Wimmer, Franz Martin, ed. (2007) Interkulturalität und Identität. Mitteilungen des Instituts für Wissenschaft und Kunst, 62 (3-4). Institut für Wissenschaft und Kunst, Wien.
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Abstract
FRANZ MARTIN WIMMER
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INTERKULTURALITÄT UND IDENTITÄT - Eine Einleitung
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Diese Ausgabe der iWK-Mitteilungen kreist um zwei Konzepte, um Interkulturalität und Identität, und um deren
Verhältnis zueinander.
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Der multikulturellste Ort in Italien, den er kenne, - und
ein möglicher Ort von Interkulturalität - sei das Gefängnis
La Dozza bei Bologna, sagt Pier Cesare Bori. Seit Jahren
geht er jeden Freitag Nachmittag dorthin, um mit Häftlingen
Texte aus der Weisheitstradition vieler Völker zu lesen, zu
diskutieren und zu meditieren: Platons Höhlengleichnis
ebenso wie die erste Predigt des Buddha, das Buch
Mencius oder ibn Tufails philosophischen Roman „Hayy ibn
Yaqdhan“.
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Wozu? Und warum wollen Strafgefangene dabei mitmachen? Es geht um „die Befreiung von Ignoranz durch Wissen“ sagt Bori in seinem Beitrag. Ist die „Höhle“ (Platons) das Gefängnis der Ignoranz, so ist der Ausweg daraus nicht in einem bloß intellektuellen Wissen, wohl aber in einem anderen Wissen möglich, einem sowohl emotionalen Wissen wie auch in einem Bewusstsein von menschlicher Würde. Auch im Gefängnis.
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Was ihnen am meisten fehle, wurden Flüchtlingsfrauen aus Bosnien in Göttingen gefragt. Die Antwort war überraschend: ein Garten. Es gibt nicht alles im Supermarkt zu kaufen, was frau braucht, um Gewohntes zuzubereiten. Und es iehit die Gemeinschaft. Daraus entstand 1996 ein „interkultureller Garten“. Inzwischen wachsen auf etwa
hundert solchen Gärten in Deutschland Kräuter und Gewürze, Salate und Früchte - nicht nur aus Bosnien, sondern auch aus Asien und Afrika.
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In Österreich gab es keine solchen Gärten, als Ursula Taborsky die idee im IWK vorstellte, aber einiges war im Werden und hat sich bei dieser Gelegenheit vertieft. Seitdem hat sich viel getan: Als „Gartenpoiylog“ wurde ein
Verein gegründet, in Wien und andernorts sind erste Gärten
entstanden, andere sind im Entstehen. Sie sind, „nicht nur
ein einfaches Gartenproiekt, sondern von ihnen gehen Impulse aus für zukünftige Formen der Integration, die von
den Migrantinnen selbst mitgestaltet werden“.
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Die Insel Taiwan, die in meinen Schulbüchern noch Formosa - die Anmutige - hieß, war einige Jahrzehnte lang sozusagen ein Großreich im Exil. Es gab dort Provinzregierungen und Parlamentarier für Gebiete, die unerreichbar fern jenseits einer schmalen Meeresstraße lagen, es gab eine Armee, die jene Provinzen zurückerobern sollte, und es gab diplomatische Vertretungen in aller Weit, die nicht diese Insel vertraten, sondern das große China, das mit all seinen
Gebietsansprüchen übrigens bedeutend größer war als das
heutige China. Taiwan war nur eine kleine Provinz davon,
aber in keiner anderen ihrer Provinzen hatte die Begierung
der „Republik China“ irgend etwas zu sagen. Sie alle
bildeten die „Volksrepublik China“. Das ist längst
Erinnerung, seit ab den 1970er Jahren immer mehr Staaten
die „Volksrepublik“ und nicht die „Bepublik“ als „China“
diplomatisch anerkennen (heute in Europa nur der Vatikan).
Die Frage zu beantwoten, wer oder was Taiwaner und
Taiwanerinnen sind, ist damit nicht einfacher geworden.
Hsueh-i Chen geht dieser Frage nach und führt dabei in
eine verwirrend vielfältige Welt. Nicht Herkunft, nicht
Sprache, nicht Geschichte, überhaupt nicht Vergangenheit
scheint es zu sein, was in Taiwan Identität stiften könnte.
Sondern die Zukuntt. Er spricht von einer „induktiven
Identitätsfindung“, in der sich „Identität“ als etwas stets
Werdendes entwickelt.
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Als Almir Ibric mich um ein Vorwort zu seinem Buch „Das Bilderverbot im Islam“ bat (2004, also lange vor dem so genannten Karikaturenstreit), wunderte ich mich, ob denn Bilder von Menschen in islamischen Geseltsohaften verboten sein sollten, denn viele waren und sind optisch sehr präsent: Wir alle kennen Bilder von Bin Laden, ebenso
von vielen Politikern der islamischen Welt. Und das geht
weit zurück: Mehmet II., der Eroberer Konstantinopeis, ließ
sich im 15. Jahrhundert von Bellini hoch offiziell
porträtieren, das Bild war nie geheim.
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Was ist da eigentlich verboten und warum? Gibt es ein
derartiges Verbot schon im Koran? Oder erst in den
Hadithen, von denen etwa 200 irgendwie mit dem Thema zu tun haben? Wie wird das Verbot begründet? Weiche Darstellungen betrifft es? Was ist mit den neuen Medien, mit TV und Internet? In seinem Beitrag behandelt Ibric diese
Fragen und weist darauf hin, dass es sich letztlich um ein
Polytheismusverbot handelt, also darum, sich keine Idole zu
machen. In dieser Hinsicht körnte es - wenn auch nicht in
der religiös intendierten Weise - sogar noch für
AtheistInnen von Interesse sein.
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Um Identität geht es ganz offensichtiich in den Debatten, die Gudrun Perko mit Bezug auf den Terminus „queer“ vorstellt. Perko schildet den Verlaui der Debatte in den USA und den deutschsprachigen Ländern, sie stellt Queer Theory als Pluralitätsmodell vor und zeigt, auf wie
viele Arten und zu welchen Zwecken jemand „wir“ (und
somit auch „sie“) sagen kann. Nicht von „Kulturen“, sondern
von „Geschlechtern“ ausgehend, wird hier die These
formuliert, die für beide Diskursarten gilt: Das „Normaie" gibt es nicht, aber es gibt die größere Freiheit in Pluralität.
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Die Texte dieses Heftes gehen auf Vorträge des iWK-
Arbeitskreises „Theorie und Praxis der Interkulturalität“
(2004-05) zurück.
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Dezember 2007
Item Type: | Book |
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Uncontrolled Keywords: | Identität, Kulturalität, Interkulturalität, iwk, IWK, IWK-Mitteilungen, iwk-Mitteilungen |
Subjects: | Philosophie > Philosophische Disziplinen > Allgemeine Ethik Philosophie > Philosophische Disziplinen > Feminismus, gender studies Kulturwissenschaften, cultural studies > Interkulturelle Studien Philosophie > Philosophische Disziplinen > Interkulturelle Philosophie Philosophie > Philosophische Journale, Kongresse, Vereinigungen > Mitteilungen des Instituts für Wissenschaft und Kunst Philosophie > Philosophische Disziplinen > Ästhetik, Kunstphilosophie |
Depositing User: | Barbara Zimmermann |
Date Deposited: | 06 Dec 2020 15:55 |
Last Modified: | 18 Mar 2022 14:22 |
URI: | http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/3529 |