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Hypertext

Ted Nelson prägte den Begriff Hypertext als eine Art von non-sequential writing, eine die herkömmliche Art der Texterzeugung erweiternde Textsequenz. Konkret erweitert Hypertext den elektronischen Text um die Möglichkeit der Referenzierung und des Verweises.
Im Lauf der Jahrhunderte, die Homer und den Großen Yu von den ersten Druckwerken des Okzidents und des Orients trennen, bildete sich mit der wachsenden Masse an aufgezeichneten Tatsachen auch ein Begriff von Referenz und Verweisung heraus, aber die Schriften bleiben allenthalben noch kompakte Folgen, die durch Siglen und Randbemerkungen rhythmisiert werden, an denen der Leser sich dann in der Art eines primitiven Jägers orientiert, d.h. eher entlang einer Bahn als auf einer Ebene. Die Umwandlung der Wortfolge in ein System von Orientierungsfeldern ist noch nicht erfolgt. [Leroi-Gourhan, 1995, 326]
Eine seit Anfang der Geistesgeschichte schlummernde Kulturtechnik findet endlich ihre Realisierung in einer der ganzen Welt auf einen Schlag gleichzeitig zur Verfügung stehenden Technik der elektronischen Textproduktion bzw. Rezeption.
Hypertext is the presentation of information as a linked network of nodes which readers are free to navigate in a non-linear fashion. [Keep et al., 2000]
Unter Hypertext wird heute in den meisten Fällen die Hypertext Markup Language (HTML) verstanden. Dies ist, sieht man Hypertext als Konzept und nicht als Abkürzung für HTML, natürlich nicht immer richtig, jedoch die weitverbreiteste Form von Hypertext. HTML ist schlechthin die killer application von SGML und der auslösende Moment für den gewaltigen Durchbruch des World Wide Web (WWW).
In HTML werden Referenzierungen oder Hyperlinks wie alle Auszeichnungen mittels Tags erzeugt, geschieht dies außerhalb des eigentlichen Textes, muss die externe Adresse des zu referenzierenden Objekts in den Tag miteingeschrieben werden. Hyperlinks innerhalb eines HTML-Dokuments werden mittels SGML eigenen ID/IDREF-Attributen realisiert. Bei Referenzierungen außerhalb des Dokuments muss dies mit einem Mechanismus geschehen, der vom Internet-Browser selbst zur Verfügung gestellt wird, denn SGML alleine kann dies nicht erfüllen. Jedoch war die Entwicklung um SGML nie wirklich still, so wurden stets Erweiterungen entwickelt, wie die Hypermedia/Time-based Structuring Language (HyTime) und ist in ISO 10744:1992 definiert.
Das Besondere von HyTime ist, dass Elemente auch außerhalb ein und desselben SGML-Dokuments erreicht werden können. Dies macht und bietet somit unabhängig vom SGML-internen ID/DREF-Attribut zusätzlichen Bonus im Bereich von plattformübergreifender und systemunabhängiger Bereitschaft.
Ein schwerer Nachteil von HTML war es schließlich, dass Mechanismen, die im Standard nicht explizit ausgewiesen, jedoch im Laufe der Zeit erwünscht waren, durch proprietäre Lösungen der Browser-Hersteller selbst ausgeglichen wurden. Dieser Umstand hatte den unliebsamen Effekt, dass ein einmal erzeugtes HTML-Dokument in jedem auf dem Markt erhältlichen Browser anders dargestellt wurde.
In HyTime, mit seinen ausgeklügelten Verlinkungsmechanismen, ist es nun bspw. möglich, jedes erdenkliche Objekt zu verlinken. Bestimmte Bytesequenzen bei unstrukturierten Datenobjekten wie Musik- oder Bilddateien können mit diesem Standard exakt angesprochen werden. Eine Weiterentwicklung und einige weiterführende Standards werden wir später als Satellitentechnik von XML kennenlernen.
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Nikolai Jursic 2004-03-05