http://www.gkpn.de/wuketits.htm

 

Prof. Dr. Franz M. Wuketits (Wien / Graz)

Evolution und Fortschritt - Mythen, Illusionen, gefährliche Hoffnungen

aus: Aufklärung und Kritik 2/1995 (S. 39 ff.)

Wenige Begriffe haben das abendländische Denken der Neuzeit so stark beeinflußt und so oft fehlgeleitet wie der Fortschrittsbegriff mit der ihm zugrunde liegenden Idee, daß die Evolution, die Entwicklungsgeschichte des Lebens, des Menschen, eine Entwicklung zum “Besseren” bedeutet. (1) Was darunter zu verstehen wäre, scheint weniger klar. Natürlich denken heute die meisten Menschen “fortschrittlich” – verteidigen damit aber nicht selten jenen blanken Unsinn, der ihnen von der Industrie, Politik und Werbung aufgezwungen wird, ohne zu wissen, daß sich dahinter bloß eine mehr oder weniger geschickte Strategie verbirgt, die all jene diskriminiert, die dem sogenannten Fortschritt gegenüber eine gewisse (und, so wie die Dinge liegen, natürlich berechtigte) Skepsis hegen. Manchmal jedoch gilt der Hinweis auf die angebliche Notwendigkeit des Fortschritts auch als Entschuldigung für die Zerstörung unserer Erde. Der dramatische wirtschaftliche Aufschwung der “Tigerstaaten” Asiens lebt derzeit von einem destruktiven Fortschrittsglauben, der schon in naher Zukunft seine Auswirkungen (auch auf andere Staaten) mit voller Härte zeitigen dürfte. Als der taiwanesische Minister für Erziehung und Sport vor laufenden Fernsehkameras von einem Reisbauern, der seine Tränen nicht ersticken konnte, auf die Zerstörung der Lebensgrundlagen seines Landes angesprochen wurde, wußte er keine andere Antwort als diese: “Mir bleibt doch keine Wahl, die Gesellschaft verlangt nach Fortschritt.”(2) Wer oder was “die Gesellschaft” sei, soll hier nicht hinterfragt werden. Welche Blüten aber die Idee des Fortschritts treibt, auf welchem Denkfundament sie steht und warum die Vorstellung einer “progressiven Evolution” (im biologischen wie auch im soziokulturellen Bereich) bloß Mythen, Illusionen und Hoffnungen zum Ausdruck bringt, soll in diesem Beitrag kurz untersucht werden.

1. Zur Psychologie des Fortschrittsglaubens

Der Mensch ist ein illusionsbedürftiges Lebewesen. Sein Drang, die Welt und seine eigene Position in der Welt zu erkennen, ist verknüpft mit illusionären Denkweisen. (3) In der tief in seiner Evolution verwurzelten “MetaphysikBedürftigkeit” (4) spiegelt sich Ratlosigkeit ebenso wie das fundamentale Bedürfnis nach Sinn. In den Bereich illusionären Denkens gehört auch der Fortschrittsgedanke. Zumindest in funktionaler Hinsicht steht dieser Gedanke auf derselben Stufe wie etwa der Glaube an die Vorsehung oder die individuelle Unsterblichkeit. (5) So scheint es, wie der Paläontologe George G. Simpson einmal bemerkte, schier unmöglich, den Begriff der Geschichte ohne den des Fortschritts zu denken. (6) Was freilich nicht ausschließt, daß wir Geschichte, Evolution ga nz anders denken müßten. Aber, darauf wird noch zurückzukommen sein.

Der Glaube an den Fortschritt ist deshalb ein eminent psychologisches Problem, weil er die Suche des Menschen nach Sinn sehr gut zum Ausdruck bringt und deutlich macht, daß der Mensch sich mit den Dingen, so wie sie für ihn sind, nicht so einfach zufrieden gibt. Systematisch gesehen gehört dieser Glaube daher, um an Karl Jaspers anzuknüpfen, in den Bereich der Psychologie der Weltanschauungen (7), die zu untersuchen hat, aus welchen (irrationalen) Quellen menschliche Weltentwürfe gespeist werden, an welchen Denkfiguren – gleich, wie instabil sie sich bei näherer kritischer Prüfung erweisen – der Mensch seine Weltsicht und sein eigenes Selbstverständnis gerne orientiert. Die psychologischen Dimensionen des Fortschrittsgedankens kommen in den revolutionären Ideen der französischen Aufklärung gut zum Vorschein. Der Voltaire-Biograph Theodore Besterman schreibt dazu: “Die Menschen richteten ihren Blick nicht länger nach oben und nach innen. Sie begannen um sich zu schauen und sahen, daß erstens nicht alles gut war und daß man zweitens gegen das Schlechte ankämpfen konnte. Der Meliorismus, der Glaube an die Verbesserungsfähigkeit der Welt, trug einen raschen und beinahe vollständigen Sieg davon.! (8)

Die Psychologie dieses Glaubens wird aber nicht unmaßgeblich von der Idee beeinflußt, daß Fortschritt eine elementare Kategorie der Natur sei, daß also schon die organische Evolution im Vorfeld der Menschwerdung progressiv verläuft. Die französischen Aufklärer dachten noch nicht in Begriffen der Evolution, doch die Idee der Stufenleiter oder scala naturae, die auf die Antike zurückgehende Vorstellung einer “großen Kette des Seins” (9), die alle lebenden Wesen miteinander verbindet, kam dem Evolutionsgedanken schon sehr entgegen. (10) Demnach schreitet das Leben von einfachen zu immer komplexeren Gebilden fort, und die Naturhistoriker der Aufklärungszeit artikulierten so ihren Glauben an die kontinuierliche, graduelle Verbesserung der Lebewesen. Damit aber wurde auch schon die Vorentscheidung getroffen, daß die Evolution kontinuierlich zum Besseren fortzuschreiten habe. Das heute in evolutionstheoretischen Werken, in populärwissenschaftlicher Literatur, aber auch in Karikaturen und in der Werbung hundertfach ge brauchte Schema der Evolution des Menschen spiegelt genau jene “Ikonographie einer Erwartung” (11), die schon die Vorläufer des Evolutionsdenkens im späten 18. Jahrhundert in die Natur projizierten: Die Natur beginnt mit einfachen Wesen und schreitet zu immer komplexeren, “höheren” Wesen fort.

Dabei scheint dieser Prozeß mit Notwendigkeit zu geschehen. Das Bild unserer Ahnenreihe suggeriert die Vorstellung, daß das Auftreten des Homo sapiens von Anfang an festgelegt war, daß schon jener noch gebückt daherkommende Affe, der an der Wurzel der Hominidenreihe anzusiedeln ist, eigentlich keine andere Wahl hatte als sich allmählich aufzurichten, um schließlich dem stolzen Homo sapiens Platz zu machen. Und alle zwischen ihm und dem heutigen Menschen aufgetretenen Wesen wären nur als (notwendige, unumgän gliche) Zwischenformen zu betrachten, unvollständig aber eben wichtig auf dem Weg zum eigentlichen Ziel der Evolution. Natürlich spielt dabei der Glaube, daß die Evolution einen Sinn haben muß, eine hervorragende Rolle, so daß sich evolutionäre Entwürfe wie die des Jesuitenpaters Pierre Teilhard de Chardin (12) einiger Beliebtheit erfreuen dürfen, während die (realistischere!) Auffassung, daß die Evolution kein Ziel habe, nicht auf viel Gegenliebe stößt. Zwar kann, worauf Konrad Lorenz hingewiesen hat, die Vo rstellung einer zweckgerichteten Weltordnung eine demoralisierende Wirkung haben (weil sie den Menschen – scheinbar – von jeder Verantwortung für das Weltgeschehen entbindet) (13), aber das Bedürfnis nach Geborgenheit ist nicht zu unterschätzen. Dieses Bedürfnis ist eine starke psychologische Kraft, und auf sie bauen seit jeher kirchliche und weltliche Priester, die den einzelnen entmündigen wollen, indem sie ihn von einer diese Welt lenkenden Gesetzlichkeit überzeugen möchten – und damit freilich nur ihre eigenen Machtansprüche legitimieren: Der Mensch soll seiner eigenen “Lebendigkeit” verlustig gehen und sich in den Schoß der Propheten zurückziehen, wo ihm jene Geborgenheit verheißen wird, die er als ein seit alters illusionsbedürftiges Wesen genießen will, ganz gleich zu welchem Preis. (14)

Nun war es gerade das Ziel der Aufklärung, den Menschen von den entmündigenden Einflüssen illusionärer Denkweisen zu befreien und den idealistischen und spiritualistischen Weltanschauungen ein Weltbild “von unten” entgegenzustellen (15), welches auch ihn, den Menschen, auf seine eigenen Fähigkeiten zurückführen sollte. Bemerkenswerterweise erlebte aber gerade im Sog der Aufklärung die Fortschrittsidee enorm an Bedeutung. Man wollte sich den Einflüssen der kirchlichen und weltlichen Fürsten entziehen, und das ging doch wieder nur über den Weg von Hoffnungen auf eine bessere Welt. Diese Hoffnungen würden freilich an Substanz gewinnen, wenn sich nachweisen ließe, daß die Entwicklungsgeschichte des Lebens auf der Erde insgesamt progressiv verläuft.

2. Die Attraktionskraft der Fortschrittsidee in der biologischen Evolutionslehre

Vom Fortschritt in der (organischen) Evolution waren (und sind) keineswegs nur “Geisterseher” überzeugt, sondern auch manche der Architekten des modernen Evolutionsdenkens. Dazu nur zwei Zitate:

“ Wir können ... mit Vertrauen auf eine Zukunft von ... unberechenbarer Länge blikken. Und da die natürliche Zuchtwahl nur durch und für das Gute eines jeden Wesens wirkt, so wird jede fernere körperliche und geistige Ausstattung desselben seine Vervollkommnung zu fördern streben. (16)

“Ich glaube an die Macht der menschlichen Vernunft, ich glaube an die Macht der Selektion und ich glaube, daß die Vernunft vernünftige Selektion treibt. Ich glaube, daß dies unseren Nachkommen in einer nicht allzu fernen Zukunft die Fähigkeit verleihen wird, jene größte und schönste Forderung wahren Menschentums zu erfüllen. (17)

Ähnliche Überlegungen und Hoffnungen finden sich in zahlreichen evolutionstheoretischen Werken des 19. und 20. Jahrhunderts (18), und zwar durchaus auch bei Naturhistorikern, denen ansonsten idealistische, spiritualistische Denkweisen fremd sind. Denn die Evolution des Lebenden scheint in der Tat zumindest folgende Eigenschaften zu haben, mit denen ein Fortschritt (im weitesten Sinne des Wortes) assoziiert werden kann:

1. Einen gerichteten Verlauf, der sich in vielen Stammeslinien als deutlich erkennbarer Trend manifestiert.

2. Eine Entwicklung zu immer komplexeren Formen – vom Urtier zum Menschen (19),also eine Zunahme der Komplexität oder Höherentwicklung. (20)

3. Eine sukzessive Ausbreitung des Lebens auf der Erde mit einer immensen Biodiversität bzw. Artenfülle.

Allerdings ist zu unterscheiden zwischen einem bloß beschreibenden Fortschrittsbegriff (wonach in der Evolution nur gerichtete Veränderungen stattfinden) und einem bewertenden Fortschrittsbegriff (der solche Veränderungen als Verbesserungen deutet). (21) Die meisten Evolutionstheoretiker heute würden wohl, sofern sie von Fortschritt reden wollen, keine Bewertungen der Evolution vornehmen und Ausdrücke wie “primitiv”, “hochentwickelt” oder “Verbesserung” meiden. Denn die Frage, wie der sogenannte Fortschritt zu bemessen sei (22), welche (objektiven) Kriterien wir dieser Bemessung zugrunde legen können, ist keineswegs eindeutig beantwortbar. Je nach Gesichtspunkt sind heute die Insekten die “fortschrittlichsten” Lebewesen (enorme Artenvielfalt, Resistenz gegenüber Umwelteinflüssen, hohe Reproduktionskapazität) – oder auch die Säugetiere (hochgradiges Lernvermögen, ausgeprägte Individualität, affektgeleitetes Verhalten).

Daß in der Evolution des Lebenden insgesamt eine Komplexitätszunahme rekonstruierbar ist, scheint indes einzuleuchten: Säugetiere sind offenkundig komplexer als Reptilien, Reptilien komplexer als Fische, Fische komplexer als Schnecken usw. Jedermann scheint also zu wissen, daß die Zunahme der Komplexität von Bauplänen ein charakteristisches Merkmal der Evolution ist. (23) Was dabei oft und gern übersehen wird: Keineswegs alle ursprünglich “einfachen” Organismen haben sich zu komplexeren Formen entwickelt! (24) Nach wie vor gibt es heute beispielsweise Einzeller, “primitive” Würmer usw. Wenn es ein durchgehendes Gesetz der Komplexitätszunahme gäbe – müßten dann nicht alle diese Lebewesen von komplexeren Arten abgelöst worden sein? Am Ende dürfte es ja eigentlich nur noch Primaten (oder überhaupt nur Homo sapiens) geben ... So aber spielt sich Evolution eben nicht ab. Nur die eine oder andere Art eines “primitiven” Bauplans entwickelt sich weiter zu komplexeren Formen, alle anderen behalten den ursprünglichen Bauplan bei. Wenn man also meint, die Evolution sei insgesamt progressiv, dann kann man ebenso auch behaupten, sie sei konservativ. Man ist geneigt, dort, wo eine Komplexitätszunahme auch empirisch tatsächlich feststellbar ist, vorschnell auf einen universellen evolutiven Fortschritt zu schließen (25), womit aber doch nur alte Vorurteile und in die Evolution projizierte Erwartungen befriedigt werden.

Die Attraktionskraft des Fortschrittsglaubens hat sicher auch moralische Gründe. Wenn nämlich die Evolution insgesamt fortschrittlich verliefe, als eine kontinuierliche Entwicklung zum Besseren, Höheren, dann bestünde die (berechtigte) Hoffnung, daß der Mensch gleichsam zwangsläufig in Zukunft ein moralisch besseres Wesen werden wird. In der Tat wurde von vielen Naturhistorikern und Evolutionstheoretikern diese Hoffnung klar ausgesprochen. “The physical, mental, and moral improvement of man is the necessary consequence of the Evolution of Life”, schrieb etwa Henry G.Chapman. (26) Und man vergegenwärtige sich nochmals Darwins und Lorenz’ Aussagen, die ihre moralischen Ansprüche eben auch nicht verbergen. Es fällt vielen Menschen einfach schwer, sich vorzustellen, daß wir der Natur, der Evolution gleichgültig, oder jedenfalls nicht wichtiger sind als Amseln, Eichhörnchen, Braunbären oder Paviane, und daß wir daher auch nicht darauf zählen können, daß wir von dieser Evolution automatisch zu jenem edlen und hilfreichen Wesen gemacht werden, das unserem Ideal vom humanen Menschen entspricht. (27) Anders gesagt: Die Evolution hat mit dem Menschen nichts Besonderes vor, ebenso wie sie mit Amseln, Eichhörnchen, Braunbären und Pavianen nichts Besonders vorhat. Nur eine zur Religion erhobene, auf die metaphysischen Bedürfnisse des Homo sapiens zugeschnittene Evolutionstheorie erlaubt gegenteilige Schlußfolgerungen. (28) Aber eine solche Evolutionstheorie, die weniger die empirischen Ergebnisse der Evolutionsforschung, sondern vielmehr eine “Evolutionsmetaphysik” reflektiert, erfreute sich stets großer Beliebtheit und hat bis heute nichts an ihrer Attraktion eingebüßt. Evolution wird gern humanzentriert verstanden, um unsere Hoffnungen und Erwartungen zu erfüllen.

Nur so erklärt sich, daß selbst nüchterne Vertreter des Evolutionsdenkens in diesem wie im vergangenen Jahrhundert immer wieder den Fortschrittsbegriff bemüht und sich damit nicht selten in Widersprüche verstrickt haben’. Eine Evolution aber, die mit den längst bekannten und analysierten Faktoren wie Selektion, Mutation usw. operiert, hat, wie Ernst Mayr bemerkt, “keinen eingebauten Mechanismus, der ,notwendig’ Fortschritt erzeugt”. (29)

3.Der Mythos von der Zwangsläufigkeit des Fortschritts

Dennoch erscheint all jenen, die an die Vervollkommnung und Verbesserungsfähigkeit der Lebewesen glauben, der Fortschritt als zwangsläufiges Resultat jeder evolutiven Veränderung. Aus den bereits erwähnten Trends in der BioEvolution kann man den Eindruck gewinnen, daß die Evolution insgesamt einen gesetzesartigen Verlauf zeigt. Im der Tat hat vor allem der Biologe und Naturphilosoph Bernhard Rensch in zahlreichen seiner Veröffentlichungen “Evolutionsgesetze” (vor allem “Gesetze der Höherentwicklung”) postuliert (30), die dem Fortschrittsgedanken sehr entgegenkommen.

Aber wie wir schon festgestellt haben, ist kein Mechanismus auszumachen, der in der Evolution grundsätzlich alle “einfachen” durch “höhere” Formen ersetzen würde.

Während es nun vielen Menschen allerdings nicht so wichtig ist, ob die Insekten “höher” stehen als die Würmer, oder ob die Evolution der Mollusken als ein Vorgang der Höherentwicklung beschrieben werden kann, sind doch viele daran interessiert, die Evolution des Menschen – insbesondere seine Kultur und Sozialgeschichte – als einen progressiven Entwicklungsgang zu begreifen. Der Glaube am die Gesetzmäßigkeit der Geschichte der Menschheit manifestiert sich nicht nur im historischen Materialismus mit “der Idee eines beständigen Fortschreitens im geschichtlichen Prozeß zu Höherem hin” (31), sondern zeigt sich in vielen Facetten in Entwürfen von zahlreichen Historikern und Geschichtsphilosophen mit unterschiedlichem ideologischen Hintergrund. Veränderung wird dabei mit Fortschritt im wesentlichen gleichgesetzt: “History in its essence is change”, movement, or... progress.” (32) Aber “Fortschritt” wohin?

Nach landläufiger (unkritischer) Auffassung hat sich die Geschichte der Menschheit im wesentlichen “vom Wilden zum Kulturmenschen” vollzogen – ein Denkmuster, dem Ernst Haeckel (aus heutiger Sicht ebenso unkritisch) seinen markanten Stempel aufdrückte. (33) Demnach sind die Europäer “kultiviert”, “zivilisiert”; die anderen Völker sind “primitiv” und erst dann auf einer “höheren Entwicklungsstufe”, wenn sie eben eine der europäischen bzw. amerikanischen Lebensform ähnliche Kultur entwickelt haben. Es dürfte inzwischen – zumindest unter uns “Aufklärern” – längst bekannt sein, daß sich die Sozial und Kulturgeschichte nicht nach diesem ideologisch verbrämten Muster einer linearen Entwicklung vollzogen hat und daß die Attribute “primitiv” und “hochentwickelt” Vorurteilen entsprungen sind, die objektiven Kriterien nicht standhalten können. (34) Daß aber die von diesen Vorurteilen gespeiste Fortschrittsidee auch manche Greueltaten zu “rechtfertigen” vermochte, können wir freilich ebensowenig übersehen.

Karl Popper hat Hunderte von Seiten gegen die Idee einer gesetzmäßig bestimmten Geschichte (Historismus) geschrieben und die Gefahren dieser Idee mit aller Klarheit herausgestellt. (35) All die falschen Propheten, die uns unter Hinweis auf eine “geschichtsimmanente Gesetzlichkeit”, ein angebliches Ziel der Geschichte, eine bessere Welt versprochen haben (und nach wie vor versprechen) , sollten daher in ihre Schranken gewiesen werden: Der mündige Mensch bedarf ihrer ebensowenig wie des Glaubens an ein, wie auch immer geartetes, Ziel der Evolution; er wird sich damit abfinden können, daß die Evolution, die Geschichte, keine (vorgegebenen) Ziele verfolgt und er daher den Sinn seines Lebens selbst finden darf und kann, daß Kaiser und Könige, Päpste, Bundespräsidenten und kanzler, Minister und Amtsvorsteher in erster Linie ihre eigenen Interessen vertreten und er daher auf sie nicht zählen kann.

Zu den gefährlichsten Ideen des abendländischen Denkens gehört also die Idee von der Zwangsläufigkeit der Geschichte; sie hat, beginnend mit Platon, die Ideologie einer “geschlossenen Gesellschaft” unterstützt (36) und mithin geholfen, das Individuum seiner Individualität zu berauben. (Das versuchen natürlich heute nach wie vor auch die Politiker, selbst in den demokratischen oder angeblich demokratischen Ländern; und das versucht die Werbung, indem sie mehr oder weniger trickreich an die Eigenständigkeit des Individuums appelliert. (37) Doch wie schon im Bereich der organischen Evolution keine lineare Entwicklung mit schrittweisen “Verbesserungen” festgestellt werden kann, muß die Vorstellung einer linearen (progressiven) Entwicklung auch für die Sozial und Kulturgeschichte des Menschen aufgegeben werden: “Das einlinige Schema der Menschheitsentwicklung ist endgültig widerlegt. Die Sicherheit eindeutigen Fortschritts sieht der Ethnohistoriker auf genau bestimmbare Sondergebiete beschränkt. Zu ihnen gehören z. B. nicht Religion und Moral. Zahlreich sind die Erscheinungen, die sich dem Einlinienschema widersetzen: nicht alle Jäger sind Totemisten, nicht alle Pflanzer Mutterrechtler, nicht alle Hirten patriarchalgroßfamiliär usw.” (38) Das hindert freilich Politik und Wirtschaft nicht daran, uns fortgesetzt das Märchen vom kontinuierlichen Wachstum zu erzählen. Die Gesellschaft will Fortschritt, sagen ihre Vertreter (siehe nochmals das obige Zitat bzw. Anm. 2), koste es,was es wolle; und dieser sog. Fortschritt besteht bloß in der Anhäufung des Kapitals, der Schulden, der Konsumgüter, des Mülls ... Völker, die noch nicht in diesen Teufelskreis eingetreten sind, werden “zwangszivilisiert” bzw. ausgerottet. Der sog. Fortschritt ist uns also einiges wert – und wenn die Welt um uns darob zugrunde geht, dann macht das gar nichts. Mythen können eine verheerende Wirkung haben!

4. Fortschritt als Gefahr

Nun ist natürlich vielerorts erkannt worden, daß diese Art von Fortschritt zwei Gesichter hat, daß der Mythos Fortschritt – was auch immer wir uns von ihm versprechen – seine Gefahren und Risiken in sich birgt und wir daher Aufnüchterung nötig haben. (39) Gemeint ist dabei im wesentlichen das ganze Bündel von Erwartungen und Hoffnungen, die der sog. wissenschaftlichtechnische Fortschritt in uns erweckt – von der ständigen Arbeitszeitverkürzung über das größere Freizeitangebot bis zur Lebensverlängerung und gentechnischen Verbesserung des Menschen. Es ist sicher richtig, daß uns die Wissenschaften mit ihrer Anwendung in der Technik Möglichkeiten der Lebensbewältigung in die Hand geben, die andere Organismenarten nicht haben. (40) Es ist aber ebenso richtig, daß diese Art des Fortschritts, die mit der Technisierung unserer Lebenswelt einhergeht, ihre Schattenseiten hat.

Erhard Oeser spricht ausdrücklich von Involutionstendenzen der Wissenschaft, die sich nicht nur im der gewaltigen Expansion und Explosion wissenschaftlicher (Detail-) Erkenntnisse spiegeln, sondern auch und vor allem im den wachsendem Gefahren der Anwendung wissenschaftlicher Erkenntnisse, von den Atomkraftwerken bis zur Genmanipulation. (41)

Alles hat schließlich seinen Preis, so wie die moderne Medizin das Leben verlängern kann, kann sie auch das Leiden verlängern; so wie die moderne Landwirtschaft eine permanente Ertragssteigerung mit sich bringt, leistet sie auch ihren Beitrag zur Naturzerstörung; und so wie die pharmazeutische Industrie heute für jeden Schmerz und jedes Leiden ein Gegenmittel anbieten kann, kann sie auch den menschlichem Organismus in einen Müllhaufen für chemische Abfälle verwandeln. Involution kann daher bedeuten, daß wir mit unserer Zivilisation, die sich inzwischen über den ganzem Globus spannt, in Windeseile in eine Situation geraten werden, die eine Weiterentwicklung der Menschheit nicht mehr möglich macht. Der Untergang dieser Zivilisation könnte praktisch den Untergang der ganzen Menschheit bedeuten, weil sie neben sich keine anderen Zivilisationen duldet. Leben, sagt Lorenz, heißt Lernen (42), und wir verdanken unseren “Aufstieg” als Spezies in erster Linie unserer bemerkenswerten Gehirnkapazität. Unser Gehirn ist ein sehr flexibles Organ und befähigt uns, auch Fehler einzusehen und zu korrigieren. Aber “die Fehler, die die moderne Zivilisation begehen kann, sind irreparable Katastrophen, aus denen man nichts mehr lernen kann.” (43) Der Glaube an den Fortschritt ist also zu einer beispiellosen Gefahr für die Menschheit geworden. Der Mensch ist der geborene Ausbeuter (44) und seine technologischen Fähigkeiten haben in den letzten Jahrhunderten und Jahrzehnten seine ,Ausbeuternatur” noch massiv unterstützt und verstärkt. Er will Fortschritt – oder das, was er jeweils darunter versteht und manövriert sich damit unweigerlich in den “kulturellem Wärmetod”. Mit seinem Steinzeitgehirn hat er sich eine künstliche Welt geschaffen, deren Auswüchse er aber nicht mehr zu kontrollieren vermag, weil er sich im moralischer und geistiger Hinsicht eben nicht weit über das Niveau seiner Vorfahren zu begeben vermag.

Poppers Plädoyer für eine offene Gesellschaft (45) steht durchaus im Einklang mit der modernen Konzeption von Evolution, mit dem Bild einer “offenem Evolution” (46), die keine lineare, schrittweise Verbesserung ihrer Erzeugnisse kennt, sondern langsam, tastend immer neue Arten hervorbringt, die sich eine bestimmte Zeit halten und dann aussterben. So wie die organische Evolution als Zickzackweg auf dem schmalen Grat des Lebens beschrieben werden kann, läßt sich die kulturelle Evolution des Menschen als Zickzackweg auf dem schmalen Grat der Ideen beschreiben. (47) Weder die organische, noch die kulturelle Evolution wird von ewigen Gesetzen regiert, sondern bahnt sich ihre Wege je nach gegebener Situation, je nach gegebenen Randbedingungen. Es ist wie bei einem Spiel: Nichts steht von Anfang an fest nur die Spielregeln sind einzuhalten. (48)

Um mich hier verständlich zu machen: Wenn ich die Idee des evolutiven Fortschritts als Mythos kritisiere, der bloß Illusionen und gefährliche Hoffnungen nährt, dann sehe ich mich keineswegs als einer der vielen Propheten des Weltuntergangs. Denn das Bild einer offenen Evolution liefert für Prophezeiungen’ ohnehin keine Grundlage. Es geht aber darum, aufzuzeigen, daß der Glaube an den Fortschritt uns nicht nur maßlos enttäuschen, sondern uns in eine ausweglose Situation (Involution!) bringen kann.

Unsere Erwartungen in den Fortschritt sollten sich verändert haben. Als die philosophes der Aufklärung mit der Fortschrittsidee eine Dynamik, eine Bewegung der Aktivitäten des Menschen im Sinne einer Verbesserung herrschender Zustände (Ungerechtigkeit, Zensur, Versklavung des Individuums usw.) zum Ausdruck brachten (49), hatten sie dafür gute Gründe. Wenn uns aber inzwischen, wie mit Händen zu greifen ist, der Glaube an den (hier vor allem: technischen) Fortschritt (mit seiner Wachstumseuphorie, Konsumzwang usw.) abermals zu Sklaven einer Idee macht, die in ihren Auswirkungen schon gefährlich geworden ist, dann haben wir gute Gründe, uns von dieser Idee zu verabschieden.

Sicher ist es für viele Menschen nicht einfach, einzusehen, daß die Evolution kein Ziel hat, sondern – ziemlich langsam nirgendhin geht. (50)

Sich im Schoß der Propheten auszuruhen, ist bequemer. Vom “Aufstieg der Menschheit” zu sprechen (51), ist verlockend, und natürlich will niemand den “Abstieg”. Das Paradoxe an unserer Situation ist, daß gerade dieser feste Glaube an den Aufstieg, an den Fortschritt, den Abstieg beschleunigen kann (und bereits zu beschleunigen begonnen hat). Maßgeblich beteiligt an der kritischen Situation, in die sich Homo sapiens manövriert hat, ist seine Überzeugung, etwas Besonderes, der Favorit der Evolution zu sein. H. G. Wells schrieb unter dem Eindruck des Zweitem Weltkriegs, die Aussicht auf eine neue Welt sei hoffnungsvoll. (52)

An anderer Stelle aber bemerkte er: “There is no reason ... to believe that the order of nature has any greater bias in favour of man than it had in favour of the ichthyosaur or the pterodactyl.” (53) In der Tat gibt es keinen objektiven Grund, zu glauben, daß die Evolution uns bevorzugen wird; sub species evolutionis sind wir nicht bedeutender als irgendeine andere Art, auch wenn wir uns die Krone der Schöpfung aufgesetzt haben.

Daher aber können wir uns auch nicht darauf verlassen, daß die Evolution uns vom Aussterben verschonen wird. (54) Wir können uns nicht darauf verlassen, daß irgendein Weltgeist die Geschichte beflügelt und uns daher zu immer lichteren Höhen emporhelfen wird . Denkt man an die vielen Greueltaten, die der Mensch begangen hat (nicht selten, ausgesprochen oder nicht, auch im Namen des Fortschritts), dann wird man freilich eher Bertrand Russells Beobachtung bestätigen können: “Ich habe gesehen, wie die Welt kontinuierlich immer tiefer in den Wahnsinn stürzt.” (55) Es ist, wie gesagt, keineswegs meine Absicht, mit den Propheten des Weltuntergangs ins Horn zu blasen. Die Hoffnung auf einen kontinuierlichen Fortschritt im Sinne einer Verbesserung der Welt, der Welt des Menschen, halte ich jedoch für begraben.

Der Fortschrittsglaube schließt Mythen, Illusionen und gefährliche Hoffnungen in sich – dies in durchaus “aufklärerischer” Absicht zu erkennen ist eine wichtige philosophische Aufgabe unserer Zeit. Diese Aufgabe wurde freilich schon von Monod vorformuliert : “Der Mensch weiß endlich, daß er in der teilnahmslosen Unermeßlichkeit des Universums allein ist, aus dem er zufällig hervortrat. Nicht nur sein Los, auch seine Pflicht steht nirgendwo geschrieben. Es ist an ihm, zwischen dem Reich und der Finsternis zu wählen”(56) und Propheten, Utopisten, Tröster und all die alten und neuen Träumer von einem “menschenfreundlichen Kosmos” hinter sich zu lassen.

Der Autor ist Dozent für Philosophie und Wissenschaftstheorie an den Universitäten Wien und Graz.


Anmerkungen:

(1) Ausführlich beschrieben, kritisiert und zurückgewiesen habe ich die Idee vom (evolutionären) Fortschritt in meinem jüngsten Buch “Evolution ohne Fortschritt. Vom Ende einer Illusion” (Hamburg, im Druck).
(2) Zit. in Der Spiegel Nr. 6 (6. 2. 1995), S. 106.
(3) Vgl. Topitsch, E., Erkenntnis und Illusion. Grundstrukturen unserer Weltauffassung (Hamburg 1979).
(4) Vgl. Wuketits, F. M., „Evolutionäre Wurzeln der Metaphysik”, in R. Riedl und F. M. Wuketits (Hrsg.), Die Evolutionäre Erkenntnistheorie (Berlin/Hamburg 1987), S. 220229.
(5) Vgl. Rapp, F., „Der Fortschrittsgedanke. Struktur und Sinngehalt einer Idee”, Wissenschaft u. Fortschritt 42 (1992) 1317.
(6)
Vgl. Simpson, G. G., The Meaning of Evolution (New Haven 1949).
(7) Vgl. Jaspers, K., Psychologie der Weltanschauungen (1919, Nachdruck der 6. Aufl. München/Zürich 1985).
(8) Besterman, T., Voltaire (München 1971), S.311.
(9)
Vgl. Lovejoy, A. 0., The Great Chain of Being. A Study of a History of an Idea (Cambridge, Mass. 1936).
(10) Vgl. z. B. Wuketits, F. M., Grundriß der Evolutionstheorie (Darmstadt, 2.Aufl. 1989); Zimmermann, W., Evolution. Die Geschichte ihrer Probleme und Erkenntnisse (Freiburg/München 1953).
(11)
Vgl. Gould, S.J., Wonderful Life. The Burgess Shale and the Nature of History (New York/London 1989)
(12) Vgl. Teilhard de Chardin, P., Aufstieg zur Einheit. Die Zukunft der menschlichen Evolution (Olten/Freiburg 1974).
(13) Vgl. Lorenz, K., „Die Vorstellung einer zweckgerichteten Weltordnung”, Anz. d. phil.hist. Kl. d. Österr. Akad. d. Wiss. 113 (1976) 3951
(14) Siehe hierzu auch Wuketits, F.M., Zustand und Bewußtsein. Leben als biophilosophische Synthese (Hamburg 1985).
(15) Vgl. Ewald, 0., Die französische Aufklärungsphilosophie (München 1924).
(16) Darwin, Ch., Über die Entstehung der Arten durch natürliche Zuchtwahl (1859, Nachdruck der deutschen Übersetzung 1920, Darmstadt 1988), S. 564 f.
(17) Lorenz, K., Das sogenannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression (1963, Nachdruck München/Zürich 1984), S. 314. Lorenz spricht hier ausdrücklich von den „großen Konstrukteuren” der Evolution (Selektion, Mutation), die uns helfen würden, zu wahrem Menschentum (Humanität!) zu gelangen.
(18) Beispielsweise auch bei Huxley, J., Evolution in Action (New York 1953)
(19) Dies ist auch ein typischer Buchtitel: Guenther, K., Vom Urtier zum Menschen:Ein Bilderatlas zur Abstanmungs und Entwicklungsgeschichte des Menschen, 2 Bände (Stuttgart 1909)
(20) Vgl. Rensch, B., Biophilosophie auf erkenntnistheoretischer Grundlage (Stuttgart 1968).
(21)
Vgl. Ayala, F. J., „The Concept of Biological Progress”, in F. J. Ayala und T. Dobzhansky (Hrsg.), Studies in the Philosophy of Biology (London 1974), S. 339355; Dobzhansky, T., Ayala, F. J., Stebbins, G. L. und Valentine, J.W., Evolution (San Francisco 1977).
(22) Vgl. Wuketits, F. M., Jenseits von Zufall und Notwendigkeit. Biologische und kulturelle Evolution des Menschen (Basel 1988).
(23)
Vgl. McShea, D., “Complexity and Evolution: What Everybody Knows”, Biol. & Philos. 6 (1991) 303324.
(24) Vgl. Wuketits, F. M., wie Anm. 1, sowie “SelfOrganization, Complexity and the Emergence of Human Consciousness”, La Nuova Gritica 19/20 (1992) 89107.
(25) Vgl. McShea, D., wie Anm. 23.
(26)
Chapman, H. G., Evolution of Life (Philadelphia 1873), S. 181 (meine Hervorhebung).
(27) Vgl. Wuketits, F. M., Verdammt zur Unmoral? Zur Naturgeschichte von Gut und Böse (München/ Zürich 1993).
(28)
Vgl. Midgley, M., Evolution as a Religion: Strange Hopes and Stranger Fears (London/New York 1985)
(29) Mayr, E., Evolution und die Vielfalt des Lebens (Berlin/Heidelberg/ New York 1979), 5. 156. – Daher kann ein Evolutionstheoretiker heute die Evolutionsvisionen eines Teilhard de Chardin nicht ernst nehmen. Er wird eher Monods weniger schmeichelhafter These vom Menschen als “Zigeuner am Rande des Universums” zustimmen müssen; vgl. Monod, J., Zufall und Notwendigkeit. Philosophische Fragen der modernen Biologie (München 1971).
(30) Siehe beispielsweise Rensch, B., „Die Evolutionsgesetze der Organismen in naturphilosophischer Sicht”, Philos. Nat. 6 (1961) 288326, sowie das in Anm. 20 zitierte Buch. Allerdings wollte Rensch eigentlich bloß „Evolutionsregeln” aufstellen, die jeweils für bestimmte Stammeslinien gelten und nicht universalen Charakter haben müssen. Im Grunde aber glaubte auch er an eine Entwicklung zum “Höheren” in der Evolution.
(31) Dietzsch, S., “Geschichte”, in H. J. Sandkühler (Hrsg.), Europäische Enzyklopädie zu Philosophie und Wissenschaften, Band 2 (Hamburg 1990), S.290294, Zitat S. 293.
(32)
Carr, E. H., What is History? (Harmondsworth 1964), S. 132.
(33) Vgl. Haeckel, E., Die Lebenswunder. Gemeinverständliche Studien über Biologische Philosophie (Stuttgart 1905). Bei Haeckel schwebt der „Homo germanicus” schon in klaren Konturen in der Luft! Die weitere Entwicklung dieser Ideologie ist hinreichend bekannt.
(34)
Siehe hierzu z. B. auch Fox R., The Search for Society: Quest for a Biosocial Science and Morality (New Brunswick/London 1989).
(35) Vgl. Popper, K. R., The Poverty of Historicism (London/Henley 1961); The Open Society and Ist Enemies, 2 Bände (4. Aufl., London 1962). Weitere Details finden sich auch in Wuketits, F.M., wie Anm. 1.
(36) Vgl. Popper, K. R., wie Anm. 35, vor allem The Open Society
(37) Nach dem Motto: Wenn Sie Ihre Persönlichkeit betonen wollen, dann müssen Sie z. B. das Auto der Firma X kaufen. (Man stelle sich vor, alle Menschen kaufen das Auto der Firma X, um ihre Persönlichkeit zu betonen Man kann ja wirklich von Glück reden, daß es den Wettbewerb des freien Marktes gibt und die Leute ihre Persönlichkeiten mit dem Kauf verschiedener Autos betonen wollen.)
(38) Kern, F., Der Beginn der Weltgeschichte (Bern 1953), S. 56.
(39) Dazu liegen inzwischen zahlreiche Arbeiten vor. Ich nenne hier nur die folgenden Sammelbände: Löw, R., Koslowski, P. und Kreuzer, Ph. (Hrsg.), Fortschritt ohne Maß? Eine Ortsbestimmung der wissenschaftlichtechnischen Zivilisation (München/ Zürich 1981); Schatz, O. (Hrsg.), Was wird aus dem Menschen? Der Fortschritt. Analysen und Warnungen bedeutender Denker (Graz, Wien, Köln 1974); Winnacker, E.L. (Hrsg.), Fortschritt und Gesellschaft (Stuttgart 1993); Burck, E. (Hrsg.), Die Idee des Fortschritts (München 1963).
(40)
Vgl. Levinson, P., „Cosmos Help Those Who Help Themselves: Historical Patterns of Technological Fulfillment, and Their Applicability to the Human Development”, Research in Philosophy and Technology 9 (1989) 91100
(41) Vgl. Oeser, E., Das Abenteuer der kollektiven Vernunft. Evolution und Involution der Wissenschaft (Berlin/Hamburg 1988).
(42) Vgl. Lorenz K. und Kreuzer F., Leben ist Lernen. Von Immanuel Kant zu Konrad Lorenz. Ein Gespräch über das Lebenswerk des Nobelpreisträger (München/Zürich 1981).
(43) Oeser, E., wie Anm. 41, S. 198.
(44) Vgl. Verbeek, B., Die Anthropologie der Umweltzerstörung. Die Evolution und der Schatten der Zukunft (Darmstadt, 2.
Aufl. 1994).
(45) Popper, K. R., wie Anm. 36 (The Open Society).
(46) Vgl. Wuketits, F. M., „Evolution, Causality, and Human Freedom. The Open Society from a Biological Point of View”, in Schmid, M. und Wuketits F. M. (Hrsg.), Evolutionary Theory in Social Science (Dordrecht/Boston/ Lancaster/Tokyo), S. 4977.
(47) Vgl. Wuketits, F. M., wie Anm. 1.
(48) Vgl. Eigen, M. und Winkler, R., Das Spiel. Naturgesetze steuern den Zufall (München/Zürich 1975).
(49) Vgl. Sledziewski, E. G., “Fortschritt”, in H. J. Sandkühler (Hrsg.), wie Anm. 31, 5.
95105.
(50) Vgl. Ruse, M., Taking Darwin Seriously. A Naturalistic Approach to Philosophy (Oxford 1986).
(51) Siehe z. B. Kühn, H., Der Aufstieg der Menschheit (Frankfurt 1955).
(52) Vgl. Wells, H. C., Die Geschichte unserer Welt (Hamburg 1953).
(53)
Wells, H. G., The Outlook for Homo Sapiens. An unemotional Statement of the Things that are happening to him now, and of the immediate Possibilities confronting him (London 1946), S. 176.
(54) Das Aussterben ist mit der Evolution untrennbar verbunden, durchaus vergleichbar dem das Leben des Individuums begleitenden Tod. Siehe hierzu Erben,H. K., Leben heißt Sterben. Der Tod des einzelnen und das Aussterben der Arten (Hamburg 1981).
(55) Russell, B., Unpopular Essays (London 1976), S. 82.56 Monod, J., wie Anm 29, S. 219.