Metzinger, Thomas (1999) Subjekt und Selbstmodell. Die Perspektivität phänomenalen Bewußtseins vor dem Hintergrund einer naturalistischen Theorie mentaler Repräsentation.2., durchgesehene Auflage. mentis.
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Abstract
In dieser Arbeit geht es nicht um eine weitere modische Liquidation des Subjekts, sondern um dessen Rehabilitation als Gegenstand ernsthafter theoretischer Bemühungen. Das Thema, um das die folgenden Untersuchungen kreisen, ist die Perspektivität unseres phänomenalen Bewußtseins. Perspektivität" ist zunächst jedoch nicht mehr als eine metaphorische Anleihe aus der Phänomenologie des visuellen Sinnes: Unser visuelles Erleben der Umwelt ist um ein Zentrum herum aufgebaut, denn als Sehende erleben wir die Welt scheinbar von einem Standpunkt aus. Dieser Standpunkt, der Stationis Punctum, scheint hinter unseren Augen zu liegen und er ist der Mittelpunkt unseres visuellen Erlebnisraumes. Von ihm können wir imaginäre Linien zu den Grenzen der Dinge ziehen, die wir in den Blick nehmen. Parallele Geraden scheinen dabei in der Ferne zusammenzutreffen und weiter entfernte Gegenstände sind kleiner als näherliegende. Dieses strukturelle Merkmal des durch unseren Sehsinn erzeugten Bildes der Welt die Tatsache also, daß es um ein Zentrum herum aufgebaut ist vermittelt uns manchmal den Eindruck, als gäbe es einen kleinen Homunkulus, der hinter unseren Augen sitzt und durch sie wie durch zwei Fenster in die Welt hinausblickt. Wir wissen natürlich, daß dieser Homunkulus hinter den Fenstern mit Blick in die Welt eine Fiktion ist. Aber trotzdem können wir uns nicht von der durch unser Raumerleben erzeugten Illusion befreien, daß unser Selbst eine räumliche Lokalisierung besitzt als Mittelpunkt der visuellen Welt.
Was für den strukturellen Aufbau des Gesichtsfeldes und des visuellen Modells der Wirklichkeit gilt, trifft in einem umfassenderen Sinn auch auf unseren phänomenalen Raum als Ganzen zu: Unser gesamtes Bewußtsein ist um einen Mittelpunkt herum aufgebaut, weil es ein zentriertes Bewußtsein ist. Dieser unhintergehbare Mittelpunkt unseres inneren Erlebnisraums ist das phänomenale Selbst, das Subjekt psychischer Zustände. Das Subjekt psychischer Zustände bildet den thematischen Kern der nun folgenden Überlegungen, weil es verantwortlich ist für die Perspektivität unseres mentalen Innenlebens. Unsere innere Biographie ist perspektivisch, weil sie fast immer an ein Erlebnissubjekt gebunden ist, dessen Biographie sie ist. Die Struktur phänomenalen Bewußtseins besser zu verstehen und zu untersuchen, ob Selbstbewußtsein so wie wir alle es erleben
einer naturalistischen Erklärungsstrategie zugänglich sein könnte, ist das zentrale Anliegen meiner Untersuchung.
Item Type: | Book |
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Additional Information: | Selbstbewußtsein, mentale Repräsentation, Subjektivität, Selbstmodell, Thomas Nagel |
Subjects: | Philosophie > Philosophische Disziplinen > Bewußtseinsphilosophie, Philosophie des Geistes und der Psychologie |
Depositing User: | sandra subito |
Date Deposited: | 06 Dec 2020 12:28 |
Last Modified: | 06 Dec 2020 12:28 |
URI: | http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/2106 |