Bottom First, good Peter Quince, say what the play treats on; then read the names of the actors and so grow a point.
A very good piece of work, I assure you and a merry. Now, good Peter Quince, call forth your actors by the scroll.
>Oft ist es eine Frage der (finanziellen) Möglichkeiten, ob man die für eine Theateraufführung notwendigen Rollen passend verteilen kann. Zu der Rolle der Spieler kommen auch die Rollen der Zuschauer in der zeit - räumlichen Einheit des Rollenspiels. Die Rollen sind zumeist vorgeschrieben, inszeniert und dann aufgeführt. Neben der Rolle des Schauspielers ist auch die des Zuschauers essentiell. Beide dürfen auch im Theater der neuen Medien nicht außer Acht gelassen werden.
Theater existiert nicht ohne sein Publikum. Die Rolle des Publikums ist kaum in den Text eines Theaterstücks inkludiert, ist aber unersetzlich für eine Aufführung. Die Inszenierung der Rolle kann auf unzählige Arten stattfinden, abhängig von Konzept und Absicht der Theaterschaffenden, des Regisseurs und des Bühnenbildners.
Im Theaterbereich spricht man oft von der vierten Wand, die Bühne und Zuschauerraum trennt. Das meint eine unsichtbare Wand, die Bühne und Auditorium in klare Bereiche teilt, wie es zum Beispiel Proszeniumsbühnen tun. Dieser Terminus der vierten Wand beschreibt aber auch das Gefühl von Distanz, das das Publikum in Bezug auf die Aktion auf der Bühne bekommen kann. Ein Vorteil dieser Wand ist, daß Schauspieler und Zuschauer exakt wissen, wo ihre Plätze sind, sie schauen entweder zu oder sie spielen.
Besonders das Naturalistische Theater, am Beginn unseres Jahrhunderts, hielt die Trennung zwischen Schauen und Spielen für essentiell. Das experimentelle und alternative Theater dieses Jahrhunderts zeigte aber viele Wege, das Publikum in ihre Überlegungen einzubeziehen. Diese Theaterbewegung, die sich besonders in den Freien Gruppen, Gruppen die nicht an festen Theaterhäusern arbeiten, etablierte, ist durch ihren Bruch mit den traditionellen Konventionen charakterisiert. Sie fand ihren Höhepunkt in den 1960ern in Großbritannien in der Fringe Szene, die John Allen in A History of the Theatre in Europe als "alternative to the mainstream theatre in venue, in management, in content, and in styles of performance" beschreibt. Die Bewegung inkludiert eine weite Reihe an Produktionen, die neue theatralische Formen erforschen, sowie auch politische Gruppen, die die Bühne nützen, um ihre Ideen zu verbreiten. John Allen betont "Perhaps the most common element in the whole movement is the determination to create a new audience for the theatre"
Vorreiter der Fringe Bewegungen war der französische Autor und Schauspieler Antonin Artaud. Zu seinen Werken zählen das Manifest Das Theater der Grausamkeit, erstmals veröffentlicht 1932, und das Buch Das Theater und sein Double aus 1938. Er betonte daß das Theater seine Popularität und seine kommunikative Möglichkeit verliert, wenn es versucht, der Literatur zu folgen. Dieses starre Beharren auf dem Theatertext wurde zu der Zeit, als der Text entstand, im französischen Theater üblich. Artaud kritisierte genau jene Theaterproduktionen, die sich zu sehr auf den geschriebenen Text konzentrierten und dadurch auf die neuen Formen vergessen hätten und nicht an ihr zeitgenössisches Publikum denken würde. Er verlangte eine neue Ausdrucksform, eine spezielle Sprache für die Bühne und weiters die Dekonstruktion von Bühne und Zuschauerraum. Theater sollte an einem öffentlichen Platz ohne Teilungen oder Unterteilungen stattfinden. Artaud's Texte fordern klar eine direkte Verbindung zwischen Schauspieler und Zuschauer.
Seine Ideen beeinflußten den englischen Regisseur Peter Brook, der von der absoluten Notwendigkeit der Anwesenheit der Zuschauer spricht. Er formuliert eine Verantwortlichkeit des Publikums, indem er beschreibt, daß die eigentliche Aufführung erst dann stattfinden kann, wenn beide Teile - Zuschauer und Schauspieler - zusammenkommen.
Nun wird der Augenblick der Aufführung, wenn er da ist, durch zwei Tore erreicht - das Foyer und den Bühneneingang.
In seinen Texten ist ausgeführt, daß ein Regisseur sein Werk erst wirklich sehen kann, wenn es dem Publikum vorgeführt wird - bedingt durch die Notwendigkeit beider Teile an der Produktion. Er verlangt vom Regisseur, sich dessen während der Probenphase bewußt zu sein.
Ähnliche Ideen waren noch radikaler im russischen Theater des zwanzigsten Jahrhundert ausformuliert worden. Der russische Regisseur Wsewolod Meyerhold, der Aufsehen wegen seiner offenen Opposition zum naturalistischen Theater erregte, sagte, daß der Premierenabend eigentlich die erste Probe sei.
We produce every play on the assumption that it will be still unfinished when it appears on the stage. We do this consciously because we realize that the crucial revision of a production is that which is made by the spectator
Meyerhold teilt eine Theaterproduktion in vier Dimensionen ein: Autor, Regisseur, Schauspieler und Zuschauer. Im "Theater der Geraden" können, im Gegensatz zum "Dreieck-Theater", Schauspieler und Zuschauer ihre Kreativität frei entwickeln. Plaziert auf einer horizontalen Geraden, beginnend mit dem Autor, würden sich die vier Grundlagen des Theaters in einem Einfluß des Autors auf den Regisseur, dessen Ideen wieder im Einfluß auf den Schauspielers und der Öffnung der Seele des Schauspielers vor dem Zuschauer auswirken, "wodurch er die Wechselwirkung zwischen zwei Grundlagen des Theaters, dem Schauspieler und dem Zuschauer vertieft" .
Meyerhold's Stilisiertes Theater "macht nicht nur den Schauspieler, sondern auch den Zuschauer frei, indem sie ihn zwingt, nicht allein eine betrachtende Haltung sondern eine eigene schöpferische einzunehmen". Manche meinen, dieser Versuch einer Fusion zwischen Schauspieler und Zuschauer sei der Grund gewesen, daß Meyerhold als erster die zeitgenössischen russischen Stücke auf die Bühne bringen konnte. Ein gutes Beispiel, wie er explizit das Auditorium benützte, um die Regieanweisungen des Texts zu erfüllen, waren seine Aufführungen von Massenspektakel und seine Überlegungen zur Aufführung von Verhaerens Morgenröte:
Wieviel Kleindarsteller müssen engagiert werden,
um Verhaerens Anmerkung zu verwirklichen: "Die Gruppen bewegen
sich wie eine einzige Person mit vielen und einander widersprechenden
Gesichtern"? Antwortet man uns: "Hundert" - so
werden wir's nicht glauben; sagt man "Zweihundert" -
glauben wir's auch nicht: zu wenig! Wenn die Bühne keinen
Raum bietet für zwanzigtausend Mann, dann zeihen wir es vor,
mit sieben Mann zu spielen!
[
]
Der Ausweg: sie auf die Seiten des Programms packen oder in die
Orchestra. Da wir über keine Programme verfügen, halten
wir uns an die Orchestra.
Während den ersten 40 Jahren des zwanzigsten Jahrhundert zeigte Meyerhold die praktische Anwendung seiner Theorien. Daneben hatte er noch klare Pläne, wie die ideale Architektur eines Theaters, das die Zuschauer einbezieht, aussehen sollte. Aus Geldgründen wurde diese Idee nie realisiert, ist aber nun über das World Wide Web in einer VRML Animation zugänglich.
Augusto Boal stellte aber in den 60er Jahren fest, daß die Rekonstruktion von traditionellen Theaterplätzen nicht genug sei, um die strikte Teilung zwischen Bühne und Auditorium aufzugeben. In seinem Konzept eines unsichtbaren Theaters unterstrich er, daß nicht länger realistische Bühnen gebaut werden müßten, wenn man einfach reale Orte benutzen könnte. Er läßt seine Aufführungen an öffentlichen Plätzen stattfinden, wo die Zuschauer nicht einmal wissen, daß sie an einer Theateraufführung teilnehmen. Er gibt dem befreiten Publikum eine aktive Rolle, ohne sie das wissen zu lassen.
Wie im traditionellen Theater gibt es bei diesen Aufführungen einen vorgeschriebenen Text, eine umrissene Konfliktsituation, die von den Schauspielern geprobt wird. Während der Proben bereits werden die Schauspieler auf mögliche Stichworte der Zuschauer vorbereitet.
Boal betonte, daß er mit seinem unsichtbaren Theater, einem hauptsächlich politischen Theater, Diskussionen anfachen wolle, die Leute ermutigen, über bestimmte Dinge nachzudenken. Für diese Zwecke benutzte er transformierte theatralische Mittel, um die Zuschauer wirklich in sein Stück hineinzuziehen.
Auch in einem Theater daß sich in oftmals unbekannten, virtuellen Räumen bewegt, läßt sich zeigen, welche Möglichkeiten der Einbeziehung von Publikum es geben kann und daß es für die Zuschauer nicht immer einfach ist, zu verstehen, wie sie sich verhalten sollen und können.
Eine Lösung für diese Unsicherheit wurde von Stuart Harris gefunden, als er im Dezember 1993 seinen Hamnet im IRC aufführte. Wie oben erwähnt hatte Stuart Harris Shakespeares Stück auf 80 Zeilen verkürzt und die Nummer der handelnden Personen von 17 auf 9 zusammengestrichen. Zusätzlich hatte er aber noch Rollen eingeführt, die er als nützlich für eine Aufführung im IRC erachtete: Exit, Drums, Colors, Prompter und - Audience.
The "actors" are not the only ones who play around, improvise, raise a textual ruckus--members of the audience do too. Technically, all that is necessary for "audience" to be represented on screen is for one person to use the nick <audience> and type "Clap, clap, clap...", as line [1] of the script calls for, and to comment "hmmmmmm....." at the end [line 80].
Er hatte explizit die Reaktion der Zuschauer ausformuliert und traditionelle Zeitpunkte für diese Reaktion gewählt: der Charakter <audience> hatte eine Textzeile zu Beginn und am Ende des Stücks. So versuchte Stuart Harris sicherzugehen, daß alle Dimensionen, um mit Meyerholds Worten zu sprechen, in die Aufführung inkludiert waren. Neben Autor, Produzent, Regisseur und Darsteller war so auch ein Publikum vorhanden. Niemand konnte zur Zeit der ersten Aufführung von Hamnet sicher sein, wie dieses Experiment von den Zuschauern aufgenommen werden würde. Man konnte nicht einmal sicher sein, ob ein Publikum vorhanden sein würde, obwohl Stuart Harris sein Projekt auf einige Arten publik gemacht hatte: Ankündigungen im Internet, im American National Public Radio und durch lokale Fernsehinterviews und diverse Zeitungen.
Er versuchte, dieses Theaterereignis auch den IRC-Usern attraktiv zu machen. Eine Unsicherheit blieb trotzdem bestehen: das Verhalten des Publikums. Jene, die auf Grund der Ankündigung in traditionellen Medien kommen würden, würden wahrscheinlich nicht wissen, wie sie sich an diesem Ort zu verhalten hätten. Auf der anderen Seite, jene die auf Grund ihrer oftmaligen Anwesenheit im IRC teilnehmen würden, könnten sich auch sehr destruktiv verhalten.
Die Unterhaltungen auf den Chat-Kanälen des IRC sind oft durch ihre rowdyhafte Natur gekennzeichnet, durch ständiges Kommen und Gehen und oft niveauloses Scherzen. Diese Umgebung ist einer der online Treffpunkte, die anonym betreten werden. Um verbunden zu werden, wählt man sich einen Spitznamen und kreiert leicht eine eigene, neue Identität. Offensichtlich unterstützt diese Maskierung manche Leute darin, sich rücksichtsloser zu verhalten, als sie es im realen Leben tun würden. Dieses Phänomen findet man hauptsächlich bei Newbies, das sind jene, die zum ersten Mal an dieser Art von online-Chat teilnehmen und erstaunt sind über die neuen Möglichkeiten, die sich plötzlich zu eröffnen scheinen. Es scheint für jene so auszusehen, als könnte sie niemand für rüpelhaftes Verhalten zurechtweisen oder strafen. In der Theaterterminologie würde ich sagen, kein Platzanweiser ist da, um sie zu Ruhe und Aufmerksamkeit anzuhalten. Das Medium der online-Kommunikation tendiert dazu, Eigenschaften, die manche im realen Leben verstecken würden, herauszubringen. Manche Leute mögen es in einer solchen Umgebung leichter finden, innerste Gedanken mitzuteilen und auch Leute zu kritisieren. Diese Charakteristik dieses Mediums kann von zwei Seiten betrachtet werden: einerseits bringt es manche Leute dazu ehrlicher zu sein, sich gegenüber und gegenüber anderen, andererseits wird das Medium leicht zu einem Spielplatz für die Rücksichtsloseren. Herumzualbern und die anderen zu beschimpfen kann manchen als Spaß erscheinen, aber gerade dieser offene Aspekt bietet einen Platz für Leute, die ansonsten zu scheu sind, um sich zu artikulieren.
In seiner Produktion von Hamnet hat Stuart Harris nicht versucht, das negative Verhalten der IRC-User zu verhindern. Dieses Risiko war in seine Idee und Konzept der Theateraufführung inkludiert. Wie oben erwähnt war ja auch der Text an die Sprache des Environments angepaßt. Aber er versuchte, wenigstens einem Teil seines Publikums mitzuteilen, wie sie sich zu verhalten und zu reagieren hätten. Das ist eine gute Leitlinie, um eine Theateraufführung zu garantieren. So konnte er sicher sein, daß er wenigstens etwas von dem Feedback erhalten würde, das nötig für eine Aufführung ist. Nichtsdestotrotz erhielt er die wahren Reaktionen auf seine Arbeit von einem Publikum, das kein vorgeschriebenes Skript vor sich hatte.
Einer Komponente, der beispielsweise Cat Hebert in seinem Konzept des oben erwähnten Chat-Theater zu wenig Beachtung geschenkt hatte, war die der Interaktion und die Rolle des Publikums. Die Kommentare des Publikums waren von den Schauspielern, aus technischen Gründen, nur sehr peripher wahrgenommen worden. So war auch keine wirkliche Reaktion von Seiten der Bühne auf die Zuschauern möglich gewesen. Das Umfeld der Akteure und das Skript waren, trotz Freiheit zur Improvisation, nicht darauf ausgerichtet gewesen. Einer der Schauspieler berichtete, daß er zum ersten Mal in seinem Leben Schwierigkeiten gehabt hätte, den nötigen Antrieb zum Spielen zu bekommen, da er überhaupt keine Resonanz aus dem Zuschauerraum gespürt hatte, als er "die Bühne betrat.
RobertG speaks up, "one of the primary forces for any actor, what gets one on the stage, is the response from the audience. This is the first time in my life that I "got on the stage:" and didn't feel that. At all."
Die Gefahr dabei ist, daß wie in diesem Beispiel die Aufführung einem Logfile eines Chat ähnelt. Erst die unvorhergesehene Fehlermeldung "Type mismatch" hatte in diesem speziellen Fall die Einmaligkeit und Echtheit dieser Aufführung gezeigt. Vor allem wurde durch diese Panne verdeutlicht, daß selbst in so einem scheinbar technischen Umfeld nicht jeder einzelne Schritt vorher geplant und abgespeichert werden kann.
Ein gutes Beispiel für das möglicher Verhalten und die Inkludierung des Publikums ist die Aufführung von NetSeduction An Interactive Theatrical Production. Im Oktober 1996 zeigte Steve Schrum im ATHEMOO, wie man elegant den Graben zwischen Schauspieler und Zuschauer verschwinden lassen kann. Er machte das so gut, daß einer der Zuschauer, der gekommen war, um seine Schwester spielen zu sehen, nicht merkte, daß das Stück schon begonnen hatte.
RobertW [to Beth]: "I heard there was a play going on tonite. Seems it got cancelled though"
Die Aufführung konzentrierte sich sehr auf die interaktive Komponente, so daß das Stück nicht mehr einer traditionellen Theateraufführung, die manche Zuschauer gewohnt waren, ähnelte. Für jene schien der eigens konstruierte Chat Raum ein ganz normaler Chat Raum und nicht eine Bühne zu sein. Sie vermißten vielleicht die strikte Trennung zwischen Darsteller und Betrachter. Einige der Zuschauer schienen ihre aktive Rolle zu genießen, während andere etwas verloren und unsicher schienen.
Steve Schrum hatte zwecks dieser Improvisation und Interaktion das Auditorium in drei Gruppen eingeteilt: MOObots, Lurkers und Supers. MOObots sind aus der Programmiersprache des MOO erstellte Roboter, die auf bestimmte Wörter reagieren, und stellten Stammkunden eines Chat - Rooms dar. Die Gruppe der Lurkers waren ein Publikum im traditionellen Sinn, Leute, die gekommen waren, um die anderen zu beobachten. Personen, die einen normalen Chat - Room besuchen, sind nicht immer in die Gespräche involviert. Manche hören einfach den anderen zu und "schauen" herum. Aktivere Chatter in einem echten Chat - Room interagieren und sprechen mit den anderen Teilnehmern. In Steve Schrums Chat - Room bestand die Gruppe der Supers laut Definition aus solchen Mitgliedern des Publikums, die sich aktiv am Geschehen beteiligten, "perhaps having cyberaffairs of their own"
What NetSeduction REALLY is...
NETSEDUCTION
An Interactive Theatrical Production
NetSeduction is a play by Steve Schrum that was performed at ATHEMOO on October 11, 1996 at 7pm EST and October 12, 1996. at 12noon EST.
Steve wrote a linear script, but the performance was interactive, with three sets of participants:
1.Lurkers, audience members who hang out and watch;
2.Supers, audience members who participate in the chat room talking to each other or to the:
3.Players, "lead actors" who play the roles in the linear script and improv/interact with supers.
Eine klarere Beschreibung und Leitlinie während und durch die Aufführung wäre hier wahrscheinlich hilfreich gewesen. Solche Anweisungen helfen dem Auditorium in die Aufführung hineinzukommen und die Intention der Produktion zu erfüllen. Speziell wenn die Teilnehmer noch nicht an das benutzte Medium gewöhnt sind, ist eine Einführung in die gesamte Spielumgebung und das Stück notwendig, bevor die eigentliche Aufführung beginnen kann. Das könnte auch bereits in die Show inkludiert sein oder wie ein erweitertes Programmheft funktionieren. Im traditionellen Theater lesen viele Leute das Programmbuch in der Zeit, die bleibt, nachdem sie ihren Sitzplatz eingenommen haben und bevor der Vorhang hochgeht. Da sich aber nicht alle diese Zeit nehmen, könnte man eine Art gemeinsames Lesen des Programmbuchs, also eine reservierte Zeit einplanen.
Es war für die Darsteller ja auch kaum möglich, zwischen den Zeilen des vorgeschriebenen Textes Kontakt zu den Zuschauern aufzunehmen, oder noch zu improvisieren. Die Handlung war, auch dadurch, daß es sich um die Darstellung von Geschlechtsakten zwischen zumeist zwei Beteiligten handelte in sich sehr abgeschlossen. Diese Konzeption verhinderte, daß die Darsteller in der Logik ihrer Figur offener auf die Zuschauer hätten zugehen können und sie dadurch eventuell zur Improvisation ermutigen hätten können. Steve Schrum hatte von den Zuschauern mehr Eigenintiative erwartet, eine Erwartung die nur zum Teil erfüllt wurde.
Weitaus erfolgreicher zeigte sich da Rick Sacks MetaMOOphosis, das ohne Interaktion seiner Besucher ja gar nicht erst zur Aufführung kommen kann. In einem email-Interview antwortete Rick Sacks auf die Frage von Nina Le Noir, wie er die Unterschiede zwischen einer online- und einer "real-life" Aufführung sehe:
My specific concern was with avoiding a performance that could have been done by robots to a robot audience. A completely scripted work could be 'fed' to the screen with one push of a button.
Rick Sacks äußert jene Zweifel, die sonst von Kritikern dieser Form von Theater kommen, die meinen, in einer Aufführung, die über die Kommunikationswege des Internet geschickt werden, sei eine Maschine nicht mehr von einem Menschen zu unterscheiden. Rick Sacks bezieht das Publikum ein, läßt es zum aktiven Part der Aufführung werden, und so wirkt diesen Zweifeln entgegen.
Im aktuellen Status der Entwicklung von Kommunikationsumgebungen im Internet haben MOO und IRC deutlich die größten theatralischen Möglichkeiten. Das Raumempfinden dort scheint mir interessanter und exemplarischer für ein Theatererlebnis. Auch in Bezug auf die Rolle und Plazierung des Publikums zeigen jene textbasierten Aufführungen deutliche Vorteile. Wenn mit der derzeit noch schwachen Bandbreite des internationalen Netzes Videodaten übertragen werden, ist die Gefahr groß, daß die Aufführung nur eine schlechte Kopie dessen wird, was wir schon lange von Liveübertragungen von den Fernsehekanälen kennen: dem Publikum ist dann keine Möglichkeit der Reaktion gegeben, und die schlechte Bild- und Tonqualität lenkt von der Qualität der Aufführung ab. Die Verwendung des Terminus Theater wird hier äußerst problematisch.
Theateraufführungen, die Multimedia Tools und das Internet benutzen, zeigen oft Probleme in der passenden Inkludierung des Publikums. Der oben erwähnte The Renaissance Man von J. Matthew Saunders demonstrierte, wie man Real Audio - und CuSeeme - Software innerhalb einer traditionellen Theateraufführung verwenden kann. Das heißt, das Publikum konnte sowohl im realen Theaterraum als auch über ihre Computerbildschirme die Theateraufführung verfolgen. Jene, die nicht in Virginia, sondern von einem entfernten Ort teilnahmen, mußten so nicht mehr Bilder in ihrem Kopf entstehen lassen, wie das bei textbasierten Theateraufführungen der Fall ist, sondern bekamen bewegte Bilder auf ihren Bildschirm übertragen. Aber im Gegensatz zu den textbasierten Aufführungen gab es keine Möglichkeit für die Teilnehmer aus dem Cyberspace, auf das Geschehen zu reagieren. Das komplexe Konzept der Videoübertragung hatte die Leitung zurück zum Publikum nicht inkludiert, die nötig ist, um alle Dimensionen einer Theateraufführung zu gewährleisten.
Das Medium Internet selbst ist entwickelt worden, um weltweite Information und Interaktion zu ermöglichen. Wenn nun Theater an einem online - Meetingplace aufgeführt wird, ist es nicht unbedingt nötig, dem Publikum eine aktivere Rolle zuzuteilen, als man ihm im realen Theater zuteilen würde, obwohl das eine Attraktion dieses Mediums ist. Was aber zählt, ist dem Publikum eine Rolle zu geben, die nicht weniger aktiv ist als jene im traditionellen Theater. Der Zuschauer einer Internet Vorstellung muß nicht interaktiver - das meint hier aktiv - sein, aber er oder sie muß die Möglichkeit haben, auf den Handlungsablauf auf der Bühne zu reagieren. Die Aufführung muß die selbe Quantität von möglichen Reaktionen zu Verfügung stellen wie das reale Theater. Das Wort Interaktiv in diesem Sinne sollte also nicht nur die mögliche Nutzung der Theaterschaffenden für Handlung und Darstellung ihres Stückes, vielmehr zuerst die Gewißheit der Anwesenheit des Publikums und ihrer Aktivität in dieser Anwesenheit ausdrücken.
Um diese Spannbreite der Publikumsreaktionen zu testen, stellte Wsewolod Meyerhold einmal eine Liste von möglichen Publikumsreaktionen auf. Er wollte herausfinden in welchen Momenten die zwei-weg Kommunikation stattfindet. Sein Liste inkludiert Reaktionstypen wie: Stille, Geräusch, lautes Geräusch, Lesen (zum Beispiel den Stücktext mitverfolgen), Singen, Husten, Stampfen, Ausrufe, Weinen, Lachen, Seufzen, Applaudieren, Pfeifen, Zischen, aus dem Zuschauerraum gehen, Aufstehen, Dinge auf die Bühne werfen, . Diese Geräusche und Bewegungen vermitteln dem Schauspieler, daß sich jemand im Zuschauerraum befindet. Selbst ohne beabsichtigtes Lärmen bleibt die Gegenwart eines Menschen für einen anderen Menschen selten unbemerkt.
Der Ausschluß dieser Reaktionen des Publikums in der Nutzung von Multimedia Tools schien aus einer Angst zu resultieren, daß jede Antwort aus dem Netz den Verlauf der Aufführung stören würde. Das ist verständlich, jenes Feedback kann bald außer Kontrolle geraten, wenn das Publikum selbst Videokameras und Mikrophone einsetzt, um laufend ihre Bewegungen und Geräusche zu übertragen. Solche Quantität an Informationen wird in einem realen Theaterhaus leicht verarbeitet. Aber unter Berücksichtigung des jetzigen Status der Bandweite des Internet könnte jener Informationsfluß schnell die Leitungen verstopfen und dadurch die Zuschauer wiederum ganz von der Vorstellung ausschließen. Nebenbei, der Fakt, daß viele Leute dieses Equipment noch kaum zu Verfügung haben, würde die Anzahl der Teilnehmer, die ohnehin schon eingeschränkt ist, verringern.
Anwesend zu sein heißt im Cyberspace, dem Programm mitzuteilen, daß man anwesend ist, so daß diese Information zu den anderen Teilnehmern weitergeleitet werden kann. Das heißt also, daß die reine Anwesenheit nicht so leicht zu zeigen ist, wie es scheint, weil wir noch nicht an die Anwesenheit in virtuellen Räume gewohnt sind. Ein Weg, damit umzugehen muß, noch erforscht und erfahren werden. Bis diese Verhaltensweisen alltäglicher und weiter verbreitet sind, muß eine Theaterproduktion dem Zuschauer zuerst mitteilen, wie er sich selbst in der gewählten Umgebung durch die passende Software sichtbar machen kann. Wenn diese Basis geschaffen ist, kann eine weitere Ausführung der Zuschauerrolle und die Improvisation der Zuschauer entstehen.
©1997 Mohnstrudel. |