Herbert Hrachovec
Es hat einige Jahrzehnte gedauert, bis sich die tradionelle Metaphysik vom sprachanalytischen Schock erholt hat. Anfangs wollte die Attacke der ,,wissenschaftlichen Weltanschauung`` jahrhunderte alte Gedankenkonstruktionen ersatzlos streichen. So heiß wurde die Suppe dann doch nicht gegessen. Im Lauf der Entwicklung zeigte sich erstens, daß in der forschen Wissenschaftlichkeit eine Menge metaphysischer Voreinstellungen zu finden sind. Zweitens erwiesen sich die geschmähten spekulativen Dogmatiker als durchaus fähig, ihre Anliegen methodisch korrekt zu formulieren und zu verteidigen. Sprachanalytisch betriebene Metaphysik wurde vom Unbegriff zu einer respektablen Beschäftigung.
Natürlich ist nicht alles beim Alten geblieben. Bestimmte metaphysische Strategien sind auch im neuen Arrangement tabu, z.B. die gesamte Traditionslinie, die an Heideggers Metaphysiküberwindung anschließt. Diese macht gegenwärtig zwar einen lebendigeren Eindruck, als die etwas scholastisch anmutende sprachanalytische Metaphysik, aber keine Angst, für diesmal lasse ich die Finger von ihr. Dennoch halte ich Metaphysik, an der man sich nicht die Finger verbrennen kann, für langweilig und wähle als Thema eine typisch überzogene geschichtsmetaphysische Devise.
Das Beispiel für den Gedankenexzeß begegnet in Hans Blumenbergs 1986
erschienenem Buch ,,Lebenszeit und Weltzeit``. Dort
stellt sich Blumenberg neben vielem anderen die Aufgabe, die
Plausibilität der These zu untermauern, daß Ereignisse, die
stattgefunden haben, über die Kontingenz hinausreichen.
Facta infecta fieri non possunt. ,,Was ist, kann nicht
gleichgültig sein, weil es gewesen sein wird.``
Blumenberg
präsentiert das als Folge einer Husserl-Interpretation. Mein erster
Punkt wird eine kurze Skizze des Husserl-Blumenbergschen Motivs
sein. Zweitens folgt die skeptische Zerlegung des Ausspruchs. Über
eine Querverbindung, deren Schlüssigkeit ich zu zeigen hoffe, kann
ich mich dabei Wittgensteins berühmter Diskussion des Regelfolgens
aus den ,,Philosophischen Untersuchungen`` bedienen. Im
dritten Teil kommt dann die kritisierte Auffassung noch einmal zu
Wort und siehe da: sie ist nicht ganz erledigt. Sie reicht sogar in
Wittgensteins Überlegungen hinein. Das führt zur Frage, wie die
beiden Ansätze zueinander stehen.