Burckhardt, Martin (2000) Die Wunschmaschinen sind tot. Es leben die Wunschmaschinen! texte, I (2). pp. 56-74. ISSN 0254-7902
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Abstract
In den Zeiten der Revolution, so sagt man, genüge ein Funke, um einen Flächenbrand auszulösen. Und in der Tat, schaut man zurück, so könnte man der Meinung sein, daß es die Geistfunken der 68er waren, die etwas Tieferliegendes freigesetzt haben: eine Art Magma, das aus der Tiefe herÂausgeschleudert worden ist und nun, langsam erkaltend, als neue GrundÂlage des Gesellschaftlichen in Erscheinung tritt. Möglicherweise aber haÂben Zündholz und Eruption gar nichts miteinander zu tun. Ebensogut wäre es denkbar, daß man hier einer bloßen Koinzidenz gegenübersteht – so daß das Zündholz weniger Auslöser, als vielmehr Epiphänomen wäre, und ein solches zumal, das Anlaß gibt, Ursache und Wirkung miteinander zu verÂwechseln (so wie der Gläubige, der ein Zeichen des Himmels erfleht und in genau diesem Augenblick einen Blitz vom Himmel herabfahren sieht, darin eine Antwort des Herrn sehen wird). Daß eine solche Deutung keinesfalls auszuschließen ist, erweist sich schon daran, daß das, was sich damals mit größter Selbstverständlichkeit das Feuer der Revolution wähnte, heutzutaÂge nur über einen beträchtlichen psychologischen Entzifferungsaufwand verständlich wird. Das Amalgam aus Paranoia, Megalomanie und begriffÂloser Geste (pop!) ist ein Beleg mehr, daß man es mit einem Zündholz, nicht aber mit dem Vulkan, dem eigentlichen Beweggrund zu tun hat.
Item Type: | Article |
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Uncontrolled Keywords: | Anti-Ödipus; Wunschmaschine |
Subjects: | Psychoanalyse > texte psychoanalyse.ästhetik.kulturkritik > 2000 Psychoanalyse > Grundlagenforschung |
Depositing User: | Wolfgang Heuer |
Date Deposited: | 06 Dec 2020 15:05 |
Last Modified: | 06 Dec 2020 15:05 |
URI: | http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/3196 |