"Nicht so einen geordneten Blick". Bild, Schirm und drittes Auge

Kadi, Urike (2005) "Nicht so einen geordneten Blick". Bild, Schirm und drittes Auge. In: UNSPECIFIED diaphanes, pp. 249-264.

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Abstract

Angefangen hat alles mit Kinderfotos. Die Mutter fertigte über Jahre zahlreiche
Fotos der heranwachsenden Tochter an. Im Nachhinein erscheint das Blitzlichtgewitter
ihrer Kindheit und Jugend wie ein kleines Wetterleuchten. Denn die
Bildproduktion, welche Elke Krystufek ab 1985 selbst in die Hand genommen hat,
hat das Ausmaß der Bilderflut der frühen Jahre bald überschritten. Die Form der
Darstellung entfernt sich dabei weit von den Anfängen. Die Einstellungen elterlichen
Stolzes können keine scharfen Bilder mehr erzeugen. Das Objekt elterlichen
Begehrens hingegen bleibt präsent. Im Zentrum wie an der Peripherie ihrer fotografierten,
gemalten, gezeichneten und geklebten Bilder taucht es auf, das gleiche
Gesicht wie auf den Kinderbildern, das Porträt der Künstlerin.1 Es findet sich neben
ein bis zwei streng geflochtenen Zöpfen, die auch hochgebunden werden, inmitten
von offenen Haaren, die manchmal spiralartig verformt sind, unter einer
Badehaube oder mit blauer, grüner, grauer, auch blonder, schwarzer oder roter
Perücke, im maskulinen Kurzhaarschnitt hinter einer Brille, mit zerrauftem
Wuschelkopf – so als wollte hier eine sagen: Ich bin viele andere. Auf einzelnen
Collagen ist das Gesicht schwarz eingecremt unter einer dunklen Kraushaarperücke.
Dann wieder bleibt die weiße Schminke nicht auf das Gesicht beschränkt,
sondern ist über den Körper verteilt. Die unbekleidete Haut im Gesicht wie am
Körper mutiert zur Schreibfläche. Die Künstlerin erscheint in Worte gehüllt, eingefasst
in Textblasen, Parolen, Geständnisse, Erklärungen. Oder sie lässt ihren
Körper schemenhaft in Stoff- und Tapetenmustern verschwinden. Auch Blut
fließt – mal aus der Nase, mal aus der Vagina.

Item Type: Book Section
Uncontrolled Keywords: Bildtheorie; Bild; Schirm; Lacan, J.;
Subjects: Philosophie > Philosophische Institutionen > Institut für Philosophie, Wien
Psychoanalyse > Kulturtheorie
Psychoanalyse > Grundlagenforschung
Depositing User: Wolfgang Heuer
Date Deposited: 06 Dec 2020 14:07
Last Modified: 06 Dec 2020 14:07
URI: http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/2822

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