Fragend queer bedenken

Das feministische Anliegen, traditionelle Geschlechteridentitäten zu hinterfragen und aufzulösen, sieht sich zunehmend in andere gesellschaftlichen Befreiungsbewegungen eingebunden und durch eine prinzipielle Kritik an der Kategorie Identität erweitert.
In akademischen Diskursen beginnt sich, von den USA ausgehend, nun auch im deutschsprachigen Raum der Terminus "Queer-Theorien" oder "Queer-Studies" zu etablieren, der diese über die Kategorie Gender hinausgehenden politischen und philosophischen Bestrebungen zusammenfasst.
Im folgenden Beitrag werden zunächst die begriffliche Verwendung von queer und der historische Kontext der Entstehung von queerer Praxis und Queer-Theorien in den USA und in der BRD bzw. in Österreich skizziert. Danach werden die wesentlichen Inhalte dieser Theorien – vor allem im Hinblick auf Geschlechterfragen – diskutiert. Die vor allem vom Poststrukturalismus inspirierten Queer-Theorien erweisen sich dabei als bereichernde Denkrichtung, die jedoch ihren Anspruch, Identität radikal durch Pluralismus und Differenz zu ersetzen, nicht einzulösen vermag:
Denn, so wird u.a. argumentiert, die Umkehrung der zweiwertigen Logik in dem Sinne, dass die Nicht-Norm zur Norm wird, impliziere per se die Ausgrenzung jener, die nicht dem queeren 'Wir' angehören. Zudem müsse die Frage aufgeworfen werden, wer inhaltlich die Nicht-Norm als Norm bestimmen sollte und was mit jenen Lebensformen passiere, die einst als nicht-normal postuliert wurden, dann aber in die gesellschaftliche Norm integriert wurden.