Zwischen Antinomie und Kompatibilität: Versuch über die natürliche Einbettung unserer Handlungsfreiheit

Buchheim, Thomas (2001) Zwischen Antinomie und Kompatibilität: Versuch über die natürliche Einbettung unserer Handlungsfreiheit. In: UNSPECIFIED UNSPECIFIED.

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Abstract

Auch wenn Kant der modernen Vernunft in vielerlei Hinsicht erst ihr Licht aufgesteckt hat, so lenkt doch die Art der Beleuchtung unsere Aufmerksamkeit manchmal in zu enge Perspektiven, wo uns vielversprechende Möglichkeiten zu denken und philosophische Probleme in Angriff zu nehmen, leicht aus dem Blick geraten können. Eine solche Engführung ist die Antinomie der Freiheit, mit der Kant ein unbedingtes Vermögen des Menschen, eine Reihe von Begebenheiten von selbst anzufangen" (KrV B 582) dem unerbittlichsten kausalen Determinismus der Natur entgegensetzt, und gerade durch die unüberwindlich scheinende Härte jener Entgegensetzung zu einer Lösung des Problems gelangt, die heute nur wenige mit voller Überzeugung anzunehmen vermögen: sind Erscheinungen Dinge an sich selbst, so ist die Freiheit nicht zu retten. Alsdann ist Natur die vollständige und an sich hinreichend bestimmende Ursache jeder Begebenheit, und die Bedingung derselben ist jederzeit nur in der Reihe der Erscheinungen enthalten, die, samt ihrer Wirkung, unter dem Naturgesetze notwendig sind" (KrV B 564 f.). - Was wir somit als Natur erkennen, das darf nicht eigenständige Wirklichkeit sein, soll menschliche Freiheit existieren.

Es ist bemerkenswert, daß die gegeneinandergestellten Seiten dieser Antinomie bis in die heutige Debatte des Freiheitsproblems hinein sich relativ ähnlich geblieben sind. Dies gilt zudem für Vertreter aus beiden Hauptlagern der Auseinandersetzung um die Freiheit: sowohl die sog. Kompatibilisten, d.h. Vereinbarkeitstheoretiker von Natur und Freiheit, wie Daniel Dennett oder Ted Honderich, als auch für die meisten Inkompatibilisten, wie z.B. William James,Roderick Chisholm und andere. Denn beide Lager weisen entweder zurück oder heißen willkommen, was sie den starken, libertarischen" Begriff von Freiheit nennen, und was, mit Ausdrücken wie Origination" oder Akteurskausalität" bedacht, eine ähnliche, dem übrigen Weltzusammenhang enthobene Ursprünglichkeit des Wollens und Handelns ist, wie das Kantische Vermögen, eine Reihe von Begebenheiten von selbst anzufangen. Nur daß die Inkompatibilisten eine sogeartete Fähigkeit des Menschen allein dadurch glauben retten zu können, daß sie den durchgängigen Kausalzusammenhang der Natur mit indeterministischen Lücken versetzen, während die Kompatibilisten, von eben demselben umfassenden Determinismus alles Geschehens als unnachlaßlichem Fixum ausgehend, stattdessen meinen, die Freiheit verkürzen zu müssen zu einer Art natürlicher Selbständigkeit, Ellenbogenfreiheit" genannt (Dennett) oder auch Selbstkontrolle komplexer Neurosysteme, wie der Mensch eines sei. D.h. sie retten die Freiheit einfach dadurch, daß sie ein komplexes Naturgeschehen aus ihr machen.

Item Type: Book Section
Uncontrolled Keywords: Willensfreiheit, Antinomien, Kant, Determinismus
Subjects: Philosophie > Philosophische Disziplinen > Allgemeine Ethik
Philosophie > Philosophische Disziplinen > Anthropologie
Anthropologie
Depositing User: sandra subito
Date Deposited: 06 Dec 2020 12:21
Last Modified: 06 Dec 2020 12:21
URI: http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/2057

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