber nicht unabhängig von einem bestimmten Verständnis, einer bestimmten Interpretation der Lebenswelt auf der Grundlage unseres Vokabulars, nicht unabhängig von dem also, was wir Sozietät, unsere Werte und Überzeugungen nennen. Das heißt auch, daß psychologische Eigenschaften bestimmt sind durch das, was wir als psychologische Eigenschaften beschreiben. Das ist nichts von der Sozietät, von Kultur, Raum und Zeit Unabhängiges; es ist nichts eindeutig Differenzierbares (was ist Liebe?) Neutral formulierte Kausalbeziehungen reichen nach meinem an den vorliegenden Autoren geübten Verständnis nicht aus, um psychischen Phänomenen gerecht zu werden, weil beispielsweise der Faktor der Qualität einer Empfindung nicht unabhängig von der Kultur, der Sozietät in der man aufwächst, vom Sprachgebrauch, der gepflegt wird, von Verhaltensweisen, die geübt werden etc., beschrieben werden kann: Ebensowenig wie es die Liebe gibt, gibt es die Funktion, die mit ihr identisch ist (die kausalen Verknüpfungen für ein- und dasselbe Erlebnis können theoretisch höchst unterschiedlich sein; man denke nur an Masochismus oder Sadismus als Liebesform).
Wenn dazu kommt, daß im Zusammenhang mit mentalen Leistungen oder mit Programmen bzw. computationalen Leistungen syntaktische Elemente Bestandteil funktionalistischer Erklärungen sind, dann ist die Funktion hier nach Searle beobachter-relativ, weil manche Variablen beobachter-relativ sind. Woran darf sich dann der Neurologe, der Kognitionswissensschafter halten, wenn er etwas Allgemeingültiges formulieren (und formalisieren) möchte?
Auf der Metaebene entsteht meines Erachtens ein weiteres Problem. Der Funktionalist wird (wenn er einen Dualismus vermeiden will) behaupten wollen, jedes beliebige System, woraus auch immer bestehend, könnte Geisteszustände haben, wenn es nur die richtigen Kausalbeziehungen zwischen seinen Inputs, seiner inneren Funktionsweise und seinen Outputs hätte. Doch die Beurteilung dessen, welches die „richtigen“ sind wird von der Beschreibung des Inputs und dessen (adäquaten) Outputs abhängen (bestenfalls werden uns noch indirekte Indikatoren des Ereignisses im Hirn selbst zur Verfügung stehen, die wir wiederum den In- und Outputs mit Hilfe der Äußerungen der betroffenen Personen zuordnen müssen). Diese Inputs und Outputs können aber hochkomplexe soziale Ereignisse, Verhaltensweisen, Sprechakte oder Auffassungen von dergleichen, kurz Sachverhalte und Sachverhaltsdarstellungen bzw. Interpretationen sein. Aber wie kommt es zur Auffassung eines Ereignisses, das dann zum Auslöser eines Outputs wird (oder eben auch nicht)?).
Die moderne Form des Funktionalismus, ist der Kognitivismus, der das Verhältnis von mentaler Leistung zu Hirn dem des Programms zur Hardware beim Computer gleichsetzt, der glaubt, semantische Leistungen, also auch die „Erfassung der Bedeutung von Wörtern“ auf unterschiedliche Relationen zwischen syntaktischen Elementen reduzieren zu können. Jedoch beim Sprachverständnis geht es – weniger mentalistisch formuliert – darum, daß wir uns in der Regel mit Wörtern auf etwas in vielfältigen zeitlich räumlich unterschiedlichen Kontexten beziehen, womit jener pragmatische Aspekt ins Spiel kommt, der gerade auch für unsere Redeweise über diese Dinge und für unsere Auffassung dessen, welches relevante Sachverhalte darstellen, bestimmend ist.
Wird dies nicht übersehen, wenn ins Feld geführt wird, daß innerhalb eines gewissen wohlbekannten Rahmens die semantischen Beziehungen, die zwischen Propositionen bestehen, sich durch syntaktische Relationen widerspiegeln lassen, die zwischen Sätzen bestehen, die jene Propositionen ausdrücken? Doch die Ausdrücke natürlicher Sprachen enthalten gemäß Wittgenstein und anderer Autoren fast ebenso viele semantische Vagheiten und Vieldeutigkeiten wie Kontexte, in denen sie vorkommen. Man denke auch an das Ungesagte, das nach Heidegger in jedem Sagen mitschwingt und nach J.L Austin unter den Begriff des illokutionären Aktes fällt. Dieses Ungesagte sind u.a. nach meinem Verständnis die Interpretationen, die der Kontext und die jeweils spezifische Weise miteinander in Beziehung stehender Personen bzw. die damit zusammenhängenden beschreibbaren Sachverhalte und daher auch ein bestimmtes Vokabularfeld zulassen bzw. affizieren.
Aus dieser Sich ist es zweifelhaft, ob die semantischen Beziehungen zwischen in Sätzen Ausgedrücktem auch nur gelegentlich eindeutig sind. (Viele unserer Assoziationen sind so sprunghaft und kontingent, daß Zusammenhänge nur in einem bestimmten Rahmen konstruiert werden können. Diese Rahmenbedingungen aber bestimmen wiederum wir bzw. müssen beschrieben werden und sind nicht unabhängig von den mit unserem Vokabular beschriebenen Sachverhalten (oder unseren Vorstellungen von der Welt).
Die Sprache scheint ein Geflecht zu sein, das über mögliche (konstruierte) Zusammenhänge zwischen syntaktischen und semantischen Relationen hinausreicht. Das zeigt sich allein schon darin, daß das, was in unseren Köpfen vorgeht (Bilder, Emotionen etc), keineswegs bestimmend ist für das, worauf sich unsere Wörter beziehen (vergl. Putnam M., 1990, S. 41). Putnam bringt das Beispiel, daß man sich mit dem Gedanken “ich bin zu spät dran” zu verschiedenen Zeitpunkten (z.B. an einem Dienstag und an einem Mittwoch) im „gleichen“ Geisteszustand befinden kann, aber sich dennoch auf etwas anderes bezieht. (Dies gilt auch unter dem Aspekt, daß mein globaler Geisteszustand, wie Putnam ihn nennt, am Dienstag und am Mittwoch ein anderer ist; andernfalls hätten Wörter kaum jemals dieselbe Bedeutung ebd.) Hier berührt Putnam außerdem das Problem, daß die Bedeutung eines Satzes („ich bin zu spät dran) nicht allein durch den Sachverhalt, „daß ich zu spät dran bin“ festgelegt wird, denn dieser Sachverhalt ist in beiden Fällen des o.g. Beispiels der gleiche, jedoch die Bedingungen, unter denen die Behauptung „ich bin spät dran“ wahr wird, sind andere. Einen Satz versteht man demnach, wenn man weiß, wie er zu verwenden ist (Wittgenstein) und unter welchen Bedingungen er wahr oder falsch ist (Frege). Wenn Sprachgebrauch und Sprachverständnis ein wesentlicher Bestandteil unseres intellektuellen Vermögens darstellen, dann sind allein schon von da her die Herausforderungen an die KI fast übermächtig.
Bis heute weiß niemand, wie es uns gelingt, uns auf das zu beziehen, was außerhalb „unseres Geistes“ liegt, und in der Literatur findet sich kein einheitlicher Begriff von „Bedeutung“ (vergl. Putnam, S. 47). In einer „intensionalen Logik“ hat der jung verstorbene Richard Montague versucht mit Hilfe der Begriffe der „Intension“ und „Extension“ Aspekte dessen zu formalisieren, was wir Bedeutung nennen. (vergl. W. Stegmüller, Bd. II, 1987, S. 35). Doch auch diesem hervorragenden Ansatz, der Intensionen als extensionsbestimmende Funktionen auf mögliche Welten konstruiert, entgehen, wie Putnam anhand eines Beispiels mit „Würfel“ und „regelmäßigem Polyeder mit sechs quadratischen Flächen“ verdeutlicht einfachste Bedeutungs-unterschiede (vergl. Putnam, dtsch. 1990, S. 47).
Wenn wir etwas wahrnehmen, von dem wir einen Begriff haben, z.B. eine Badewanne, dann ist der Begriff Bestandteil dessen, was Kognitivisten als Input bezeichnen, und dieser Begriff ist nicht unabhängig von Charakterisierungen (Attributen), also Beschreibungen im weitesten Sinne. Daraus folgt, daß wenigsten „bewußt“ wahrgenommene Reize, Inputs der Informationsverarbeitung, durch unsere Begriffe geformt sind. Und wie Putnam mit unausgesprochenem Bezug auf Wittgenstein betont, gibt es keine Inputs, die nur eine einzige Beschreibung zulassen, welche unabhängig wäre von allen begrifflichen Entscheidungen. „Die Inputs, auf denen unser Wissen beruht, sind selbst durch Begriffe kontaminiert“ (S. 82, ebda.). (Ich stelle mir dabei die peripheren Sensoren als Elemente eines Input-Layers vor).
Um jedoch überhaupt Begriffe zu haben, müssen wir in unseren Urteilen überein-stimmen, sagt Wittgenstein. Dies läßt sich meines Erachtens besonders gut an psychologischen Begriffen wie Liebe oder Haß etc. und anderen sich in Ver-haltensweisen manifestierenden Entitäten einsehen; sie besitzen bestenfalls eine kontextabhängige eindeutige intersubjektive Funktion. Den Begriff der Funktion habe ich gewählt, weil er am ehesten verdeutlicht, warum der Versuch einer Reduktion mentalistischen Vokabulars auf physikalisches nicht sinnvoll ist (immer vorausgesetzt man macht diesen Unterschiede und glaubt, die Elimination eines bestimmten Vokabulars hätte etwas mit Wirklichkeitsnähe oder Ähnlichem zu tun). Wer sagt: “Ich bin verliebt“, will etwas „anderes“ sagen als: „Mein Gehirn oder neuronales Netz befindet sich in einem bestimmten (zu definierenden) Zustand“. Ob sich damit ein ontologischer Unterschied eröffnet ist dabei irrelevant; aber die Ausdrücke haben sicherlich unterschiedliche Funktionen, und zwar für jemanden, der Mitglied unserer Sprach- und Verhaltensgemeinschaft, möglicherweise auf der Basis spezifischer organischer und dispositioneller Voraussetzungen ist.
Es ist fraglich, ob syntaktische Operationen für das „Sprachverständnis“ (und damit für die Begriffsbildung) grundlegend sind. Was wir unter „Verstehen“ verstehen, ist nicht unabhängig vom Sprachgebrauch und somit von Handlungen. Ein Zeichen für sich betrachtet, bedeutet gar nichts, erst in der Anwendung, im Gebrauch, sagt Wittgenstein, wird es lebendig. Doch das wiederum bedeutet nicht – wie die logischen Behavioristen meinen - , daß die Zusammenhänge zwischen psychischen Zuständen und (physischen) Verhaltensweisen analytischer (logischer) Natur sind. Es läßt sich – z.B. mit der Vorstellung von Superstoikern oder von perfekten Simulanten – zeigen, daß diese Beziehungen kontingent und empirisch sind. (Es läßt sich meines Erachtens auch der Rahmen für die Beschreibung von Verhaltensweisen, von Mimik etc., die bestimmend sein sollen für gewisse psychische Zustände, nicht klar und allgemeingültig abstecken.
Trotzdem ist es für unsere Sprachgebrauchsfähigkeit mitentscheidend, welches Verhalten wir aufgrund von Äußerungen oder im Zusammenhang damit im sozialen Raum zeigen bzw. zu zeigen imstande sind (d.h. auch unterdrücken können). Über die wechselnden Funktionen, die sie haben, sind Geisteszustandsbegriffe mit sozialen Kriterien verknüpft.
Wenn Searle die Ansicht vertritt, daß das Bewußtsein der Vermittlung von Kausal-beziehungen zwischen Inputs und Outputs dient und daß die Ontologie des Geistes im wesentlichen eine Ontologie der ersten Person ist, dann impliziert das, daß wir nicht mit Sicherheit wissen könnten, ob ein neuronales Netz Bewußtsein hat. Das heißt dann aber wieder, daß wir aus dem Verhalten komplexer Systeme erschließen müssen, was wir ihnen an Geistesfähigkeit zuschreiben wollen (es könnte sich z.B. zur Vorhersage oder Erklärung von Verhalten als notwendig erweisen). Ob geistige Prozesse oder nicht, eines scheint klar zu sein: Ein kohärentes Reden über sie ist nur über ihre Verflechtung mit interpretier- und beschreibbarem Verhalten im Rahmen einer Regeln und Konventionen folgenden Sozietät möglich (weil Regeln auch nur da möglich sind).
Ich habe dem Sprachgebrauch, dem Sprachverstehen eine zentrale Rolle in meiner Arbeit rund um den Diskurs über künstliche Intelligenz zugeordnet, denn ich möchte die Ansicht vertreten, daß geistige Entitäten wie Wünsche, Hoffnungen, Schmerz, Zorn schon deswegen nicht auf neurophysiologische Vorgänge reduziert werden können, weil diese als physikalistische Zustandsbeschreibung keine interkommunikative zugleich deskriptive und expressive Funktion und damit keinen Anteil an geistigen Entitäten sowie an unserer diesbezüglichen „Meinung“ über andere haben. Sie haben auch nicht den Stellenwert von somatischen Markern, weil sie zu Beginn des Sprach- und Wissenserwerb nicht in bestimmten assoziativ wirkenden Kontexten mit typischen Verhaltensweisen auftreten und gelernt werden. Das nominalistische Element, das ich dabei mit übernehmen möchte, steckt in der Überlegung, daß es dabei um „sekundäre“ Reize geht, die eine angemessene Reaktionsdisposition nicht ohne Begrifflichkeit auf der Grundlage der Fähigkeit zum Zeichengebrauch finden konnten. Unsere Inputs sind begrifflich kontaminiert.
Mit Bezug auf Tugendhat und andere bin ich im weiteren auf unser Gegenstands-bewußtsein eingegangen. Wir sind uns der Gegenstände – wie es scheint – nur im Rahmen bestimmter Sachverhalte bewußt. Allein schon das Bewußtsein, daß es sich um das und das handelt, ist propositionales Bewußtsein. Da ein Sachverhalt kein raum-zeitlicher Gegenstand ist, geht die Frage nach dem Bewußtsein auf in der Frage nach dem Verstehen eines Satzes.
Auch das Handlungsbewußtsein im engeren Sinn dürfte in der Fähigkeit zum Verständnis und zur Rechtfertigung von Sachverhalten verankert sein. Auf jeden Fall spielt sie eine wichtige Rolle beim induktiven Schließen. Quine hat ja schon die Ansicht geäußert, daß das Erlernen eines allgemeinen konkreten Terms wie z.B. „blau“ das induktive Erlernen eines allgemeinen Gesetzes (nämlich des Sprachverhaltens) in sich schließt. Demnach kommt man zu Gesetzen also nicht erst dann, nachdem eine Sprache erlernt wurde, sondern bereits beim Erlernen der Sprache selbst. Die unauflösbare Verknüpfung von Sprache und Theorie scheint sich hier von einer anderen Seite zu zeigen: Spracherwerb ist Wissens-erwerb, auch Erwerb von Allgemeinwissen (vergl. Stegmüller, 1987, Bd. II; S. 279). Putnam vertritt die Ansicht, daß wir beim induktiven Schließen möglicherweise dem Sprachgebrauch inhärente Informationen ableiten. Wenn es so ist, stellt sich die Frage, wie man solche Informationen entschlüsseln kann und mit welchem Hintergrundwissen (oder naturalistisch ausgedrückt: mit welchen Dispositionen) man ein künstliches System ausstatten muß, wenn es intellektuelle Leistungen vollbringen soll.
Da bleibt für das Projetk der künstlichen Intelligenz vielleicht nur der Ansatz, daß ein Roboter oder Ähnliches sein Hintergrundwissen (Dispositionen zur Verarbeitung, Integrierung und zur Interpretation von Information) über Interaktionen mit Menschen lernt ( wie das Kind). Das heißt aber auch, daß er eine Sprache und mit ihr (und in ihr) alle übrigen (vor allem auch die impliziten, noch nicht bekannten) kulturgebundenen Informationen, Verhaltensweisen und anderes mehr erwirbt. Doch welche plastischen organischen oder anorganischen Grundlagen bedingt das.? Orientiert man sich an Chomsky, nach dem der Erwerb einer Sprache weniger ein Lernen als vielmehr eine in einer bestimmten Umgebung erfolgende Ausreifung angeborener Fähigkeiten ist, dann wird es kaum jemals so etwas wie einen künstlichen Menschen geben. Das ist die naturalisierte Sicht.
Ich möchte allerdings die Ansicht vertreten (und sie auch durch meine Arbeit untermauern), daß eine „technische Diskussion“ um die Möglichkeit eines künstlichen Bewußtseins im Sinne der Bewußtseinsphänomene,wie wir sie uns Menschen zuschreiben, zu kurz greift, weil der „metaphysische Realismus“, der ihr zugrunde liegt, die Möglichkeit, daß unsere Begriffe theorienbeladen und umgekehrt unsere Theorien nicht unabhängig sind von unserem Sprachgebrauch bzw. von unserem Sprach- und dem damit verknüpften Wissenserwerb (beispielweise auch im Zusammenhang mit der Gliederung der Sachverhalte) sind, nicht berücksichtigt.
„Wie kommt es nur zum philosophischen Problem der seelischen Vorgänge und Zustände....? – Der erste Schritt ist der ganz unauffällige. Wir reden von Vorgängen und Zuständen und lassen ihre Natur unentschieden! Wir werden vielleicht einmal mehr über sie wissen – meinen wir. Aber eben dadurch haben wir uns auf eine bestimmte Betrachtungsweise festgelegt. Denn wir haben einen bestimmten Begriff davon, was es heißt: einen Vorgang näher kennen zu lernen. (Der entscheidende Schritt im Taschenspielerstück ist getan, und gerade er schien unschludig.) (Wittgenstein, PU, § 308).
Aus dieser Sicht möchte man sagen: Ob etwas Bewußtsein hat, ist keine (rein) empirische Frage und auch keine von logischen Analysen. Wir sollten aufhören „daran zu glauben, daß eine Macht, die nicht wir selbst sind, einigen Worten ein Vorrecht vor anderen gegeben hat, daß einige abschließende Vokabulare einem Überhistorischen und Nichtkontingenten näher sind als andere (R. Rorty, dtsch. 1992).
Selbstbewußtsein im Sinne des Bewußtseins von den eigenen Bewußtseinsphänomenen scheint in keiner anderen Form „greifbar“ zu sein als in der Annahme, daß es in der Verfügbarkeit, dem Verstehen eines Vokabulars gründet, das mit Verhaltensweisen verstrickt ist, die als Kriterium für innere Vorgänge dienen, welche uns dann in der Sprache begegnen. Ich habe Wittgensteins Überlegungen zu dieser Thematik so verstanden, daß man nichts über die eigenen inneren Zustände bzw. Vorgängen wissen kann, wenn man nicht in eine Gemeinschaft hineinwächst, in der das eigene Verhalten (ein spezifisches, das man voraussetzen muß) Reaktionen hervorruft, die auch Äußerungen sein können, welche in Verbindung mit dem Wort „ich“ als expressive aufgefaßt werden, zugleich aber Ausdrucksweise dessen sind, daß man etwas begriffen hat (nicht einfach nur einen Laut als Signal gibt). Dies wiederum würde bedeuten, daß nur ein solches intelligentes künstliches System ein Wissen von den eigenen Bewußtseinsphänomenen, also Selbstbewußtsein entwickeln kann, das bestimmte Verhaltensdispositionen besitzt, das sich in den Rahmenbedingungen bewegt und sie teilweise implementiert, die die Voraussetzungen für die Möglichkeit des Erlernens des relevanten Sprachgebrauchs darstellen.
Das alles soll nicht heißen, daß sich mentale Begriffe wie „zweifeln“, „reflektieren“ auf Verhaltensbeschreibungen reduzieren lassen, denn diese Begriffe selbst haben ja eine Kommunikations- und Verhaltensfunktion; und die Beschreibung einer Funktion hat eine andere Funktion als die beschriebene Funktion selbst. Doch ohne Verhaltenskriterien könnten wir jenes Vokabular nicht erwerben, mit dem wir die mentale Begrifflichkeit aufspannen, in der wir u.a. psychologische und soziale Sachverhalte konstruieren. Solche Sachverhalte also, die eine neue Qualität im Verhalten mit ins Spiel bringen (z.B. Fürsorge, Verantwortungs, persönliche Beziehungen, Aufopferung und Grausamkeit, Schuld etc.).
„Wenn man die Behauptung akzeptiert, daß es keinen archimedischen Punkt außerhalb gibt, von dem aus wir das besondere historisch bedingte, zeitgebundeneVokabular, das wir in der Gegenwart benutzen, beurteilen könnten, dann muß man die Idee aufgeben, es könne ebenso Gründe zur Verwendung von Sprachen geben, wie es innerhalb von Sprachen Gründe gibt, Behauptungen zu glauben. Das läuft darauf hinaus, daß man sich von der Idee verabschieden muß, intellektueller.......Fortschritt sei rational in einem Sinne von „rational“, der in bezug auf Vokabulare neutral ist“ (R.Rorty, dtsch. 1992, S. 91).
Die Überzeugung, daß das, was wir (jeweils) unter dem verstehen, was wir abstrakte oder konkrete Gegenstände bzw. Charakteristika nennen, auch eine Sache des Gebrauchs neuer Worte ist, die wollte ich mit meiner Arbeit vertreten und untermauern. Auch nicht die Naturwissenschaften sind gegen Begriffswandel gefeit. Was aber ihre Gegenstände sind, hängt mit den Begriffen zusammen, mit denen sie arbeiten. Und dabei geht es jedenfalls um Charakterisierungen, also um Beschreibungen. Was wir gestern noch mit „Seele“ meinten, meinen wir heute vielleicht mit „Psyche“; und das heißt aber eben nicht, daß der Gegenstand der gleiche geblieben ist. Denn mit dem Begriff hat sich auch die Technik gewandelt, mit der wir den „Gegenstand“ untersuchen.