***************************************************************** * * * File: 17-1-95.TXT Dateilänge: 10 KB * * * * Autor: Josef G.F. Rothhaupt, München - Germany * * * * Titel: Zur Veröffentlichung des Nachlaß-Katalogs * * "The papers of George Edward Moore (1873-1958)" * * * * Erschienen in: WITTGENSTEIN STUDIES, Diskette 1/1995 * * * ***************************************************************** * * * (c) 1995 Deutsche Ludwig Wittgenstein Gesellschaft e.V. * * Alle Rechte vorbehalten / All Rights Reserved * * * * Kein Bestandteil dieser Datei darf ganz oder teilweise * * vervielfältigt, in einem Abfragesystem gespeichert, * * gesendet oder in irgendeine Sprache übersetzt werden in * * irgendeiner Form, sei es auf elektronische, mechanische, * * magnetische, optische, handschriftliche oder andere Art * * und Weise, ohne vorhergehende schriftliche Zustimmung * * der DEUTSCHEN LUDWIG WITTGENSTEIN GESELLSCHAFT e.V. * * Solche Dateien und Auszüge davon, die der Benutzer für * * seine privaten wissenschaftlichen Zwecke benutzt, sind * * von dieser Regelung ausgenommen. * * * * No part of this file may be reproduced, stored * * in a retrieval system, transmitted or translated into * * any other language in whole or in part, in any form or * * by any means, whether it be in electronical, mechanical, * * magnetic, optical, manual or otherwise, without prior * * written consent of the DEUTSCHE LUDWIG WITTGENSTEIN * * GESELLSCHAFT e.V. Those articles and excerpts from * * articles which the subscriber wishes to use for his own * * private academic purposes are excluded from this * * restrictions. * * * ***************************************************************** * * * Rothhaupt, Josef G.F. (1995) Zur Veröffentlichung des * * Nachlaß-Katalogs "The papers of George Edward Moore * * (1873-1958)"; in: * * Wittgenstein Studies 1/95, File: 17-1-95; hrsg. von * * K.-O. Apel, F. Börncke, N. Garver, B. McGuinness, P. Hacker, * * R. Haller, W. Lütterfelds, G. Meggle, C. Nyíri, K. Puhl, * * Th. Rentsch, A. Roser, J.G.F. Rothhaupt, J. Schulte, * * U. Steinvorth, P. Stekeler-Weithofer, W. Vossenkuhl * * (3 1/2'' Diskette) ISSN 0943-5727 * * * ***************************************************************** Im Frühjahr dieses Jahres konnte der Nachlaß-Katalog "The papers of George Edward Moore (1873-1958), philosopher" fertiggestellt werden. Diese umfassende und detaillierte Dokumentation zum Nachlaß des Philosophen G.E. Moore wurde von Kathleen Cann am Department of Manuscripts der Cambridge University Library in England ausgearbeitet. Mit Erlaubnis und in Absprache mit der Cambridge University Library wird hier nun die Erstveröffentlichung dieses Katalogs in den WITTGENSTEIN STUDIES (1995/1) vorgelegt. Für die biographische, historische, philologische und philosophische Forschung wird damit der wissenschaftliche Zugriff auf das Lebenswerk von G.E. Moore in breitem Umfang ermöglicht. Bereits der erste Blick in diese systematisierte Auflistung und pointierte Kurzbeschreibung aller Nachlaßdokumente zeigt den ungeheueren Reichtum des Moore-Nachlasses an der Cambridge University Library. Nachlaß und Nachlaßdokumentation sind in vier thematische Hauptabteilungen gegliedert: 1) "Personal and Family Papers" (Sektionen 1-7); 2) "Correspondence" (Sektionen 8-9); 3) "Philosophical Papers" (Sektionen 10-16) und 4) "Library Books and Pamphlets" (Sektion 17). Die dabei veranschlagte Systematik der Signaturen übergreift alle Sektionen und ermöglicht so eine schnelle, präzise und eindeutige Identifizierung jedes Einzeldokuments. Mit der Veröffentlichung des Katalogs wird es für die Forschung wesentlich leichter bzw. erst möglich, Wege durch Lebenslauf und Lebenswerk dieses bedeutenden Denkers zu bahnen. In den nächsten Jahrzehnten können nun in der Moore-Forschung insbesondere folgende Aufgaben in Angriff genommen werden: Recherchen und Dokumentationen zur Biographie von George Edward Moore einerseits; Untersuchungen und Darstellungen zur Philosophie von George Edward Moore andererseits. Bei eingehender Beschäftigung mit den einzelnen Posten in diesem Nachlaß zeichnen sich Lineamente und Konturen für Themen ab, denen man in biographischen, philologischen und philosophischen Studien und Monographien nachgehen könnte und sollte. Einige Beispiele, die bei der Sichtung des Nachlasses auffallen, seien hier erwähnt: 1) Die bisher veröffentlichten Schriften G.E. Moores machen keinesfalls in vollem Umfang die Qualität und Originalität dieses Philosophen deutlich. Erst mit zukünftigen Untersuchungen seines Nachlasses können neue, erweiternde, ergänzende, präzisierende und korrigierende Einsichten in sein philosophisches Lebenswerk gewonnen werden. Ein bedeutender Anfang zur Bewältigung dieser Aufgaben ist mit der Veröffentlichung "G.E. Moore" (1990) von Thomas Baldwin gelungen. 2) Unverzichtbare Voraussetzung für die weitere Nachlaßerschließung im Anschluß an die Erstellung des Katalogs sind nun text- und quellenphilologische Forschungen, um eine möglichst exakte chronologische und thematische Einordnung der einzelnen Manuskripte zu erreichen. So müssen und können etwa die "Undated Psychology Lectures" (Sektion 13/16) und die "Undated Metaphysics Lectures" (Sektion 13/39) wieder in die chronologische Abfolge eingeordnet werden. 3) Die Erschließung des Nachlasses - insbesondere der verschiedenen umfangreichen Vorlesungsmanuskripte - und die damit in großem Umfang recherchierbaren Informationen über die von Moore studierten, rezipierten und kommentierten Werke anderer Philosophen und Wissenschaftler wird die erforderliche Verortung in philosophie- und geistesgeschichtliche Kontexte fördern. So läßt sich auch detaillierter klären, inwiefern George Edward Moore philosophisch innovativ tätig war, obwohl - oder gerade weil - er sich nach seinem eigenen Bekunden immer wieder mit den Positionen anderer Denker auseinandersetzte, sich auf sie bezog und sich von ihnen anregen ließ. 4) G.E. Moores großer Einfluß auf die Entwicklung der Philosophie des 20. Jahrhunderts gründet insbesondere in seiner Tätigkeit als akademischer Lehrer, als Vortragender, als Diskussionsteilnehmer, als Gesprächspartner und als Briefkorrespondent. Ausschlaggebend ist für Moore Philosophie als Tätigkeit des Klärens, nicht Philosophie als abgeschlossenes System. Um Moores Denkbewegungen und die auslösenden Problem- und Fragestellungen aufzudecken, ist die intensive Beschäftigung mit seinem Gesamtnachlaß erforderlich. Ausgehend von einzelnen Nachlaßdokumenten und basierend auf Recherche und Auswertung von biographischen Daten und zusätzlichen Dokumenten, lassen sich Debatten, Diskussionen und Briefkonversationen, die Moore mit anderen Personen über zentrale philosophische Themen führte, minutiös rekonstruieren und nachvollziehen. Damit wird nicht nur die Genese, die Dynamik und die Bedeutung Moorescher Gedanken im bzw. durch den Austausch mit anderen Philosophen transparent, sondern es kommen auch ausschlaggebende Relationen ans Tageslicht, nämlich: Gemeinsamkeiten und Unterschiede, Übereinstimmungen und Verschiedenheiten, gegenseitiges Verstehen und Mißverstehen. 5) Moore gilt zudem als ein `Erfinder` der Methode der philosophischen Analyse. Beim Studium der von Moore durchgeführten Analysen und im Vergleich mit Formen und Praktiken, wie sie andere Philosophen - insbesondere auch im Umfeld von Moore - durch- und vorgeführt haben, lassen sich noch genauere Erkenntnisse für eine adäquate Einschätzung der Besonderheiten der Mooreschen Methoden herausarbeiten. 6) Aber auch für die Rekonstruktion und Erforschung anderer Philosophien ist der Gesamtnachlaß von G.E. Moore äußerst bedeutsam. So finden sich darin beispielsweise mehrere Dokumente, die für die Wittgenstein-Forschung wichtig sind. Mit Erlaubnis von Timothy Moore und in Kooperation mit der Cambridge University Library werden daher alsbald mehrere Dokumente aus dem Moore-Nachlaß, welche die Beziehung zwischen Moore und Wittgenstein betreffen, transkribiert, kommentiert und publiziert. Für die Zusammenarbeit, das Interesse und die Unterstützung möchte ich Kathleen Cann, der Autorin des Moore-Katalogs, Timothy Moore, dem Sohn und Nachlaßerben von George Edward Moore, und Thomas Baldwin, dem Moore-Experten und Fachberater für dessen Nachlaß, recht herzlich danken.