Pflüger, Jörg (1999) Hören, Sehen, Staunen. Zur Ideengeschichte der Interaktivität. mtg Medien/Theorie/Geschichte.
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Abstract
Sofern man das Auftauchen und die stürmische Entwicklung der Computertechnologie mit positiven Utopien belegt hat, waren diese immer mit der Vorstellung einer `Befreiung des GeistesŽ verbunden. Was darunter zu verstehen ist, hat jedoch im Laufe der Zeit unterschiedliche Gestalt angenommen. Lange Zeit war in der Informatik ein Automatisierungsleitbild vorherrschend, und dementsprechend wollte man den Menschen von ,niederer' geistiger Arbeit entlasten und für seine eigentlichen Aufgaben freisetzen. Damit ergab sich natürlich auch immer die Frage, was diese denn sein sollten. Neben der durch das Automatisierungvorbild geprägten Leitlinie ist aber schon frühzeitig die alternative Vorstellung einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit von Mensch und einer Maschine entstanden, welche ihn nicht ersetzt, sondern unterstützt.
Diese Vorstellung ist immer eng mit den Möglichkeiten eines interaktiven Umgangs mit dem Computer verbunden gewesen. In diese Interaktion kann der Mensch seine kreativen Fähigkeiten einbringen und computerunterstützt zu ungeahnten Höhenflügen weiterentwickeln. Wie diese Interaktion zwischen Mensch und Maschine aussehen soll, welche Rolle dabei dem Computer zukommt, und wozu der Geist des Menschen befreit werden soll, hat jedoch im Laufe der Zeit unterschiedliche Ausprägungen erfahren. Ich will zu deren Betrachtung die Geschichte der Interaktivität in drei Phasen einteilen, die durch unterschiedliche Leitmetaphern geprägt sind.
In der Anfangszeit wurde der interaktive Umgang mit dem Computer als eine Art Konversation vorgestellt, welche Mensch und Maschine zu einer Problemlöseeinheit verschmilzt. Mit der Verbreitung von PCs und Arbeitsplatzrechnern setzte sich die Vorstellung durch, daß man geistigeTätigkeiten ausführt, indem man auf deren graphischen Oberflächen Objekte manipuliert. Der konzentrierteste Ausdruck dieser Werkzeugvorstellung ist das Leitbild der `direkten ManipulationŽ. Heute befinden wir uns mitten in einer Phase, in der Software-Agenten die Bildschirme und Computernetze erobern. Dieser Entwicklung liegt die Vorstellung zugrunde, daß bei der Beschaffung und Produktion von Informationen die Delegation von mühseligen oder langweiligen Tätigkeiten an Agenten eine in vernetzten Zusammenhängen notwendig gewordene Entlastung bringt. Das Agentenkonzept ist so elektronischer Ausdruck einer Dienstleistungsgesellschaft.
Item Type: | Article |
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Uncontrolled Keywords: | Interaktivität, Ideengeschichte |
Subjects: | Philosophie > Philosophische Disziplinen > Medienphilosophie, Theorie der Virtualität, Cyberphilosophie |
Depositing User: | sandra subito |
Date Deposited: | 06 Dec 2020 12:11 |
Last Modified: | 06 Dec 2020 12:11 |
URI: | http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/1963 |