Fröhlich, Gerhard (2002) Anonyme Kritik : Peer Review auf dem Prüfstand der empirisch-theoretischen Wissenschaftsforschung. In: Drehscheibe E-Mitteleuropa. Information: Produzenten, Vermittler, Nutzer. Die gemeinsame Zukunft. Phoibos Verlag, Wien, pp. 129-146. ISBN 3-901232-39-7
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Abstract
Kritik ist ein Definitionskriterium für Wissenschaft. In der öffentlich zugänglichen wissenschaftlichen Kommunikation dominiert Höflichkeit. Kritik wird im Geheimen - zwischen befreundeten Kollegen und bei Antrags- bzw. Manuskripteinreichungen - formuliert. Peer Review und künstlich überhöhte Abweisungsraten dienen als Prestigeschmuck. Peer Review als einheitliches Prüfsystem gibt es nicht. Die Heterogenität der Peer-Review-Varianten hängt zusammen mit ihren - je nach dem Verhältnis von Angebot und Nachfrage - unterschiedlichen Funktionen. Peer-Review-Verfahren versagten im Konnex von Plagiat, Betrug und Täuschung. Zahlreiche plumpe Manipulationen wurden nicht durch Gutachter aufgedeckt, sondern von Insidern, Lesern und Medien. Etliche Gutachter waren selbst in Betrugsaffären verwickelt. Zudem sind "Kryptamnesien" (unbewusste Plagiate) bei Multifunktionären fast unvermeidlich. Die zahlreichen negativen empirischen Befunde zum Peer-Review basieren auf folgenden Forschungsdesigns: "experimentelle"; Rekonstruktionen bzw. Replikationen; Befragungen Begutachteter; Übereinstimmungs-"Messungen" von Gutachterurteilen bzw. mit Zitationshäufigkeiten. Reformvorschläge streben Transparenz an, oder Durchsetzung der Doppelblindbegutachtung. Ich empfehle die Modernisierung der altertümlichen Praxis der Editoren und Referees: systematische Förderung von Herausgeber- und Gutachterkompetenzen, vor allem im Umgang mit Datenbanken bzw. Methoden der Informationswissenschaft. Etliche Fälschungen hätten bei Volltext-Konsultierung bisheriger Artikel der Autoren rasch aufdeckt werden können. Plagiatsüberprüfungsprogramme und "related documents"-Funktionen könnten schon lange eingesetzt werden. Doch Kritik sollte alltägliche Praxis aller Wissenschaftler darstellen und nicht nur an einige wenige delegiert werden. Offenheit und Pluralismus der wissenschaftlichen Felder sollten oberstes Gebot bleiben.
Item Type: | Book Section |
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Uncontrolled Keywords: | Informationsvorenthaltung, Wissenschaftsforschung, Evaluation, Peer Review, Kritik, withholding of information, studies of science, evaluation, peer review, critics |
Subjects: | Wissenschaftsforschung, Wissenschaftsgeschichte |
Depositing User: | Iris Borreck |
Date Deposited: | 06 Dec 2020 16:12 |
Last Modified: | 06 Dec 2020 16:12 |
URI: | http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/3687 |