| Proseminar (Wimmer): Geschichte des PhilosophierensChina: Han-Zeit(In Ausarbeitung!)Politische und soziale GeschichteWestliche (Xi-)Han (206 v.-6 n.)Nach der kurzen, jedoch sehr folgenreichen Herrschaft der Qin-Dynastie (221-206 v.) etabliert sich unter Liu Bang (Liu Pang) die Dynastie der Han, welche mit einer kurzen Unterbrechung durch Wang Mang ("Xin"-Dynastie) etwa vierhundert Jahre lang den gesamten chinesischen Raum beherrscht und danach in einem der "Drei Reiche" (Sanguo), die als Nachfolgestaaten des Han-Reiches sich herausbilden, im Südwesten Chinas noch mehrere Generationen lang weiter besteht. Von einer "westlichen" Periode spricht man, weil die Hauptstadt dieser Epoche Chang'an ist, während der Regierungssitz in der späteren Han-Zeit das weiter östlich gelegene Luoyang war.Schon bald nach dem Herrschaftsantritt des zweiten Kaisers der Qin-Dynastie (210 v.) brachen Aufstände aus, deren Anführer aus allen Schichten der Gesellschaft stammten, aus alten Adelsfamilien wie aus den Reihen der Fronarbeiter. Einer von ihnen war Liu Bang, der aus bäuerlicher Familie in Shandong stammte und mit seinen Truppen im Jahr 207 v. die Hauptstadt eroberte. Diese wurde aber im Jahr darauf nochmals von Xiang Ji, einem aristokratischen Anführer erobert, wobei der dritte und letzte Qin-Kaiser zu Tode kam. Nach diesem Ereignis wird der Beginn der Han-Dynastie datiert, obwohl es Liu Bang erst vier Jahre später gelang, auch seinen Konkurrenten Xiang Ji zu besiegen. Liu Bang (+ 195 v., gewöhnlich unter seinem Ehrennamen Gaozu [Kao-tsu] genannt, was soviel wie "großer Ahnherr" heißt) konnte und wollte nicht an alte feudale Traditionen anknüpfen. Seinen Dynastienamen nahm er von einem Fluss in Mittelchina und nicht von einem der früheren Staaten. Sein Programm bestand vor allem darin, diejenigen Maßnahmen der Qin abzuschaffen, die sie verhasst gemacht hatten, in erster Linie das drakonische Strafrecht zu ändern. Die Steuersätze waren unter den ersten Han-Kaisern deutlich niedriger als in der Qin-Zeit. Eine neue, jedoch nach dem Vorbild der Qin zentralistische Verwaltung mit Präfekturen, untergeordneten Bezirken und Kreisen wurde eingerichtet, wobei einzelne kleinere feudale Lehensherrschaften ausgenommen wurden, die mit einer Ausnahme alle im nordöstlichen Gebiet Chinas lagen. Es dauerte ungefähr 100 Jahre, bis diese Fürstentümer, mit denen Mitglieder herrschenden Familie beziehungsweise deren Parteigänger belehnt worden waren, wieder unter zentrale Verwaltung gestellt wurden. Die Bevölkerung wuchs während der Han-Zeit stark an (auf ca. 57 Millionen um Christi Geburt) und es entstanden große Städte. In Changan, der Hauptstadt lebten etwa 250.000 Menschen. Das "Bücherverbot" der Qin wurde erst unter seinem Nachfolger (191 v.) aufgehoben, der in diesem Jahr starb. Darauf folgt die (erste) Regentschaft einer Witwe, der Gattin von Liu Bang, einer geborenen Lü. Erst ab 180 v. setzt sich die Sippe Liu wieder durch. Der bedeutendste und in seiner langen Regierungszeit auch erfolgreichste Herrscher ist Wudi (= "Kaiser Wu", Wu Ti, 141-87 v.), dem es gelingt, die innere Verwaltung des Reiches zu festigen sowie dessen Grenzen nach Norden und Westen weit auszudehnen und zu sichern. Unter seiner Herrschaft wird der Konfuzianismus in Form der "Neutext-Schule" des Dong Zhongshu zur Staatsideologie und es entsteht auch das erste große Geschichtswerk der chinesischen Tradition, das Shiji des Sima Qian. Unter den Nachfolgern des Wudi ist die Zentralregierung immer wieder durch wechselnde Parteibildungen (der Eunuchen und der Sippen von Kaiserinnen) geschwächt. Um die Zeit von Christi Geburt hatte sich das Reichsgebiet weit über die Grenzen des Qin-Reiches im Nordosten (über einen großen Teil der koreanischen Halbinsel), im Nordwesten (weiteste Erstreckung bis Dunhuang), nach Südosten und Südwesten ausgedehnt. Die südlichste Präfektur lag in Wu-ch'ieh (südlich von Hanoi), die östlichste, Chao-ming in der Nähe von Seoul, während Dunhuang im Nordwesten im Gebiet des heutigen Sinkiang lag. Das unter der Qin-Dynastie geschlossene Mauersystem mit einer ca 100 v. durchgeführten Erweiterung nach Westen bildete die Nordgrenze. Somit erstreckte sich das Reich über mehr als 20 Breitengrade in nord-südlicher und im Norden über ungefähr 35 Längengrade in ost-westlicher Richtung. In der Luftlinie war die südlichste Präfektur von der Hauptstadt ca. xxx km entfernt, die Distanz zur nordöstlichsten Präfektur in Korea betrug ca. xxx km. Das Straßennetz, das bereits unter der Qin-Dynastie normiert und sternförmig auf die Hauptstadt hin ausgerichtet war, wurde insbesondere in den nördlichen Provinzen ausgebaut.
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Wang Mang (45 v.-23 n) war als Neffe der Hauptfrau des Han-Kaisers Yüan (+ 33 v.) zu großem Einfluss gelangt und übte von 1-8 n. die Regentschaft für einen unmündigen Kaiser aus. Er war überzeugt von der Vorbildlichkeit jenes "Herzogs von Zhou", der zu Beginn der Zhou-Zeit ebenfalls die Regentschaft ausgeübt hatte und von Konfuzius als Idealfigur gesehen worden war. In diesem Geist verfasste Wang Mang ein Werk unter dem Titel Zhou-li ("Riten der Zhou"), das in den Rang eines konfuzianischen Klassikers erhoben wurde. Er vertrat darin ein archaisches Gesellschaftsideal, vermengt mit Vorstellungen aus der Elementenlehre.[1] Durch geschickte Propaganda und unter Ausnutzung von "Himmelszeichen" gelang es ihm, sich selbst als Kaiser einer neuen Dynastie auszurufen, ohne dass dazu ein Aufstand nötig gewesen wäre. Diese Dynastie sollte den Namen "Xin" (Hsin, "Erneuerung") tragen und an Ideale der Zhou-Dynastie anknüpfen - eine konservative Revolution. Unterstützt wurde er vor allem von Intellektuellen wie dem Philosophen Yang Xiung (Yang Hsiung, 53 v. - 18 n.)[2] und auch Angehörigen der Kaiserfamilie selbst. Die Herrschaft des Wang Mang wird durch den Aufstand der "Roten Augenbrauen" beendet, die unter der Führung eines Mitglieds der (kaiserlichen) Liu-Familie im Herbst 23 Changan erobern, wobei Wang Mang, der in auswegloser Situation immer noch mit magischen Mitteln zu siegen hofft, getötet wird. Ausgelöst wurde dieser Aufstand von Flutkatastrophen am Gelben Fluss, wodurch Massenflucht, Seuchen und Hungersnot auftraten. Bedenkt man, wie sehr Wang Mang selbst von der Bedeutung von außergewöhnlichen Naturereignissen als Zeichen des "Himmels" überzeugt war, so liegt eine gewisse tragische Ironie darin, dass seine "Erneuerung" gerade dadurch so bald scheiterte.
Die Beurteilung Wang Mangs ist sehr widersprüchlich. Er wird als idealistischer Sozialrevolutionär ebenso dargestellt wie als skrupelloser und abergläubischer Abenteurer. Seine Reformen bestehen einerseits in der Abschaffung von Privateigentum (z.B. neue Monopole, Verbot der Sklavenhaltung, des privaten Landeigentums und von privatem Geldverleih), andererseits in archaisierenden Maßnahmen (z.B. Münzen nach Art der Zhou, Neueinführung von angeblich alten Ortsnamen - und beides sollte Zustände der frühen Zhou-Dynastie wiederherstellen), waren insgesamt sprunghaft und inkonsequent, doch hatten sie "eine Grundtendenz, die letztlich auf die Stärkung der Zentralmacht hinauslief."[3]
Für die Geschichte der chinesischen Philosophie ist Wang Mang insofern von Bedeutung, als unter seiner Herrschaft und Beteiligung die konfuzianische "Alttextschule" entstanden ist.
In den Kämpfen gegen Wang Mang hatte im Frühjahr 23 Liu Xian sich als Kaiser unter der Devise Gengshi ("neuer Anfang") ausrufen lassen, doch gelang es ihm nicht, sich nach dem Sieg über Wang Mang durchzusetzen. Erst zwei Jahre später begründete ein anderes Mitglied der Familie Liu unter dem Kaisernamen Guangwudi (Kuang-wu, 25 - 57) die "spätere" oder "östliche" Han-Dynastie mit dem Regierungssitz in Luoyang. Unter seiner Herrschaft erlangt das Reich vorübergehend seine größte Ausdehnung.
Der lange Bürgerkrieg, der vor allem in Nord- und Mittelchina ausgetragen worden war, hatte zusammen mit massenhafter Auswanderung nach Süden weite Teile des Landes entvölkert, was zum Eindringen von nördlichen Völkern, aber auch zu Kriegszügen der Tibeter führte. Insgesamt verlagert sich der Schwerpunkt der Bevölkerung nach Süden, und auch der Traditionskritiker Wang Chong stammt aus dem Südosten.
Ein starkes Anwachsen des privaten Großgrundbesitzes während dieser Periode schmälert die Staatseinnahmen und den Einfluss der Regierung im lokalen Bereich. Dazu kommen zeitweilig starke Auseinandersetzungen zwischen den Hofeunuchen, den Familien der Kaiserinnen und den Beamten. Das System der doppelten Ausbeutung durch die Zentralregierung und die Großgrundbesitzer führte nach einer Reihe von Naturkatastrophen zum Aufstand der "Gelben Turbane" (ab 184) und einem Bürgerkrieg, an dessen Ende sich drei Reiche herausbilden: Wei im Norden mit einer Erstreckung von Korea bis weit in den Westen; Shu-Han im Südwesten und Wu im Südosten. In dieser letzten Periode spielt einer der beliebtesten Romane der chinesischen Literaturgeschichte, der in der Ming-Dynastie entstandene Roman "Die drei Reiche".[4]
Aus der Zhou-Dynastie ist die Kenntnis zahlreicher Kräuter und Drogen sowie die Anwendung der Akupunktur belegt. Solche Kenntnisse werden in der Han-Zeit nun auch theoretisch begründet, indem ein Zusammenwirken von Yin und Yang mit den "Fünf Elementen" konstruiert wird. Dabei beschränkt sich die Heilkunde nicht auf den Menschen, sondern es sind auch Behandlungsformen von Haus- und Arbeitstieren, insbesondere auch von Pferden bekannt. Anatomische Kenntnisse (aufgrund von Sektion) sind hoch entwickelt. Es gibt in der Han-Zeit medizinische Spezialdisziplinen wie Massage, Akupunktur, Drogenkunde etc. Diesbezügliche Texte sind teilweise bis heute überliefert. Die weltweit erste Apothekerordnung stammt ebenfalls aus der Han-Zeit: xxx
Hingegen sind Operationen unter Anästhesie (mit einem Präparat aus Hanfsamen und Alkohol), die Hua Tuo (Ende 2. - Anfang 3. Jh. n.) durchgeführt hat, nicht fortgeführt worden.
Bereits aus den Orakelinschriften der Shang-Zeit (16.-11. Jh. v.) geht hervor, dass das Dezimalsystem verwendet wurde. Aus der Zhou-Dynastie datiert die Verwendung von Rechenbrettern, auf denen mit zwei Arten von Stäbchen gerechnet wurde, was ein Vorläufer des späteren Abakus war. Man konnte damit alle Operationen der Grundrechnungsarten ausführen. Die Null war nicht bekannt. Schriftliche Ausführungen über Mathematik stammen erst aus der Han-Zeit. Darin werden an Aufgaben aus dem täglichen Leben, der Astronomie, der Verwaltung Rechenoperationen demonstriert: die Grundrechnungsarten, der pythagoreische Lehrsatz, Höhen- und Entfernungsberechnungen, Division und Multiplikation von Brüchen, Berechnungen von Flächen und Volumen, Gleichungen mit bis zu fünf Unbekannten, Rechnen mit negativen Zahlen, Quadrat- und Kubikwurzeln usw. Eine eigenständige Geometrie fehlt. Bei jedem Gebildeten wurden derartige Kenntnisse vorausgesetzt. Dieser hohe Stand an mathematischen Kenntnissen besagt jedoch noch nichts über deren Einschätzung. Hier sieht Nakayama deutliche Unterschiede zwischen der griechischen und der chinesischen Tradition:
... striking is the contrast between the esteem with which the Platonic mathematical tradition was regarded in the West and the Chinese preference for treating mathematics as a minor technique to be practiced by lower-level bureaucrats.[5]
Während im hellenistischen Raum Dialektik und mathematisches Wissen (einschließlich der Astronomie) als Standardwissen galten, wogegen Untersuchungen chemischer Prozesse geringgeschätzt wurden (in China entsteht das erste Werk zur Alchemie 140 v.), war die Hierarchie der Wissensgegenstände in China ganz anders:
In China, study of the Confucian canon occupied the highest position, while astrology and calendarmaking played a supporting role. Medicine ranked far down the list, and the status of mathematics was even lower.[6]
Die Mathematik der Han-Zeit war eine praktische Disziplin und als solche hoch entwickelt. Den Rang einer Grund- oder Modellwissenschaft wie bei Pythagoreern und Platonikern hat sie in China weder in dieser Periode noch später jemals eingenommen.
Das vermutlich aus dem 5. vorschristlichen Jahrhundert stammende Kapitel Yugong im Shujing enthält Angaben zur physischen Geographie Nordchinas. Dagegen enthält das Shanhaijing, die "Klassische Schrift von den Bergen und Meeren", entstanden in der Zeit vom 4. bis zum 1. Jahrhundert, vorwiegend fantastische Beschreibungen von kaum identifizierbaren Gebieten mit deren fabelhaften Bewohnern, Pflanzen, Tieren und Produkten. Man hat in einigen dieser Beschreibungen Beziehungen zu griechischen und indischen Überlieferungen vermutet. Mit dem Hanshu des Ban Gu beginnt im 1. Jahrhundert n. die Tradition einer offiziellen Beschreibung Chinas und anderer Länder. Zhang Heng (78-139) wird die Anwendung eines Koordinaten-Netzwerks zugeschrieben. Die geographischen Kenntnisse erweitern sich in der Han-Zeit durch den Fernhandel (bis Rom) sowie durch offizielle Gesandtschaften. So wurde Zhang Qian (+114 v.) von Kaiser Wu nach Zentralasien gesandt, um mit einem dort lebenden Volk über einen Pakt gegen das aus dem Norden eindringende Volk der Xiongnu zu verhandeln. Er war ca. 139 mit etwa 100 Mann aufgebrochen, wurde aber von den Xiongnu für etwa 10 Jahre gefangengenommen, konnte fliehen und erreichte das Volk der Yuezhi, zu dem er unterwegs war, um 129 v. im Gebiet des Amu Darja. Sie fühlten sich nicht von den Xiongnu bedroht und waren einem Pakt nicht interessiert. Zhang Qian hielt sich etwa ein Jahr in dieser Gegend auf, bereiste Baktrien, wurde auf der Rückreise wieder von den Xiongnu gefangengenommen, langte schließlich 126 aber in Chang'an ein. Er unternahm noch eine weitere Gesandtschaftsreise. Die Berichte dieser Reisen bildeten die Grundlage für außenpolitische Maßnahmen und stellen das Bild von Zentralasien dar, wie es Chinesen kannten.
Die älteste erwähnte chinesische Landkarte wird in das Jahr 227 v. datiert. Aus einem Grab in Mawangdui (datiert: 168 v.) stammt der älteste Fund von drei Landkarten aus Seide, auf denen Oberflächengestalt, Militärstützpunkte und Ortschaften des Gebietes südlich von Changsha wiedergegeben sind.
Die erste überlieferte Volkszählung fand unter der Regentschaft von Wang Mang im Jahre 2 n. statt und belegt die dichteste Besiedlung mit annähernd 250 Menschen pro Quadratkilometern im Tiefland am Huanghe. Die Gesamtzahl der Einwohnerschaft des Reiches betrug zu dieser Zeit ca 57 Millionen Menschen. Trotz langandauernder Kriege und einer Reihe von Naturkatastrophen geht die Bevölkerungszahl während der Östlichen Han-Zeit nicht zurück, jedoch verlagert sich die Besiedlung deutlich in den Süden. Im Jahr 105 zählte China ca. 53 Millionen, im Jahr 156 wieder 56 Millionen Menschen.
Eisen war in China etwa seit dem 6. vorchristlichen Jahrhundert bekannt und seit dem vierten Jahrhundert in allgemeiner Verwendung, wie Funde von Sicheln, Pflugscharen, Äxten, Spaten und dergleichen zeigen. Schmiedeeisen und spezielle Härtungsverfahren bilden sich im 3. Jahrhundert heraus. Während der Han-Dynastie wurde unter Wudi 119 v. erstmals ein staatliches Monopol für Produktion und Verarbeitung von Eisen eingerichtet.
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Eine sehr wichtige und "sehr chinesische" Erfindung der Han-Zeit ist das Papier, die einem gewissen Cai Lun (Ts'ai Lun) zugeschrieben wird, der im Jahr 105 n. dem Hof über eine Methode berichtete, aus Baumrinde, Hanf, Lumpen und Fischnetzen Papier herzustellen. Ohne ein solches Material, dessen massenhafte Herstellung allerdings noch lange auf sich warten ließ, wäre das System der Beamtenprüfungen mit seinen tausenden von Antwortbüchern nicht vorstellbar gewesen, schreibt Nakayama.[7] Allerdings war das chinesische Wort zhi für Papier schon lange vor Cai Lun bekannt und bezeichnete ein Schreibmaterial aus Seiden-Abfall, das somit billiger war als die ebenfalls verwendete Seide. Mit dem Papier entwickelt sich auch die Kalligraphie, die durch den Tierhaarpinsel, die Erfindung eines Generals der Qin-Zeit, ermöglicht worden war.
Zhang Heng (=Chang Heng) baute 132 n. einen Apparat, der als erster Seismograph zu bezeichnen ist. Es handelte sich um eine zylindrische Röhre, an deren oberem Rand acht Drachenköpfe angebracht waren, wovon jeder eine Kugel im Maul hielt. Direkt darunter gab es acht Frösche. Bei einem Erdbeben, auch in weiter Entfernung, fiel eine Kugel aus dem Maul des Drachens, der in die Richtung des Erdbebengebiets schaute, in das Maul des Frosches, wodurch ein Ton erklang.
Die magnetischen Eigenschaften des Magnetits waren in China in früher Zeit bekannt. Umstritten sind Nachrichten, wonach bereits um 2500 v. ein magnetischer Kompass in China Verwendung fand. Einige Historiker vertreten die Auffassung, dass der Kompass von Chinesen um 1100, in Europa 1187, von Arabern um 1220 und von Skandinaviern um 1300 entdeckt und in der Seefahrt verwendet worden sei, wobei ungeklärt ist, ob es sich um unabhängige Erfindungen oder um Übertragungen handelt.
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In der Han-Zeit bildete sich in China eine standardisierte Literatursprache heraus ("wen-yen"), welche die Kommunikation zwischen den Sprechern von sehr unterschiedlichen Dialekten im Reich ermöglichen sollte. Sie wurde in der Folge trotz der starken Veränderungen der gesprochenen Sprache beibehalten, sodass sie schließlich für die Masse der Nichtgebildeten beinahe unverständlich wurde.
Es entstanden in dieser Zeit auch die ersten Lexika und Enzyklopädien Chinas, eine Literaturform, die "als typisch für das traditionelle China bezeichnet werden muß"[8]. Das Shuowen jiezi (meist: Shuowen, Shuo-wen, "Erläuterung von Schriften und Erklärung von Zeichen") des Xu Shen (1.-2. Jh.) interpretiert 9353 gebräuchliche und darüber hinaus 1163 veraltete Schriftzeichen hinsichtlich ihrer Bedeutung. Es löste das Verzeichnis von Schriftzeichen ab, das Li Si, der Kanzler von Qin unter Shihuangdi, verfasst hatte. Im Shuowen wird zum erstenmal ein Ordnungsprinzip eingeführt, nämlich die Anordnung der Zeichen nach sogenannten (540) "Radikalen", das zwar später vereinfacht und (auf 214) gekürzt wurde, im Prinzip aber bis heute in Gebrauch ist. Das Werk stellt die Grundlage für alle späteren chinesischen Wörterbücher dar und ist eine wichtige Quelle für Paläographie, Sprachgeschichte und Philologie.
Im Jahr 125 v. wurde das Yuefu (Yüeh Fu), das "Amt für Musik" wieder aktiviert, das schon etwa hundert Jahre früher begründet worden und dessen Aufgabe es war, Liedertexte und Melodien zu sammeln. Neben Tempelgesängen und höfischen Kompositionen wurden auch volkstümliche Lieder und Balladen[9] dokumentiert. Einige der Texte von Dichtern dieser Zeit sind bis in jüngste Vergangenheit Bildungsgut geblieben, so z.B. der Essay "Über die Fehler der Qin-Dynastie" des Chia I xxx (201-169 v.).
Neben der poetischen Literatur entwickelt sich auch die Prosa in der Han-Zeit weiter, wovon unter den philosophischen Texten insbesondere das Huai-nan Zi (ca. 140 v.) des Prinzen Liu An Zeugnis gibt. Unter den Prosatexten ragen besonders zwei Werke von Historikern hervor, die kurz vorzustellen sind.
Von Sima Qian, dem ersten großen Historiker der chinesischen Tradition, war schon im Zusammenhang mit dem Geschichtsbild einleitend im Abschnitt über die Philosophie der Achsenzeit in China die Rede. An dieser Stelle ist die Anlage seines Werkes vorzustellen, das als Meisterwerk der chinesischen Prosa der Han-Zeit gilt.
Die Grundstruktur der chinesischen Standardgeschichten zeigt sich zum ersten Mal in dem in der Folgezeit klassisch gewordenen Werk der Han-Zeit, das von Sima Qian (Szuma Chien, auch: Ssu-ma Ch'ien, ca. 145 v.-90 v.) fertiggestellt worden ist.[10] Sima Qian war als Amtsnachfolger seines Vaters kaiserlicher Historiograph (es gibt keine wirklich damit vergleichbare Institution in der europäischen Geschichte) unter dem vierten Kaiser der Han-Dynastie, Wu-di (regiert 140 v.-86 v.).
Sima Qians Bericht über die Geschichte Chinas von den Anfängen bis in seine Gegenwart entwickelt in prägender Weise die Kategorien, Begriffe und Methoden, die auch später noch, und in einzelnen historischen Unternehmungen bis in unsere Zeit, die chinesische Historiographie bestimmt haben.[11] Der Einheitsgesichtspunkt, der dem Ganzen zugrundeliegt, ist ein universalistischer und integrativer Begriff unter dem Namen einer Dynastie. Die Einheit der Dynastie, ihre jeweilige Charakteristik, ihre Vorzüge und ihre Mängel bestimmen sowohl die Auswahl der Ereignisse, Personen, Institutionen, als auch den Aufbau der Darstellung und die Bewertung der einzelnen Faktoren im historischen Werk. Ich will daher zunächst auf diesen Begriff der Dynastie und die mit ihm verbundene Geschichtsauffassung kurz eingehen, um dann die eher formalen Strukturelemente zu skizzieren, wie sie vor allem den Standardgeschichten zugrundeliegen.
Das Auffallendste an den traditionellen chinesischen Geschichtswerken scheint darin zu liegen, daß sie von der (gelegentlich fiktiven) Idee ausgehen, daß immer wieder eine einzige Dynastie über China herrsche, welche das geistig-kulturelle ebenso wie das wirtschaftlich-politische Leben gänzlich bestimme. Die von Konfuzius (in den sogenannten Frühlings- und Herbstannalen) idealisierte Dynastie der Zhou liefert eines der ersten Muster dafür.[12] Gerade hierbei fällt auf, daß dieser Dynastie eine übermäßig lange Verfallszeit attestiert wird, da sie nach ca. 800 v. faktisch keine Macht mehr ausübt (und von den meisten tatsächlichen Machthabern und deren Ideologen wohl auch nicht mehr als die herrschende Dynastie betrachtet wurde, - Konfuzius denkt hier anders, also restaurativ, wo er nur Faktisches in den Annalen zu konstatieren vorgibt. Trotz der in Wirklichkeit großen Veränderungen und Machtverschiebungen wird die ganze Epoche bis zu jener kurzen Phase des Qin-Reiches, als der Erste Kaiser von China, als eine Einheit, eben als die Zeit der Zhou-Dynastie, betrachtet. Schon bei Sima Qian findet sich hierfür eine entsprechende kosmologisch-metaphysische Hintergrundtheorie, die eine solche Geschichtsauffassung stützen soll.
Sima Qian nimmt an, daß jede der großen Dynastien eine Teilform oder besondere Anwendung des Tao als ihr jeweiliges Staatsprinzip durchsetzt. Jedoch muß, eben weil es sich jeweils um bloß verabsolutierte Teile, nie um das Ganze des Tao handelt - und handeln kann - jeder dieser Staaten, jede dieser Dynastien wieder zerfallen: das Gegenprinzip des jeweiligen Teilprinzips wird sich durchsetzen. Eine Dynastie stellt also ein zeitweiliges Übergewicht einer bestimmten Ordnungsvorstellung her - und dauerhaft sind jene Dynastien, deren Staatsprinzip die richtige Heilung für die von der vorausgegangenen Dynastie verursachten Mißstände bringt.
Es gibt aber nur eine kleine Zahl von solchen Teil-Taos oder Staatsprinzipien, sodaß der Gesamtprozeß durch sich wiederholende Zyklen gekennzeichnet ist. Dies leuchtet ein, wenn man voraussetzt, daß Staatsprinzipien, deren Kairós nicht gegeben ist, oder die überhaupt nicht dem Tao entsprechen, ohnedies sehr schnell wieder samt ihren Verfechtern (da diese nicht das Mandat des Himmels haben) verschwinden - was bei der Interpretation der Geschichte durchaus zur Rechtfertigung des langdauernd Erfolgreichen verwendet wird, bei der Interpretation der Gegenwart aber sowohl revolutionären wie auch reaktionären Ideologen dienen kann.
Sima Qian führt in seiner Darstellung des Gründers derjenigen Dynastie, unter der er lebt, gewichtige Gründe dafür an, warum in der Revolte, in der diese Dynastie sich schließlich etablieren konnte, das rechte Prinzip getroffen worden und eine dauerhafte Regierung zu erwarten sei. Zu diesem Zweck greift er auf die alten, nur teilweise noch historisch nachweisbaren Dynastien[13] zurück, soweit sie ebenfalls in der rechten Reihenfolge das jeweils anstehende Teilprinzip des Tao mit ihrem Staatswesen verwirklicht hätten. Zuerst wird die legendäre Xia (Hsia)-Dynastie genannt: sie war durch guten Glauben gekennzeichnet, ihr Verfall lag in dessen Kehrseite, der Derbheit. Die anschließende Shang-Dynastie (ca. 1600-1100 v.) heilte diesen Verfallszustand durch ihr Prinzip der Verehrung, welches aber im Verlauf der Zeit zu abergläubischem Götzendienst entartet sei. Es folgen die Chou, als deren Staatstugend er Verfeinerung und Ordnung angibt; die Verfallsform dazu wiederum war hohle Schaustellung. [14] Jetzt wäre es geboten gewesen, zum guten Glauben zurückzukehren, aber die Qin-Dynastie, die auf die Zhou folgte, schlug nicht diesen Weg ein, sondern führte, von den legalistischen Philosophen schlecht beraten, zur Erhaltung von Recht und Staat "harte Strafen und Gesetze" ein - was in Sima Qians Augen erklärt, daß diese Dynastie schon bald nach dem Tod ihres Begründers Qin Shih Huangdi (im Jahre 206 v.) scheitern mußte.[15]
Erst die Han-Dynastie, also der Ahn des Kaisers Wu-di, habe wieder den alten Völkerglauben etabliert, sie wurde damit zu den "Xia" von Sima Qians Gegenwart, sie habe den Zyklus in rechter Weise von neuem begonnen.
Das Werk Sima Qians, als Modell noch lange Zeit vorbildlich, soll dazu als Anhaltspunkt dienen. Es ist in 130 Kapitel gegliedert, die die gesamte bisherige Geschichte der Chinesen und der dem Autor bekannten Nicht-Chinesen zum Gegenstand haben und sich wiederum in 5 Sektionen unterteilen lassen:
a) Annalen: 12 Kapitel über die frühesten Dynastien und das Leben einzelner Kaiser der regierenden (Han-)Dynastie
b) Chronologische Tafeln: 10 Kapitel in graphischer Form, die wichtigsten Ereignisse mit ihren Daten betreffend.
c) Abhandlungen: 8 Kapitel über Riten, Musik, Astronomie, Religion und Wirtschaft
d) Adelsfamilien: 30 Kapitel über die Geschichte der verschiedenen Feudalstaaten vor der Reichseinigung durch die Ch'in-Dynastie
e) Biographien: 70 Kapitel über einzelne berühmte Chinesen und Nicht-Chinesen.
Innerhalb jeder Sektion ist die Anordnung des Materials chronologischvorgenommen.[16]
Wie Sima Qian war auch Ban Gu (32-92), der Bruder des berühmten Feldherrn Ban Chao (durch dessen militärische Erfolge im Westen das Reich der Östlichen Han-Dynastie zeitweilig seine größte Ausdehnung erlangte) kaiserlicher Historiograph. Er führte das von seinem Vater begonnene Hanshu, die Geschichte der Westlichen Han-Zeit fort und verfasste auch andere literarische Arbeiten.
In der Anlage des Werks und der Art der Darstellung folgt Ban Gu dem Vorbild des Sima Qian, allerdings beschränkt er sich auf die Geschichte einer einzigen Dynastie und begründet somit, was die Abgrenzung des Gegenstandes betrifft, die Gattung der Dynastie-Geschichten, die später immer wieder nach der Etablierung einer neuen Dynastie über die vorangegangene verfasst worden sind.
Obwohl das Hanshu nur einen Zeitraum von 200 Jahren behandelt, im Vergleich zum Shiji also eine kurze Periode, ist es im Umfang weit größer als dieses. Wie Sima Qian beschreibt auch Ban Gu im ersten, annalistischen Teil, Ereignisse der Politikgeschichte, wobei er sich auf offizielle Akten stützt, in denen Entscheidungen von Herrschern, deren Verwandten, Beratern und Beamten dokumentiert sind. Er übernimmt auch für weitere Teile den Aufbau des Shiji: der zweite Teil bringt Tabellen von Ereignissen, Genealogien und Personenlisten; der dritte Teil behandelt einen weiten Bereich von Themen (wie: Hofzeremoniell, Musik, Geld- und Steuerwesen und Navigation); im vierten Teil werden bedeutende Persönlichkeiten, die nicht Kaiser waren, biographisch vorgestellt. Neue Themen im Hanshu sind Naturphänomene, Geographie und Bibliographie. So liefert Ban Gu eine Liste der Bücher, die in der kaiserlichen Bibliothek aufbewahrt werden (von denen viele in der Folgezeit verlorengehen, sodass diese Liste von großer Bedeutung für die spätere Forschung geworden ist). Die von Sima Qian behandelte Abteilung (über die "erblichen Herrschaften" oder "Adelsfamilien") fehlt im Hanshu, da in der Han-Zeit die erbliche Adelsherrschaft abgeschafft worden war.
Ban Gu übertrug die Fertigstellung des Hanshu seiner Schwester Ban Zhao (=Pan Chao, 45-115), als er sich einem Feldzug gegen die Xiongnu anschloss. Dieser Feldzug war zwar siegreich (Ban Gu verfasste eine Felsinschrift darüber), führte aber zur Entmachtung des Feldherrn und in dessen Folge auch zur Einkerkerung Ban Gus. Er starb im Kerker. Ban Zhao stellte das Hanshu fertig und wurde offiziell damit beauftragt, andere Gelehrte über dessen Inhalt zu unterrichten. Ban Zhao war Hofdame der Kaiserin und verfasste außerdem Gedichte und das Werk Nü-Jie (Nu chien, "Gebote für Frauen"), einen im Geist des Konfuzianismus geschriebenen Moralkodex für Frauen. Darin entwirft Ban Zhao eine Lehre weiblicher, aus dem "Yin" hergeleiteter Tugenden, wobei insbesondere Sanftheit, Demut, Bescheidenheit und Gehorsam gefordert werden. Andererseits besteht Ban Zhao aber auf dem Recht auf Bildung für Frauen, was sie als notwendige Voraussetzung für deren moralische Kultivierung ansieht.[17]
Zugleich mit dem Aufstieg des Reiches der Qin und Han einigten sich Völker Zentralasiens, die als Xiongnu (Hsiung-nu) bekannt wurden, unter einer einheitlichen Führung. Infolgedessen kam es zu Einfällen von Reitervölkern in die nördlichen Provinzen Chinas. Diese konnten zunächst durch die unter der Qin-Dynastie fertiggestellte "Große Mauer" abgewehrt werden. Nach dem Untergang der Qin waren diese Befestigungswerke unbesetzt und verfielen. Darum waren die Han-Kaiser bis gegen 135 v. gezwungen, den Frieden im Norden durch Lieferungen von Gold, Seide und einmal einer kaiserlichen Prinzessin aufrechtzuerhalten. Erst Wudi verfolgte wieder eine offensive Politik, sodass es nach 119 v. möglich war, Armeen in den Nordosten (heutiges Korea), den Süden (Vietnam) und den Südwesten zu senden. Als Ergebnis dieser Feldzüge wurden 18 neue Kommandaturen eingerichtet und die Verwaltung auf Völker anderer Lebensweise ausgedehnt. Ab 112 v. wurden Feldzüge nach Zentralasien durchgeführt und die Große Mauer wieder befestigt, die um 100 v. im Westen bis Dunhuang (Tun-huang) reichte. Gesandtschaften und Händler konnten somit sicher bis in das Tarimbecken reisen, wo jenes Straßennetz begann, das als "Seidenstraße" bekannt ist. Da die riesigen Entfernungen es unmöglich machten, Garnisonen oder Kolonistensiedlungen westlich von Dunhuang anzulegen, wurden diplomatische Mittel eingesetzt, um Bündnisse oder Verträge gegen die Xiongnu mit Völkern zu erreichen, welche die Oasen kontrollierten. Dabei wurde auch das Mittel der Heiratspolitik eingesetzt. Doch gab es auch direkte Kontakte mit den Xiongnu, und der Besuch eines ihrer Führer in der Han-Hauptstadt im Jahr 51 v. wurde als großer Erfolg gewertet. Doch ging der chinesische Einfluss im Norden in der Folgezeit stark zurück und wurde erst durch den General xxx (Pan Ch'ao), Bruder des Verfassers und der Verfasserin des "Hanshu", ab dem Jahr 94 n. vorübergehend wieder hergestellt. Danach fanden wiederholt Invasionen aus dem Norden und Nordosten, sowie Ansiedlungen von Xiongnu südlich der Mauer statt. Es wurden auch gegnerische Anführer, die sich der Han-Armee ergeben hatten, geadelt und konnten im Reich sich niederlassen.
Nicht nur die Sicherheit der Nordprovinzen, sondern ebenso der Handel war ein Motiv für die expansive Politik Wudis. Sicher ist belegt, dass China zu dieser Zeit Seide exportiert, Tiere und Tierprodukte importiert hat. Seide ging durch die Vermittlung parthischer Kaufleute bis Rom. Hingegen war die Ausfuhr von Eisenwaren und Kriegsgerät verboten Die Große Mauer mit ihren Wachtürmen und befestigten Toren bildete dabei nicht nur einen Schutz für das Hinterland und Sicherheit für den Warentransport, sondern auch ein wirksames Mittel, Auswanderung und Desertion zu unterbinden.
Von der Gesandtschaft des Zhang Qian war bereits im Zusammenhang mit der Erweiterung des geographischen Wissens die Rede. Im Jahre 97 n. scheiterte ein Versuch von chinesischer Seite, den westlichen Teil der Welt aufzusuchen, aber im Jahr 166 gelangte ein Schiff aus Rom nach China. Der erste Bericht über offizielle Besucher des Hofes der Han, die aus Japan kamen, datiert aus dem Jahr 57 n.
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Anlässlich einer Enquète des Han-Kaisers Wu um das Jahr 140 v.[18] über die Frage des Verhältnisses zwischen dem Himmel und dem Menschen formulierte Dong Zhongshu (Tung Chung-shu, ca. 179-104 v.) drei Thesen und etablierte damit eine bestimmte Form des Konfuzianismus als Staatslehre. Damit wurde eine Vorherrschaft des konfuzianischen Denkens im politischen und administrativen Bereich grundgelegt, die sich bis in den Beginn des 20. Jahrhunderts durchhalten sollte - erst im Jahr 1905 wird das System der Beamtenprüfungen abgeschafft, das darauf beruhte. Es sah einerseits eine inhaltliche Vereinheitlichung der Bildung vor, andererseits soziale Durchlässigkeit, insofern für das Erreichen von Ämtern zumindest der Theorie nach ausschließlich Begabung und Fleiß den Ausschlag geben sollten. Dong Zhongshu selbst bekleidete hohe Ämter als Lehrer an der kaiserlichen Hochschule und war zweimal leitender Minister. In dieser Position entfernte er alle nicht-konfuzianischen Gelehrten aus den Staatsämtern. Shaoping Gan zitiert Dong Zhongshu mit folgender Aussage über Beamte und Gelehrte:
Wenn diese Leute nicht die sechs grundlegenden Fähigkeiten (Ritual, Musik, Bogenschießen, Fahren, Schreiben, Rechnen) und die Lehre des Konfuzius innehaben, soll man ihre Laufbahn abbrechen und sie nicht weiterkommen lassen.[19]
Der Kaiser stimmte dem zu und erließ ein entsprechendes Edikt. Dass das damit eingerichtete Bildungs- und Verwaltungssystem so lange und unter verschiedensten Dynastien, auch unter der mongolischen Yuan-Dynastie Bestand hatte bzw. sich immer wieder durchsetzte, ist erstaunlich. Darin allein liegt allerdings noch keine Erklärung dafür, dass China nun in intellektueller Hinsicht für zweitausend Jahre auf einem "konfuzianischen Ringelspiel" gefahren sei, immer im Kreis und ohne Blick auf etwas, was außerhalb der konfuzianischen Klassiker lag.[20]
Im Kern war die Antwort Dong Zhongshu's auf die Frage des Kaisers, dass alle Dinge des Universums in bestimmten Verhältnissen zueinander stehen, wie die Yin-Yang-Schule dies lehrte; dass dies zweitens, wie das Buch der Wandlungen besagt, prozessuale Verhältnisse sind; und dass drittens eine authentische und für alle Zeit verbindliche Formulierung der politisch relevanten Verhältnisse und Beziehungen in den Frühlings- und Herbst-Annalen enthalten sind, deren Autorschaft Dong Zhongshu dem Konfuzius zuschreibt. Sein Hauptwerk, xxx Chunqiu fanlu (Ch'un ch'iu fan-lu: "Üppiger Tau von den Frühlings- und Herbstannalen") besteht aus 82 kurzen Essays über philosophische und politische Themen.[21]
Nicht in irgendwelchen Relationen stehen die Dinge untereinander in Beziehung, sondern diese sind erkennbar und in exakten numerischen Verhältnissen auszudrücken. Wie die zwölf Hauptgelenke des menschlichen Körpers den zwölf Monaten des Jahres entsprechen, die aus den Bewegungen der Himmelskörper resultieren, so gibt es Entsprechungen aller Art zwischen dem Mikrokosmos Mensch und dem Makrokosmos Universum. Es handelt sich überall um dynamische Entsprechungen, um eine Interaktion des "Himmels" mit dem Menschen. "Statthalter des Himmels" unter den Menschen ist der "Kaiser", dessen Verhalten und Einsicht daher auch verantwortlich sind sowohl für das Wohlergehen der Gesellschaft wie auch für Katastrophen. Selbst Naturkatastrophen wie Dürrezeiten, Überschwemmungen, Erdbeben und Ähnliches sind entweder als Warnsignale des "Himmels" oder als Fernwirkungen menschlichen, vor allem kaiserlichen Fehlverhaltens gedeutet. Der Kaiser darf niemals die grundlegenden moralisch relevanten Prinzipien ändern oder deren Änderung zulassen, die aus einem richtigen Studium des "Himmels" erkannt werden können. Er wird in seiner Position unterstützt und auch korrigiert von (konfuzianischen) Gelehrten, die es verstehen, die Zeichen des "Himmels" zu deuten. Dies betrifft insbesondere auch die Wahl des richtigen Zeitpunkts für eine Maßnahme, dessen Kenntnis sich aus ebenfalls aus der Beobachtung der Natur und dem Wissen um grundlegende Rhythmen ergibt, denen alle Entwicklungen gehorchen.
"Es sind insbesondere Yin und Yang", schreibt Roetz, "die Dong Zhongshu folgenreich in seine Moralphilosophie einbaut." Diese als kosmisch gedachten Polaritäten bedingen einander stets, und nichts ist ohne diese Polarität. Doch das besagt keineswegs, dass sie etwa als gleichrangig aufgefasst würden. Roetz zitiert:
Alle Dinge müssen ein Pendant haben. [...] Das Yin ist das Pendant des
Yang, die Frau das des Mannes, der Sohn das des Vaters, der Untertan das des
Fürsten. Es gibt kein Ding, das ohne Pendant wäre, und jedesmal
verhalten sich beide Teile wie Yin und Yang.
Das Yang ist mit dem Yin und
das Yin mit dem Yang koexistent. Der Mann ist mit der Frau und die Frau mit dem
Mann koexistent. Der Vater ist mit dem Sohn und der Sohn mit dem Vater
koexistent. Der Fürst ist mit dem Untertan und der Untertan mit dem
Fürsten koexistent. Die gerechte Ordnung zwischen Fürst und Untertan,
Vater und Sohn, Mann und Frau entstammt sämtlich dem Prinzip von Yin und
Yang.
Der Fürst ist Yang, der Untertan Yin. Der Vater ist Yang, der
Sohn Yin. Der Mann ist Yang, die Frau Yin. Auf dem Weg des Yin gibt es kein
unabhängiges Handeln (du xing). An [sic!] Anfang dieses Weges darf [das
Yin] sich nicht allein erheben; an seinem Ende darf es die Verdienste nicht
teilen.[22]
Diese Gedanken sind im Konfuzianismus nicht neu, doch sind sie hier "von neuer Qualität. Unterordnung, Abhängigkeit und Ungleichheit werden hier ein für allemal ontologisch festgeschrieben." Jedes menschliche Verhalten ist "direkt an die Bewegung des Makrokosmos gekoppelt", der auf Verfehlungen mit Naturkatastrophen antwortet. Damit fällt der Konfuzianismus "ethisch wie kognitiv ... auf ein Niveau zurück, das die Philosophen der Achsenzeit schon einmal überwunden hatten."[23]
xxx Wirken der fünf Elemente
xxx Geschichtsrhythmen
xxx Ordnung der Gesellschaft
Der Staat oder die politische Zwangsordnung ist für Dong Zhongshu eine notwendige Einrichtung aufgrund der Schlechtigkeit der menschlichen Natur:
Wenn man sagt, die angeborene Natur sei bereits gut, ist das nicht fast die Absage an Erziehung? Und daß man nur seiner an sich seienden Natur zu entsprechen hätte, steht noch dazu im Gegensatz zum Prinzip der Politik.[24]
Der Begriff der "Harmonie" dient, wie Roetz festhält, bei Dong Zhongshu dazu, "eine auf strikter Trennung von Arm und Reich beruhende Ordnung in einer manipulierten Balance zu halten." Er zitiert diesbezüglich aus dem Chunqiu fanlu:
Großer Reichtum führt zu Arroganz, große Armut führt zu Sorge. Nun sind aber die Gefühle der Masse so, daß man aus Sorge zum Räuber und aus Arroganz tyrannisch wird. Die genialen Kulturheroen erkannten in ihnen die Quelle des Chaos. Deshalb richteten sie den Weg des Menschen ren dao ein und differenzierten Oben und Unten, auf daß die Reichen genügend hätten, um ihre hohe Position zur Schau zu stellen, aber es nicht bis zur Arroganz trieben, und auf daß die Armen genügend hätten, um sich zu ernähren, und nicht in Sorge geraten müßten. Hiermit als Norm bewirkten sie Harmonie tiao und Ausgewogenheit jun. So erschöpft sich der Reichtum nicht, und Obere und Untere sind miteinander in Frieden. Deshalb kann man leicht regieren.[25]
Harmonie in der Gesellschaft wird hier also nicht als Selbstwert, sondern als kalkulierter Ausgleich von Interessen vorgestellt. So wendet sich Dong Zhongshu auch entschieden gegen eine Liebesmoral, die auf einem Gleichheitsgedanken wie bei den Mohisten beruhen könnte: wenn man "Menschlichkeit besitzt und keine Klugheit, dann wird man lieben, ohne Unterschiede zu machen."[26]
Liu An (179-122 v.), Mitglied der kaiserlichen Familie und Fürst von Huai-nan ist der prominenteste Vertreter des Daoismus zwischen den Klassikern der Achsenzeit und dem Neo-Daoismus des dritten und vierten Jahrhunderts. Er versammelte in einer Zeit, als der Konfuzianismus des Dong Zhongshu sich eben durchsetzte, zahlreiche Intellektuelle an seinem Hof, plante eine Rebellion, scheiterte und starb im Jahr 122 v. durch Selbsttötung. Inhaltlich ist das Huai-nan Zi[27] eine Wiederholung des Laozi und Zhuangzi, doch ist es für die Entwicklung des Daoismus wichtig geworden und hat durch einen rationalistischen Zugang zu metaphysischen und kosmologischen Fragen zumindest indirekt die rationalistische Kritik Wang Chongs vorbereitet.[28]
Im Huai-nan Zi findet sich eine Explikation von "sieben Stufen" des Seins, die bereits im Zhuangzi (Kap. II) aufgezählt, dort aber nicht weiter interpretiert sind. Es handelt sich um folgende Stufen:
(1) Es gab einen Anfang. (2) Es gab eine Zeit vor diesem Anfang. (3) Es gab eine Zeit vor der Zeit, die es vor dem Anfang gab. (4) Es gab das Sein. (5) Es gab das Nichtsein. (6) Es gab eine Zeit vor diesem Nichtsein. (7) Es gab eine Zeit vor der Zeit, die es vor dem Nichtsein gab.[29] Jede dieser Stufen wird im Huai-nan Zi mit gewissen Attributen interpretiert. So lautet die Ausführung zum siebten Satz:
At the time before the time which was before that non-being, heaven and earth had not come into existence and yin and yang had not been distinguished. The four seasons had not yet separated and the myriad things had not yet been born. It was extremely peaceful and very tranquil. Forms were not yet visible. It was like light in the midst of non-being which retreats and is lost sight of.[30]
xxx
In gewissen Vorstellungen ist das Huai-nan Zi vollkommen in Übereinstimmung mit Dong Zhongshu, insbesondere in der Ansicht über mikrokosmisch-makrokosmische Entsprechungen:
Heaven, earth, infinite space, and infinite time are the body of one person, and the space within the six cardinal points is the form of one man. Therefore, he who understands his nature will not be threatened by Heaven and Earth, and he who comprehends evidences will not be fooled by strange phenomena. Therefore the sage knows the far from what is near, and to him all multiplicity is one. Men of old were one with the universe in the same material force, and were in harmony with the age.[31]
Ein solches Entsprechungsmodell sieht überall Bedeutsamkeiten, nichts ist ohne symbolischen Gehalt (was Wang Chong entschieden in Abrede stellen wird). So sind auch die Richtungen im Raum symbolhaft und Vorstellungen wie sie im Zusammenhang mit der "Zeit vor der Zeit vor dem Nichtsein" geäußert wurden, dass nämlich yin und yang noch nicht geschieden seien, können auch räumlich assoziiert werden. Im Lieh-zi, xxx einem ebenfalls daoistischen Klassiker, hatte der Fürst von Huai-nan lesen können:
Im südlichsten Winkel des Westpols liegt ein Land, von dem man nicht weiß, wie weit es reicht. Es heißt das Ku-mang-Land. Dort treffen sich nicht die Kräfte von Yin und Yang, und so gibt es nicht den Gegensatz von Kalt und Warm; Sonne und Mond scheinen nicht, und so gibt es nicht den Unterschied von Tag und Nacht.[32]
Im Huai-nan Zi werden ebenfalls Orte beschrieben, die von ganz eigener Qualität sind, etwa solche, an denen man unsterblich wird oder in eine andere als die menschliche Existenzform übergeht:
[Die Berge] >Hängender Garten<, >Kühler Wind< und >Umzäunter Paulonienpark< liegen in der K'un-lun-Stadt, sie bilde ihre Parkanlagen. Die Teiche in diesen Parkanlagen werden von einem gelben Wasser gespeist[33], das, wenn es die drei [Parkanlagen] durchflossen hat, wieder zu seiner Quelle zurückkehrt. Man spricht von ihm als dem >Zinnober-Wasser<, wer es trinkt, wird unsterblich.[34] ... Wenn man den ersten [der drei] übereinander emporragenden Berge des K'un-lun besteigt, der den Namen >Kühler Wind< trägt, so wird man [ebenfalls bereits] unsterblich. Wenn man den zweiten, doppelt so hohen, besteigt, der den Namen >Hängender Garten< trägt, wird man zu einem zauberkräftigen Geist (ling) und vermag Wind und Regen zu gebieten. Wenn man den dritten, wiederum doppelt so hohen, besteigt, [der den Namen >Umzäunter Paulonienpark< trägt,] kann man direkt von dort in den Himmel aufsteigen und zu einem Göttergeist (shen) werden, denn dann ist man in dem Palast des höchsten Himmelskaisers (ta-ti).[35]
xxx
Über die politische Rolle des "Usurpators" Wang Mang, den seine Anhänger natürlich für den Begründer einer neuen dynastischen Ordnung hielten, war schon oben die Rede. Wenngleich Wang Mang kein bedeutender innovativer Theoretiker war, so spielt er doch in der Geschichte des Konfuzianismus eine nicht unbeträchtliche Rolle.
xxx
Wang Chong (Wang Ch'ung, 27-ca 97) wird zwar unter die Konfuzianer gezählt, er kritisiert jedoch neben verbreiteten Auffassungen der Volkstradition und anderer intellektueller Richtungen auch zentrale Thesen des Konfuzianismus, wie er in der sogenannten "Schule der Neuen Texte", begründet von Dong Zhongshu, zu seiner Zeit verbreitet ist. Von Wang Chong wird berichtet, dass er aus Shaoxing in der im damaligen Südosten gelegenen Provinz Zhejiang (Tschekiang) stammt und in armen Verhältnissen aufwuchs, sodass er als Kind nur in einem Bücherladen etwas lesen konnte. Doch hatte er als Waise Gelegenheit zum Schulbesuch ab seinem achten Lebensjahr, absolvierte ein Studium in der Hauptstadt und machte eine moderate Karriere als Lehrer und Beamter, von der er sich in seinen späteren Lebensjahren jedoch in ein privates Gelehrtenleben zurückzog. Von Zeitgenossen als genial geschätzt, blieben seine Werke in der Geistesgeschichte stets so sehr umstritten, dass ihre Echtheit und ihr Alter oft geleugnet wurden.[36]
Eine einzige von Wang Chongs Schriften ist teilweise erhalten, das Lun heng, ein Werk in vierundachtzig Kapiteln, die zum größten Teil der kritischen Diskussion allgemein anerkannter Theorien gewidmet sind.[37] Er kritisiert vor allem eine anthropomorphe Auffassung des Kosmos und der Natur, sowie eine diesem entsprechende Interpretation der moralischen und sozialen Welt als direkter Entsprechung zu (auch meteorologischen) Naturerscheinungen. Seiner Auffassung nach gibt es keine Möglichkeit für die Menschen, Naturereignisse herbeizuführen oder abzuwenden, d.h. "Himmel und Erde" zu beeinflussen, es gibt andererseits auch keinen Zusammenhang zwischen naturgesetzlichen Ereignissen und sozialen oder politischen Zuständen. Auch die im individuellen Bereich als wirksam angenommenen "Geister" werden von Wang Chong als bloße irrtümliche Einbildungen abgelehnt.
Dennoch kann Wang Chong nicht eigentlich als Skeptiker bezeichnet werden, zumindest nicht in dem Sinn, wie die Bezeichnung in der griechischen Philosophie für Sextus Empiricus oder auch schon für Pyrrhon von Elis gebraucht wird. Wang Chong bezweifelt eine Menge von überlieferten und verbreiteten Auffassungen und er tut dies mit einer Reihe von entwickelten Argumentationsformen, wie wir sehen werden. Aber nirgends scheint er so etwas wie eine Urteilsenthaltung anzudeuten. Man wird Wang Chong daher zwar nicht als Skeptiker, wohl aber als Kritiker in dem Sinn ansehen müssen, als er sich bemüht, unzulässige Überschreitungen des Bereichs gesicherter Urteile abzuwehren und die Grenzen dieses Bereiches argumentativ festzulegen. Dass er selbst in diesem Bemühen tatsächlich in dem Sinne weiter gekommen ist als seine Vorgänger und Zeitgenossen, sofern seine Begriffe besser begründete Vorgangsweisen bei der Beschreibung und Erklärung von Natur und Gesellschaft geliefert hätten, wird von modernen Interpreten meist bestritten, doch wird ihm die Rolle eines Wegbereiters für spätere Entwicklungen des Rationalismus und Naturalismus in China zugeschrieben.[38] Die sowjetische Philosophiegeschichtsschreibung sah in Wang Chong einen "der größten chinesischen Materialisten" aufgrund seiner Auffassung, dass die Welt aus einer ewig existierenden materiellen Substanz bestehe.[39]
Unbestritten ist, dass Wang Chong sich in einer Direktheit gegen die herrschende Weltanschauung des Konfuzianismus der "Neuen Text-Schule" richtet, wie sie in der Geschichte des chinesischen Denkens nicht die Regel ist.
Wie wir schon bei der Besprechung von Dong Zhongshu gesehen haben, spielt die Idee von Korrespondenzen oder Entsprechungen zwischen kosmischen, gesellschaftlichen und einzelmenschlichen Sachverhalten eine große Rolle im Denken der Han-Zeit. Dass der Mensch ein Kosmos (ein "Himmel") im Kleinen, wie andererseits der Kosmos ein Mensch im Riesigen sei, ist als Idee keineswegs auf China oder den Konfuzianismus der Han-Zeit beschränkt, sie findet sich in den Upanishaden wie bei Platonikern der europäischen Renaissance und bis in esoterische Schriften der Gegenwart.
Zur Terminologie, mit der Wang Chong das Universum beschreibt, ist eine kurze Vorbemerkung angebracht. Seine zentrale These von absichtslosen Naturprozessen hängt sehr eng mit der Verwendung eines Begriffs zusammen, der in den hier angeführten Zitaten mit "Fluidum" wiedergegeben wird. Das entsprechende Zeichen (qi bzw. ch'i, im Japanischen: ki) wird unterschiedlich übersetzt. Karlgren gibt die Bedeutungen "breath, air, vapour, steam; vital fluid, temperament, energy; anger" an, Rose-Innes übersetzt mit "spirit; heart; vapour; mood; nature; breath".[40] Das Zeichen wird auf ein Bilderzeichen für "Atem" zurückgeführt.
Die Konfuzianer glauben, daß Himmel und Erde[41] die Menschen mit Absicht geschaffen hätten. Das ist eine verkehrte Behauptung. Durch die Vereinigung der Fluida des Himmels und der Erde entstehen die Menschen zufällig und von selbst, ebenso wie, wenn Mann und Weib ihre Fluida vereinigen, von selbst Kinder geboren werden. Wenn Mann und Weib ihre Fluida vereinigen, so haben sie in dem Zeitpunkt nicht die Absicht, Kinder zu erzeugen, aber sobald ihre Leidenschaft erregt ist und sie sich vereinigen, so gehen aus dieser Vereinigung Kinder hervor. Da also Mann und Frau nicht mit Absicht Kinder hervorbringen, so erkennen wir daraus, daß die Hervorbringung von Menschen durch Himmel und Erde auch nicht beabsichtigt ist. Die Menschen werden von Himmel und Erde geschaffen ebenso wie die Fische in einem Teiche oder die Läuse auf den Menschen. Sie entstehen durch eine besondere Kraft, indem jede Gattung sich fortpflanzt. Das gilt für alle Wesen, welche zwischen Himmel und Erde entstehen.[42]
Diesen Gedanke der spontanen, nichtintentionalen Hervorbringung versucht Wang Chong mit einer Reihe von Argumenten zu untermauern: der "Himmel ... hat weder Mund noch Augen"[43], daher auch keine Bedürfnisse oder eine auf Gegenstände gerichtete Aktivität. Dass dies so ist, weiß er von der "Erde" (als dem Gegenstück des "Himmels" : diese besteht aus stofflicher Erde, und dieser Stoff hat weder Mund noch Augen. Nun verhalten sich aber "Himmel" und "Erde" zueinander "wie Mann und Frau", woraus erhellt, dass auch der "Himmel" weder "Mund" (Appetit) noch "Augen" (Wahrnehmung) hat.
Jemand könnte einwenden, dass ursprünglich Ruhe und nicht Bewegung sei. Nun gibt es aber doch Bewegung, auch die Bewegung der Himmelskörper. Wo Bewegung und mithin Aktivität ist, müsse es einen Grund dafür geben, eine Absicht oder ein Bedürfnis. Dem widerspricht Wang Chong:
When Heaven is moving, it does not desire to produce things thereby, but things are produced of their own accord. That is spontaneity. Letting out its fluid it does not desire to create things, but things are created of themselves. That is inaction.[44]
Hier nimmt Wang Chong deutlich Bezug auf daoistische Vorstellungen: das "Fluidum des Himmels" sei "placid, tranquil, desireless, inactive, and unbusied. Lao Tzu aquired long life by it."[45] In einer Reihe von Beispielen aus der Geschichte versucht er nun zu zeigen, dass angebliche "Handlungen" des "Himmels" gar keine waren. So werde etwa berichtet, dass infolge des allgemeinen Friedens ein Plan aus dem Gelben Fluss sowie eine Schrift aus dem Fluss Lo aufgetaucht seien. Pläne und Schriften brauchen Autoren und die Tatsache, dass Himmel und Erde sie hervorbrachten, zeige, dass diese absichtsvoll handeln. Noch mehr solcher Geschichten würden erzählt.
I am of opinion that all this was spontaneous, for how could Heaven take a brush and ink, and draw the plan, or write the scroll?[46]
Wang Chong steht hier vor derselben Frage, wie sie dann um 1400 auch Ibn Khaldun beschäftigt hat: ein Kriterium angeben zu müssen, um unmöglich wahre von möglicherweise wahren historischen Berichten unterscheiden zu müssen. Ibn Khaldun kann mit einer entwickelten Theorie von Naturgesetzen antworten, zu denen er noch Gesetzmäßigkeiten der sozialen Welt formuliert.[47] Wie reagiert Wang Chong? Er nimmt, ohne eine Erklärung anbieten zu können, auch hier spontane Prozesse an:
The spontaneity of these processes seems dubious, and is difficult to understand. Externally there seemed to be activity, but as a matter of fact, there was spontaneity internally.[48]
Auch der "Grand Annalist", der die Fälle berichtet, habe seine Zweifel gehabt - was ein Argument aus dem common sense wäre. Doch scheint Wang Chong (anders als etwa Ibn Khaldun im Fall des Berichts über die Meermonster, die Alexander am Bau von Alexandrien hindern wollten) die Wahrheit solcher Berichte nicht grundsätzlich in Abrede zu stellen. Er weist mit seiner Unterscheidung von äußeren und inneren Prozessen vielmehr darauf hin, dass die Selbstbildungsprozesse von Organismen unbekannt und unbeeinflussbar seien. Blätter beispielsweise wachsen von selbst und haben Äderchen wie Ornamente. Bedeutet das aber, dass der "Himmel" diese Äderchen bildet, wie er jene Schriftzeichen auf der Haut ungeborener Kinder gebildet habe? Damit wäre der "Himmel" überfordert und die Blätter würden nie fertig werden. Hier erzählt Wang Chong eine Geschichte von einem "Mann aus Song", wie wir einer solchen auch schon bei Han Fei begegnet sind.
In the State of Sung a man carved a mulberry-leaf of wood, and it took him three years to complete it. Confucius said: "If the Earth required three years to complete one leaf, few plants would have leaves." According to this dictum of Confucius the leaves of plants grow spontaneously, and for that reason they can grow simultaneously.[49]
"Himmel und Erde" müssten zehntausend Hände haben, um all die Blätter im Frühjahr, die Tiere und Vögel mit Federn und allen Einzelheiten ständig zu machen, was nicht der Fall sei. Somit handle es sich stets um spontane Prozesse bei allem, was entsteht. Auch die daoistische Schule habe die Spontaneität als Grundbegriff erkannt, "but it does not know ho to substantiate its cause by evidence" und darum habe sie keinen Glauben gefunden.
Künstlich hergestellte Dinge haben keinen Bestand und das unbedachte Eingreifen in Naturprozesse ist nur schädlich. Auch hier können wir wieder an das "wu wei" des alten Daoismus denken, wenn Wang Chong nochmals den "Mann aus Song" bemüht:
Ploughing, tilling, weeding, and sowing in Spring are human actions. But as soon as the grain has entered the soil, it begins growing by day and night. Man can do nothing for it, or if he does, he spoils the thing. A man of Sung was sorry that his sprouts were not high enough, therefore he pulled them out, but on the following day, they were dry, and died.[50]
Woher kommt es aber überhaupt, dass es bewusstes, intentionales Handeln gibt? Wenn der Mensch sein "Fluidum" von "Himmel und Erde" hat, die nicht (bewusst) handeln, warum sollte er selbst das dann tun - anstatt einfach zu existieren, zu wachsen und zu sterben wie die Pflanzen? Wang Chong sieht die Notwendigkeit des Handelns in einem Mangel gegeben, einer fehlenden "Ähnlichkeit" mit "Himmel und Erde":
Not resembling Heaven and Earth he cannot be accounted a wise man or a sage. Therefore he is active.[51]
Die wirklichen Weisen - Huangdi, Laodan, Yao und Shun werden genannt - brauchen nicht (absichtsvoll) zu handeln, denn sie verhalten sich so, dass alles gedeiht. Das Bewässern der Felder trägt zum Wachstum bei, aber der "spontane" Regen ist weitaus besser. Menschen entstehen durch absichtslose Zeugung.
But after birth, the way of man is instruction and teaching, the way of Heaven, inaction and yielding to nature.[52]
Was ist nun diese natürliche Kultivierung? Die Legalisten - Shang Yang wird angeführt - wollten alles regeln und sind gescheitert.
xxx Chan? Hier bei Shi Jun keine Antwort außer: die Daoisten haben recht, eine gute Regierung ist dann gegeben, wenn niemand jemanden beeinflusst, "the fish forget each other in the water and so do the beasts in the forests and men in life. That is Heaven." (287)
Der Gedanke vom absichtslosen Universum widerspricht ganz klar der han-konfuzianischen These, wonach der "Himmel" sowohl Warnungen als auch Bestrafungen unternehme, wenn in der Menschenwelt die richtige Ordnung verletzt wird. Nach Wang Chongs Auffassung "kümmert" sich der "Himmel" nicht im mindesten um die Menschen, weder um die Mächtigen noch um die Masse, und diese können auch in keiner Weise auf den "Himmel" Einfluss ausüben.
Die Menschen nehmen zwischen Himmel und Erde dieselbe Stellung ein wie Flöhe und Läuse zwischen Ober- und Unterkleid und Heuschrecken und Ameisen in Spalten. Können Flöhe und Läuse, Heuschrecken und Ameisen daruch, daß sie friedlich oder widerspenstig, aufsässig oder fügsam sind, eine Veränderung des Fluidums im Zeuge oder im Spalt hervorbringen? ... Wenn ein Geschöpf mit einem winzigen Körper von anderthalb Meter Länge auf das gewaltige Fluidum des erhabenen Himmels einen Einfluß ausüben wollte, so würde es nicht den mindesten Erfolg haben. ... die Seufzer von zehntausend Menschen vermögen den Himmel nicht zu rühren.[53]
xxx Chan
Die gute Regierung während eines Zeitalters ist nicht das Werk von Weisen und Heiligen, und Verfall und Unruhen sind nicht die Folge von besonderer Sittenlosigkeit. Wenn ein Reich zum Untergang bestimmt ist, dann können Weise und Heilige es nicht zur Blüte bringen, und wenn eine Epoche Ruhe und Ordnung haben soll, dann können schlechte Elemente sie nicht in Verwirrung bringen. Ordnung und Verwirrung hängen von der Zeit, nicht von der Regierung ab, und der Friede und die Unruhen in einem Staate werden von Schicksal und nicht von seiner Kultur bestimmt. Weder ein weiser, noch ein nicht weiser Fürst, weder eine erleuchtete noch eine nicht erleuchtete Regierung können hier helfen oder schaden.
Von diesem Gesichtspunkt aus hängt der moralische Wandel vom Getreidevorrat ab, und ob dieser ausreicht oder nicht, wird vom Erntejahr bestimmt. Wenn in einem Jahre Wassernot oder Dürre herrschen, wachsen die fünf Getreidearten nicht. Die Regierung ist dafür nicht verantwortlich, sondern Zeit und Schicksal.[54]
Das Schicksal bestimmt nach Wang Chong nicht nur den Aufstieg und Verfall von Staaten, sondern auch Glück und Unglück des einzelnen Menschen. Es ist für sein Glück unerheblich, ob ein Mensch moralisch gut oder schlecht ist.
In der Welt gibt es wenig gute und sehr viele schlechte Menschen. Die Guten handeln nach moralischen Grundsätzen, die Schlechten übertreten die Gebote des Himmels, aber das Leben der Bösen wird deswegen nicht verkürzt, und die Lebensjahre der Guten werden nicht verlängert.[55]
Ceremonies originate from a want of loyalty and good faith, and are the
beginning of confusion. On that score people find fault with one another, which
leads to reproof. At the time of the three Rulers people were sitting down
self-satisfied, and walking about at perfect ease. Sometimes they took
themselves for horses, and sometimes for oxen. Virtuous actions were out of the
question, and the people were dull and beclouded. Knowledge and wisdom did not
yet make their appearance. Originally, there happened no calamities or
catastrophes either, or, if they did, they were not denoted as reprimands. Why?
Because at that time people were feeble-minded, and did not restrain or
reproach one another.
Later generations have gradually declined: - superiors
and inferiors recriminate, and calamitous events continually happen. Hence the
hypothesis of reprimands has been developed. The Heaven of today is the Heaven
of old, and it is not the case that the Heaven of old was benign, whereas now
Heaven is harsh. The hypothesis of reprimands has been put forward at present,
as a surmise made by men from their own feelings.[56]
Fortschritt und Gedeihen werden nicht durch Tüchtigkeit bewirkt, und ebenso wenig lassen sich Rückschritt und Verfall als Mißerfolg der Tüchtigkeit erklären. Fortschritt und Gedeihen, Rückschritt und Verfall hängen nur ab vom Himmel und von der Zeit.[57]
Viele Menschen glauben an die Existenz von Gespenstern, sagt Wang Chong, wobei sie annehmen, dass dies die Geister von Verstorbenen seien, die imstande wären, den Lebenden zu schaden. Auch die Mohisten haben daran geglaubt und sich dabei auf Berichte von Augenzeugen berufen. An all dem könne aber nichts wahr sein: "The dead do not become ghosts, have no consciousness and cannot injure others."[58] Seine Argumente in dieser Frage sind:
Erstens glauben die Leute nur, dass Menschen nach dem Tod als Geister weiter existieren, sie glauben das aber nicht von anderen Lebewesen. Die Fähigkeit, als Geist weiterzuexistieren, unterscheide aber nicht den Menschen von anderen Lebewesen.
Zweitens lebt der Mensch durch "qi", "the vital fluid", die in den Arterien pulst. Hört der Puls auf und der Mensch stirbt, so zerfällt der Körper und wird zu Erde. Wie könnte das "qi" zum Geist werden? Es hätte keine Augen und Ohren und nähme nichts wahr.
But are men, whose vital fluid is gone, merely as if they had no eyes, or no ears? No, their decay means complete dissolution. That which is diffuse and invisible, is called a ghost, or a spirit. When people perceive the shape of a ghost or a spirit, in cannot be the vital fluid of a dead man, because ghost and spirit are only designations for something diffuse and invisible.[59]
Drittens: wenn Leute behaupten, einen Geist gesehen zu haben, so erscheint ihnen dieser wie ein lebender Mensch. Schon daraus ist zu schließen, dass sie nicht "the essence of the dead" gesehen haben, denn ein Toter sei, sagt Wang Chong, mit einem leeren Sack zu vergleichen. Der Reis, der dem Sack zuvor seine Form gegeben hatte, ist ausgeronnen, der Sack "no more visible, when looked from afar."
At death the body decays, and the vital fluid disperses, just as the millet and the rice escape from the pierced or damaged bag, or sack. When the millet or the rice are gone, the bag and the sack do not take a form again. How then could there be a visible body again, after the vital fluid has been scattered and lost?[60]
Es ist vielleicht aufschlussreich, aber nicht erheblich für das Argument, dass das Zeichen für "qi", wie es in der Zeit von Wang Chong geschrieben wurde, durch den Radikal für "Reis" erweitert worden war, der in der Folgezeit wieder aus dem Zeichen verschwunden ist.
Viertens: es gibt viel mehr Verstorbene als es lebende Menschen gibt. Wenn alle Verstorbenen zu Geistern geworden wären, müsste es überall von ihnen wimmeln:
there would be a ghost on every road, and at every step. Should men appear as ghosts after death, then tens of thousands of ghosts ought to be seen. They would fill the halls, throng the courts, and block the streets and alleys, instead of the one or two which are occasionally met with.[61]
Es folgt im Text noch eine Überlegung dazu, dass vor allem kranke Menschen dazu neigen, Geister zu sehen, bevor er zum nächsten Argument kommt.
Fünftens liege es in der Natur, dass zwar immer wieder ein neues Feuer entzündet, aber kein verloschenes wieder angefacht werden könne. Es fällt bei dieser Überlegung schwer, nicht an die buddhistische Parabel vom Leben als einer Flamme zu denken, die von einer Kerze auf die andere übergeht (wie sie sich etwa im Milindapaña findet), doch ist ein solcher Einfluss wenig wahrscheinlich. Wang Chon jedenfalls befindet:
A new man can be born, but a dead one cannot be resurrected. If burnt-out ashes could be kindled again into blazing fire, I would be very much of the opinion that the dead might take a bodily form again. Since, however, an extinguished fire cannot burn again, we are led to the conclusion that the dead cannot become ghosts.[62]
Sechstens schließlich ist bei Berichten über Geister nicht davon die Rede, dass diese nackt seien. Das müssten sie aber sein, findet Wang Chong, "because garments have no vital spirits".
Nachdem er sich auf diese Weise kritisch mit der Frage auseinandergesetzt hat, ob Verstorbene als Geister überhaupt existieren, wendet sich Wang Chong doch noch der Frage zu, ob Verstorbene als Bewusstsein weiterexistieren könnten und ob sie in dieser Existenzart den Menschen schaden könnten.
xxx
xxx
Bauer, Wolfgang: China und die Hoffnung auf Glück. Paradiese, Utopien, Idealvorstellungen in der Geistesgeschichte Chinas. München: dtv 1974
Beasley, William G. und G. E. Pulleyblank (Hg.): Historians of China and Japan. London: Oxford Univ. Press 1961
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Franke, Herbert und Rolf Trauzettel: Das chinesische Kaiserreich. Frankfurt/M.: Fischer 1968
Freydank, Helmut et al.: Lexikon Alter Orien. Ägypten - Indien - China - Vorderasien. Wiesbaden: VMA-Verlag 1997
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Nakayama, Shigeru: Academic and Scientific Traditions in China, Japan, and the West. Tokyo: Univ. of Tokyo Press 1984
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Roetz, Heiner: Die chinesische Ethik der Achsenzeit. Eine Rekonstruktion unter dem Aspekt des Durchbruchs zu postkonventionellem Denken. Frankfurt/M.: Suhrkamp 1992
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Szuma Chien xxx
Wang, Gung-hsing: The Chinese Mind. Westport, Conn.: Greenwood Press 1968 (zuerst 1946)
Watson xxx
[2] Über Yang Xiung vgl. Chan, S. 289 ff
[3] Franke und Trauzettel, S. 105
[4] Deutsche Übersetzung von Franz Kuhn: Frankfurt/M.: Insel 1981
[5] Nakayama 1984, S. 54
[6] Nakayama 1984, S. 53
[7] Nakayama 1984, S. 62
[8] Franke und Trauzettel, S. 101
[9] Aus der späten Han-Zeit stammt die sehr volkstümliche Ballade vom "Pfauenpaar", in der die Geschichte von zwei Liebenden erzählt wird, die sich selbst töten, weil die Mutter des Mannes die junge Frau nicht akzeptiert. Deutsch unter dem Titel "Die Geschichte von Dschau Dschung-tsching und Liu Lan-dschi, die zu Ende der Han-Zeit lebten und deren Schicksal ihre Zeitgenossen so sehr bewegte, daß man ihnen zu Ehren diese Ballade verfaßte" in: Ernst Schwarz (Übers., hg.): Chrysanthemen im Spiegel. Berlin: Rütten & Loening 1988, S. 120-143
[10] Vgl. Sima Qian (Szuma Ch'ien) 1961, 1965, 1969, 1979; Watson 1958
[11] Vgl. Beasley & Pulleyblank 1971
[12] Watson 1958 schreibt: "It is impossible to say definitly when, in the course of the development of Chinese culture, a true historical consciousness appeared. The Book of Documents of the early Chou, we might argue, already displays the respect for the past and interest in past events that is the essential quality of the historical consciousness. Yet in another sense even the Shih chih is still too embroild with ancient ritualistic considerations to meet the test of straightforwardness and true objectivity we demand of historical writing today." (S. 135)
[13] Die Kenntnis der frühen Dynastien Chinas hat sich durch die Archäologie der letzten Jahrzehnte stark erweitert. Zumindest die Shang-Dynastie, wohl aber auch einige Züge der vorangegangenen Hsia (Xia)-Dynastie können heute als gesichert gelten, was für den Autor des Shihji noch keineswegs der Fall war. Insgesamt wurde seine Darstellung dadurch aber eher bestätigt als widerlegt.
[14] Watson1958 schreibt: "...each of the dynasties of the past was characterised by a particular dominant virtue, good faith for the Hsia, piety for the Shang, and refinement for the Chou, and that as each dynasty declined this virtue devolved into a fault - good faith into rusticity, piety into superstition, and refinement into hollow show - requiring for its correction the next virtue in the cycle." (S. 142)
[15] "It is obvious that in late Chou and
Ch'in times the earlier refinement and order had deteriorated. But the
government of Ch'in failed to correct this fault, instead adding its own harsh
punishments and laws. Was this not a grave error?
Thus when the Han rose to
power it took over the faults of its predecessors and worked to change and
reform them, causing men to be unflagging in their efforts and following the
order properly ordained by heaven. It held its court in the tenth month, and
its vestments and carriage tops were yellow, with plumes on the left side of
the carriages." (Szuma Ch'ien, Basic Annals of the Emperor Kao-tsu, nach
Watson 1969, S. 145 f)
[16] Nach: Watson 1969, Introduction
[17] Zu Ban Zhao vgl. Ho, Pei-Ying: "Frau" in den klassischen chinesischen Gedanken - eine philosophisch-feministische Untersuchung. Wien: Dissertation 1998, S. 102-109; Ursula I. Meyer und Heidemarie Bennent-Vahle (Hg.): Philosophinnen-Lexikon. Leipzig: Reclam 1997, S. 419-422.
[18] Chan gibt drei Daten an: "140, 136, or 134 B.C."
[19] Shaoping Gan 1997, S. 20f. Diese "sechs Fähigkeiten", die man mit dem Bildungskanon der "sieben freien Künste" vergleichen könnte, werden unterschiedlich aufgezählt. So schreibt Gung-Hsing Wang 1968, S. 114, es handle sich um "ancient poetry, official records of the various dynasties, history, music, ceremonial rituals, and our ancient philosophical work on the doctrine of change" xxx?
[20] So beschreibt Gung-hsing Wang 1968, S. 122 die Sache: "As a matter of fact, from the time scholar rule was instituted in the second century B.C., the best minds of China were so completely drawn to the study of Confucian classics that aside from this they scarcely considered any other branches of learning worthy of their attention. ... Thus for the last two thousand years China has been riding on a Confucianist merry-go-round, leaving scientific and technological subjects pitifully neglected and foolishly unattended." - Dass in einer derartigen Beschreibung Denker wi Wang Chong nicht einmal erwähnt werden, ist wenig überraschend.
[21] Übersetzungen des Chunqiu fanlu
xxx
Das Wort "lu" im Titel des Werks, so schreibt Chan, das als "Tau"
übersetzt wird, bedeutet nach einer Interpretation "the richness of
meaning" in den Frühlings- und Herbst-Annalen, aber die gewöhnliche
Interpretation sei "that of gems hanging down from a cap, symbolizing the
connecting links between the use of terms in the Classic and the event it
describes". (Chan, S. 273)
[22] Vgl. Roetz 1992, S. 369 bzw. Chunqiu fanlu 12.53:5b f. zit. nach Roetz ebd.
[23] Roetz 1992, S. 369 und 370
[24] Chunqiu fanlu 10.36:6a zit. nach Roetz 1992, S. 356
[25] Vgl. Roetz 1992, S. 179 bzw. Chunqiu fanlu 8.27:1a zit. nach Roetz ebd.
[26] Chunqiu fanlu 8.30:10a zit. nach Roetz 1992, S. 210
[27] Das umfangreiche Werk besteht aus 21 Kapiteln und behandelt Metaphysik, Astronomie, Regierung, Militärstrategie etc.
[28] Vgl. Chan 1968, S. 305
[29] Vgl. Chan 1968, S. 306. Chan merkt dazu (S. 307) an, diese Reihenfolge "may not be scientific or logical" aber: "It is remarkable ... that in an age of prevalent superstitions and common belief in prodigies, he should have maintained an absolutely naturalistic attitude toward creation."
[30] Zitiert nach Chan 1968, S. 307
[31] Zitiert nach Chan 1968, S. 308
[32] Zitiert nach Bauer 1974, S. 139
[33] Wasser "entspricht" normalerweise Schwarz, während Gelb der Erde "entspricht".
[34] xxx Wo steht, dass auf der Suche nach dem Lebenselixier sich schon mancher vergiftet hat? Wang Chong? Wo steht: "Wer davon trinkt wird den Tod nicht schauen in Ewigkeit" NT? War das Quecksilber im Grab des Shihuangdi nicht auch so geleitet, dass es "zu seiner Quelle zurückkehrt" - der hat jedenfalls nach dem Elixier gesucht und suchen lassen, auch auf Inseln im Ostmeer.
[35] Zitiert nach Bauer 1974, S. 143f
[36] Chan, Forke xxx
[37] Übersetzungen des Lun Heng xxx
[38] Needham xxx Chan (1969, S. 293:) "... he prepared for the growth of rationalism and naturalism in the Wei-Chin period (220-420) which probably would not have come about without him."
[39] Autorenkollektiv: Geschichte der Philosophie. Bd. 1. Berlin/DDR: VEB Deutscher Verlag der Wissenschaften 1959, S. 160
[40] Karlgren 1974, S. 120; Rose-Innes 1977, S. 263. Béky (1972, S. 100f) schreibt dazu: "Es ist äußerst schwer, eine Definition für dieses Wort zu finden. Bodde vergleicht es mit der `materia' des Aristoteles. Chan übersetzt es mit `material force' und auch durch `vital force'. Es könne, so schreibt er, sowohl Energie wie Materie bedeuten (im Gegensatz zu `li', dem formalen Prinzip). Ursprünglich sol es eine innere psychologische Kraft bedeutet haben, in Zusammenhang mit Blut und Atem. M. Porkert gibt eine naturwissenschaftliche Erklärung; er nennt das ch'i `konstellierte Energie' oder `energetische Konstellation'." Roetz übersetzt es in seinem Kommentar zu Mencius als "Vitalkraft" (1993, S. 325)
[41] "`Himmel und Erde' (T'ien-ti) ist sowohl im Chinesischen wie auch im Japanischen der stereotype Ausdruck für das All. Der andere Ausdruck `Die Zehntausend Wesen' (wan-wu) bedeutet in beiden Sprachen die Gesamtheit aller Wesen; alles, was da lebt und existiert." (Béky 1972, S. 100)
[42] Lun Heng xxx, zitiert nach Forke xxx
[43] Vgl. Shi Jun 1992, S. 269: "Why must we assume that Heaven acts spontaneously? Because it has neither mouth nor eyes. Activity is connected with the mouth and the eyes: the mouth wishes to eat, and the eyes to see.
[44] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 271
[45] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 271; vgl. auch 275: "Government by not governing is inaction as a principle."
[46] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 277; andere Berichte sprechen etwa davon, dass Kinder bei ihrer Geburt Namenstäfelchen bereits aus dem Mutteleib mitgebracht oder den Namen auf ihrer Handfläche geschrieben gehabt hätten. "These letters must have been written, while the ... persons were still in their mother's womb. If we say that Heaven wrote them, while they were in their mother's womb, did Heaven perhaps send a spirit with a style, a brush, and ink to engrave and write the characters on their bodies?" (ebd.)
[47] Vgl. Wimmer, Franz M.: Kulturwissenschaft als Naturwissenschaft. Zur Methodologie Ibn Khalduns. In: KAI. Mitteilungen des Lehrstuhls für Soziologie und Kulturwissenschaft an der Universität Salzburg, 1977, Nr. 10, S. 1-20
[48] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 277
[49] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 279
[50] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 281
[51] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 283
[52] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 287
[53] Zit. nach Forke xxx
[54] Zit. nach Forke xxx
[55] Zit. nach Forke xxx
[56] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 289
[57] Zit. nach Forke xxx
[58] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 295
[59] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 295
[60] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 299
[61] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 301
[62] Zit. nach Shi Jun 1992, S. 301-303
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