Theis, Wolfgang (2015) Ohne Sicherheit ist keine Freiheit, Zur Zukunft der Arbeit an Österreichs Universitäten. Research Gate.
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Abstract
Am 09. August 2002 wurde in Österreich ein Meilenstein in der Bildungslandschaft gesetzt: die Implementierung des Universitätsgesetzes 2002 (UG 2002). Die Universitäten wurden in eine (Schein)Autonomie entlassen, eine wichtige Begleiterscheinung des Bologna Prozesses. Waren die Universitäten vor der Einführung des UG 2002 finanziell hauptsächlich vom Ministerium abhängig und spielte die Drittmitteleinwerbung für Forschungsprojekte eine etwas untergeordnetere Rolle, so begann sich der Spieß nun umzudrehen. Zwar handelten die Universitäten weiterhin mit dem Wissenschaftsministerium sich ihre Globalbudgets für Grundlagenforschung, Administrationskosten, Lehre usw. über einen Zeitraum von jeweils drei Jahren aus, aber das unternehmerische Denken begann seinen Einzug in die Rektorate zu halten. Nach dem Vorbild der Privatwirtschaft wurde durch das neue Gesetz eine Art Aufsichtsrat, hier Universitätsrat genannt, eingeführt. Das Universitätsparlament war auf einmal nicht mehr Teil der Universitätsleitung. Die Universität hatte sich ex lege zu einer Rektoratsuniversität hinentwickelt. Für viele Studierende erscheint eine Karriere an der Universität immer noch als die Erfüllung eines Traums. Die Idee des Humboldtschen Bildungsideals, die Einheit von Lehre und Forschung, sowie die Freiheit der Lehre und Forschung, lebt zumindest als Idealbild in den Köpfen der Studierenden, welche nach dem Studienabschluss an einer Universität verbleiben möchten. Dass die Realität anders aussieht merkt man erst, wenn der Frontenwechsel vom Studierenden zum Lehrenden und Forschenden geschehen ist.. Mit der Abschaffung der Möglichkeit der Definitivstellung an Universitäten durch die Regierung Schüssel im Jahr 2003 wurden freiwerdende ehemalige Planposten in Rotationsstellen umgewandelt – und von der Rotation wird von den Rektoraten fleißig Gebrauch gemacht.. Dass in diesem Klima der Unsicherheit keinerlei Freiheit der Forschung und Lehre herrscht, ist eine logische Folgerung daraus. Studienrichtungen und Wissenschaftsprojekte, welche angewandter Forschung und der Wirtschaft zuträglich sind, werden forciert. Grundlagenforschung und Geisteswissenschaften hingegen werden ausgehungert, um nicht zu sagen totgespart. Die Vergabe von Teilzeitstellen, die Handhabung des ständigen Rotationsprinzips, unmöglich zu erfüllende Qualifikationsvereinbarungen auf Karrierestellen, sich jahrelang hinziehende Berufungsverfahren von Professuren usw. bieten weder Sicherheit noch Attraktivität der Universität als Arbeitgeberin.
Item Type: | Article |
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Uncontrolled Keywords: | Wissenschaftsforschung, Bologna Prozess, Universität, Vertrag, Wissenschaftskultur, Österreich, Autonomie |
Subjects: | Philosophie > Philosophische Disziplinen > Epistemologie, Wissenschaftstheorie, Naturphilosophie Kulturwissenschaften, cultural studies > Graduiertenkonferenz: Wissenschaftskulturen - Experimentalkulturen - Gelehrtenkulturen Kulturwissenschaften, cultural studies Wissenschaftsforschung, Wissenschaftsgeschichte |
Depositing User: | E. Schwabe |
Date Deposited: | 06 Dec 2020 16:16 |
Last Modified: | 06 Dec 2020 16:17 |
URI: | http://sammelpunkt.philo.at/id/eprint/3725 |