"Der sprachliche Unterschied zwischen Philosophie und Literatur - und entsprechend: zwischen Literatur und Literaturwissenschaft - ist alles andere als ein "Trug", wie de Man im Leitaufsatz des genannten Bandes [Anm.: Allegorien des Lesens] behauptet. Ein Text von de Man ist in ganz anderer Weise Text als die Werke von Kleist oder Proust es sind, denen er sich widmet. Das waere ja noch schoener. In diesem Punkt ist der aesthetische Instinkt gegenueber der hochgezuechteten Theorie im Recht. Es sind kategorial andere Qualitaeten, deretwegen wir Texten von Kleist oder Proust verfallen als jene, deretwegen wir Analysen von de Man unwiderstehlich finden moegen. (Arm dran, wer de Mans Texten verfaellt.)" (Seel,121)
"Die Philosophischen Untersuchungen sind das beste Beispiel - eine revolutionaere, gleichwohl fragmentarische Theorie der Sprache, zugleich eine Literarisierung des Denkvorgangs, aus dem die gesammelten Schreibstuecke herausgelesen sind. Der Text ist beides in einem und doch nie beides zugleich. Diese Unentschiedenheit trennt die literarische Philosophie von aller rueckhaltlosen Literatur. Philosophie kann auch Literatur sein; keine Literatur aber, kein Text von Dostojewski, Proust oder Musil, ist selbst Philosophie. Der philosophische Text widersteht seinen literarischen Zuegen, der literarische Text ueberwuchert die in ihm enthaltene Philosophie." (Seel,123)
"Es geht vielmehr darum, einen neuen Schriftbegriff zu schaffen. Man kann ihn gramma oder différance nennen. Das Spiel der Differenzen setzt in der Tat Synthesen und Verweise voraus, die es verbieten, daß zu irgendeinem Zeitpunkt, in irgendeinem Sinn, ein einfaches Element als solches praesent waere und nur auf sich selbst verwiese. Kein Element kann je die Funktion eines Zeichens haben, ohne auf ein anderes Element, das selbst nicht einfach praesent ist, zu verweisen, sei es auf dem Gebiet der gesprochenen oder auf dem der geschriebenen Sprache. Auf dieser Verkettung folgt, daß sich jedes "Element" - Phonem oder Graphem - aufgrund der in ihm vorhandenen Spur der anderen Elemente der Kette oder des Systems konstituiert. Diese Verkettung, dieses Gewebe ist der Text, welcher nur aus der Transformation eines anderen Textes hervorgeht. Es gibt nichts, weder in den Elementen noch im System, das irgendwann oder irgendwo einfach anwesend oder abwesend waere. Es gibt durch und durch nur Differenzen und Spuren von Spuren." (Derrida, in Engelmann, 150f.)
"Nur die Nicht-Expressivitaet kann bedeutungsvoll sein, weil es genaugenommen nur dann Bedeutung gibt, wenn es eine Synthese, ein Syntagma, eine différance und einen Text gibt. Und der Begirff des Textes ist, wenn man all das dazudenkt, was er impliziert, mit dem eindeutigen Begriff des Ausdrucks unvereinbar." (Derrida, in Engelmann, 158)
"Mit dem verallgemeinerten Textbegriff wird eine Allgemeinheit konstituiert. Alles als Text aufzufassen, scheint die grundlegende Handlung zu sein, die die Dekonstruktion als Bedingung ihrer Moeglichkeit verlangt:
"Das, was ich also Text nenne, ist alles, praktisch alles. Es ist alles, das heißt, es gibt einen Text, sobald es eine Spur gibt, eine differentielle Verweisung von einer Spur auf die andere. Und diese Verweise bleiben nie stehen. Es gibt keine Grenzen der differentiellen Verweisung einer Spur auf die andere. Eine Spur ist weder eine Anwesenheit noch eine Abwesenheit. Folglich setzt dieser neue Begriff des Textes, der ohne Grenzen ist - ich habe deshalb gesagt, auch als scherzhafte Bemerkung, es gaebe kein Außerhalb des Texes -, folglich setzt dieser neue Begriff des Textes voraus, daß man in keinem Moment etwas außerhalb des Bereiches der differentiellen Verweisungen fixieren kann, das ein Wirkliches, eine Anwesenheit oder eine Abwesenheit waere, etwas, das nicht es selbst waere, markiert durch die textuelle différance, durch den Text als différance mit einem 'a'. Ich habe geglaubt, daß es notwendig waere, diese Erweiterung, diese strategische Verallgemeinerung des Begriffs des Textes durchzufuehren, um der Dekonstruktion ihre Moeglichkeit zu geben, der Text beschraenkt sich folglich nicht auf das Geschriebene, auf das, was man Schrift nennt im Gegensatz zur Rede. Die Rede ist ein Text, die Geste ist ein Text, die Realitaet ist ein Text in diesem neuen Sinne. Es handelt sich also nicht darum, einen Graphozentrismus gegen einen Logozentrismus oder gegen einen Phonozentrismus wiederherzustellen, und auch keinen Textzentrismus. Der Text ist kein Zentrum. Der Text ist diese Offenheit ohne Grenzen der differentiellen Verweisung."
(...) (Das Zitat stammt aus einem Gespraech, das ich mit Jacques Derrida fuer eine Rundfunksendung gefuehrt habe. Es ist veroeffentlicht in: Peter Engelmann, Jacques Derridas Randgaenge der Philosophie, in: Jeff Bernhard (Hrsg.), Semiotica Austriaca, Wien 1987, S, 107f., zit. SA) Mit dieser Verallgemeinerung des Textbegriffs erfuellt Derrida fuer die Verallgemeinerung der Dekonstruktion die in der Philosophie traditionell geforderte Voraussetzung." (Engelmann, 20f.)
"Der Tanzschritt aesthetisierender Literturbetrachtung ist nur die Luege darueber, daß er ein Stechschritt ist" (de Man,7)
"Was ein literarischer Text sagt, ist nicht schon - und vielleicht nie -, was er bedeutet. Nichts, was gesagt ist, kann ein schluessiges Kriterium daruer enthalten, daß es auch gemeint sei." (de Man,9)
"Wenn der Nachweis gelingt - und ihm gilt seit den Allegories of Reading de Mans ganze Aufmerksamkeit -, daß es nicht nur versprengt, sondern allenthalben Figuren, Saetze und Texte gibt, die, gleich jener Strophe von Yeats, eine nicht bloß doppelte, sondern aporetische Figur beschreiben, mit denen sich keine bestimmte Bedeutung, sondern die Suspendierung jeder Bedeutungsbestimmung verbindet, dann steht das Unternehmen der Klassischen Rhetorik und mit ihm die Moeglichkeit einer Lektuere jenseits von Semantismus und Formalismus, dann steht also auch eine Literaturwissenschaft der Tropen (...) nicht mehr auf gesichertem Grund. Rhetorik, wie de Man sie liest, suspendiert mit der Logik zugleich auch die Logik der Figuren. Sie erlaubt es nicht mehr, von einer distinktiven figurativen Einheit auf eine bestimmte Vorstellung und damit auf eine verifizierbare Bedeutung zu schließen, in der die Intention der Figur an ihr Ziel gekommen waere. Rhetorik ist ein die Sprache insgesamt und explizit die Sprache der Literatur durchziehender Prozeß nicht der Figurenbildung, sondern der Defiguration.
Und damit ist Rhetorik zugleich die Bewegung einer unkontrollierbaren Defiguration des Lesens. Wenn naemlich Lesen immer Entscheidungen zwischen figurativem und woertlichem oder eigentlichem und allegorischem Sinn von Aussagen erfordert, um die Moeglichkeit referentieller Bezuege sicherzustellen, dann ist Lesen in diesem Sinn eines referentiellen Verstehens unmoeglich, wenn solche Entscheidungen von der Struktur der Sprache selber systematisch vereitelt werden. Wenn Lesen, wie de Man es an Prousts Recherche herausstellt, als Metapher der Totalisierung saemtlicher Erfahrungsbereiche thematisiert, seine metaphorische Struktur aber unablaessig von Figuren der Kontingenz entstellt und schließlich zerstoert wird, dann muß der Text, der es darstellt - in diesem Falle der Prousts, aber darueber hinaus jeder Text, der sich aufs Lesen bezieht -, sein Thema einbueßen und selbst unlesbar werden. Der Text der Lektuere ist eine Allegorie der Unverstaendlichkeit nicht mehr eigentlich der Texte, der die Lektuere sich zuwendet, sondern vielmehr des Akts der Lektuere selbst." (de Man, 16f.)
"Von Dekonstruktion wurde zunaechst im Umfeld von Sprachkritik und Philosophie gesprochen, etwa bei dem Franzosen Jacques Derrida. "Der Terminus entstammt der Grammatologie, wo er das analytische Enthuellen von Satzkonstruktionen oder von poetischen Regeln meint. Fuer die Philosophie nun sollte mit 'Dekonstruktionen' gezeigt werden, daß ihre Aussagen nicht primaer der dargelegten Sache, dem Inhalt, gehorchen, sondern durch die der philosophischen Rede innewohnenden Zwaenge, durch die Rhetorik bereits vorgeformt ist." (Otto Kapfinger, in: ARCH+) (ARCH+, 'Dekonstruktive Architektur', Nr.96/97, 1988) (...) Jacques Derrida begreift Dekonstruktion als ein grundsaetzliches Agens, das quer durch alle Aktivitaeten geht" (Claus, Elektronisches Gestalten, 150f.)
Es moege ausgerufen und verkuendet werden: Das Goldene Zeitalter ist gekommen! - oder aber es wird nie Realitaet. Will heißen: Die Welt als Text. Das Un-lesbare Leben. Poetisirung der Welt. Literarisierung des Lebens... Die Romantisierung und das Goldene Zeitalter.
siehe: P.Handke und J.Haslinger, in: NOVALIS' "Heinrich von Ofterdingen"!
Was denn sonst kaeme der romantischen Forderung nach einem Zusammenfall von Poesie und Welt, von Kunst und Leben so entgegen, so nahe, als eben jener weitgefaßte TEXT, der nur verweist, aber nie ankommt, sich verschiebt und entzieht, aber sich (ohne Sinn) auf nichts berufen kann?!
Novalis: "Poetisirung", siehe NOVALIS!
"Der Philosoph muß eben so viel aesthetische Kraft besitzen, als der Dichter. Die Menschen ohne aesthetischen Sinn sind unsere Buchstabenphilosophen. Die Philosophie des Geistes ist eine aesthetische Philosophie. (...)
Die Poesie bekömmt dadurch eine höhere Würde, sie wird am Ende wieder, was sie am Anfang war - Lehrerin der Menschheit; denn es gibt keine Philosophie, keine Geschichte mehr, die Dichtkunst allein wird alle übrigen Wissenschaften und Künste überleben. (...) Ehe wir die Ideen ästhetisch d. h. mythologisch machen, haben sie für das Volk kein Interesse" (aus: Das aelteste Systemprogramm des deutschen Idealismus)
Jener Text also, der ALLES sein kann - Welt eben? -, in dem die versuchte Beschreibung der (Teile der) Welt schon - und ohne UEBER! - die Welt SELBST ist.
Austin: konstativer und performativer Sprachaspekt, siehe KLEIST!
Wo die poetische Literatur das Leben beruehrt, kitzelt, neckt, es be- und AN-ruehrt: wie zwei Lippen EINES Mundes, zwei Lippen eines (texuellen) Geschlechts; GENDER-Text?
siehe IRIGARAY!
Ueberschneidungen also ueberall. Unentscheidbarkeiten, Unlesbarkeiten.
Der hermetische Text, der sich mannigfaltig aus-legen, nicht FEST-legen laeßt, der sich aufdraengt und verweigert, der sich entzieht und laestigfaellt, der sich "seiner" Hermeneutik ohne Muehe verwehrt.
"Anything goes" also. Interpretation wird hinfaellig, so scheint es (oder?). Alles schon da - und wieder weg. Alles schon mal dagewesen - es kommt alles einmal wieder. "Alles schon wegkomponiert" (Otto Brusatti).
Der romantische Welt-Text ohne Anbindung an eine Funktion: was sonst waere DIE Bestimmung einer jeden (modernen?) Kunst?! Ohne Funktion und ohne Funktion-alitaet und praktikabler Gebrauchsfaehigkeit; ohne Sinn, Ende, Bedeutung.
"Man koennte also sagen: Die hinweisende Definition erklaert den Gebrauch - die Bedeutung - des Wortes, wenn es schon klar ist, welche Rolle das Wort in der Sprache ueberhaupt spielen soll." (Wittgenstein, PU, §30, 254)
"Man kann fuer eine große Klasse von Faellen der Benuetzung des Wortes "Bedeutung" - wenn auch nicht fuer alle Faelle seiner Benuetzung - dieses Wort so erklaeren: Die Bedeutung eines Wortes ist sein Gebrauch in der Sprache. Und die Bedeutung eines Namens erklaert man manchmal dadurch, daß man auf seinen Traeger zeigt." (Wittgenstein, PU, §43, 262f.)
Ohne Repraesentation, ohne Ziel, ohne Fest-Schreibungen, ohne "letzten Blick zurueck": weil wir naemlich schon da sind, wo ihr noch nicht seid - ÄTSCH! -Selber ätsch: die Spirale schraubt sich kreisfoermig weiter, kehrt scheinbar zurueck, doch ein Stueck weiter oben ohne sich selbst zu treffen, und weiter, indem sie sich neigt und weiterdreht und so doch nur eine Kugel beschreibt, unendlich und begrenzt, oder so,...
"Zwar haben es Dekonstruktionen mit Regeln und Ordnungsbegriffen zu tun, aber sie erhalten jeweils den Status relativer Allgemeinheit und sind darueber hinaus nicht uebertragbar. Derrida macht allerdings selbst eine Ausnahme, naemlich den erweiterten Textbegriff. Auf allen Gebieten, koennte man sagen, auf die sich der verallgemeinerte Textbegriff uebertragen laeßt, kann auch dekonstruiert werden. In dieser Hinsicht kann man dann auch von der Uebertragung von Regeln und Ordnungsbegriffen sprechen. (...) Wenn man Derridas Ueberlegungen zur Dekonstruktion in die Sprache einer Einfuehrung uebersetzen will, koennte man vielleicht sagen, er plaediere fuer das Lesen von Texen, das diesen moeglichst wenig Gewalt antut. Moeglichst wenig Gewalt im Sinne einer Zurichtung und Reduktion auf die eigenen Begriffe, die man fuer die Lektuere mitbringt und an den Text herantraegt. Aber auch moeglichst wenig Gewalt im Sinne einer Ausrichtung der Lektuere auf ein Ziel. Das Ziel unserer hermeneutischen Kultur besteht darin, in jedem Text einen letzten, zugrundeliegenden Sinn zu vermuten und diesen formulieren zu wollen. Anders als die herrschende hermeneutische Praxis meint Derrida, daß jeder Text in einem Kontext steht, das heißt, er ist vielfaeltigen Einfluessen ausgesetzt, die sich in ihm in einer Weise kreuzen und mischen und zur Geltung bringen, die ihn zu einem vielschichtigen Gebilde machen. Der Sinn ist nicht die letzte Schicht eines Textes. An die Stelle des transzendentalen Signifikats tritt die différance, "die zwar als Ursprung fungiert, sich aber nicht als Begriff bestimmen laeßt". (J. Derrida, Randgaenge der Philosophie, Wien 1989, S.37) Derrida plaediert fuer eine "Lektuere" der Welt, die das Ausgegrenzte wieder ans Licht bringt." (Engelmann, 30f.)
Wenn die Welt, also alles, als Text gelesen (gesehen und danach gelesen) werden kann, in all ihren Aspekten, dann befreie ich die Welt (sie sich selbst?) von jeglicher Wahrheit (und bilde unzaehlige neue Wahrheiten aus), von Wirklichkeit (und schaffe neue, virtuelle Realitaeten: VR), von eindeutigen Aussagen, von allen Bedeutungen, von Sinn.
Die Welt wird so von jeder FUNKTIONALITAET, von jeder Verpflichtung auf eine Konsequenz befreit: sie wird Kunst. Doch: wozu? wofuer? gibt es dafuer Gruende, Sinn oder Zweck?
Bleibt somit nur der reine Selbstzweck? Oder nicht einmal der? L'art pour l'art? Autopoiesis, Autokreation, Autogenesis, Selbstschoepfung? aus dem Nichts? Ist die Welt sich selbst genug? Auch - oder gerade - als TEXT?
Brechen wir so auf in ein neues Zeitalter der SELBSTreflexion, der Selbstbespiegelung, (Selbtfindung?) und der kreativen Selbstbefriedigung? ...als ein Goldenes?
DOCH: woher dieses SELBST nehmen? Und wie aus dem Selbst das Andere ermoeglichen (oder umgekehrt: SICH und SELBST aus dem ANDEREN negativierend entwickeln?); wie etwas anderes entstehen lassen?; das/der/die Andere als neues Selbst?
DOCH: woher ein Bewußtsein fuer dieses Selbst nehmen?
Die Welt hat ihr Bewußtsein geaendert, erweitert (mit allerlei elektronischen Drogen), verschoben, eingeschraenkt, verloren, kurz: veraendert. Und uns mit ihr. Der Text, die Lektuere als haluzinogene Substanz, als toxisches Mittelchen, zur Erreichung von Trance-artigen Zustaenden und zur Erlangung von Visionen? - keine Traeume (mehr)? Das Koerperlichwerden von Texten, die in mich dringen und mich (sich in meiner Welt einschreibend, fortschreibend, mich umschreibend) veraendern, unter Rausch(gifte) ver-setzen. Die apollinisch/dionysische Textwelt.
Und: was will ein Text denn, von vornherein, an sich?
Was will ein philosophischer, ein literarischer, ein ... sonstwas/was weiß ich fuer ein Text? Gibt es eine Absicht, ein Wollen? einen Willen? oder: sind da(s) Tendenzen nur? Richtungen und Pfeile ("DA LANG!")? Ich lasse mich ver-WEISEN.
Und: der Welt-Text als Wille zur Ent-Machtung, zur Macht-losigkeit? weil die Kontrolle ohne Ziel und Zentrum nicht mehr moeglich ist (INTERNET). Weil Machtverlust durch Kontrollverlust durch Verlust von Sinn und Zentrale und Wahrheit. Nur mehr SINNE, Zentren, Wahrheiten. Nicht die Aufloesung dieser Kriterien ist gefordert, nur die Vervielfaeltigung, Pluralisierung. VIELE! MEHR(ERE)!
Weiter: die SIMULIERTE Wirklichkeit VR im (kybernetischen/Welt-)Raum CS: als RealitaetEN in kuenstliche Raeumen:
Auf-Brueche in und zu HYPER-TEXTEN. (Aufauf und los!) Kein ueber/meta/von: keine Be-SCHREIBUNG, sondern Um-Schreibung von ETWAS, von ALLEM, ALS etwas ANDEREM, etwas anderes.
"Alles macht sich selbst. (...) Um eine ruhende Mitte" (Hölzl, 66f.)
siehe HYPER-Literatur!
"ein verengen der literatur auf das geschriebene wort ist ein verharren in einer vergangenen phase der evolution, ist verharren auf vergangenen formen der erkenntnis und kommunikation, ist verharren auf veralteter erkenntnis und empfindung. (...) die elektronischen medien bedeuten eine veraenderung der wahrnehmung und der empfindung (...) zeitgemaeße dichtung muß dieser durch die medien veraenderten wahrnehmung und der medialen wirklichkeit, diesem veraenderten bewußtsein und der neuen wirklichkeits- und sprachauffassung rechnung tragen. das material das dichters muß sich ueber den schreibtisch hinaus erweitern, von der feder zur kathoden-roehre, von der weißen schriftseite zum bildschirm. (...) das ergebnis solcher dichtung kann sein: e=mc˛ (einstein) oder 'destroy this world to win a paradise' (Shakespeare). zur geschichte dieser ultra-literatur, einer literatur mit einer ultra-literarischen bedeutung, gehoeren dann selbstverstaendlich dichter wie Galileo Galilei, (...) Artaud etc. (...) dichtung heute kann dichtung ohne sprache sein. der dichter als elektronischer messias. dichter der medien." (Weibel, in Protokolle, 5f.)
"Als ein post-textueller Ort ueberschreitet Dichtung jedoch metaphysische Disputation und eroeffnet ein geschichtliches Terrain, in dem das Denken, weit entfernt davon, zur friedlichen Kontemplation zu werden, in den unvertrauten Abgrund eines urspruenglicheren Fragens springt. [in der Anmerkung hierzu weiter:] "Was wir Post-Textualitaet nennen ist fuer die alten Griechen vor der Textualitaet 'das Natuerlichste', in den Bedeutungen von 'Natur', ...im Sinne der physis" (M. Heidegger, Parmenides. Frankfurt am Main. Klostermann. 1982, S. 151)" (Wurzer, in Nagl, 39f.)
"Im Fragment bleibt, wie in meinen Buechern Amerika oder Kool Memories, das meiste unausgesprochen und virtuell. Deshalb kann sich von einem Fragment zum anderen eine Viralitaet einstellen, ohne daß dies einem klaren Sinn folgt. Sofern das gelingt, wird die Erscheinung eines globalen Objekts erzeugt, von dem man nicht weiß, was es ist. (...) Wir muessen uns im Paradox halten, ohne in den Unsinn zu geraten. (...) Die Sprache muß sich an das, worueber sie spricht, anschmiegen. In ihr muß das Zusammenfallen von Subjekt und Objekt erreicht werden, so daß sie nicht mehr vom Subjekt beherrscht wird. Frueher war das einfach Poesie, die irgendwie aphoristisch und fragmentarisch war. Das mag heute noch immer Poesie sein, aber nicht mehr auf der Ebene der Formen, sondern auf der Formel. Daraus koennte eine neue Art der Poesie, eine fraktale Poesie entstehen, die in der Lage ist, dieses aeußerst formelhafte Spiel auch zu spielen." (Baudrillard, in DS, 84f.)
"Der Akzent liegt nicht so sehr auf dem fiktionalen Status der Literatur - einer Eigenschaft, die inzwischen vielleicht allzu unbekuemmert fuer gesichert gehalten wird - als vielmehr auf der Wechselbeziehung zwischen dieser Fiktionalitaet und solchen Kategorien, die angeblich ihre Teilhabe an der Wirklichkeit betreffen, wie zum Beispiel Selbst, Mensch, Gesellschaft, "der Kuenstler, seine Kultur und die menschliche Gesellschaft", wie ein Literaturwissenschaftler es formulierte. Daher die Betonung hybrider Texte, die als teils literarisch und teils referentiell angesehen werden, daher das Interesse an der Unter-haltungsliteratur, die mit Bedacht auf gesellschaftliche und psychologische Anerkennung zielt, daher die neue Aufmerksamkeit fuer die literarische Autobiographie, in der ein Schluessel zum Verstaendnis des Selbst gesucht wird, und so weiter." (de Man, AL, 31)
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