Nemeth, Elisabeth (2000) Vom beredten Schweigen in Österreich und Europa. Und über Versuche, es zu brechen. In: UNSPECIFIED Turia & Kant, pp. 150-155.
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Abstract
Die Regierungsbeteiligung der Freiheitlichen Partei und die internationalen Proteste dagegen haben in Österreich einen Schock ausgelöst. Plötzlich kann sich niemand mehr der Tatsache verschließen, dass die Sprache – vor allem die politische Sprache – Realitäten schafft. Eine politische Rede, die behauptet, die SS seien ehrenhafte Leute und die Beschäftigungspolitik der Nazis sei ordentlich gewesen, bringt eine politische Wirklichkeit hervor, die nicht so leicht aus der Welt geschafft werden kann – auch nicht von Entschuldigungen, selbst wenn sie ernst gemeint wären. Das grundlegende Missverständnis all derer, die verlangt haben, die Regierung solle an ihren Taten und nicht an Worten gemessen werden, kommt daher, dass sie einen entscheidenden Punkt nicht sehen wollen oder können: Es sind nicht Worte, sondern eine Entscheidung, eine Handlung, gegen die sich die Warnungen und Proteste im In- und Ausland gerichtet haben, nämlich die Entscheidung einer konservativen Partei, einer als rechtsradikal bekannten Partei zur Regierungsmacht zu verhelfen. Diese Entscheidung hat ein politisches Faktum geschaffen, für dessen Konstitution Worte allerdings eine entscheidende Rolle spielen: Die rassistischen Haltungen, die in den Flugblättern des Wahlkampfs dokumentiert sind, die bekannten Aussagen über SS und Beschäftigungspolitik des Parteiführers der FPÖ haben die ÖVP nicht davon abgehalten, diese Koalition einzugehen und damit dem freiheitlichen Diskurs eine vorher nicht da gewesene politische Legitimität zu verschaffen.
Item Type: | Book Section |
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Subjects: | Philosophie > Philosophische Disziplinen > Gesellschaftsphilosophie, politische Philosophie, Rechtsphilosophi Philosophie > Philosophische Institutionen > Institut für Philosophie, Wien |
Depositing User: | sandra subito |
Date Deposited: | 06 Dec 2020 13:28 |
Last Modified: | 06 Dec 2020 13:29 |
URI: | http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/2578 |