***************************************************************** * * Titel: Wittgenstein und Reduktionismus Autor: Klaus Puhl, Universität Graz Dateiname: 07-1-97.TXT Dateilänge: 75 KB Erschienen in: Wittgenstein Studies 1/97, Datei: 07-1-97.TXT; hrsg. von K.-O. Apel, N. Garver, B. McGuinness, P. Hacker, R. Haller, W. Lütterfelds, G. Meggle, C. Nyíri, K. Puhl, R. Raatzsch, T. Rentsch, J.G.F. Rothhaupt, J. Schulte, U. Steinvorth, P. Stekeler-Weithofer, W. Vossenkuhl, (3 1/2'' Diskette) ISSN 0943-5727. * * ***************************************************************** * * * (c) 1997 Deutsche Ludwig Wittgenstein Gesellschaft e.V. * * Alle Rechte vorbehalten / All Rights Reserved * * * * Kein Bestandteil dieser Datei darf ganz oder teilweise * * vervielfältigt, in einem Abfragesystem gespeichert, * * gesendet oder in irgendeine Sprache übersetzt werden in * * irgendeiner Form, sei es auf elektronische, mechanische, * * magnetische, optische, handschriftliche oder andere Art * * und Weise, ohne vorhergehende schriftliche Zustimmung * * der DEUTSCHEN LUDWIG WITTGENSTEIN GESELLSCHAFT e.V. * * Dateien und Auszüge, die der Benutzer für * * seine privaten wissenschaftlichen Zwecke benutzt, sind * * von dieser Regelung ausgenommen. * * * * No part of this file may be reproduced, stored * * in a retrieval system, transmitted or translated into * * any other language in whole or in part, in any form or * * by any means, whether it be in electronical, mechanical, * * magnetic, optical, manual or otherwise, without prior * * written consent of the DEUTSCHE LUDWIG WITTGENSTEIN * * GESELLSCHAFT e.V. Those articles and excerpts from * * articles which the subscriber wishes to use for his own * * private academic purposes are excluded from this * * restrictions. * * * ***************************************************************** Vorbemerkung In den PHILOSOPHISCHEN BEMERKUNGEN und den Schriften aus der Zeit von 1929 bis etwa 1935, besonders im Blauen Buch aber auch noch in den PHILOSOPHISCHEN UNTERSUCHUNGEN, findet sich eine Argumentationslinie, mit der Wittgenstein in einem wichtigen Sinn das Fehlen eines Selbstbezugs und die Überflüssigkeit des Wortes "ich" zu begründen sucht. Deutlicher als bei seiner ausführlichen Untersuchung des Gesichtsraums, die sich ebenfalls in den PHILOSOPHISCHEN BEMERKUNGEN findet und die den Gesichtsraum als subjektlos erweisen, konzentriert sich Wittgenstein hier auf den Gebrauch jener Ausdrücke, mit Hilfe derer wir uns und Anderen psychische, aber auch körperliche Prädikate zuschreiben. Wittgenstein zufolge verfügen psychologische Selbstzuschreibungen in der ersten Person Präsens weder über einen personalen Inhalt noch über eine echte Subjekt- Prädikatstruktur. Das Pronomen "ich" hat keine bezeichnende Funktion und kann ohne Verlust aus der Sprache eliminiert werden. Genau genommen finden sich zu diesem Zusammenhang bei Wittgenstein drei Thesen, die es im folgenden zu unterscheiden gilt. Besonders These 2 und 3 werden, soweit ich sehe, von Kommentatoren gewöhnlich nicht auseinandergehalten. 1. Das Wort "ich" ist überflüssig. (Eliminierbarkeitsthese) 2. Das Wort "ich" bezeichnet nichts. (Bezugslosigkeitsthese) 3. Selbstzuschreibungen psychologischer Prädikate in der ersten Person Präsens ersetzen vorsprachliches Ausdrucksverhalten. (Expressivitätsthese) Im folgenden soll zunächst Wittgensteins subjektkritische Position genauer untersucht werden, um sie dann mit dem Reduktionismus der ersten Person, wie er von Derek Parfit in seinem einflußreichen Buch REASONS AND PERSONS (RP) vertreten wird in Beziehung zu setzen und zu fragen, inwieweit Wittgenstein eine reduktionistische Position im Sinne Parfits vertritt. Ähnlich wie Wittgenstein richtet sich Parfit gegen die cartesianische Annahme, wonach das Subjekt der Erfahrung eine UNABHÄNGIGE und eigenständige Entität ist, "distinct from a brain and body, and a series of physical and mental events". (Parfit, S. 223) Parfit behauptet die Existenz einer Ebene, auf der, erstens, Erfahrungen, Gedanken, etc. ohne Bezugnahme auf Personen oder Subjekte spezifiziert werden können, und zweitens, daß auch die EINHEIT des Bewußtseins unpersönlich erklärbar sei, also jene Beziehung, die zwischen verschiedenen, gegenwärtigen und vergangenen Bewußtseinszuständen bestehen muß, damit diese die Zustände ein und derselben Person sind. Ich komme zunächst zu Wittgenstein. Die Eliminierbarkeitsthese "Das Wort "ich" gehört zu denjenigen Wörtern, die man aus der Sprache eliminieren kann", bemerkt Wittgenstein schon 1929 gegenüber Schlick und Waismann,*1* also zu einer Zeit, in der er noch an der Frage interessiert ist, wie man den gemeinsamen, d. h., abbildenden Kern unterschiedlicher Sprachen isolieren kann, eine Frage, die er jetzt u. a. durch die Untersuchung verschiedener Verifikationsmethoden zu beantworten sucht. Einige Jahre später bemerkt er in einer Vorlesung: We could have a language from which "I" is omitted from sentences describing a personal experience. Instead of saying "I think" or "I have an ache" one might say "It thinks" (like "it rains"), and in place of "I have an ache", "There is an ache here".*2* Im erwähnten Gespräch mit Schlick weist Wittgenstein auf die besondere Verfikationsmethode hin, die mit einer Aussage wie "Ich habe Schmerzen" verbunden ist. "Ich habe Schmerzen" ist schon durch den (aufrichtigen) Satz: "Es schmerzt", aus dem Munde dessen, der Schmerzen hat, verifiziert. Dies ist durchaus noch in Einklang mit der Art und Weise, in der der TRACTATUS psychologische Aussagen der Form "X glaubt, daß p" behandelt: Vollständig analysiert, erwähnen sie kein Subjekt mehr, sondern nur noch Tatsachen. Wittgenstein illustriert ab 1929 die Überflüssigkeit von "ich" durch die Konstruktion alternativer Notationen und Symbolismen. Diese Notationen kommen zwar ohne das Wort "ich" aus, haben aber dennoch verschiedene Personen als Zentrum. Die bekannteste Notation findet sich in den PHILOSOPHISCHEN BEMERKUNGEN. Wenn die Person, die im Mittelpunkt steht, nennen wir sie L. W., Schmerzen hat, sagt man "es gibt Schmerzen". Über alle anderen Personen sagt man "er (sie) benimmt sich wie L. W., wenn es Schmerzen gibt." Jede beliebige Person kann Mittelpunkt dieser Sprache sein.*3* An dieser Notation ist zum einen auffallend, daß sie nur dazu gebraucht werden kann, die Gedanken und Empfindungen JEWEILS EINER Person zu berichten, was sie - wie wir sehen werden - von der von Parfit angestrebten, unpersönlichen Beschreibung des Mentalen unterscheidet. Parfits Reduktionismus siedelt die unpersönliche Beschreibungen des Mentalen auf einer Ebene an, auf der der Unterschied zwischen den eigenen Gedanken und denen anderer Personen keine Rolle spielt, weil hier von Personen noch keine Rede ist. Wittgensteins Notation ist dagegen in folgendem Sinne SOLIPSISTISCH: Die einzigen Gedanken, über deren Vorkommnis berichtet wird, sind die Gedanken dessen, sagen wir L. W., der im Mittelpunkt der Notation steht. D. h., "es gibt Schmerzen" ist genau dann wahr, wenn der von L. W. in einer Notation, die das Wort "ich" benutzt, geäußerte Satz "ich habe Schmerzen", wahr ist. Die Vorstellung, daß neben L. W. noch ANDERE Personen über Gedanken und Empfindungen verfügen, findet in die subjektlose Notation keinen Eingang, da nur das VERHALTEN jener Personen erwähnt wird. Deshalb taugt sie für den Solipsisten, der behauptet, nur seine Gedanken seien real und der, wie Wittgenstein zeigt, ohnehin besser auf den Gebrauch des Wortes "ich" verzichtet, will er sich nicht selbst widerlegen.*4* Daß Wittgenstein hier dennoch keinen Solipsismus vertritt, zeigt zum einen seine Bemerkung, "daß diese Sprache jeden Beliebigen zum Zentrum haben kann." (PB, S. 89) Zum anderen betont er, daß die "ich"-lose Notation nicht "in irgendeinem Sinne richtiger wäre als die alte". (PB, S. 88) Mit der Konstruktion "ich"-loser Notationen will Wittgenstein vielmehr zeigen, daß das Wort "ich" bei der Suche nach dem abbildenden Kern unterschiedlicher Sprachen ignoriert werden kann. Die Bezugslosigkeitsthese Wittgenstein argumentiert in den frühen Dreißigerjahren immer weniger auf dem Hintergrund der Metaphysik des TRACTATUS, sondern konzentriert sich zunehmend auf sprachliche Eigenarten des gewöhnlichen Gebrauchs von "ich" in Selbstzuschreibungen mentaler Prädikate. Dabei erweist sich Subjektivität im Sinne eines konstanten, nicht- körperlichen Referenten des Wortes "ich" als sprachlich nicht ausweisbar. Es ist ein besonderes Merkmal des "ich"- Gebrauchs, an dem Wittgenstein seine These von der Bezugslosigkeit von "ich" festmacht, ein Merkmal, das allerdings Wittgenstein zufolge vom Cartesianer (und vom Solipsisten) mißverstanden und zur Grundlage für die unbezweifelbare Existenz jenes Egos gemacht wird, das mit einer beharrlichen geistigen Substanz identifiziert wird. Gemeint ist die Identifikationsunabhängigkeit der ersten Person in ihrem Subjektgebrauch. Wittgenstein schreibt im BLAUEN BUCH: Der Gedanke nun, daß das eigentliche Ich in meinem Körper lebt, ist mit der eigenartigen Grammatik des Wortes "ich" verbunden, und auch mit den Mißverständnissen, die sich aus dieser Grammatik leicht ergeben können. Es gibt zwei Gebräuche des Wortes "ich" (oder "mein"), die ich "Objektgebrauch" und "Subjektgebrauch" nennen könnte. Hier sind Beispiele der ersten Art: "Mein Arm ist gebrochen", "Ich bin zehn Zentimeter gewachsen", "Ich habe eine Beule auf meiner Stirn", "Der Wind zerzaust meine Haare". Und hier Beispiele von der zweiten Art: "ICH sehe so-und-so", "ICH höre so-und-so", "ICH versuche meinen Arm zu heben", "ICH denke, daß es regnen wird", "ICH habe Zahnschmerzen". Man kann auf den Unterschied zwischen diesen beiden Kategorien hinweisen, indem man sagt: Die Fälle in der ersten Kategorie machen es erforderlich, daß man eine bestimmte Person erkennt, und in diesen Fällen besteht die Möglichkeit des Irrtums, - oder ich sollte besser sagen: Die Möglichkeit des Irrtums ist vorgesehen. ... Es ist möglich, daß ich, etwa bei einem Unfall, Schmerzen in meinem Arm spüre, einen gebrochenen Arm an meiner Seite sehe und denke, daß es mein Arm ist, wenn es in Wirklichkeit der meines Nachbarn ist. Und ich könnte bei einem Blick in den Spiegel eine Beule auf seiner Stirn für eine Beule auf meiner Stirn halten. Andrerseits geht es nicht um das Problem, eine Person zu erkennen, wenn ich sage, daß ich Zahnschmerzen habe. Die Frage "Bist du sicher, daß DU es bist, der Schmerzen hat?" wäre unsinnig. Wenn nun in diesem Fall ein Irrtum unmöglich ist, dann deswegen, weil der Zug, den wir als einen Irrtum, einen "schlechten" Zug, ansehen würden überhaupt kein Zug in dem Spiel wäre. (BB, S. 106ff.)*5* Wittgenstein unterscheidet hier den Objektgebrauch vom Subjektgebrauch des Wortes "ich". Beim Objektgebrauch läßt sich eine IDENTIFIKATIONSKOMPONENTE von einer PRÄDIKATIONSKOMPONENTE unterscheiden. Nehmen wir zum Beispiel "Der Wind zerweht meine Haare". Diese Aussage läßt sich analysieren als das Resultat einer Prädikation: "Jemandes Haare werden zerweht" und einer Identifikation: "Ich bin derjenige, dessen Haare zerweht werden." Die Möglichkeit des Irrtums, von der Wittgenstein spricht, ist dadurch gegeben, daß man zwar wissen kann, daß die Prädikation erfüllt ist - daß jemandes Haare zerweht werden - ohne sich selbst als jene Person zu identifizieren, um deren Haare es sich handelt. Um eine "bestimmte Person [zu] erkennen", muß man Kriterien für die Identität von Personen anwenden, wobei einem natürlich auch dann Fehler unterlaufen können, wenn man selber diese Person ist. Mit Hilfe des Objektgebrauchs von "ich" schreiben wir uns körperliche Zustände zu. So kann man registrieren, daß jemandes Magen knurrt oder jemand penetrant riecht, bevor man merkt, daß es sich dabei um einen selbst handelt. Aber auch die Fälle, in denen man sich selbst in Spiegeln oder auf Photos nicht sofort erkennt, lassen sich in eine Prädikations- und eine Identifikationskomponente zerlegen, die ihre Irrtumsmöglichkeit erklären. Im Objektgebrauch des Wortes "ich" bezieht man sich also in einer Weise auf sich selbst, die jener ähnlich ist, in der man sich auf andere Personen und Dinge bezieht, also vom STANDPUNKT DER DRITTEN PEERSON aus. Im Unterschied zum Objektgebrauch zeichnet sich der Subjektgebrauch des Pronomens "ich" durch das Fehlen einer Identifikationskomponente aus. Eine Aussage wie "Ich habe Schmerzen" läßt sich nicht als Resultat der beiden Überzeugungen auffassen, daß jemand (oder dieser da) Schmerzen hat (Prädikation), und ICH dieser jemand bin (Identifikation). Die Information oder Erfahrung, daß jemand Schmerzen hat, ist unmittelbar auch eine Information oder Erfahrung, daß ICH Schmerzen habe, weshalb die Frage, ob ich sicher bin, daß ICH es bin, der Schmerzen hat, genauso "unsinnig" ist, wie die Äußerung: "Es gibt hier im Zimmer einen Schmerz. Ich weiß aber nicht, ob es meiner ist". Ein Identitätskriterium spielt hier beim Gebrauch von "ich" keine Rolle, weshalb eine Fehlidentifizierung, also etwa daß ich von jemandem anderen meine, er habe die Schmerzen oder denke an gestern, ausgeschlossen ist. Wir wollen das Fehlen dieser Irrtumsmöglichkeit im folgenden mit Sydney Shoemaker und Gareth Evans "Immunität gegen Irrtum durch Fehlidentifikation des Subjekts" (kurz: IIF) nennen.*6* Auch persönliche Erinnerungen sind immun gegen eine Fehlidentifizierung des Subjekts.*7* Meine Erinnerung daran, was ich gestern getan habe, ist nicht das Resultat des Wissens, daß jemand das-und-das getan hat, und der zusätzlichen, davon ablösbaren Einsicht, daß dieser Jemand mit mir identisch war. D. h., wenn ich aus welchem Grund auch immer, an der Richtigkeit meiner Erinnerung zu zweifeln beginne, bin ich aufgrund der betreffenden Erinnerung - ohne neue Evidenz also - nicht zu der Behauptung berechtigt, ich wisse zumindest, daß JEMAND das- und-das gestern getan hat. Im Gegensatz dazu kann ich mich an das erinnern, was eine andere Person gestern, sagen wir in Graz getan hat, diese aber mit ihrem Zwilling verwechseln, der, wie ich erfahre, gestern nicht in Graz war. Dennoch bliebe ich zu der Behauptung berechtigt, jemand habe das-und-das gestern getan. Wittgensteins Beispiele zeigen, daß er die Eigenschaften, deren Selbstzuschreibung über IIF verfügen, mit der Klasse der mentalen Eigenschaften gleichsetzt. Nun sind es ja gerade diese Eigenschaften und Zustände, die traditionellerweise mit dem von Wittgenstein kritisierten Cartesianismus verknüpft sind. Wittgenstein sprengt allerdings den traditionellen Rahmen, indem er den Unterschied zwischen infallibler Selbstzuschreibung des Mentalen und der falliblen des Körperlichen in einer Weise interpretiert, die keinen Schluß auf ein cartesianisches, d. h., körperloses Ego zuläßt. Die IIF mentaler Selbstzuschreibungen basiert nicht, wie Descartes meinte, auf der unbezweifelbaren Existenz eines körperlosen Egos, welches der garantierte Bezugsgegenstand des Pronomens "ich" ist. Sie zeige vielmehr, daß das Wort "ich" NICHTS BEZEICHNET. Das Wort "ich" hat im Subjektgebrauch nämlich überhaupt keine referentielle Funktion, es bezeichnet nichts, also insbesondere kein körperloses cartesianisches Ego oder das solipsistische Subjekt. In den Vorlesungen von 1946-7 finden wir die Bezugslosigkeitsthese explizit formuliert: "If you consider substituting a signal for 'I suffer' you see that the first mistake is to take 'I' as standing for something" (VPP, S. 47) Wittgenstein zufolge verfügt eine Äußerung wie "Ich bin F ", in der 'ich' als Subjekt gebraucht wird, semantisch gesprochen nicht über eine echte Subjekt-Prädikatstruktur. Das Pronomen "ich" hat keine bezeichnende Funktion, ist ein Pseudosubjekt und kann aus der Sprache eliminiert und z. B. durch "es" ersetzt werden. Deshalb kann Wittgenstein sagen, daß "wenn ich sage, 'ich habe Schmerzen' ... ich in gewissem Sinne gar nicht weiß, WER sie hat." (PU § 404) Der kognitive Gehalt, so könnte man sagen, von "Ich habe Schmerzen" wird schon von "Es gibt Schmerzen" vollständig ausgedrückt. Mit der Bezugslosigkeitsthese widerspricht Wittgenstein allerdings nicht nur Descartes und dem Solipsismus, sondern auch jenen Philosophen, die meinen, "ich" könne durch "dieser Körper", "diese Person", einen Eigennamen oder, wie Reichenbach bekanntlich behauptete, durch "die Person, die jetzt spricht", definiert werden. Das Wort "ich" bedeutet nicht dasselbe wie "L. W.", selbst wenn ich L. W. bin, noch bedeutet es dasselbe wie der Ausdruck "die Person, die jetzt spricht". (BB, S. 107) ... "I" is not used in the same way as "my body". (CLII, S. 60) Wittgenstein muß schon deshalb die Verschiedenheit des Gebrauchs von "ich" von "mein Körper", "die Person, die jetzt spricht" oder L. W. betonen, da diese Ausdrücke ja wirklich referierend gebraucht werden, während "ich", wenn überhaupt, dann nur durch das ebenfalls nicht-referierende Pseudosubjekt "es" ersetzt werden kann. Die Expressivitätsthese Die These der Bezugslosigkeit der ersten Person singular beim Subjektgebrauch richtet sich gegen die Annahme eines körperlosen Egos als Bezugsgegenstand von "ich". Im Unterschied dazu kritisiert Wittgensteins Diktum der Expressivität von "ich"-Aussagen die Annahme, daß die Autorität psychologischer Äußerungen in der ersten Person Präsens auf dem privilegierten Zugang beruhe, den jeder zu seinen eigenen Erfahrungen habe. Dem hält die Expressivitätsthese entgegen, daß bestimmte 'ich'-Aussagen als nicht-kognitives, sprachliches AUSDRUCKSVERHALTEN aufzufassen seien. Ging es im vorigen Abschnitt um den SUBJEKTTEIL von Aussagen der Form "Ich habe Schmerzen", oder 'Ich war gestern traurig', interessiert nun ihr PRÄDIKATIVER Teil, also die Frage, worin die Selbstzuschreibung eines psychologischen Prädikates besteht, woher jemand wisse, er spüre Schmerzen im Unterschied zu Lust oder Freude, ob es sich dabei überhaupt um ein Wissen handelt, usw. Die These der Bezugslosigkeit muß von der Expressivitätsthese unterschieden werden, eine Unterscheidung, die aber weder von Wittgenstein noch seinen Kommentatoren deutlich gemacht wird. Darauf wird weiter unten genauer einzugehen sein. Zunächst soll die Expressivitätsthese expliziert werden. Die These bezieht sich auf eine Teilmenge jener Aussagen, in denen das Wort "ich" als Subjekt, d. h. identifikationsfrei, gebraucht wird. Dabei handelt es sich um Zuschreibungen bestimmter psychologischer Prädikate in der ersten Person Präsens. Wittgenstein nennt sie "Äußerungen" (z. B. in ZETTEL § 472, 549), manchmal auch "Geständnisse" (PU S. 357). (Im Englischen werden sie zumeist "avowals" genannt; ich werde sie "Bekundungen" oder mit v. Savigny auch "Ausdrucksäußerungen" nennen.) Beispiele sind: "Mir tut der Kopf weh", "Ich bin so glücklich", "Ich bin beleidigt". Die sprachlichen Charakteristika dieser Äußerungen über die eigene Psyche und Befindlichkeit sind bekannt. 'Ich'-Äußerungen im Präsens werden von anderen Sprechern als mit einer besonderen Kompetenz und Autorität ausgestattet aufgefaßt. Wenn mein Gegenüber keinen Grund hat, an meiner Aufrichtigkeit oder sprachlichen Kompetenz zu zweifeln, wird er meine Äußerung für wahr oder zutreffend halten. Meine Bemerkung "ich bin glücklich" verifiziert sich, so könnte man sagen, selbst. Sie garantiert die Wahrheit ihres Gegenstücks in der dritten Person, "er ist glücklich", über mich gesagt. Eine bemerkenswerte Eigenschaft dieser Autorität ist zudem ihre GRUNDLOSIGKEIT. Werde ich gefragt, woher ich wisse, daß ich traurig bin oder Schmerzen habe, kann ich nur darauf pochen, selbst am besten zu wissen, wie es mir geht, und meine Äußerung wiederholen. Im Unterschied dazu folgt aus meiner aufrichtigen und sprachlich kompetenten Behauptung, daß es z. B. regnet, natürlich nicht ihre Wahrheit, da ich mich aus den unterschiedlichsten Gründen täuschen kann. Dasselbe gilt für alle 'ich'-Äußerungen in der Vergangenheitsform, da ich mich ja falsch erinnern kann. Ich meine, einem bestimmten Ereignis beigewohnt zu haben. Wie sich herausstellt, war ich gar nicht dabei, sondern ein Anderer hat mir davon erzählt. Ebenso werden meine Äußerungen über das Innenleben Anderer nicht schon deshalb geglaubt, weil man mich für aufrichtig und des Deutschen mächtig hält. Hier wird deshalb auch von mir erwartet, eventuell Gründe für meine Behauptung angeben zu können. Die von Wittgenstein kritisierte Position behandelt 'ich'- Äußerungen als eine privilegierte Form des WISSENS. Dieses Wissen wird als das Resultat des INFALLIBLEN, weil unmittelbaren Zugangs verstanden, den wir durch die Fähigkeit der INTROSPEKTION zu unserem eigenen psychischen Leben haben. Infallibel ist hier im strengen Sinne gemeint: Sowohl IRRTUM als auch UNWISSENHEIT sind ausgeschlossen. Wenn ich glaube, traurig zu sein, bin ich es auch. Und immer wenn ich traurig bin, weiß ich auch, daß ich traurig bin. (Letzterem hätte Freud sicherlich widersprochen.) Man könnte dies die Transparenz mentaler Zustände nennen. Wittgensteins Gegner meint, der Transparenz des Bewußtseins am besten dadurch gerecht zu werden, daß er "Ich"- Äußerungen als Beschreibungen innerer 'Gegenstände' und Ereignisse auffaßt, die nur mir zugänglich seien, da andere Personen keinen Zugang zu meinem Bewußtsein hätten. Andere Personen verfügten nur über eine INDIREKTE, über mein verbales und non-verbales Verhalten vermittelte und auf fragwürdigen ANALOGIESCHLÜSSEN beruhende Kenntnis meines Innenlebens. Wittgenstein erklärt dagegen die Autorität von Bekundungen., indem er sie dem nonverbalen, natürlichen Verhalten angleicht, durch das wir Empfindungen und Gefühle ausdrücken: Schreien, Stöhnen, das Gesicht verziehen, Lachen, sich den Fuß halten, etc. Der LOCUS CLASSICUS ist PHILOSOPHISCHE UNTERSUCHUNGEN § 244: ... wie lernt ein Mensch die Bedeutung der Namen von Empfindungen? Z. B. des Wortes "Schmerz". Dies ist eine Möglichkeit: Es werden Worte mit dem ursprünglichen, natürlichen, Ausdruck der Empfindung verbunden und an dessen Stelle gesetzt. Ein Kind hat sich verletzt, es schreit; und nun sprechen ihm die Erwachsenen zu und bringen ihm Ausrufe und später Sätze bei. Sie lehren das Kind ein neues Schmerzverhalten. "So sagst Du also, daß das Wort "Schmerz" eigentlich das Schreien bedeutet?" - Im Gegenteil; der Wortausdruck des Schmerzes ersetzt das Schreien und beschreibt es nicht.*8* Die besondere Autorität, die 'ich'-Äußerungen zukommt, beruht demnach nicht auf einer besonderen KOGNITIVEN Leistung, sondern auf der Autorität, über die jenes nonverbale Verhalten, das durch die Äußerung ersetzt wird, schon UNABHÄNGIG UND BEVOR ES VERBALISIERT WIRD, verfügt. Wir fassen nonverbales Schmerzverhalten nicht deshalb als Ausdruck von Schmerzen auf, weil wir es als eine besonders treffende Beschreibung des Schmerzes, als Ausdruck einer besonders zuverlässigen Kognition ansehen. Jemanden, der vor Schmerzen stöhnt, fragen wir schließlich nicht, woher er wisse, daß er Schmerzen habe, und ob er uns Gründe für sein Stöhnen nennen könne. Worin liegt aber die Autorität des nonverbalen Ausdrucksverhaltens? Weshalb genügt ein Schrei, ein Stöhnen oder ein Gesichtsausdruck, um uns davon zu überzeugen, daß die Betreffende ein bestimmtes Gefühl hat? Die Antwort kann nur darin liegen, daß dieses Verhalten als solches unmittelbar eine expressive Bedeutung hat. "Als solches" heißt hier: unabhängig von jeder ABSICHT der Betreffenden, etwas mit Hilfe dieses Verhaltens MITTEILEN zu wollen. Eine solche, kommunikative Absicht kann ja aus verschiedenen Gründen scheitern, ihre Realisierung setzt voraus, daß man BESCHLIESST, ein Gefühl mitzuteilen, nach dem passenden Ausdrucksverhalten sucht etc. Deshalb würde die kommunikative Absicht alleine nicht ausreichen, meinem Verhalten die expressive Bedeutung zu verleihen, die es hat. Es verhält sich genau umgekehrt. Weil mein Verhalten als Ausdruck meines Gefühls aufgefaßt wird, kann ich mit seiner Hilfe meine Absicht realisieren. Ebenso kommuniziert meine Äußerung "Ich fürchte mich" meine Furcht unabhängig von meiner Absicht, mitzuteilen, daß ich mich fürchte. Hier handelt es sich ja ebenfalls nicht darum, daß mir meine Furcht auffällt und ich nach den passenden Worte suche, um sie anderen mitzuteilen.*9* Natürlich kann man auch die Absicht haben, andere über seine Befindlichkeit aufzuklären. Ihr Erfolg hängt aber davon ab, daß "Ich fürchte mich" genauso als unmittelbarer Ausdruck meiner Furcht aufgefaßt wird, wie mein ängstlicher Gesichtsausdruck, mein Schwitzen etc. Wittgensteins expressive und nicht-kognitive Analyse der 'ich'-Äußerungen stellt eine direkte Verbindung zwischen psychologischer Sprache und Verhalten her. Die Fähigkeit zur Selbstzuschreibung dieser Prädikate hat sich demnach direkt aus einem Verhalten entwickelt, das dieser Fähigkeit vorausgeht. Diese Analyse gibt eine weitaus einleuchtendere Antwort auf die Frage, wie es uns gelingt, die Gefühlssprache zu lernen und über unsere eigenen Gefühle und Absichten, aber auch die anderer Personen, zu kommunizieren, als die Gleichsetzung von Gefühlen, Gedanken und Absichten mit privaten Gegenständen und den daraus resultierenden Schwierigkeiten, sich vom Solipsismus und Skeptizismus abzugrenzen. Die Bindung der Autorität von Bekundungen an die Autorität des durch sie ersetzten non- verbalen Ausdrucksverhaltens betont die ÖFFENTLICHKEIT, also Überprüfbarkeit der Kriterien, die dem Sprachgebrauch zugrundeliegen. Das Fehlen derartiger Kriterien ist ja Wittgensteins Haupteinwand gegen die Möglichkeit einer Privatsprache. Die Expressivitätsthese bindet die Zuschreibung von Empfindungen an die Voraussetzung, daß es sich um Wesen handelt, die ein gewisses Ausdrucksverhalten an den Tag legen: Ich kann mir vielleicht auch vorstellen (obwohl es nicht leicht ist), jeder der Leute, die ich auf der Straße sehe, habe furchtbare Schmerzen, verberge sie aber kunstvoll. Und es ist wichtig, daß ich mir hier ein kunstvolles Verbergen vorstellen muß. Daß ich mir also nicht einfach sage: "Nun, seine Seele hat Schmerzen; aber was hat das mit seinem Leib zu tun!" oder "das muß sich schließlich am Leib nicht zeigen!" (PU § 391) Die Körperlichkeit ist als Ausdrucksmedium für die Natur des Geistigen unverzichtbar und zwar in einem begrifflichen Sinne, wie aus PU § 390 hervorgeht: Könnte man sich vorstellen, daß ein Stein Bewußtsein hat? Und wenn's einer kann - warum soll das nicht bloß beweisen, daß diese Vorstellerei für uns kein Interesse hat? Die Empfindungen des Anderen sind für mich direkt wahrnehmbar und ihre Annahme ist nicht das Ergebnis unsicherer Analogieschlüsse, die die nur am eigenen Fall beobachtete Korrelation zwischen Empfindungen und Verhalten als Prämisse hätten. Das traditionelle Problem des Fremdpsychischen stellt sich erst gar nicht. Im Gegenteil: Man behandelte mich schon als ein geistiges Wesen, lange bevor ich sprechen konnte. Mein als Baby und sprachloses Kleinkind "manifestiertes" Verhalten wurde ohne mein Zutun als Ausdruck meiner Psyche wahrgenommen und entsprechend darauf reagiert. Auch vom Standpunkt der dritten Person aus betrachtet, war ich seit meiner Geburt immer schon ein beseeltes Objekt, eine Einstellung mir gegenüber, die jenseits meiner Kontrolle war und ist. Die Unabhängigkeit der Bezugslosigkeitsthese von der Expressivitätsthese Die beiden Thesen werden von Wittgensteininterpreten zumeist in einen Topf geworfen, was dadurch begünstigt wird, daß Wittgenstein die These der Bezugslosigkeit des Pronomens "ich" vor allem mit Hilfe der Expressivitätsthese illustriert und auch das Phänomen der Immunität gegen Irrtum durch Fehlidentifikation des Subjekts (IIF) nur am Beispiel von Bekundungen, also von "ich"-Äußerungen erklärt, die auch von der Expressivitätsthese erfaßt werden. Die beiden Thesen sind aber schon deshalb verschieden, weil sich das der Bezugslosigkeitsthese zugrundeliegende IIF-Phänomen nicht auf Ausdrucksäußerungen beschränkt. Die Selbstzuschreibungen VERGANGENER Erfahrungen etwa sind ebenfalls immun gegen eine Fehlidentifikation des Subjekts, obwohl sie natürlich nicht in der Weise expressiv erklärt werden können, wie ihre Äußerung in der Gegenwartsform. Meine Aussage "Ich war traurig" drückt keine Traurigkeit aus und kann sich, obwohl aufrichtig, als falsch herausstellen, besitzt also nicht die Autorität von "Ich bin traurig". Aber selbst wenn es mir fälschlicherweise so erscheint, als wäre ich traurig gewesen, läßt sich im Inhalt von "Ich war traurig" keine Identifikations- von einer Prädikationskomponente unterscheiden. Ich schreibe mir das Prädikat "traurig" nicht aufgrund einer Identifikation zu. Ich erinnere mich nicht daran, daß DIESE Person traurig war, um dann mit Hilfe von Kriterien mich mit dieser Person zu identifizieren. Meine Erinnerung, daß jemand traurig war, läßt sich in diesem Fall nicht von der Erinnerung trennen, daß ich traurig war.*10* D. h. wenn ich aus welchem Grund auch immer, an der Richtigkeit meiner Erinnerung zu zweifeln beginne, bin ich aufgrund der betreffenden Erinnerung - ohne neue Evidenz also - nicht zu der Behauptung berechtigt, ich wisse zumindest, daß JEMAND traurig war. "Ich war traurig" gehört zu jenen 'ich'- Aussagen, die über IIF verfügen, in denen "ich" also Wittgenstein zufolge nichts bezeichnen dürfte, die aber dennoch falsch sein können. Im Falle von "Ich habe Schmerzen" geht es aber nicht nur um die Erklärung ihrer IIF-Eigenschaft, sondern AUCH um die Frage, warum ihre aufrichtige Äußerung auch gegen die Möglichkeit immun ist, daß ich keine Schmerzen habe. Diese spezifische Autorität vom 'ich'-Äußerungen läßt sich bestenfalls durch die Expressivitätsthese, nicht aber durch die Bezugslosigkeit von 'ich' erklären. Ein weiterer Grund für die Unabhängigkeit der beiden Thesen liegt darin, daß die Expressivitätsthese die EXISTENZ VON KÖRPERN voraussetzen muß. Selbstbewußtsein bzw. das Wort "ich" sind hier nur deshalb überflüssig, weil ihr Gebrauch ohnehin an das körperliche Ausdrucksverhalten einer bestimmten Person gebunden ist. Im Unterschied dazu scheint, zumindestens in den von Wittgenstein gegebenen Beispielen, die Immunität gegen Irrtum durch eine Fehlidentifikation des Subjekts nicht an einen Körper gebunden zu sein.*11* Die Eigenschaften, die ich mir in diesen Beispielen identifikationsfrei zuschreibe, sind keine körperlichen, und es bedarf jedenfalls WEITERER Argumente, um ihre Abhängigkeit von einem Körper zu zeigen. Parfits Reduktionismus der ersten Person In REASONS AND PERSONS (RP) vertritt Derek Parfit die These, daß sich eine UNPERSÖNLICHE Beschreibung mentaler Ereignisse und Zustände geben läßt, eine Beschreibung also, die kein Subjekt oder Besitzer dieser Zustände erwähnt: We could fully describe our experiences, and the connection between them, without claiming that they are had by a subject of experiences. We could give what I will call an impersonal description. (RP, S. 225) Parfits Position ist eine subtile Version von David Humes These, daß das Selbst ein Bündel kausal verknüpfter Wahrnehmungen sei. Parfit schlägt vor, die Bezeichnung "mentaler Zustand" durch die des mentalen Ereignisses zu ersetzen, da ein Zustand immer der einer Entität sein müsse, während Ereignisse selbstständig sind. (RP, S. 211) Dieser Vorschlag legt die Vermutung nahe, Parfit meine nicht nur, eine unpersönliche BESCHREIBUNG komme ohne die Erwähnung einer Person aus, sondern vielmehr, daß die in einer unpersönlichen Beschreibung erwähnten Erfahrungen UNABHÄNGIG davon EXISTIEREN können, ob es überhaupt Personen oder Subjekte gibt.*12* Dennoch vertritt Parfit insofern keine Irrtumstheorie, als er die gewöhnliche Redeweise von Personen, die von ihren Körpern verschieden sind und Erfahrungen und Gedanken HABEN, als unproblematisch betrachtet, solange nicht behauptet wird, das Subjekt der Erfahrung sei eine UNABHÄNGIGE und eigenständige Entität, "distinct from a brain and body, and a series of physical and mental events". (RP, S. 223) Er formuliert folgende Thesen, die eine reduktionistische Position bezüglich der personalen Identität und der Einheit des Bewußtseins auszeichnen: 1. Die zeitliche Kontinuität (Identität) einer Person ist kein eigenes, gegenüber ihren Bewußtseinsvorgängen selbstständiges Faktum. Sie besteht in der Existenz von Gehirn und Körper und einer Reihe, miteinander verknüpfter physiologischer und mentaler Ereignisse. 2. Diese Kontinuität kann UNPERSÖNLICH beschrieben werden, d. h., ohne die Existenz einer Person oder eines Subjekts voraussetzen zu müssen. 3. Obwohl Personen existieren, können wir eine vollständige Beschreibung der Welt geben, die keine Personen erwähnt. 4. Auch die Einheit des Bewußtseins läßt sich dadurch erklären, daß man auf unpersönliche Weise Beziehungen zwischen Erfahrungen und dem betreffenden Gehirn beschreibt. Die Bewußtseinseinheit zu einem bestimmten Zeitpunkt wird durch die Beziehung des gleichzeitigen Bewußtseins erklärt, die zwischen verschiedenen Erfahrungen besteht, die transtemporale Einheit wird durch die sog. R- Beziehung zwischen verschiedenen mentalen Zuständen erklärt, die in der psychischen Kontinuität besteht. Von Bernard Williams stammt folgendes Argument für die Notwendigkeit eines Bezugs unpersönlicher Spezifikationen von 'ich'-Gedanken zumindest auf einen Körper. Eine unpersönliche Beschreibung eines mentalen Ereignisses der Form: 'es wird gedacht: ich zweifele nicht, daß p', muß den Inhalt festhalten, der normalerweise mit Hilfe von 'ich zweifele nicht, daß p' von einer bestimmten Person ausgedrückt wird. Allerdings darf die unpersönliche Zuschreibung nicht dadurch falsifiziert werden, daß ein anderer Denker zweifelt, daß p, also nicht dadurch, daß (unpersönlich) gedacht wird: 'ich zweifele, daß p'. Nun spricht aber an der unpersönlichen Beschreibung der beiden Gedankenereignisse nichts gegen ihre Zusammenfassung, wodurch allerdings die Existenz eines widersprüchlichen 'ich'-Gedankens behauptet würde: 'Es wird gedacht: Ich zweifle und ich zweifle nicht, daß p.' Williams erwägt deshalb eine Relativierung der Form: 'es wird hier (oder am Ort A) gedacht: ich zweifele nicht, daß p'. Der diesem Gedanken widersprechende Gedanke würde demnach auf einen von A verschiedenen Ort B bezogen, wodurch auch eine Zusammenfassung der beiden Gedanken verhindert würde. Gegen eine solche Relativierung läßt sich aber einwenden, daß die Rede von verschiedenen Orten des Denkgeschehens nur in metaphorischer Weise die Bezugnahme auf verschiedene Personen, die die betreffenden Gedanken denken, wieder einfügen. Was Williams' Argument deutlich macht, ist die Tatsache, daß man durch bloßes HINZUFÜGEN VON MEHR INHALT die notwendige Abgrenzung zwischen verschiedenen "Denkwelten" nicht erreicht. Eine Relativierung unpersönlicher Beschreibungen von Gedanken auf etwas Objektives, das nicht zum Inhalt des betreffenden Gedankens gehört, scheint unumgänglich, läßt aber immer noch die Möglichkeit offen, daß das, worauf Bezug genommen wird, weder ein Subjekt noch eine Person ist. In diesem Sinne gibt Parfit die Notwendigkeit der Relativierung zu und schlägt die folgenden beiden Formulierungen vor, die weder ein Subjekt noch eine Person als Bezugspunkt erwähnen: 1. "In the particular life that contains the thinking of the thought that is expressed by the utterance of this sentence, it is thought: ..." oder 2. "In the particular life that is now directly causally dependent on body A, it is thought: ..." (RP, S. 226) Parfit bestimmt ein von einem Körper abhängiges Leben als "interrelations between all the mental and physical events that together constitute a particular person's life". (RP, S. 226) Parfits Vorschlag 2. setzt zum einen voraus, daß die Identität eines Lebens die Identität des betreffenden Körpers ist. Diese Bindung an einen Körper ist aber sicherlich zu eng, da es durchaus vorstellbar ist, den Körper unter Beibehaltung der psychischen Kontinuität eines "Lebens" zu wechseln oder kausal von anderen Körpern abhängig zu sein, also z. B. Schmerzen in einem fremden Körperteil zu spüren. In solchen Fällen wären zwei 'ich'- Gedanken von zwei verschiedenen Körpern kausal abhängig, obwohl sie von ein und derselben Person gedacht würden. "Ich habe Schmerzen" kann also nicht durch "dieser Körper hat Schmerzen" ersetzt werden. Aber auch Vorschlag 1., der ohne Bezugnahme auf die Identität eines Körpers auskommt, wirft Probleme auf. Die Beschreibung mentaler Ereignisse muß ja auf einzelne "Leben" Bezug nehmen, weshalb sich die Frage nach den Kriterien stellt, die "interrelations between all the mental and physical events" erfüllen müssen, damit sie ein einzelnes Leben im Unterschied zu einem anderen ergeben. Diese Kriterien sollten ohne Bezugnahme auf eine Person, um deren Leben es sich handelt, spezifizierbar sein. Wie dies geschehen soll, wird von Parfit jedoch nicht deutlich gemacht. Eine weitere Schwierigkeit erwächst dem Reduktionismus aus logischen Schlüssen, deren Gültigkeit auf der IDENTITÄT einer einzelnen Person über einen längeren Zeitraum zu beruhen scheinen oder zumindest (im Sinne Kants) auf der formalen Identität eines Subjekts. Dies illustriert den zweiten der oben erwähnten Einwände gegen die Ersetzung des "ich" durch das "es". Zwei Prämissen der Form "ich bin F" und "ich bin G" berechtigen das fragliche Subjekt zu Schlüssen, die von der Identität der beiden Referenten von "ich" Gebrauch machen. Wenn ich denke: 'ich bin nervös' und wenn ich denke: 'ich bin müde', kann ich unmittelbar schließen: 'ich bin müde und nervös'. Aus der Wahrheit der beiden "ich"-Gedanken folgt die Wahrheit ihrer Konjunktion, ohne daß eine weitere Annahme über die Identität der beiden Referenten von "ich" nötig ist. Dasselbe gilt für logische Beziehungen zwischen "ich"-Gedanken derselben Person zu verschiedenen Zeiten. Wenn ich gestern dachte: 'ich bin müde', darf ich heute denken: 'ich war müde', ohne mich der Identität meines heutigen mit meinem gestrigen Selbst vergewissern zu müssen. Die Gültigkeit dieser Schlüsse beruht darauf, daß ich es in beiden Fällen war, der die jeweiligen Gedanken gedacht hat. Schlüsse dieser Art sind immun gegen ein Fehlidentifizierung des Subjekts. Unter Umständen behalten sie sogar ihre Gültigkeit, nachdem die betreffende Person ihren Körper gewechselt hat. Angenommen ich denke, bevor ich meinen Körper wechsele, 'ich bin müde'. Dann bin ich, ausgestattet mit neuem Körper, weiterhin zu der Behauptung berechtigt, gestern müde gewesen zu sein. Andererseits können zwei "ich"-Gedanken von demselben Körper abhängen, ohne logisch verknüpft zu sein, weil die Person, die den ersten Gedanken gedacht hat, ihren Körper in der Zwischenzeit gewechselt hat. Denken allerdings zwei verschiedene Personen, daß sie müde respektive nervös sind, können sie natürlich nicht ohne weiteres schließen, daß sie müde UND nervös sind. Betrachten wir nun die beiden unpersönlichen Formulierungen: 'es wird gedacht: ich bin müde' und 'es wird gedacht: 'ich bin nervös'. Aus diesen beiden Prämissen folgt: 'es wird gedacht: ich bin müde und nervös', nur unter der weiteren Prämisse, daß sich in beiden Gedanken '"ich" auf dasselbe bezieht. Dies hängt aber davon ab, ob die beiden Gedanken von derselben Person gedacht wurden, was aber aus den unpersönlichen Formulierungen nicht hervorgeht. Eine Relativierung der beiden Gedanken auf dasselbe Leben oder denselben Körper hilft auch nichts, wenn man, was Parfit tut, die Möglichkeit eines Körperwechsels einräumt. Zwei 'ich'-Gedanken würden den unmittelbaren Schluß auf die Wahrheit ihrer Konjunktion erlauben, obwohl die betreffende Person ihren Körper gewechselt hat. Parfit würde vermutlich erwidern, daß er ohnehin nur kausale und keine logischen Zusammenhänge für die unpersönliche Erklärung der Einheit des Bewußtseins in Betracht ziehe, allen voran kausale Zusammenhänge zwischen den psychischen Zuständen eines "Lebens" zu verschiedenen Zeiten. Ihn interessiere der kausale Mechanismus, der mich dazu bringt, aus "ich bin müde" und "ich bin nervös" darauf zu schließen, daß ich beides bin. Diese Antwort bringt jedoch, abgesehen von ihrer Nähe zum Psychologismus, folgendes Problem mit sich. Das "Leben" einer Person erlaubt die unterschiedlichsten kausalen Veränderungen und Eingriffe, ohne dadurch etwas daran zu ändern, daß es sich weiterhin um DASSELBE Leben handelt. Sogar der Wechsel des Körpers ist eine, wenn auch unwahrscheinliche Möglichkeit. Parfit wird nicht nur nicht müde, sich solche Fälle auszudenken; er hat sie auch in der philosophischen Diskussion salonfähig gemacht. Die Mühelosigkeit und Unmittelbarkeit, mit der wir aus "ich"-Gedanken Schlüsse der erwähnten Art ziehen, geht jedenfalls verloren, wenn man sich darauf versteift, die personale Identität bei der Darstellung von "ich"-Gedanken nicht vorauszusetzen. Das wäre vielleicht noch kein Einwand gegen Parfits Reduktionismus. Warum sollte die Erklärung einer Sache nicht komplizierter sein, als unser gewöhnlicher Umgang mit ihr? Man kann sich aber zum einen des Eindrucks nur schwer erwehren, daß die Relativierungen, die Parfits Reduktionismus bräuchte, in versteckter Form Relativierungen auf Personen sind, also das Explanandum voraussetzen. Zum anderen fragt man sich, ob eine Erklärung von "ich"-Gedanken, die ihre Besonderheit, nämlich die auf der personalen Identität beruhende Mühelosigeit und Unmittelbarkeit ihres Zusammenhangs, unter den Tisch fallen läßt, überhaupt eine Reduktion und nicht vielmehr eine Zerstörung des Explanandums darstellt.*13* Wittgenstein und Reduktionismus Die bisherigen Überlegungen gingen von zwei Annahmen aus. Erstens, die 'ich'-Gedanken, über deren Vorkommnis unpersönlich berichtet wird, haben einen PERSONALEN Inhalt und verfügen über eine echte Subjekt-Prädikatstruktur. Deshalb mußte das Pronomen "ich" als referentiell behandelt werden, was wiederum das Problem aufwarf, einen unpersönlichen Bezugspunkt für die Lokalisierung von 'ich'- Gedanken zu finden. Zweitens, die vom Reduktionismus angestrebten unpersönlichen Darstellungen des Mentalen beschreiben nicht nur die jeweils eigenen Gedanken. Sie sind ja auf einer Ebene angesiedelt, auf der der Unterschied zwischen verschiedenen Personen noch keine Rolle spielen darf. Die unpersönliche Beschreibungen können sowohl zur Darstellung des eigenen als auch des fremden Bewußtseins benutzt werden. Nach unserem Verständnis der Ich-Lehre, die Wittgenstein nach 1929 entwickelt hat, widerspricht er diesen beiden Annahmen. Wittgenstein zufolge verfügen Selbstzuschreibungen psychologischer Prädikate in der ersten Person Präsens weder über einen personalen Inhalt noch über eine echte Subjekt-Prädikatstruktur. Das Pronomen "ich" hat keine bezeichnende Funktion und kann ohne Verlust aus der Sprache eliminiert werden. Auch die zweite Annahme würde Wittgenstein vermutlich nicht teilen. Die subjektlose Sprache, die Wittgenstein z. B. in den PHILOSOPHISCHE BEMERKUNGEN (ß 58) vorstellt, ist nur zur Beschreibung der mentalen Zustände jener Person geeignet, die sie "als Zentrum" hat. Und auch Lichtenberg meinte offensichtlich, Descartes dürfe zur Beschreibung SEINES Denkens nicht das Wort "ich" benutzen. Parfit lehnt zwar ausdrücklich die These ab, Aussagen wie "Ich bin F" hätten als Teil der unpersönlichen Beschreibung: "Es wird gedacht: 'Ich bin F'", weder eine echte Subjekt-Prädikatstruktur noch einen personalen Inhalt. Angesichts der Schwierigkeiten, in die er sich verstrickt, aber auch zum besseren Verständnis der Position Wittgensteins soll im folgenden dennoch die Frage untersucht werden, ob Wittgensteins Überlegungen zum Ich bzw. "ich" einem Reduktionismus der ersten Person gleichkommen oder einen solchen zumindest untermauern können. Expressivität und Reduktionismus Unsere Frage muß also lauten: Erfüllt Wittgensteins Ich- Lehre - seine Thesen der Expressivität von 'ich'-Äußerungen und der Bezugslosigkeit der ersten Person singularis - die an eine unpersönliche Beschreibung von 'ich'-Gedanken gestellten Bedingungen? Beginnen wir mit der Expressivitätsthese. Ihr zufolge verfügen Selbstzuschreibungen psychologischer Prädikate in der ersten Person Präsens nicht über einen personalen Inhalt - sie erwähnen keine Person -, weshalb sie auch keine echte Subjekt-Prädikatstruktur haben. Auf den ersten Blick scheint deshalb die expressive Analyse von "ich"-Äußerungen für die Zwecke des Reduktionismus bestens geeignet zu sein: Das Pronomen "ich" hat ebensowenig wie ein Stöhnen oder "Aua" eine bezeichnende Funktion und kann ohne Verlust aus der Sprache eliminiert werden. Wesentlich für den Inhalt einer "ich"-Äußerung ist nur der Körper bzw. Mund, der "ich" sagt. Deshalb leistet "Es schmerzt" genau dasselbe wie "Ich habe Schmerzen", solange klar ist, aus welchem Munde es kommt. Man kann also "ich habe" in "Ich habe Schmerzen" durch "es gibt" ersetzen. Die so depersonalisierten Schmerzen lassen sich durch Bezug auf den Körper, aus dessen Mund die Äußerung kommt, lokalisieren, eine Lokalisierung, die ebenfalls weder eine Person noch ein Subjekt als "Besitzer" dieser Schmerzen erwähnt. Die entsprechende Formulierung lautet: In dem besonderen Leben, das von jenem Körper kausal abhängig ist, der Schmerzverhalten zeigt, oder aus dessen Mund der Satz "Ich habe Schmerzen" kommt, gibt es Schmerzen. Diese reduktionistische Formulierung setzt allerdings voraus, daß die personalen Grenzen mit denen von Körpern zusammenfallen, weshalb auf dieser Ebene keine Personen erwähnt werden müssen. Wie Wittgenstein jedoch selber betont, bedeutet "Ich habe Schmerzen" nicht "Dieser Körper hat Schmerzen", da es logisch möglich ist, von einem anderen Körper in derselben Weise kausal abhängig zu sein, wie von seinem eigenen, oder den Körper zu wechseln: Es ist offenbar vorstellbar, daß ich einen Schmerz in der Hand eines anderen Körpers als meines sogenannten eigenen spüre. (PB, S. 90)*14* Wenn man nicht nur im eigenen, sondern auch in einem fremden Körper Schmerzen spüren kann, müssen die Bedingungen für die Lokalisierung psychischer Ereignisse unter Umständen mehrere Körper berücksichtigen. Das Kriterium der Zuschreibung von 'Es gibt Schmerzen' wäre dann nicht mehr das Leben eines Körpers, sondern müßte jene PERSON erwähnen, die in verschiedenen Körpern Schmerzen spürt, was der gesuchten neutralen Beschreibungsebene widerspräche. Wittgenstein kann diesem Einwand aber zumindest insoweit begegnen, als er die Zuschreibung von Schmerzen an jenen Körper, der das entsprechende Ausdrucksverhalten zeigt, bindet. Wittgenstein schreibt: ... die Person, von der wir sagen, "Er hat Schmerzen", [ist] nach den Regeln des Spiels die Person, die schreit, das Gesicht verzerrt etc. Der Ort des Schmerzes mag sich - wie wir schon sagten - im Körper einer anderen Person befinden. (BB, S. 108)*15* Nehmen wir an, man könne seinen Körper wechseln oder einen Schmerz im Fuß eines Anderen verspüren. In einem solchen Fall können zwei mentale Ereignisse einer Person von zwei verschiedenen Körpern abhängen. Nach Wittgenstein würden wir das jeweilige Ereignis in dem Körper lokalisieren, aus dessen Mund "Ich habe Schmerzen" oder ein Stöhnen kommt. Daß beim Körperwechsel die Person identisch bleibt, könnte diese Lokalisierungsmethode allerdings nicht berücksichtigen. D. h., die Expressivitätsthese liefert uns keine Möglichkeit, aus dem Vorkommen zweier mentaler Ereignisse, die von verschiedenen Körpern abhängen, Schlüsse zu ziehen, deren Gültigkeit auf der IDENTITÄT jener Person, die von beiden Körpern kausal abhängt, beruht. Wählen wir ein Beispiel. Angenommen, jemand wechselt seinen Körper, nachdem er Schmerzverhalten manifestiert hat, und sagt nun durch einen anderen Mund: "Ich fürchte mich". Die expressive Erklärung dieser beiden Äußerungen lokalisiert das Schmerz- und das Furchtereignis in verschiedenen Körpern. Nur unter der Voraussetzung, daß es sich um die Körper EINER Person (eines Lebens) handelt - eine Voraussetzung, die sich durch die expressive Bedeutung von "ich"-Äußerungen alleine jedoch nicht begründen läßt - wäre dann der folgende Schluß gültig: 1. In dem besonderen Leben, das von dem Körper A kausal abhängig ist, aus dessen Mund der Satz 'Ich habe Schmerzen' kommt, gibt es Schmerzen. und 2. In dem besonderen Leben, das von Körper B kausal abhängig ist, aus dessen Mund der Satz 'Ich fürchte mich' kommt, gibt es Furcht. 3. Also: In ein und demselben besonderen Leben gibt es Schmerzen UND Furcht. Die hier vorausgesetzte Identität widerspricht dem Reduktionismus, da es sich dabei nur um die Identität der Person handeln kann, woran Wittgenstein auch keinen Zweifel läßt. Die Expressivitätsthese taugt demnach nur unter der Voraussetzung für den Reduktionismus, daß die Grenzen einer Person die ihres Körpers sind, daß also der Mund, aus dem die Schmerzäußerung kommt, zu jenem Körper gehört, der sich verletzt hat und in dem der Schmerz gespürt wird. Nur dann braucht keine Person erwähnt zu werden. Für Wittgenstein ist diese Voraussetzung nur eine kontingente. Sie beruht on the experienced correlation between the mouth and other parts of the body. This is clear in the case where the criterion of a person's having pain when his hand is pinched is that the words come out of his mouth." (CLII, S. 62) Für den Reduktionisten müßte die Beziehung zwischen Mund und Körper eine begriffliche sein. Andernfalls wäre die behauptete unpersönliche Lokalisierbarkeit von Erfahrungen eine, auf der FAKTISCHEN Identität von Personen mit Körpern beruhende, empirische These. Dann bezöge der Reduktionist aber stillschweigend Erfahrungen doch auf Personen. Die Unvermeidbarkeit einer personen- oder subjektbezogenen Lokalisierung mentaler Ereignisse wird sich auch bei der Diskussion der Frage, ob die Bezugslosigkeitsthese eine reduktionistische These ist, zeigen. Zunächst sei aber auf eine weitere Eigenart der expressiven Analyse von "ich"- Äußerungen hingewiesen, die einer Vereinnahmung durch den Reduktionismus entgegen zu stehen scheint. Gemeint ist die schon erwähnte Tatsache, daß Wittgenstein bei seinem Bemühen, die expressive Bedeutung von "ich"-Äußerungen zu zeigen, das Wort "ich" mit seiner kommunikativen Rolle gleichsetzt. Da der kommunikative Erfolg von "ich" ohnehin von der Identifizierung eines Körpers oder Sprechers abhängt, kann "ich" zugunsten von "es" eliminiert werden, solange man weiß, aus welchem Munde die Äußerung kommt. Aus diesem Grunde ist auch der kommunikative Erfolg einer verbalen Schmerzäußerung davon unabhängig, ob der Betreffende dabei selbstbewußt an sich denkt, was z. B. dann der Fall sein müßte, wenn er auf sich aufmerksam machen wollte. Es ist aber fraglich, ob sich der Inhalt von 'ich'-GEDANKEN, an deren unpersönlicher Darstellung der Reduktionist vor allem interessiert ist, ebenfalls auf diese Weise verstehen läßt. Die Frage lautet also: Läßt sich in der unpersönlichen Darstellung eines 'ich'-Gedankens: In dem besonderen Leben, das jetzt vom Körper A kausal abhängig ist, wird gedacht: 'Ich bin traurig', der Bezug auf einen Körper in derselben Weise durch die Expressivitätsthese rechtfertigen, wie im Falle von "ich"- ÄUSSERUNGEN? Folgende Überlegung spricht gegen diese Möglichkeit. Im Falle von "ich"-Gedanken macht es, im Unterschied zu "ich"-Äußerungen, keinen Sinn, den Gebrauch von "ich" mit seiner kommunikativen Rolle zu identifizieren und diese dann an einen Körper zu binden. Wenn ich denke, daß ich traurig bin, brauche ich mir weder mitzuteilen, an wen ich denke, noch ist es das Resultat dieses Gedankens, mich darüber zu informieren, wer traurig ist. Natürlich muß ich nicht unbedingt, das Wort "ich" oder ein entsprechendes Äquivalent denken, um diesen Gedanken zu denken, da ich mir die Traurigkeit nicht aufgrund einer Selbstidentifizierung oder einer Beobachtung meines Verhaltens zuschreibe, weshalb die Frage keinen Sinn machen würde, ob ich sicher bin, daß ich es bin, der traurig ist. D. h., man könnte in obiger Formulierung "ich" durch "es" ersetzen: In dem besonderen Leben, das jetzt vom Körper A kausal abhängig ist, wird gedacht: "Es gibt Traurigkeit". Die Eliminierbarkeit von "ich" hat hier ihren Grund aber nicht in der Tatsache, daß es darauf ankommt, aus wessen Mund "ich" kommt. Deshalb liefert die Expressivitätsthese kein Argument für die Notwendigkeit, das Vorkommen eines Traurigkeitsgedankens - im Unterschied zu seiner sprachlichen Äußerung - auf einen Körper zu beziehen. Bezugslosigkeitsthese und Reduktionismus Kommen wir nun zu der Frage, wie sich Wittgensteins These der Bezugslosigkeit des Wortes "ich" zur reduktionistischen Forderung einer unpersönlichen Beschreibung von "ich"- Gedanken verhält. Wie erwähnt, begründet Wittgenstein seine These mit dem Fehlen einer Identifizierungskomponente in jenen Urteilen, in denen das Wort "ich", wie er sagt, als Subjekt, nämlich identifikationsunabhängig, gebraucht wird. Solche Urteile verfügen über die Eigenschaft der Immunität gegen Irrtum durch Fehlidentifikation des Subjekts (IIF). Beispiele sind: "Ich versuche meinen Arm zu heben", "Ich sehe einen Baum", "Ich habe Zahnschmerzen". Wie wir sahen, ist das IIF-Phänomen, entgegen der Darstellung Wittgensteins, nicht nur auf jene Aussagen beschränkt, auf die sich die Expressivitätsthese bezieht. Auch Aussagen wie "Ich habe gestern einen Baum gesehen", "Damals war ich sehr aufgeregt" sind immun gegen einen Fehlidentifizierung des Subjekts, obwohl sie, im Unterschied zu ihren Äquivalenten in der ersten Person Präsens, nicht expressiv zu sein brauchen und falsch sein können. Angenommen wir sprechen mit Wittgenstein all jenen Selbstzuschreibungen der Form "ich bin (oder war) F", bei denen es keinen Sinn macht, zu fragen, "jemand ist F, ich weiß nicht wer" einen Bezug auf ein Selbst, ein Subjekt oder eine Person ab. Vertreten wir damit schon eine reduktionistische Position im Sinne Parfits? D. h., ist der Nachweis der Bezugslosigkeit von "ich" im Subjektgebrauch schon hinreichend für die unpersönliche Darstellbarkeit jener mentalen Eigenschaften, die wir uns im Subjektgebrauch zuschreiben? Wie verhält es sich mit den Eigenschaften, die wir uns in solchen "ich"- Urteilen zuschreiben? Kann man das Instantiiertsein solcher Eigenschaften behaupten, ohne ein Subjekt oder zumindest ein unpersönliches Leben zu erwähnen, um dessen Eigenschaften es sich handelt? Zur Klärung dieser Fragen empfiehlt es sich, mit Wittgensteins Kennzeichnung des Objektgebrauchs von "ich", der im Unterschied zum Subjektgebrauch auf der Identifizierung einer bestimmten Person bzw. ihres Körpers beruht, zu beginnen. Die Eigenschaften, die ich mir beim Objektgebrauch von "ich" zuschreibe, sind solche, über die der Körper verfügt, den ich als meinen eigenen identifiziert habe. Wittgensteins Beispiele im BLUEN BUCH sind: "Mein Arm blutet", "Ich habe eine Beule", "Der Wind weht durch meine Haare". (BB, S. 106) Die Spezifizierung der Wahrheitsbedingungen eines solchen Gedankens muß einen bestimmten Körper erwähnen. Die Wahrheit von "Ich habe eine Beule" hängt von der Existenz und Beschaffenheit meines Kopfes ab. Solche Gedanken können also in unpersönlicher Form, unter Erwähnung des Körpers, auf den sie sich beziehen und von dessen Existenz ihre Wahrheit abhängt, spezifiziert werden: "In dem besonderen Leben, das von Körper A kausal abhängt, wird gedacht: 'Ich habe eine Beule'. "Ich" bezieht sich hier, wenn überhaupt, auf Körper A. Dagegen können die im Subjektgebrauch von "ich" zugeschriebenen Eigenschaften weder die einer Person noch die eines Körpers oder von ihm abhängigen "Lebens" sein, noch auf solche zurückgeführt werden. Der Inhalt von beispielsweise "Es wird gedacht: 'Ich sehe so-und-so'" kann Wittgensteins Analyse zufolge nicht von der Existenz eines Körpers abhängen, da andernfalls "Ich sehe so-und-so" seine Immunität gegen die Fehlidentifizierung des Subjekts verlieren würde. Daß ich mich selber als Körper weiß, ist ja das Resultat der Identifizierung eines bestimmten Körpers als des meinigen, ein Resultat des Objektgebrauchs von "ich" also, der nach Wittgenstein die Möglichkeit einer Fehlidentifizierung enthält. Der Subjektgebrauch von "ich" würde also auf seinem - falliblen - Objektgebrauch beruhen. Aber auch von einem Subjekt oder Ich kann der Subjektgebrauch von "ich" nicht abhängen, da sich sonst schwerlich die These seiner Bezugslosigkeit aufrechterhalten ließe. Aus "Ich (Es) denke (denkt)" könnte man andernfalls schließen, daß JEMAND denkt, ein Schluß, den Wittgenstein gerade vermeiden will. Wittgensteins Analyse des Subjektgebrauchs von "ich" könnte also für den Reduktionisten attraktiv sein. Eine unpersönliche Spezifizierung eines "ich"-Gedanken bräuchte nicht einmal einen Körper zu erwähnen, sondern könnte sich mit Beschreibungen der Form "Es wird gedacht: 'Ich denke ...'" oder sogar dem Lichtenbergschen "Es denkt" begnügen. Genauer betrachtet ergibt sich aber ein schon bekanntes Problem. Da jene Beschreibung keinen Bezugspunkt für die Lokalisierung des relevanten Gedankens erwähnt, sieht sie sich denselben Schwierigkeiten gegenüber, die eine Relativierung einer unpersönlichen Beschreibung auf einen Körper oder ein besonderes Leben notwendig gemacht haben. So geht zum Beispiel aus zwei unpersönlichen Beschreibungen: 'es wird gedacht: ich bin F' und 'es wird gedacht: 'ich bin G' nicht hervor, ob man schließen darf: 'es wird gedacht: ich bin F und G'. Dieser Schluß hängt vielmehr von der weiteren Prämisse ab, daß die beiden Gedanken dieselbe "Lokalität" haben, im selben "Leben" gedacht werden. Die Schwierigkeiten bei dem Versuch, die Bezugslosigkeitsthese als eine Form des Reduktionismus zu interpretieren, haben ihren Grund in einer Voraussetzung, die Wittgenstein im Unterschied zu Parfit macht. Es handelt sich dabei um die Ablehnung der zweiten der oben erwähnten Annahmen Parfits. Die von Parfit angestrebten unpersönlichen Darstellungen des Mentalen beschreiben nicht nur die jeweils eigenen Gedanken. Sie sind ja auf einer Ebene angesiedelt, auf der der Unterschied zwischen verschiedenen Personen noch keine Rolle spielen darf. Die unpersönliche Beschreibungen können sowohl zur Darstellung des eigenen als auch des fremden Bewußtseins benutzt werden. Wittgensteins unpersönliche Beschreibungen berichten, genau genommen, aber immer nur die Gedanken und Empfindungen JEWEILS EINER Person, was sie in die Nähe des Solipsismus rücken. Es sind dies ja Selbstzuschreibungen von Erfahrungen und Gedanken, in denen "ich" stets durch das unpersönliche "es" ersetzt werden kann, weil es sich um die Erfahrungen einer Person handelt. Man erinnere sich an die "ich"-lose Notation, die Wittgenstein in den PHILOSOPHISCHEN BEMERKUNGEN vorstellt und die wir im Zusammenhang mit seiner These der Überflüssigkeit des Wortes "ich" schon erwähnt haben. Diese Notation kommt zwar ohne das Wort "ich" aus, kann aber verschiedene Menschen zum Zentrum haben. Wenn die Person, die im Mittelpunkt steht (z. B. L. W.), Schmerzen hat, sagt man "es gibt Schmerzen". Über alle anderen Personen sagt man "er (sie) benimmt sich wie L. W., wenn es Schmerzen gibt". (PB, S. 88ff., siehe auch WWK, S. 49ff.) "Es gibt Schmerzen" kann zum einen nur dazu gebraucht werden, die Gedanken und Empfindungen jeweils einer Person zu berichten; zum anderen spielt die Vorstellung des Fremdpsychischen in diesem Sprachspiel keine Rolle. Im Unterschied zum Subjektgebrauch von "ich" kann "es denkt" in der "ich"-losen Notation auch eine Fremdzuschreibung sein, allerdings eine, die sich immer nur auf den jeweiligen personalen Mittelpunkt des Sprachspiels bezieht. Parfits Reduktionismus möchte sich dagegen nicht nur auf unpersönliche Beschreibungen mentaler Ereignisse beschränken. Er meint, diese Beschreibungen auf einer Ebene ansiedeln zu können, auf der der Unterschied zwischen den eigenen Gedanken und denen anderer Personen keine Rolle spielt, weil hier von Personen bzw. Subjekten noch keine Rede ist. Im Unterschied dazu kann ich nach Wittgenstein mit "Es denkt" oder "Es wird gedacht: 'Ich denke'" nur über einen Gedanken berichten, der von mir gedacht wird, nicht aber einen Gedanken, der in anderen "Leben" vorkommt. Mein Bericht: "Es denkt (Es wurde gedacht)" ist also nur dann wahr, wenn mein Bericht: "Ich denke (Ich dachte)" wahr ist. Unpersönliche Gedankenberichte dieser Art erfolgen also immer von einem Standpunkt aus, der faktisch der der ersten Person ist, während der Reduktionismus natürlich mentale Ereignisse objektiv, also vom Standpunkt der 3. Person aus, beschreiben möchte. Der Versuch, Wittgensteins Analyse für den Reduktionismus zu reklamieren, steht vor einem Dilemma. Entweder man setzt implizit die Existenz verschiedener Subjekte, Personen oder "Leben" voraus. "Es wird gedacht" wäre eine Abkürzung für "ich denke" und müßte auf jene Person oder jenes Leben bezogen werden, das diesen Gedanken denkt, wenn deutlich werden soll, wo der Gedanke vorkommt. Dies widerspricht aber der These der Bezugslosigkeit des Wortes "ich", da man aus "Es denkt" schließen könnte, daß es jemanden gibt, der denkt, oder daß es ein Leben gibt, in dem gedacht wird, ein Schluß, dessen Gültigkeit Wittgenstein aber gerade bestreitet. Oder man behandelt die unpersönliche Darstellungsebene als eine SOLIPSISTISCHE. Der Solipsist kann seine Gedanken durch "es wird gedacht" beschreiben, ohne dabei schon die Existenz anderer Personen oder sich selbst als Person voraussetzen zu müssen. Für ihn gibt es ja nur EIN Subjekt, nämlich ihn selbst, und eine Art von Gedanken, nämlich seine eigenen. Auf der solipsistischen Ebene steht weder der Begriff anderer Subjekte noch der des Fremdpsychischen zur Verfügung. Deshalb ist zwar jeder Gedanke, den er in unpersönlicher Form registriert, faktisch sein eigener; da es aber darüber hinaus keine Gedanken gibt und er nicht über den Begriff von ihm nicht gedachter Gedanken verfügt, ensteht die Notwendigkeit einer Bezugnahme auf seine Person nicht. Wählt man einen solipsistischen Ausgangspunkt, stellen sich deshalb die Probleme, die die Wahl eines unpersönlichen Bezugspunkts notwendig machten, zunächst nicht. Zwei Berichte der Form "Es wird gedacht: Ich bin F" und "Es wird gedacht: Ich bin G", erlauben stets unmittelbar den Übergang zu "Es wird gedacht: Ich bin F und G", ohne dabei die weitere Prämisse benutzen zu müssen, daß die beiden Gedanken im selben Bewußtsein "lokalisiert" sind. Ebenso kann man aus einem Bericht, wonach es einen Gedanken mit dem Inhalt 'Ich bin F' gibt, zu einem späteren Zeitpunkt immer schließen, daß es einen Gedanken mit dem Inhalt 'Ich war F' gibt, ohne sich der Identität des früheren mit dem jetzigen Bewußtsein vergewissern zu müssen. Die Wahl einer solipsistischen Basis für die unpersönliche Beschreibung von "ich"-Gedanken ist allerdings für den Reduktionisten schon deshalb keine attraktive Lösung, da er sämtliche, mit dem Solipsismus verbundenen Schwierigkeiten erben würde. Insbesondere müßte er sich auf die Ebene vorarbeiten, auf der unsere Rede von Personen und Subjekten angesiedelt ist, da er ja von dieser Ebene zeigen möchte, daß sie auf die unpersönliche Basis reduziert werden kann. Es ist aber bekanntlich gerade eine der Hauptschwierigkeiten der solipsistischen Position, ausgehend von der Vorstellung, daß die einzig wirklichen Gedanken und Erfahrungen die eigenen sind, zum Begriff ANDERER Personen oder "Leben" und zur Konzeption des Fremdpsychischen zu gelangen.*16* ABKÜRZUNGEN *17* BB DAS BLAUE BUCH BPPI BEMERKUNGEN ÜBER PHILOSOPHIE DER PSYCHOLOGIE, Bd. 1 BPPII BEMERKUNGEN ÜBER PHILOSOPHIE DER PSYCHOLOGIE, Bd. 2 CLI WITTGENSTEINS LECTURES, Cambridge 1930-1932, ed. by D. Lee, Oxford. CLII WITTGENSTEINS LECTURES, CAMBRIDGE 1932-1935, ed. by A. Ambrose & a., Oxford. LS LETZTE SCHRIFTEN ÜBER DIE PHILOSOPHIE DER PSYCHOLOGIE NL NOTES FOR LECTURES ON PRIVATE EXPERIENCE AND SENSE DATA PB PHILOSOPHISCHE BEMERKUNGEN PG PHILOSOPHISCHE GRAMMATIK PO PHILOSOPHICAL OCCASIONS 1912-51, ed. by J. Klagge & a. Indianapolis, 1993. PU PHILOSOPHISCHE UNTERSUCHUNGEN TB TAGEBÜCHER 1914-16 TLP TRACTATUS WL WITTGENSTEIN LECTURES IN 1930-33, G. E. Moore, in PO VPP VORLESUNGEN ÜBER DIE PHILOSOPHIE DER PSYCHOLOGIE 1946/47 WWK WITTGENSTEIN UND DER WIENER KREIS Z ZETTEL RP Parfit, D. (1987) REASONS AND PERSONS, Oxford, pbk. FUSSNOTEN *1* WWK, S. 49. *2* CLII, S. 21. *3* PB, S. 88ff., siehe auch WWK, S. 49ff. *4* Vgl. BB, S. 100. *5* In den PHILOSOPHISCHEN UNTERSUCHUNGEN spricht Wittgenstein nicht mehr vom Subjektgebrauch von "ich", hält aber an der Identifikationsunabhängigkeit fest: "'Wenn ich sage, 'ich habe Schmerzen', weise ich nicht auf eine Person, die die Schmerzen hat, da ich in gewissem Sinne gar nicht weiß, wer sie hat.' Und das läßt sich rechtfertigen. Denn vor allem: Ich sage ja nicht, die und die Person habe Schmerzen, sondern 'Ich habe ..'. Nun damit nenne ich ja keine Person. ... Worauf will ich hinaus? Darauf, daß es sehr verschiedene Kriterien der 'IDENTITÄT'der Person gibt. Nun, welches ist es, das mich bestimmt, zu sagen, 'ICH' habe Schmerzen? Gar keins." (PU § 404) *6* Sydney Shoemaker in "Self-Reference and Self- Awareness", in: JOURNAL OF PHILOSOPHY 1968, S. 555-67 und Evans The Varieties of Reference, Oxford 1982, Kap. 6 & 7. Beide Autoren berufen sich auf Wittgenstein, verstehen die Wittgensteinsche Unterscheidung zwischen Subjekt- und Objektgebrauch aber epistemisch: Es gibt demnach eine Art und Weise, von seinen Eigenschaften zu wissen, die immun ist gegen eine Verwechslung des Subjekts. In diesem Wissensmodus kann man nur dann von dem Instantiiert-sein einer Eigenschaft wissen, wenn man weiß, daß sie auf einen selbst zutrifft. Wegen dieser epistemischen Lesart betonen Evans und Shoemaker jedoch im Gegensatz zu Wittgenstein die Vereinbarkeit der IIF mit der referentiellen Rolle von "ich". Für diese Philosophen ist die IIF ein wesentlicher Bestandteil des Selbstbewußtseins. Für Wittgenstein dagegen scheint das Phänomen der IIF eher für eine Trivialisierung des Selbstbezugs zu sprechen. *7* Siehe VARIETIES OF REFERENCE, Kap. 7.5. *8 n den BEMERKUNGEN ÜBER DIE PHILOSOPHIE DER PSYCHOLOGIE finden wir: "Das primitive Schmerzbenehmen ist ein Empfindungsbenehmen; es wird ersetzt durch einen sprachlichen Ausdruck. "Das Wort 'Schmerz' bezeichnet eine Empfindung" heißt so viel wie: "'Ich habe Schmerzen' ist eine Empfindungsäußerung." (ß 313) Wittgenstein spricht an anderer Stelle auch davon, daß der verbale Schmerzausdruck für ein Stöhnen stehe: "Roughly speaking: the expression "I have a toothache stands for a moan but does not mean "I moan". (NL, S. 301, dtsch. S. 77) Im BLAUEN BUCH lesen wir: "Der Unterschied zwischen den Sätzen "Ich habe Schmerzen" und "Er hat Schmerzen" ... entspricht dem Unterschied zwischen einem Stöhnen und der Aussage, daß jemand stöhnt." (BB, S. 109) Wittgenstein betont allerdings auch des öfteren, daß die Übergänge zwischen reinen Ausdrucksäußerungen (z. B. Ausrufen) und Beschreibungen fließend sind. Im Teil II, ix, der PHILOSOPHISCHEN UNTERSUCHUNGEN lesen wir z. B.: 'Ein Schrei ist keine Beschreibung. Aber es gibt Übergänge. Und die Worte "Ich fürchte mich" können näher und entfernter von einem Schrei sein. Sie können ihm ganz nahe liegen, und ganz weit von ihm entfernt liegen'. *9* Der Mann, der vor Schmerzen aufschreit, oder der sagt, daß er Schmerzen hat, WÄHLT NICHT DEN MUND AUS, DER DAS SAGT." (BB, S. 108) *10* Dies ist darin begründet, daß die Erinnerung an einen Gegenstand normalerweise dessen Identität nicht offen läßt. Wenn ich mich in dieser Weise an die Zustände eines Subjektes erinnere, sind dies meine Zuständes. Zumindest erscheinen sie mir als die meinigen. Siehe Evans (1982), S. 245ff und S. Shoemaker "Persons and their Pasts", AMERICAN PHILOSOPHICAL QUARTERLY, (1970), S. 269-85. *11* Unter den Beispielen sind: "Ich sehe so-und-so", "ICH höre so-und-so", "ICH versuche meinen Arm zu heben", "ICH denke, daß es regnen wird", "ICH habe Zahnschmerzen". Es ist allerdings die Frage, ob nicht zumindestens Schmerzen einen Körper voraussetzen. *12* Shoemakers Haupteinwand gegen Parfit lautet, daß Erfahrungen nicht "besitzerlos" existieren können. (Vgl. Shoemaker "Critical Notice of REASONS AND PERSONS, Mind, 44, 1985.) *13*ine ausführlichere Kritik Parfits habe ich in SUBJEKT, WELT UND KÖRPER. UNTERSUCHUNGEN ZUR ICHLEHRE WITTGENSTEINS UND DER THEORIE DER SUBJEKTIVITÄT, versucht. (Erscheint in der Reihe Studien zur österreichischen Philosophie, Hrsg. Rudolf Haller, Rodopi). *14* Solche Gedankenexperimente sind mit Vorsicht zu behandeln. Das Spüren von Schmerzen eines anderen Körpers würde allerdings den gewöhnlichen Inhalt des Begriffs "eigener Körper" in Frage stellen. Man könnte in einem solchen Fall auch sagen, der andere Körper gehöre zum eigenen, weil er gespürt wird. Wittgenstein geht hier und auch mit der behaupteten Möglichkeit eines Körperwechsels unreflektiert davon aus, solche Szenarien ließen nur eine Beschreibung zu. In Wirklichkeit sind sie jedoch Testfälle für die Anwendungskriterien von Begriffen wie "eigener Körper" "dasselbe Subjekt", etc. *15* Vgl. z. B. auch PU § 302: "Das Schmerzbenehmen kann auf eine schmerzende Stelle deuten, - aber die leidende Person ist die, welche Schmerz äußert." *16* "Wenn man sich den Schmerz des Anderen nach dem Vorbild des eigenen vorstellen muß, dann ist das keine so leichte Sache: da ich mir nach den Schmerzen, die ich fühle, Schmerzen vorstellen soll, die ich NICHT FÜHLE." (PU § 302) *17* Wittgenstein wird deutsch zitiert nach der WERKAUSGABE, Frankfurt 1984ff.